TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/9 W165 2131162-1

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Veröffentlicht am 09.05.2018
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Entscheidungsdatum

09.05.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W165 2131162-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der österreichischen Botschaft Islamabad vom 29.06.2016, Zl. Islamabad-OB/KONS/2821/2015, aufgrund des Vorlageantrages der XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Islamabad vom 04.02.2016, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Afghanistans, brachte am 07.10.2015 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (im Folgenden: ÖB Islamabad) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.

Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehemann der BF angegeben, der in Österreich Asyl erhalten habe und mit dem sie nunmehr in Österreich leben wolle.

Dem Antrag waren diverse Unterlagen (in Kopie) angeschlossen: U.a. eine Reisepasskopie der BF, eine Identitätskarte der BF, eine Geburtsurkunde der BF in arabischer Sprache, der Asylbescheid der Bezugsperson vom 10.08.2010, ein Auszug aus dem ZMR der Bezugsperson, Gehaltsbestätigungen der Bezugsperson von Mai bis Juli 2015, eine Bestätigung über eine Unternehmenszugehörigkeit der Bezugsperson vom 04.08.2015, ein Bestätigungsschreiben einer Gebietskrankenkasse vom 04.08.2015, dass die namentlich genannte "Ehefrau" der Bezugsperson grundsätzlich mit der Bezugsperson mitversichert wäre, der Konventionsreisepass der Bezugsperson, ein Mietvertrag der Bezugsperson vom 08.03.2014 sowie eine Mietzinsvorschreibung geltend ab 01.03.2014. Weiters ein Eheschließungszertifikat des Obersten Gerichtshofes von Afghanistan (in englischer Sprache), ausgestellt am 11.07.2015, worin bescheinigt wird, dass drei namentlich genannte Zeugen, die die BF gut kennen würden, in Anwesenheit zweier weiterer namentlich genannter Zeugen vor Gericht bestätigt hätten, dass die BF am 22.01.2010 eine mit drei Namen versehene Person, von denen zwei mit der namentlichen Bezeichnung der Bezugsperson durch die BF und den zur Bezugsperson vorgelegten Urkunden gar nicht übereinstimmen, der dritte Name zum Teil übereinstimmt, in deren Haus in XXXX, Pakistan, geheiratet hätte.

In ihrer Befragung im Familienverfahren vor der ÖB Islamabad am 07.10.2015 gab die BF an, dass sie die namentlich bezeichnete Bezugsperson vor rund sechs Jahren in ihrem Elternhaus in XXXX, Pakistan, vor einem Mullah geheiratet habe. Ein Eheschließungszertifikat hiezu sei nicht vorhanden. Nach der Eheschließung habe sie mit ihrem Ehegatten rund drei Monate in XXXX, Pakistan zusammen gelebt, bevor dieser aufgrund der schwierigen Situation in Pakistan und Afghanistan nach Österreich ausgereist sei. Sie habe ihre Ehe im Jahr 2015 vor einem afghanischen Gericht in Kabul registrieren lassen.

Der Bezugsperson, einem Staatsangehörigen Afghanistans, wurde nach Asylantragstellung am 10.04.2010 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 10.08.2010, Zl. 10 03.079-BAI, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Zu dem seitens der ÖB Islamabad an das BFA samt Unterlagen übermittelten Einreiseantrag der BF erstattete das BFA unter Anschluss eines Aktenvermerkes samt Beiblattes zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose vom 11.12.2015 eine Stellungnahme und teilte der ÖB Islamabad gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigen nicht wahrscheinlich sei. Voraussetzung dafür, dass ein Familienverfahren geführt und daher auch die Einreise gewährt werden könne, sei, dass eine Eigenschaft als Familienangehöriger bestanden habe. Ehegatten seien nur dann Familienangehörige im Sinne des Asylgesetzes, wenn diese Eigenschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Die BF habe eine Heiratsurkunde vorgelegt, aus der hervorgehe, dass die Ehe mit der Bezugsperson am 22.01.2010 in Pakistan, XXXX, geschlossen worden sei. Eine erfolgreiche Antragstellung im Familienverfahren sei nicht möglich, da die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe.

Mit Schreiben der ÖB Islamabad vom 15.01.2016, zugestellt am 21.01.2016, wurde der BF die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Die BF habe eine Heiratsurkunde vorgelegt, aus der hervorgehe, dass diese am 22.01.2010 in Pakistan die Ehe mit der in Österreich lebenden Bezugsperson geschlossen habe, sodass die Ehegatteneigenschaft nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Daraus ergebe sich, dass der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG 2005 abzulehnen wäre. Der BF wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

Mit Schreiben des bevollmächtigen Vertreters der BF vom 26.01.2016 wurde um Erstreckung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ersucht.

Mit E-Mail des bevollmächtigten Vertreters der BF vom 27.01.2016 wurde der Vertretungsbehörde eine Stellungnahme der Bezugsperson übermittelt. Darin wurde ausgeführt, dass die Bezugsperson ihre Ehefrau rund sechs Jahre vor ihrer Hochzeit in Pakistan kennengelernt und dort am 22.01.2010 geheiratet habe. Aufgrund der Verfolgung in Afghanistan, hätten sie ihre Hochzeit nicht in Afghanistan, sondern nur in Pakistan durchführen können. Da die Bezugsperson bereits seit 2004 in Pakistan gelebt habe, sei Pakistan ihr Zuhause geworden und habe sie dort auch heiraten und eine Familie gründen wollen. Nun wolle sie ihre Ehefrau nach Österreich nachholen und mit dieser hier ihr Familienleben weiterführen. Es seien auch einige Fotos von ihr und ihrer Ehefrau beigelegt, die das Zusammenleben dokumentieren würden.

Der Stellungnahme der Bezugsperson waren undatierte Fotos angeschlossen, die weder Aufschluss über die Örtlichkeit und den Anlass der Aufnahmen noch über die Identität der abgebildeten Personen geben.

Mit E-Mail der ÖB Islamabad vom 03.02.2016 wurde die BF in Kenntnis gesetzt, dass es sich bei der übermittelten Stellungnahme der Bezugsperson um keine Stellungnahme der Verfahrenspartei des Einreiseverfahrens handle und die Bezugsperson keine entsprechende Bevollmächtigung vorgewiesen habe. Das seitens der Bezugsperson übermittelte E-Mail samt Beilagen könne sohin nicht als gültige Stellungnahme zum Antrag der BF gewertet werden.

Mit Bescheid der ÖB Islamabad vom 04.02.2016 wurde der Einreiseantrag gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson habe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinne des vierten Hauptstückes des AsylG 2005 sei.

Der Bescheid der ÖB Islamabad wurde der BF am 02.05.2016 zugestellt.

Gegen den Bescheid richtet sich die am 24.05.2016 eingebrachte Beschwerde. Die BF habe bei Antragstellung eine Heiratsurkunde vorgelegt, die bestätige, dass die Ehe zwischen ihr und der Bezugsperson am 22.01.2010 in Pakistan, XXXX, geschlossen worden sei. Die Ehe habe demnach bereits vor der Einreise der Bezugsperson nach Österreich bestanden, sodass die BF eindeutig als Familienangehörige im Sinne des Asylgesetzes anzusehen sei. Die BF und die Bezugsperson hätten ihren Heimatstaat bereits als Minderjährige verlassen und sei Pakistan deren Lebensmittelpunkt geworden. Die Bezugsperson habe bis zu ihrer Flucht nach Österreich in Pakistan gelebt und die BF sei nach wie vor in Pakistan aufhältig. Die BF und Bezugsperson hätten einander bereits sechs Jahre vor ihrer Hochzeit in Pakistan kennengelernt. Da eine Rückkehr nach Afghanistan nicht möglich gewesen sei, hätten sie die Ehe in Pakistan geschlossen. Pakistan könne als jener Staat bezeichnet werden, in dem sowohl die BF als auch die Bezugsperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätten. Da die Ehe vor der Einreise der Bezugsperson nach Österreich im Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes geschlossen worden sei, sei die BF als Familienangehörige im Sinne des AsylG 2005 anzusehen. Diesbezüglich sei am 27.01.2016 eine Stellungnahme der Bezugsperson samt Fotos eingereicht worden. Die Stellungnahme der Bezugsperson sei von der ÖB Islamabad nicht anerkannt worden, da diese von der BF abzugeben gewesen wäre. Die Stellungnahme der BF habe innerhalb offener Frist nicht an die ÖB Islamabad weitergeleitet werden können.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.06.2016 wies die ÖB Islamabad die Beschwerde mit der bisherigen Begründung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten bzw. Asylberechtigten gebunden. Die Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des BFA durch die österreichische Vertretungsbehörde komme daher nicht in Betracht. Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA zum Einreiseantrag der BF ergangen sei. Unabhängig von der angeführten Bindungswirkung teile die Behörde die Ansicht des BFA, dass die BF keine Angehörige im Sinne des AsylG 2005 sei, da die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Das Gesetz sei dahingehend eindeutig und könne der Argumentation in der Beschwerde, dass es ausreichend sei, dass die Ehe in einem anderen Staat als dem Herkunftsstaat (Aufenthaltsstaat) geschlossen werde, nicht gefolgt werden.

Am 07.07.2016 wurde bei der ÖB Islamabad ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht und zur Begründung auf die Beschwerdeausführungen vom 24.05.2016 verwiesen.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres vom 25.07.2016, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 28.07.2016, wurde der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

Eine bereits vor der Einreise der Bezugsperson nach Österreich erfolgte Eheschließung zwischen der BF und der Bezugsperson kann nicht festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, den vorgelegten Unterlagen, dem Vorbringen der BF und der Stellungnahme der Bezugsperson im Einreiseverfahren der BF.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF des FrÄG 2017, BGBl I Nr. 145/2017, lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt der Vertretungsbehörde keine eigene Prüfungskompetenz zu (VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152 uvam).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, da die Prognose des BFA aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist.

Gemäß § 16 Abs. 2 IPR-G ist die Form einer Eheschließung im Ausland nach dem Personalstatut jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Der Auffassung der Vertretungsbehörde, dass - unter Berufung auf die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA - Familienangehörigeneigenschaft zwischen der BF und der Bezugsperson nicht besteht, ist, im Ergebnis beizupflichten:

Sowohl die BF als auch die Bezugsperson sind Staatsangehörige Afghanistans. Dass allenfalls die Formvorschriften des pakistanischen Eherechtes eingehalten worden wären (vgl. Gesetz über ausländische Eheschließungen, The foreign marriage act, 1903 (vgl Bergman/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattsammlung, Pakistan, 1990, S.96), wurde weder behauptet noch wurde eine pakistanische Heiratsurkunde vorgelegt. Die BF hat vielmehr selbst die Ausstellung einer afghanischen Heiratsurkunde veranlasst.

Nach Art 61 Abs. 2 afghanisches Zivilgesetzbuch ist für die Gültigkeit des Eheschließungsvertrages dessen Registrierung vorgeschrieben und zwar zumindest in der für die Registrierung öffentlicher Urkunden vorgesehenen Weise. Ohne den Nachweis durch eine öffentliche Urkunde ist die Ehe nach staatlichem afghanischem Recht ungültig (vgl Bergman/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattsammlung, Afghanistan, 1990, S 16). Nur bei registrierten Ehen handelt es sich um nach staatlichem Recht gültige Ehen.

Nach Angabe der BF hätte diese am 22.01.2010 in Pakistan, XXXX, die Ehe mit der Bezugsperson nach traditionellem Ritus geschlossen. Beweismittel zu einer zu diesem Zeitpunkt erfolgten Eheschließung wurden nicht vorgelegt. So hat die BF in ihrer Befragung vor der ÖB Islamabad am 07.10.2015 explizit angegeben, dass ein Eheschließungszertifikat hiezu nicht vorhanden sei. Letztlich kann dies aber auch dahingestellt bleiben, da eine traditionelle Eheschließung vor entsprechender staatlicher Registrierung ohnehin keine Rechtswirkung zu entfalten vermag. Die Rechtsfolgen der Eheschließung werden erst durch Eintragung im Zivilregister durchsetzbar, sodass nur der staatlichen Registrierung der Ehe Bedeutung beigemessen werden kann. Im verfahrensgegenständlichen Fall fehlt es jedoch auch an der erforderlichen staatlichen Eintragung der Ehe. Die vorgelegte Heiratsurkunde des Supreme Court Afghanistans, ausgestellt am 11.07.2015, enthält lediglich die Aussagen dreier namentlich genannter Zeugen, die die BF - und nicht auch die Bezugsperson - gut kennen würden, in Anwesenheit zweier weiterer namentlich genannter Zeugen, dass die BF am 22.01.2010 eine mit drei Namen bezeichnete Person, von denen zwei mit dem von der BF zur Bezugsperson angegebenen und auch aus den zur Bezugsperson vorgelegten Urkunden hervorgehenden Namen gar nicht übereinstimmen und der dritte Name nur teilweise übereinstimmt, in deren Haus in Pakistan unter Angabe einer von den Angaben der BF ebenfalls abweichenden Ortsbezeichnung geheiratet habe. Im Zeitpunkt der Ausstellung der Heiratsurkunde, der ohnehin nicht der Charakter der gebotenen staatlichen Eheregistrierung zukommen kann, befand sich die Bezugsperson zudem seit bereits rund fünf Jahren in Österreich und war hier längst asylberechtigt.

Zu den bis zur Bescheiderlassung vorgelegten Fotos ist zu bemerken, dass es sich um mit keinem Datum versehene Kopien handelt, Anlass und Örtlichkeit der Aufnahmen nicht entnommen und auch die Identität der dargestellten Personen nicht zweifelfrei festgestellt werden kann. Fotos, auf denen nicht zweifelsfrei ersichtlich ist, wer, wann, wo und aus welchem Anlass aufgenommen wurde, kann im gegebenen Zusammenhang jedenfalls keine Beweiskraft zukommen.

Abgesehen von der Unglaubwürdigkeit der "Heiratsurkunde" und den aufgezeigten Ungereimtheiten in dieser, mangelt es jedenfalls an der im afghanischen Recht grundsätzlich vorgeschriebenen staatlichen Registrierung der Ehe, womit der Auffassung der Vertretungsbehörde, dass das behauptete Familienverhältnis nicht besteht, nicht entgegengetreten werden kann.

Die Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt des erkennende Gerichtes maßgeblichen Fassung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 in der Fassung des FrÄG 2017, die anders als die Vorgängerbestimmung, die von der Vertretungsbehörde anzuwenden war, nicht mehr auf das Bestehen der Ehe bereits im Herkunftsstaat, sondern auf das Bestehen der Ehe vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten abstellt, bedeutet im Ergebnis der von der Vertretungsbehörde zu Recht verneinten Angehörigeneigenschaft der BF keine Änderung.

Abschließend wird festgehalten, dass im Hinblick auf das Gesagte auch eine Berücksichtigung der Stellungnahme der Bezugsperson im Einreiseverfahren der BF durch die Vertretungsbehörde (die Bezugsperson ist nicht Partei des Einreiseverfahrens) zu keinem abweichenden Verfahrensergebnis zu führen vermocht hätte.

In Anbetracht dessen, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Ehe, Einreisetitel, Gültigkeit, Nachweismangel, österreichische
Botschaft, Registrierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W165.2131162.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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