TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/4 2005/09/0073

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Veröffentlicht am 04.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 2002/I/068;
VStG §21 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des D in N, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 18. April 2005, Zl. Senat-MD-03-1450, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Strafausspruch wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft M vom 30. Oktober 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma M AG zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in W eine namentlich genannte bosnische Staatsangehörige in der Zeit vom 1. August 2002 bis 7. August 2002 beschäftigt habe, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Bestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Wegen Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 18. April 2005 gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage traf sie auf Grund der von ihr durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung folgende Feststellungen:

"Zum Tatzeitpunkt war der Beschuldigte D Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma M  AG mit dem Sitz in N. Eine Anfrage der Berufungsbehörde bei dem Arbeitsinspektorat für den 10. Aufsichtsbezirk, S, ergab, dass zum Tatzeitpunkt und bis zum Zeitpunkt der Anfrage, dem 16.07.2004, für die Arbeitsstätte M AG S, F-Gasse keine Meldung als verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes auflag. Dies teilte das Arbeitsinspektorat für den 10. Aufsichtsbezirk am 16.07.2004 der Berufungsbehörde mit. Des Weiteren teilte das Zollamt S, KIAB S mit, dass betreffend die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die weitere Betriebsstätte der M AG in S, F-Gasse, H, geboren 1972, keine Meldung am Zollamt S vorliege.

Fest steht, dass die mit Wirkung vom 5.06.2001 erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers M Aktiengesellschaft mit dem Sitz in N über die Bestellung des Filialgeschäftsführers H, geboren 1972, für die weitere Betriebsstätte in S, F-Gasse durch die Bezirkshauptmannschaft Z mit Bescheid vom 11.06.2001, Zl. 2/153- 43942/2-2001 zur Kenntnis genommen wurde. Rechtsgrundlagen dieses Bescheides sind die §§ 9, 47 Abs. 4 in Verbindung mit § 345 Abs. 8 Ziff. 6 der Gewerbeordnung 1994 iVm § 78 AVG. Dieser Bescheid wurde anlässlich der Anzeige von der Änderung des Filialgeschäftsführers in der weiteren Betriebsstätte , F-Gasse und der damit einhergehenden Erklärung für gewerberechtliche Geschäftsführer und Filialgeschäftsführer des Herrn H erlassen, erklärte dieser, dass er der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich sei."

Nach Darlegung der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Vorschrift des § 28a Abs. 3 AuslBG zu § 9 VStG nicht nur die spätere, sondern auch die speziellere Norm sei. In ihr sei eine Meldepflicht als über die Tatbestandselemente des § 9 VStG hinausgehende Voraussetzung für die Wirksamkeit der Bestellung verantwortlicher Beauftragter normiert. Der Beschwerdeführer habe nicht in Abrede gestellt, dass seitens der M AG betreffend Herrn H für die Betriebsstätte S, F-Gasse, vor dem Tatzeitpunkt keine Mitteilung direkt an das zuständige Arbeitsinspektorat und auch nicht an das Zollamt S im Sinne der in § 28 Abs. 3 AuslBG genannten Voraussetzungen erfolgt sei. Er berufe sich darauf, dass eine solche Mitteilung seitens der Bezirkshauptmannschaft Z von Amts wegen an das Arbeitsinspektorat S ergangen sei. Dazu sei auszuführen, dass der in Bezug genommene Bescheid der BH Z vom 11. Juni 2001 lediglich die Kenntnisnahme von der Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer betreffend die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften durch Herrn H beinhalte. Unrichtig sei die Meinung des Beschwerdeführers, im Falle des § 28a Abs. 3 AuslBG genüge die Weiterleitung des Bescheides der BH Z an das zuständige Arbeitsinspektorat. Aus dem Wortlaut des § 28a Abs. 3 AuslBG "die Bestellung ... wird erst rechtswirksam" und aus dem Wortlaut des § 28 Abs. 4 AuslBG "der Arbeitgeber hat den Widerruf der Bestellung und das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten nach Abs. 3 der zuständigen Zollbehörde unverzüglich schriftlich mitzuteilen", sei der Schluss zu ziehen, dass diese Mitteilung seitens der Person zu machen sei, die die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit auf eine andere Person übertrage. Abgesehen davon habe Herr H im Verfahren lediglich der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften durch seine Person zugestimmt. Die vom Beschwerdeführer nunmehr im Zuge des Berufungsverfahrens vorgelegte Zustimmungserklärung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG, worin auch das Ausländerbeschäftigungsgesetz angeführt sei, und welche mit 1.1.2002 datiert sei, sei im Tatzeitpunkt weder beim Arbeitsinspektorat S noch dem Hauptzollamt S aufgelegen und beim zuständigen Arbeitsinspektorat bzw. Hauptzollamt S vor dem 1.08.2002 nicht eingelangt. Damit stehe fest, dass die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung nicht rechtswirksam auf H übertragen gewesen sei, weswegen der Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen Berufener für die Einhaltung des AuslBG durch die M AG strafrechtlich verantwortlich sei. In objektiver Hinsicht sei unbestritten, dass die bosnische Staatsangehörige durch die M AG in der Zeit vom 1. August bis zum 7. August 2002 beschäftigt worden sei, ohne dass diese Ausländerin eine arbeitsmarktbehördliche Genehmigung im Sinne des § 3 AuslBG aufgewiesen habe. Damit sei der objektive Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 leg. cit. verwirklicht. In subjektiver Hinsicht habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass ihn kein Verschulden treffe, zumal die beschäftigte Ausländerin anlässlich ihrer Einstellung angegeben hätte, sie wäre im Besitz eines Befreiungsscheines. Dem sei entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer und dessen ihm untergeordneter Arbeitnehmer vor Aufnahme der Beschäftigung durch die ausländische Arbeitskraft verpflichtet gewesen wären, sich davon zu überzeugen, ob diese tatsächlich einen Befreiungsschein besäße oder nicht, und sich nicht auf eine Auskunft einer einen Arbeitsplatz suchenden Arbeitnehmerin zu verlassen, sondern sich vom Vorliegen eines Befreiungsscheins schon vor der Einstellung zu überzeugen. Damit treffe den Beschwerdeführer zumindest grob fahrlässiges Verschulden.

Im Rahmen der Strafbemessung wertete die belangte Behörde - ausgehend von einem angenommenen monatlichen Nettoeinkommen des Beschwerdeführers von EUR 3.000,-- keinen Umstand als mildernd oder als erschwerend. Sie führte ferner aus, dass "die illegale

Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften ... auf

gesamtwirtschaftlicher Ebene, vor allem durch den Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden und zu einer Wettbewerbsverzerrung" führe, weshalb der in Rede stehenden Übertretung ein erheblicher Unrechtsgehalt innewohne. Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, des Verschuldensgrades sowie der sonstigen Strafzumessungsgründe sei die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen gewesen. Eine Ermahnung nach § 21 VStG sei wegen grob fahrlässigen Verhaltens nicht in Betracht zu ziehen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2002, begeht, sofern die Tat nicht im Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von EUR 1.000,-- bis zu EUR 5.000,--, im Falle der erstmaligen und weitern Wiederholung von EUR 2.000,-- bis zu EUR 10.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von EUR 2.000,-- bis zu EUR 10.000,--, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von EUR 4.000,-- bis zu EUR 25.000,--.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die im erstinstanzlichen Straferkenntnis genannte bosnische Staatsangehörige in dem im angefochtenen Bescheid bezeichneten Zeitraum bei der M AG beschäftigt war. Ebenso lässt der Beschwerdeführer die Feststellung der belangten Behörde unbekämpft, dass er hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des AuslBG für die M AG als ein zur Vertretung nach außen hin berufenes Vorstandsmitglied verantwortlich war. Er bekämpft auch nicht die Annahme der belangten Behörde, dass die rechtswirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 28a AuslBG nicht erfolgt war.

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit lediglich vor, ihn treffe an der Beschäftigung der genannten bosnischen Staatsangehörigen kein Verschulden, weil diese anlässlich eines Einstellungsgespräches angegeben habe, über einen Befreiungsschein zu verfügen und kein Anlass bestanden habe, ihr in dieser Frage nicht zu glauben. Die Überprüfung der Arbeitsunterlagen von angestellten Personen obliege einem Personalbüro, welches die Überprüfung auch bei der Einstellung der gegenständlichen Ausländerin durchgeführt habe. Diese Überprüfung habe ergeben, dass ein Befreiungsschein nicht vorgelegen sei, woraufhin die Ausländerin diesen Mangel "sogleich", nämlich am 8. August 2002, "behoben" habe. Es sei dem Beschwerdeführer nicht vorwerfbar, ausreichende Schritte nicht gesetzt zu haben, um sicherzustellen, dass keine illegalen Arbeitnehmer in dem von ihm geführten Unternehmen aufgenommen würden.

Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gehört, da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den so genannten "Ungehorsamsdelikten", bei denen im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter zu beweisen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2003/09/0158, und die dort wieder gegebene Judikatur). Wenn in einem Unternehmen andere Personen mit der faktischen Durchführung der Einstellung neuer Arbeitnehmer betraut werden, obliegt es dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen. Ein funktionierendes Kontrollsystem liegt etwa dann vor, wenn die Überprüfung der Arbeitspapiere durch das damit betraute Personalbüro vor Arbeitsaufnahme erfolgt und durch den Verantwortlichen die lückenlose Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen auf effektive Weise überwacht worden wäre. Der Beschwerdeführer hätte daher zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems darzutun und nachzuweisen gehabt. Die Abgabe der Überwachungsverpflichtung hinsichtlich der zur Beschäftigung von Ausländern erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere an ein ausgelagertes Personalbüro reicht im Sinne dieser Rechtsprechung zur Entlastung des Arbeitgebers bzw. des für diesen verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen allein nicht aus, die Einhaltung der Bestimmung des AuslBG sicherzustellen; entscheidend ist vielmehr, ob eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Arbeitgeber erteilten Weisungen tatsächlich rechtzeitig, das heißt vor Arbeitsaufnahme, erfolgt ist.

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer keinerlei Behauptungen aufgestellt, aus denen sich eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG durch das Personalbüro hätte ergeben können. Da die Überprüfung der arbeitsmarktbehördlichen Papiere bereits vor Arbeitsaufnahme zu erfolgen hat, reicht es jedenfalls nicht aus, den Angaben eines(r) Arbeit suchenden Ausländers(in) zunächst einmal Glauben zu schenken, ohne gleichzeitig und jedenfalls noch vor Arbeitsaufnahme durch diese(n) Ausländer(in) dess(r)en Angaben durch Einsicht in die Personaldokumente zu überprüfen. Die gesetzliche Verschuldensvermutung des § 5 Abs. 1 VStG konnte der Beschwerdeführer durch sein oben wiedergegebenes Vorbringen nicht widerlegt werden.

Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren die Unterlassung der Anwendung des § 21 VStG, weil - selbst in dem Fall, in welchem ihm ein tatbestandsmäßiges Handeln zur Last gelegt hätte werden können - sämtliche Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 21 VStG vorlägen, weil die Ausländerin unmittelbar nach Überprüfung der Arbeitspapiere durch den Arbeitgeber einen Befreiungsschein beantragt habe, der ihr auch per 8. August 2002 gewährt worden sei. Volkswirtschaftliche Schäden seien dadurch nicht entstanden.

Insoweit ist die Beschwerde berechtigt: Der angefochtene Bescheid enthält keine zureichenden Feststellungen der belangten Behörde, die es rechtfertigen würden, dem Beschwerdeführer grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Auch hat die Behörde zu Unrecht keine

Milderungsgründe berücksichtigt: Ein Milderungsgrund liegt darin, dass seitens des Unternehmens nicht erst auf Grund einer Beanstandung, sondern aus eigenem Antrieb alles dazu getan wurde, um den gesetzmäßigen Zustand herzustellen (wodurch die Übertretung überhaupt erst amtsbekannt wurde). Ferner wurde zwar im Ergebnis fahrlässig eine AN ohne die erforderlichen formellen Voraussetzungen nach dem AuslBG einige Tage beschäftigt, diese hat aber materiell alle Voraussetzungen für den Befreiungsschein erfüllt, sodass die Beschäftigung im Ergebnis nur der gesetzlichen Ordnung widersprochen hat: Davon dass es sich um eine illegale Beschäftigung gehandelt hat, die "durch den Entfall von Steuern, Abgaben und Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden und einer Wettbewerbsverzerrung" geführt hat, kann vorliegendenfalls auch insofern keine Rede sein, als die Anzeige des AMS aus Anlass der Ausstellung des Befreiungsscheins auf einer Hauptverbandsanfrage beruht, nach welcher die Ausländerin "seit 1.8. bis laufend" ordnungsgemäß zur Sozialversicherung gemeldet gewesen ist.

Charakteristisch für die hier in Rede stehende Tat ist also, dass sie in allen für die Strafbarkeit relevanten Gesichtspunkten eklatant hinter den typischen Straftaten nach § 28 AuslBG zurückbleibt: das Verschulden des Beschwerdeführers als gesetzlicher Vertreter daran, dass es zu dieser unzulässigen Beschäftigung vom 1. bis zum 7. August (Sonntag nicht berücksichtigt) gekommen ist, ist - berücksichtigt man alle Elemente des Geschehens - atypisch gering und die Tat blieb in Bezug auf die vom Ausländerbeschäftigungsgesetz geschützten öffentlichen Interessen, einschließlich der wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkte folgenlos, weshalb alle Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vorliegen.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid im Strafausspruch wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 4. September 2006

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005090073.X00

Im RIS seit

18.10.2006

Zuletzt aktualisiert am

08.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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