TE Vwgh Beschluss 2018/4/25 Ra 2018/09/0025

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Veröffentlicht am 25.04.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §3;
AVG §62 Abs4;
B-VG Art133 Abs4;
VStG §24;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §38;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision des M Z in W, vertreten durch Mag. Monika Keki-Angermann, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 16/4. Stock/10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 1. Dezember 2017, Zl. VGW-041/057/3980/2017-1, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde der Revisionswerber für schuldig erkannt, er habe es als verantwortlicher Beauftragter der B-GmbH mit Sitz in W zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 10. März 2015 um 15:23 Uhr den kosovarischen Staatsangehörigen A M auf einer näher bezeichneten Baustelle in V mit Abbrucharbeiten und Aufräumen von Bauschutt beschäftigt habe, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Er habe dadurch § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) verhängt wurde. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5 Der Revisionswerber erblickt eine grundsätzliche Rechtsfrage zunächst darin, dass das Verwaltungsgericht aktenwidrig die "versprengte Feststellung" getroffen habe, Baupolier und Verantwortlicher auf der Baustelle sei E P gewesen, der seit vielen Jahren Polier der B-GmbH gewesen sei, was er selbst in seiner Einvernahme angegeben habe. Tatsächlich habe dieser jedoch angegeben, seit vielen Jahren Polier der P-GmbH zu sein. Verhaltensweisen des E P seien dem Revisionswerber als verantwortlichem Beauftragten der B-GmbH nicht anzulasten. Die B-GmbH sei lediglich mit wenigen Mitarbeitern als Subunternehmerin auf der Baustelle tätig gewesen, es habe sie daher "nicht jene Pflicht (getroffen), die in den Aufgabenbereich des Poliers auf der Baustelle" gefallen sei. Keinesfalls könne es Konsequenz der vorliegenden Aktenwidrigkeit sein, dass der Revisionswerber "für die fehlende oder mangelhafte Kontrollleistung des Baupoliers des auf der Baustelle tätigen Hauptunternehmens zu haften" habe.

6 Dem ist zu erwidern, dass der im angefochtenen Erkenntnis enthaltene Verweis darauf, der Zeuge E P habe im Rahmen seiner Einvernahme nachvollziehbar und glaubwürdig dargelegt, dass er bereits seit vielen Jahren Polier der "B-GmbH" sei und A M auf der gegenständlichen Baustelle im März 2015 für die B-GmbH gearbeitet habe, eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit darstellt. Dies wird bereits aus unmittelbar nachfolgenden Begründungsteilen des angefochtenen Erkenntnisses deutlich, in denen mehrmals ausdrücklich auf E P als den Polier der "P-GmbH" Bezug genommen wird. Eine derartige, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit hätte aber nach § 38 VwGVG in Verbindung mit § 24 VStG und § 62 Abs. 4 AVG jederzeit berichtigt werden können. Das in Revision gezogene Erkenntnis ist auch vor einer Berichtigung bereits in der entsprechend richtigen Fassung zu lesen (vgl. VwGH 16.11.2017, Ra 2017/07/0076, mwN).

7 Davon abgesehen wird allerdings auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargelegt. Der Revisionswerber hat vor dem Verwaltungsgericht nämlich selbst angegeben, er könne nicht sagen, wie es zu der Beschäftigung von A M gekommen sei, er könne zu der gegenständlichen Baustelle nichts sagen, er wisse auch nicht, "wer dort aller auf der Baustelle gearbeitet" habe. Der "Polier von uns" sei E P gewesen, er sage, welche Aufgaben an der Baustelle zu tun seien. Der Revisionswerber wisse auch nicht, ob E P auch kontrolliere, ob "die Leute auf der Baustelle arbeiten" dürften und wie er dies mache, er könne auch nichts zur Aussage von E P sagen, wonach A M auf der Baustelle "etwa ein halbes Jahr beschäftigt" gewesen sei, er kenne A M nicht. E P müsse sich "um seine Baustelle kümmern". Wenn es irgendwelche Unregelmäßigkeiten auf der Baustelle gebe, etwa ein Mitarbeiter keine entsprechende Bewilligung habe, dann müsse das E P nicht an das Unternehmen weiter melden, dieser sei dafür zuständig. Es gebe Karten, mit denen sich die Mitarbeiter jeweils auf der Baustelle anmelden müssten, das sei dann auch die Grundlage für die Stundenaufzeichnungen, es handle sich um ein Computersystem, das für Baustellen entwickelt worden sei. Es sei ihm daher nicht verständlich, wie A M auf der Baustelle arbeiten habe können.

8 Nach ständiger hg. Rechtsprechung obliegt es allerdings dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen, wenn in einem Unternehmen andere Personen mit der faktischen Durchführung der Einstellung neuer Arbeitnehmer betraut werden (vgl. VwGH 17.12.2013, 2013/09/0003; 18.5.2010, 2006/09/0235; 16.9.2009, 2007/09/0266; 15.5.2008, 2006/09/0080; 4.9.2006, 2005/09/0073). Ein funktionierendes Kontrollsystem liegt etwa dann vor, wenn bei ineinander greifenden täglichen Identitätsprüfungen aller in einem Betrieb eingesetzten Arbeiter durch die jeweiligen Kontrollbeauftragten vor Arbeitsaufnahme die Prüfung der arbeitsrechtlichen Papiere aller - bereits zu Beginn der Arbeiten und auch später hinzukommender - neu eingesetzter Arbeitskräfte gewährleistet ist und durch den Verantwortlichen die lückenlose Anwendung des Kontrollsystems auf effektive Weise überwacht wird. Die bloße Erteilung von Weisungen, etwa das AuslBG sei einzuhalten, und die Wahrnehmung einer nicht näher bezeichneten Oberaufsicht reichen nicht aus (vgl. VwGH 3.10.2013, 2012/09/0174; 12.7.2011, 2009/09/0072; 2.7.2010, 2007/09/0348). Mit den oben wiedergegebenen Aussagen hat der Revisionswerber aber kein Vorbringen erstattet, aus dem sich eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG hätte ergeben können.

9 Soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision den Standpunkt einnimmt, es sei ein geeignetes Kontrollsystem dadurch eingerichtet gewesen, dass "nach der Kontrolle der Anmeldebestätigungen und der Ausweise" durch E P (weitere) Ausweise ausgestellt worden seien, mit denen die Arbeiter die Baustelle betreten hätten können, dieses "geeignete Kontrollsystem" sei der B-GmbH als Subunternehmerin "anzurechnen", so mangelt es bereits an jeglichen Darlegungen, dass der Revisionswerber die Einhaltung dieses Systems durch E P in irgendeiner Form kontrolliert hätte. Die oben wiedergegebenen Angaben des Revisionswerbers lassen vielmehr erkennen, dass eine derartige Kontrolle nicht erfolgt ist. Es hätte insofern aber einer Glaubhaftmachung, dass auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden sei, bedurft (vgl. VwGH 21.9.2005, 2004/09/0101). Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang eine "unzumutbare Ausdehnung" der Kontrollpflichten behauptet, wenn er dafür haften müsse, dass Personen "mittels krimineller Handlungen (gestohlener Ausweis) doch Zutritt zur Baustelle" erlangten, so ist dem zu erwidern, dass schon nach den gegenüber der Finanzpolizei getätigten Angaben des E P - auf dessen Kontrolltätigkeit sich der Revisionsweber insofern berufen möchte - diesem sowohl A M als auch dessen Bruder J M, mit dessen Führerschein sich A M der Aktenlage zufolge im Zuge seiner Betretung ausgewiesen hat, bekannt gewesen und beide Brüder abwechselnd auf diversen Baustellen tätig gewesen seien. Vor diesem Hintergrund wird aber in keiner Weise dargelegt, dass im vorliegenden Fall ein im Allgemeinen funktionierendes Kontrollsystem durch kriminelle Handlungen der genannten Art im Einzelfall umgangen worden wäre.

10 Der Revisionswerber macht in der Zulassungsbegründung im Weiteren als Verfahrensmangel geltend, dass trotz eines entsprechenden Antrages die Einvernahme des A M vor dem Verwaltungsgericht unterblieben sei. Bei einer Einvernahme hätte sich gezeigt, dass A M seine Aussage, die er bei der Polizei getätigt habe, im Beisein des Revisionswerbers "wohl nicht glaubhaft aufrechterhalten hätte können".

11 Mit diesem Vorbringen wird allerdings nicht dargetan, aufgrund welcher - von früheren Aussagen abweichenden - konkreten Angaben des A M das Verwaltungsgericht zu einem anderen Verfahrensergebnis, nämlich dem Vorliegen eines funktionierenden Kontrollsystems gelangen hätte müssen, welches zur Exkulpierung des Revisionswerbers führen hätte können (vgl. VwGH 19.3.2014, Ro 2014/09/0031).

12 Da in der Revision somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt werden, erweist sie sich als unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2018

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090025.L00

Im RIS seit

25.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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