TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/4 W221 2143261-4

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Veröffentlicht am 04.05.2018
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Entscheidungsdatum

04.05.2018

Norm

AVG §35
AVG §9
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W221 2143261-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017, Zl. 15-1071894510/150603387, betreffend die Verhängung einer Mutwillensstrafe, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.08.2017, zugestellt am 23.08.2017, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 35 AVG eine Mutwillensstrafe in der Höhe von € 350,00 verhängt. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass über den Beschwerdeführer bereits mit Bescheid vom 20.06.2017 eine Mutwillensstrafe in der Höhe von €

70,00 verhängt worden sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch die Tätigkeit der Behörde dadurch offenbar und mutwillig in Anspruch genommen, indem er am 13.08.2017 abermals eine schriftliche Eingabe in Form von E-Mail ohne jeglichen sachlichen Bezug zu seinem Asylverfahren an die Behörde gerichtet habe. Aus seinem Gesamtverhalten lasse sich ableiten, dass er im Wissen um die Nutz- und Zwecklosigkeit fortgesetzt Eingaben gemacht habe, mit dem Bewusstsein, dass diese ungeeignet seien, für ihn eine andere rechtliche Beurteilung herbeizuführen. Aus den Eingaben lasse sich in keiner Weise ein zu rechtfertigender sachlicher Wert für sein Asylverfahren erkennen. Zudem sei dem Beschwerdeführer bereits mehrfach mündlich vom zuständigen Referenten mitgeteilt worden, dass das Ermittlungsverfahren in seinem Fall bereits abgeschlossen worden sei und es keiner Ergänzungen bedürfe. Trotz dieses Umstandes habe der Beschwerdeführer die Behörde immer wieder mit weiteren Eingaben in Anspruch genommen. Wenn man weiters den sehr umfangreich ausgewählten und kontaktierten Empfängerkreis der E-Mails berücksichtige, so ergebe sich aus dem dargelegten Sachverhalt, dass der Beschwerdeführer die zahlreichen Behörden gleichermaßen mit den gleichen Anbringen in Anspruch genommen habe. Es sei somit evident, dass er durch diese zusätzlichen Eingaben keine weiteren Erkenntnisse erlangen habe können, sodass die Behörde annehmen habe können, dass die weitere Inanspruchnahme lediglich aus Freude an der Behelligung der Behörde erfolgt sei. Soweit das Gesetz weiters vorsehe, dass der Mutwille offenbar sein müsse, sei dies dann anzunehmen, wenn die erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschehe, dass die Aussichtslosigkeit den angestrebten Erfolg zu erreichen für jedermann erkennbar sei. Im Fall des Beschwerdeführers sei eindeutig erkennbar, dass die Eingaben nicht dazu geeignet seien, einen entsprechenden Erfolg herbeizuführen. Der offenbare Mutwille sei somit klar gegeben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass bezweifelt werde, ob das Verhalten des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall überhaupt den objektiven Tatbestand des § 35 AVG erfülle. Zwar sei es richtig, dass der Beschwerdeführer wiederholt E-Mails an die Behörde übermittelt habe, doch hätten diese weder den Zweck gehabt das Verfahren absichtlich zu verschleppen, noch hätten die Anbringen ein entsprechendes, fristgebundenes verwaltungsbehördliches Tätigwerden verlangt. Der Beschwerdeführer habe weder einen Antrag im Zuge der E-Mails gestellt, noch mutwillig ein Rechtsmittel erhoben. Auch hätten sich Teile des Vorbringens sehr wohl auf den Antrag auf Zuerkennung des internationalen Schutzes bezogen. Es könne somit nicht davon gesprochen werden, dass die entsprechenden E-Mails per se gänzlich ungeeignet gewesen seien eine Entscheidung durch die damals zuständige Behörde voranzutreiben. Weiters leide der Beschwerdeführer an einer krankheitswerten psychischen Störung, nämlich paranoider Schizophrenie, welche mit Wahnvorstellungen und Halluzinationen, sowie dem Hören von Stimmen einherginge. Dem Beschwerdeführer sei nicht voll bewusst gewesen, dass diese E-Mails nicht dazu geeignet gewesen seien, eine positive Entscheidung zu erwirken. Es könne bei der Beurteilung des Verhaltens jedenfalls nicht der Maßstab, welcher an die Bewertung und Würdigung des Handelns eines Durchschnittsmenschen gestellt werde herangezogen werden, sondern sei vielmehr die Erkrankung und die damit einhergehende Symptomatik bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Schließlich sei der Beschwerdeführer weder im Rahmen seines Rechts auf Parteiengehör zu den Vorwürfen gehört worden, noch sei ein amtswegiges Ermittlungsverfahren durchgeführt worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger und stellte am 02.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2016 wurde dieser Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen und dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Spruchpunkt I. der angefochtenen Entscheidung (Asylabweisung) wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 05.01.2017, W221 2143261-1, behoben und gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Mit Bescheid vom 20.06.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.

Der Beschwerdeführer leidet unter einer krankheitswerten psychischen Störung, nämlich paranoider Schizophrenie, wobei aktuell eine Teilremission besteht und der Beschwerdeführer gut in der Lage ist, seinen Alltag selbständig zu organisieren. Amtswege und finanzielle Angelegenheiten konnten von ihm bisher immer selbständig geregelt werden und es besteht kein Grund für eine Besachwalterung.

Der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers führte mit diesem, nach erfolgter Verhängung einer erstmaligen Mutwillensstrafe ein Gespräch, in dem der Beschwerdeführer zusicherte, dass die weitere Kommunikation ausschließlich über seinen Rechtsanwalt erfolgen werde.

Der Beschwerdeführer richtete am 13.08.2017 trotzdem abermals ein Anbringen in Form eines E-Mails ohne jeglichen Bezug zu seinem Asylverfahren an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Asylverfahren ergeben sich aus dem Akt.

Die Feststellung, dass der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers mit diesem ein Gespräch führte, in dem der Beschwerdeführer zusicherte, die weitere Kommunikation werde ausschließlich über seinen Rechtsanwalt erfolgen, ergibt sich aus der im Akt zu W221 2143261-3 befindlichen Beschwerde vom 24.07.2017 und den darin enthaltenen Ausführungen des Rechtsanwaltes des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zur psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers basieren auf der im Akt befindlichen Kopie des Gutachtens einer gerichtlich beeideten Sachverständigen und Fachärztin für Psychiatrie vom 27.03.2017.

Dass das Email vom 13.08.2017 keinen Bezug zu seinem Asylverfahren hat, ergibt sich aus folgendem Inhalt des Emails:

"Woher und wie kommen die Terroristen nach Europa ISIS [...] In diesem Video ist die höchste Religion Person von Syrien [...] (der Archloch), den ich öfter auf seinem Handy beschimpft und beleidigt habe (einmal auch in seiner Wohnung (Haus) um 23:00 persönlich).Ich kenne dieses Archloch [...] seit 1976. Damals war er nur für eine Moschee verantwortlich aber jetzt ist er die Religionsperson von ganz Syrien. Mein Vater hat ihn und seinen Vater [...] 1982-1986 mit dem Chef der gesamten Syrischen Geheimdienstapparaten [...] einanander vorgestellt .

https://www.youtube.com/watch?v=JIowgtfVwC4 Mit französischem Untertitel

https://www.youtube.com/watch?v=m6ka-8VgdmI Mit englischem Untertitel

In diesen Videos verspricht er ganz klar Europa und den USA mit Terrorismus. Ich denke jetzt ist es ganz klar zu erkennen in welcher teuflisch Ozean aus Scheiße sich das BFA-Amt und die Regierung von Herrn C Kern und C Kurz befindet.

Eine ganz kurze Frage bitte: könnte ich gerichtlich Europa zur Unterbrechung der diplomatischen Beziehungen mit Syrien erzwingen? (mindestens werde ich eine Unterhaltung haben, bis ich mein Asyl bekomme). Natürlich, wenn man die Akten der meisten Syrer, die Asyl von den Kriminellen des BFA-Amts bekommen haben, langsam durchliest, wird es ganz klar, dass die meisten dieser Syrer auf der Mentalitaetsebene in Harmonie mit [...] befinden. Natürlich auch diese Regierung von Herrn C Kern und Herrn C Kurz auch.

Natürlich damals durch den Persönlichen Einsatz von meinem Vater, wurde die Entscheidung getroffen, mich verrückt zu machen als mich umzubringen. Seit Anfang des Arabischen Frühling gilt das nicht mehr und mein Vater selbst ist in Exil ins AUSLAND geflohen."

Das Email richtet sich außerdem als Anrede an eine Mitarbeiterin der Caritas und wird an einen Verteiler von ca. 70 Personen/Behörden geschickt. Ein Bezug zum - zu diesem Zeitpunkt beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bereits abgeschlossenen - Asylverfahren lässt sich daraus nicht ableiten.

Darüber hinaus hängt der Beschwerdeführer an dieses Mail zwei weitere Mails an, die er bereits am 27.06.2017 und am 23.06.2017 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gerichtet hat mit folgendem Inhalt:

"Ich werde sehr erstaunt sein, wenn Sie (das weibliche Personal von BFA und der SPOE) von den kriminellen, den von Ihnen Asyl als Belohnung für Ihre Kriminalitaeten in Syrien und Österreich bekommen haben, Sie nicht vergewaltigen werden. Für das männliche Personal des BFA-Amtes und der SPOE gilt das für Ihre Frauen, Schwestern und Töchter.

Natürlich, solche Fälle machen mir überhaupt keine Freude und ich werde es tief bedauern. Aber das ist die natürliche Folge Ihrer Taten."

"Dass Sie meinem Rechtsanwalt [...] mündlich sagten (als Verhandlung), dass ich subsidiären Schutz bekommen würde, und dass ich nie zurückgeschoben würde, antworte ich Ihnen mit folgendem:

Suchen Sie (alle) mit Ihrem Amt und Ihrem Affenarch-roten BundesKanzler sich einen Strassenhund Ihres Wertes und lecken Sie ihn am Arch.

Verhandlungen gab es nicht und wird es nicht geben. Dass Sie eine 70 Euro Strafe verhängt haben, sehe ich als folgendes: Sie haben dadurch die Staatsgewalt, Bürokratiegewalt und Ämtergewalt gegen mich eingeschaltet.

https://www.youtube.com/watch?v=u9b4bObqNYo

Das ist meine Spezialität ( Schauen Sie sich die Ämter in Syrien und in der Türkei an) dazu werden noch der Zionismus und Freimauerei kommen.

https://www.youtube.com/watch?v=VBHySYtSUOg

Ich werde Sie kompromisslos gerichtlich verfolgen.

Sie werden es bedauern, dass Sie sich von meinem Leben durch meinen Asyl nicht rechtzeitig verpisst haben.

Es ist verdammt interessant:

https://www.youtube.com/watch?v=ay4Q5qhZO0M

Durch Ihre eigene Kriminalitaeten lassen Sie sich von sich selbst an Ihre Kriminalitaet und kriminell Natur ausliefern. Ich [...] muss in diesem Rahmen überhaupt nichts tun.

Ich werde nur das gesetzliche tun und mich im Rahmen des Gesetzes bewegen."

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu A)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) lauten wie folgt:

"Rechts- und Handlungsfähigkeit

§ 9. Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

[...]

Vertreter

§ 11. Soll von Amts wegen oder auf Antrag gegen einen handlungsunfähigen Beteiligten, der eines gesetzlichen Vertreters entbehrt, oder gegen eine Person, deren Aufenthalt unbekannt ist, eine Amtshandlung vorgenommen werden, so kann die Behörde, wenn die Wichtigkeit der Sache es erfordert, die Betrauung einer Person mit der Obsorge oder die Bestellung eines Sachwalters oder Kurators beim zuständigen Gericht (§ 109 JN) veranlassen.

[...]

Mutwillensstrafen

§ 35. Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen."

Strafbar gemäß § 35 AVG ist jede prozessfähige Person, welche die Behörde offenbar mutwillig in Anspruch genommen hat (vgl. VwGH 24.03.1997, 95/19/1705; 18.04.1997, 95/19/1707) oder in Verschleppungsabsicht dieser gegenüber unrichtige Angaben gemacht hat (vgl auch Grabenwarter/Geppert, JBl 1996, 233). [zitiert nach Hengstschläger/Leeb, AVG § 35 Rz 5 (Stand 1.1.2014, rdb.at)]

Da der Beschwerdeführer an einer krankheitswerten psychischen Störung leidet ist im vorliegenden Fall zunächst auf die Prozessfähigkeit des Beschwerdeführers einzugehen:

Ausnahmsweise kann es auch volljährigen Menschen an der vollen Geschäfts- und damit an der Prozessfähigkeit mangeln. Gemäß § 865 ABGB sind nämlich nicht nur Kinder unter sieben Jahren, sondern auch andere natürliche Personen, die vorübergehend oder dauerhaft (auf Grund von Geistesschwäche oder -krankheit) "den Gebrauch der Vernunft nicht haben" - abgesehen von den Fällen des § 170 Abs 3 ABGB - insoweit unfähig, ein Versprechen zu machen oder es anzunehmen (= geschäftsunfähig [VwGH 30.01.1996, 95/11/0151]; Koziol/Welser I 59). Ist für einen Beteiligten noch kein Sachwalter bestellt, so hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob der Beteiligte im Zeitpunkt der betreffenden Verfahrenshandlung in der Lage ist, Bedeutung und Tragweite des Verfahrens und der sich in diesem ereignenden prozessualen Vorgänge zu erkennen, zu verstehen und sich den Anforderungen eines derartigen Verfahrens entsprechend zu verhalten (vgl. VwGH 19.09.2000, 2000/05/0012; 20.02.2002, 2001/08/0192; 16.11.2012, 2012/02/0198). [zitiert nach Hengstschläger/Leeb, AVG § 9 Rz 15 (Stand 1.1.2014, rdb.at)]

Im gegenständlichen Fall wurde jedoch kein wie zuvor dargestellter Sachverhalt verwirklicht. Wie aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung nämlich ersichtlich ist, ergibt sich aus dem Gutachten vom 27.03.2017, dass der Beschwerdeführer zwar an paranoider Schizophrenie leidet, jedoch wurde sowohl festgestellt, dass er gut in der Lage ist seinen Alltag selbständig zu organisieren, als auch, dass kein Grund für eine Besachwalterung besteht. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts liegt somit kein Grund vor, an der Prozessfähigkeit des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Wendet der Beschwerdeführer in weiterer Folge ein, es werde bezweifelt, dass das Verhalten des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 35 AVG erfülle, so ist er auf Folgendes aufmerksam zu machen:

Mit der in § 35 AVG vorgesehenen Mutwillensstrafe kann geahndet werden, wer "in welcher Weise immer" die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt (vgl. VwGH 16.02.2012, 2011/01/0271). Jedenfalls kann eine solche Inanspruchnahme der Tätigkeit der Behörde durch alle Arten von Anbringen iSd § 13 Abs 1 AVG erfolgen. Im Hinblick auf den Aufgabenkreis der Behörde genügt es, dass das behördliche Organ die schriftliche Eingabe liest oder das mündliche oder telefonische Anbringen entgegennimmt, ohne dass es darauf ankäme, dass eine darüber hinausgehende Tätigkeit bewirkt wird (VwGH 04.03.1964, 1829/63).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt mutwillig, wer sich im Bewusstsein der Grund- und Aussichtslosigkeit, der Nutz- und der Zwecklosigkeit seines Anbringens an die Behörde wendet, sowie wer aus Freude an der Behelligung der Behörde handelt. Darüber hinaus verlangt das Gesetz aber noch, dass der Mutwille offenbar ist; dies ist dann anzunehmen, wenn die wider besseres Wissen erfolgte Inanspruchnahme der Behörde unter solchen Umständen geschieht, dass die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Erfolg zu erreichen, für jedermann erkennbar ist (VwGH 16.02.2012, 2011/01/0271).

Trotz des Umstandes, dass über den Beschwerdeführer bereits eine Mutwillensstrafe verhängt wurde und er in einem Gespräch mit seinem Rechtsanwalt zusicherte, dass die weitere Kommunikation nur noch über diesen erfolgen werde, richtete der Beschwerdeführer abermals eine schriftliche Eingabe in Form eines E-Mails ohne jeglichen sachlichen Bezug zu seinem Asylverfahren an die belangte Behörde. Dem Beschwerdeführer war insofern auch die Grund- und Aussichtslosigkeit bzw. Nutz- und Zwecklosigkeit bewusst.

Zur Höhe der verhängten Mutwillensstrafe, gegen die sich die Beschwerde übrigens nicht wendet, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sie nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des Höchstbetrages in der Höhe von € 726,00 derart zu bemessen ist, dass der Täter von weiterem derartigem Fehlverhalten abgehalten werden kann (vgl. dazu etwa Beschluss des VwGH vom 15.12.1999, 98/12/0406). Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Strafrahmen des § 35 AVG in der Höhe von bis zu € 726,00 nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft.

Neben dem bereits beschriebenen Mutwillen ist zu Lasten des Beschwerdeführers auch die Bindung von Ressourcen der belangten Behörde zu berücksichtigen. Trotz der notorisch bekannten Tatsache, dass die logistischen Mittel des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegenwärtig voll ausgeschöpft werden müssen, um eingehende Anträge gemäß dem Asyl- und Fremdenrecht und deren Beschwerden in einer einigermaßen vertretbaren Zeit bearbeiten zu können, und eine zeitliche Verzögerung der Erledigung von begründeten Anträgen durch die Bindung von Ressourcen im gegenständlichen Verfahren zur Verletzung wesentlicher Interessen der Antragsteller führt, behelligte der Beschwerdeführer die belangte Behörde mit einer Eingabe ohne jeglichen sachlichen Zusammenhang zu seinem Asylverfahren. Hinzu kommt noch, dass der Bescheid der belangten Behörde bereits ergangen war und es dem Beschwerdeführer somit klar sein musste, dass sein Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgeschlossen ist.

Diese Gesichtspunkte sind unter Beachtung der Regelungsintention des § 35 AVG bei der Bemessung der Sanktionshöhe als erschwerend zu werten.

Strafmildernde Umstände wurden vom Beschwerdeführer hingegen nicht ins Treffen geführt, zumal sich die Beschwerde auch nicht ausdrücklich gegen die Strafhöhe richtet.

Aus dem Gesagten konnte auch die Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Beschwerdeführers bei der Bemessung der Strafhöhe nicht weitergehend zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass nach Maßgabe des § 36 zweiter Satz AVG, § 19 Abs. 2 VStG nicht anwendbar ist und auch sonst keine gesetzliche Grundlage dafür besteht, die es zwingend erfordern würde, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in die Strafbemessung einfließen zu lassen (vgl. VwGH 30.05.1994, 92/10/0469, VwSlg. 14.064 A/1994).

Vor dem Hintergrund der geforderten präventiven Wirkung der verhängten Mutwillensstrafe kann im Lichte der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass eine verhängte Strafe in der Höhe von € 350,- im gegenständlichen Einzelfall als unverhältnismäßig hoch anzusehen wäre.

Es ist daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben.

Schlagworte

Aussichtslosigkeit, E - Mail, Mutwillen, Mutwillensstrafe,
Offensichtlichkeit, Prozessfähigkeit, psychische Erkrankung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W221.2143261.4.00

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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