TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/26 VGW-103/040/8424/2017

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Veröffentlicht am 26.01.2018
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Entscheidungsdatum

26.01.2018

Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition
41/01 Sicherheitsrecht

Norm

WaffG 1996 §8 Abs1
WaffG 1996 §20 Abs1
WaffG 1996 §21 Abs2
WaffG 1996 §22 Abs2
WaffG 1996 §23 Abs2
WaffG 1996 §47 Abs1
SPG §5 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Schmid über die Beschwerde des Herrn D. X., vertreten durch RA, vom 31.5.2017, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien, vom 3.5.2017, Zl. W-RWV/7170/2014, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Waffenpasses für zwei Schusswaffen der Kategorie B nach dem Waffengesetz nach durchgeführter Verhandlung am 14.12.2017 durch Verkündung zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 28 Absatz 1 und 2 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben als Herrn D. X., ... geboren, österreichischer Staatsbürger, Exekutivbeamter, gemäß § 21 Absatz 2 in Verbindung mit § 22 Absatz 2 Ziffer 2 Waffengesetz ein Waffenpass für eine Schusswaffe der Kategorie B, beschränkt auf eine Waffe mit Kaliber 9 mm oder darunter, solange Herr X. ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 5 Absatz 2 SPG ist, erteilt. Darüber hinaus wird der Antrag bzw. die Beschwerde abgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch des angefochtenen Bescheids lautet:

„Ihr Antrag vom 07.02.2017 auf Ausstellung eines Waffenpasses wird gem. § 21 Abs. 2 Waffengesetz abgewiesen.“

Der verfahrenseinleitende Antrag wurde mit der Ausübung der Tätigkeit eines Exekutivbeamten begründet. Eine darüber hinausgehende Rechtfertigung für einen Bedarf wurde – trotz Aufforderung der Behörde – nicht vorgebracht.

Der abweisende Bescheid ist damit begründet, dass der Beschwerdeführer (kurz BF) bereits über eine Waffenbesitzkarte verfügt, aber keine bewilligungspflichtige Waffe besitzt und mit dem Waffenpass einen Besitzstand von vier Stück Schusswaffen der Kategorie B anstrebe, dem aber § 23 Absatz 2 Waffengesetz entgegenstehe. Die Behörde ging davon aus, dass der BF der Ausstellung eines Waffenpasses für eine Schusswaffe der Kategorie B nicht zugestimmt habe.

Gegen diesen Bescheid wendet sich der BF mit der die frist- und formgerecht eingebrachte Beschwerde und führt darin zusammenfassend aus, dass er einen Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses als Exekutivbeamter habe und die Waffenbesitzkarte dem nicht entgegenstehen würde.

In der am 14.12.2017 durchgeführten Verhandlung, an der der BF nicht persönlich teilgenommen hat, aber durch seinen ausgewiesenen Rechtsanwalt vertreten war, brachte sein Vertreter vor, dass der Antrag ausschließlich auf § 22 Absatz 2 Ziffer 2 Waffengesetz gestützt wird.

Im Anschluss an die Verhandlung wurde das Erkenntnis verkündet und das Verhandlungsprotokoll an den Vertreter des BF ausgehändigt. Der Waffenbehörde wurde das Verhandlungsprotokoll zugestellt. Vom BF wurde fristgerecht ein Antrag auf volle Ausfertigung des Erkenntnisses gestellt.

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

Aufgrund des unstrittigen Akteninhaltes wird festgestellt, dass der BF ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Sinne des § 5 Absatz 2 SPG ist, ihm eine behördliche Dienstwaffe (Faustfeuerwaffe) zugeteilt wurde und er eine Waffenbesitzkarte für zwei Stück Schusswaffen der Kategorie B ausgestellt bekommen hat. Der BF ist als österreichischer Staatsbürger EWR-Bürger und hat er das 21. Lebensjahr vollendet (Geburtsdatum: ...).

Die vorliegende Entscheidung gründet auf folgenden Normen des Waffengesetzes, BGBl I 1997/12 in der Fassung BGBl I 2016/120, (auszugsweise Wiedergabe):

„§ 1. Waffen sind Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind,

1. die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen oder

2. bei der Jagd oder beim Schießsport zur Abgabe von Schüssen verwendet zu werden.

§ 2. (1) Schusswaffen sind Waffen, mit denen feste Körper (Geschosse) durch einen Lauf in eine bestimmbare Richtung verschossen werden können; es sind dies Schusswaffen

1. der Kategorie A (§§ 17 und 18);

2. der Kategorie B (§§ 19 bis 23);

3. der Kategorien C und D (§§ 30 bis 35).

(2) Die Bestimmungen über Schusswaffen gelten auch für Lauf, Trommel, Verschluss und andere diesen entsprechende Teile von Schusswaffen - auch wenn sie Bestandteil eines anderen Gegenstandes geworden sind -, sofern sie verwendungsfähig und nicht Kriegsmaterial sind. Sie gelten jedoch nicht für Einsteckläufe mit Kaliber unter 5,7 mm.

(3) Schusswaffen, einschließlich der als Kriegsmaterial gemäß § 1 Art. I Z 1 lit. a und b der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977 betreffend Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 624/1977, anzusehenden Schusswaffen, die jeweils gemäß § 42b deaktiviert worden sind, sind keine Waffen im Sinne dieses Bundesgesetzes.

§ 3. Faustfeuerwaffen sind Schusswaffen, bei denen die Geschosse durch Verbrennung eines Treibmittels ihren Antrieb erhalten und die eine Gesamtlänge von höchstens 60 cm aufweisen.

§ 6. (1) Als Besitz von Waffen und Munition gilt auch deren Innehabung.

(2) Nicht als Besitz gilt die Innehabung von Waffen anlässlich eines Verkaufsgesprächs im Geschäftslokal eines Gewerbetreibenden gemäß § 47 Abs. 2.

§ 7. (1) Eine Waffe führt, wer sie bei sich hat.

(2) Eine Waffe führt jedoch nicht, wer sie innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften mit Zustimmung des zu ihrer Benützung Berechtigten bei sich hat.

(3) Eine Waffe führt weiters nicht, wer sie - in den Fällen einer Schusswaffe ungeladen - in einem geschlossenen Behältnis und lediglich zu dem Zweck, sie von einem Ort zu einem anderen zu bringen, bei sich hat (Transport).

§ 8. (1) Ein Mensch ist verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er

1.       Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;

2.       mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;

3.       Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.

§ 19. (1) Schusswaffen der Kategorie B sind Faustfeuerwaffen, Repetierflinten und halbautomatische Schusswaffen, die nicht Kriegsmaterial oder verbotene Waffen sind.

§ 20. (1) Der Erwerb, der Besitz und das Führen von Schusswaffen der Kategorie B ist nur auf Grund einer behördlichen Bewilligung zulässig. Die Bewilligung zum Erwerb, Besitz und zum Führen dieser Waffen ist von der Behörde durch die Ausstellung eines Waffenpasses, die Bewilligung zum Erwerb und zum Besitz dieser Waffen ist von der Behörde durch die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte, zu erteilen.

§ 21. (1) Die Behörde hat verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und für den Besitz einer Schusswaffe der Kategorie B eine Rechtfertigung anführen können, auf Antrag eine Waffenbesitzkarte auszustellen. Die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und für den Besitz einer solchen Waffe eine Rechtfertigung anführen können, liegt im Ermessen der Behörde; ebenso die Ausstellung an Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sofern sie den Nachweis erbringen, dass der Besitz einer solchen Waffe für die Ausübung ihres Berufes erforderlich ist.

(2) Die Behörde hat verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

(3) Die Ausstellung von Waffenpässen an verlässliche Menschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und den Nachweis erbringen, dass sie entweder beruflichen oder als Inhaber einer Jagdkarte jagdlichen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B haben, liegt im Ermessen der Behörde. Bezieht sich der Bedarf nur auf Repetierflinten oder halbautomatische Schusswaffen, kann die Behörde die Befugnis zum Führen durch einen Vermerk im Waffenpass so beschränken, dass der Inhaber bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Faustfeuerwaffen nicht führen darf.

(4) Wird ein Waffenpass nur im Hinblick auf die besonderen Gefahren ausgestellt, die bei der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auftreten, so hat die Behörde die Befugnis zum Führen durch einen Vermerk im Waffenpass so zu beschränken, dass die Befugnis zum Führen erlischt, sobald der Berechtigte diese Tätigkeit künftig nicht mehr ausüben will oder darf. Tritt dies ein, so berechtigt ein solcher Waffenpass nur mehr zum Besitz der Waffen im bisherigen Umfang; einer gesonderten Rechtfertigung bedarf es hierfür nicht.

§ 22. (1) Eine Rechtfertigung im Sinne des § 21 Abs. 1 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er die Schusswaffe der Kategorie B innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften zur Selbstverteidigung bereithalten will.

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn

1. der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann oder

2. es sich um ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes handelt (§ 5 Abs. 2 SPG). Diesfalls ist der Waffenpass dahingehend zu beschränken, dass nur Waffen mit Kaliber 9 mm oder darunter geführt werden dürfen.“

Rechtlich folgt daraus:

Der Antrag auf Erteilung eines Waffenpasses wurde ausschließlich auf § 22 Absatz 2 Ziffer 2 Waffengesetz gestützt. Diese Bestimmung wurde mit der Novelle BGBl I 2016/120 ins Waffengesetz eingefügt. Die Materialien (RV 1345 d.B. XXV. GP, 11) dazu lauten:

„Diese Bestimmung dient vor allem der Verwaltungsvereinfachung im Zusammenhang mit der Ausstellung von Waffenpässen für Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die regelmäßig zur Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ermächtigt sind. Momentan bedarf es bei der Ausstellung eines Waffenpasses entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH, 21.10.2011, 2010/03/0058) stets einer Einzelfallüberprüfung. Anhand der vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien prüfen die Waffenbehörden ein Vorliegen der konkreten und qualifizierten Gefahrenlage für den Antragsteller sowie ob dieser Gefahr am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Entsprechend der vorgeschlagenen Änderung müssen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nun ihre konkrete und qualifizierte Gefährdungslage nicht mehr im Einzelnen glaubhaft machen. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind nach der Richtlinien-Verordnung BGBl. 1993/266 – sofern verhältnismäßig und nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar – dazu verpflichtet, außerhalb ihres Dienstes einzuschreiten, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für das Leben, die Gesundheit, der Freiheit von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß notwendig ist. Keine andere Berufsgruppe hat eine derartige Verpflichtung. Anderen Berufsgruppen, die wegen der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit auch außerhalb der Dienstzeit etwa aufgrund befürchteter Racheakte eine Schusswaffe der Kategorie B zur Abwehr von Gefahren benötigen (das sind insbesondere Strafrichter, Staatsanwälte und Organe der Justizwache oder

andere Organe der öffentlichen Aufsicht) wird in Ansehung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig ein Waffenpass ausgestellt. Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen, sofern sie sich bei der Beantragung eines Waffenpasses auf Z 2 berufen, nur jene Waffen des Kalibers 9 mm oder darunter führen. Es handelt sich hierbei um eine sachgerechte Einschränkung, da Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Umgang mit Waffen und Munition dieser Größenordnung geschult und geübt sind. Die Einschränkung, dass das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit dem Waffenpass nur Waffen des Kalibers 9 mm oder darunter erwerben, besitzen oder führen darf, ist im Waffenpass bei dem Punkt „Behördliche Eintragungen“ zu vermerken. Beruft sich ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Beantragung eines Waffenpasses nicht auf Z 2, gilt diese Einschränkung auf Waffen des Kalibers 9 mm oder darunter nicht, und der Antragsteller muss in diesem Fall wie zuvor seinen Bedarf zum Führen von Waffen im Sinne der Rechtsprechung nachweisen. Zum besseren Verständnis wurde die Bestimmung des § 22 Abs. 2 in zwei Ziffern untergliedert.“

Mit dieser Bestimmung ist in das Waffengesetz eine weitere Sonderregelung für Exekutivbeamte eingeführt worden. Schon § 47 Absatz 1 und 4 Waffengesetz sieht Sonderregeln für Menschen vor, denen eine Dienstwaffe zugeteilt wurde.

Unter Berücksichtigung dieser „Sonderregeln“ ist beim BF vom Vorliegen von Verlässlichkeit im Sinne des § 8 Waffengesetz auszugehen (vgl. § 47 Absatz 5 Waffengesetz). Das Führen seiner ihm von der Dienstbehörde zugeteilten Dienstwaffe (Faustfeuerwaffe) unterliegt nicht den Bestimmungen des Waffengesetzes (vgl. § 47 Abs. 1 Waffengesetz).

Der BF erfüllt damit die allgemeinen Voraussetzungen des § 21 Absatz 2 Waffengesetz (EWR-Bürger, Alter, Verlässlichkeit) und hat als Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 22 Absatz 2 Ziffer 2 Waffengesetz einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B.

Der BF hat daher einen Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses, wobei dieser aufgrund des § 22 Absatz 2 Ziffer 2 Waffengesetz auf das Führen von Schusswaffen der Kategorie B mit Kaliber 9 mm oder darunter zu beschränken ist.

Das Verwaltungsgericht Wien vertritt die Ansicht, dass ein Waffenpass, der auf der Bedarfsgrundlage des § 22 Absatz 2 Ziffer 2 Waffengesetz erteilt wird, nur solange gilt, als der Berechtigte ein Organ das öffentlichen Sicherheitsdienstes ist.

In diesem Sinne wurde der Waffenpass beschränkt auf eine Schusswaffen der Kategorie B mit Kaliber 9 mm oder darunter, mit Gültigkeit „solange Herr X. ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 5 Absatz 2 SPG ist“.

Nach dem vorliegenden Akt und der Bescheidbegründung dürfte auch die Waffenbehörde die Ansicht vertreten, dass dem BF ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses zukommt.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist aber strittig, ob dem BF, der schon aufgrund seiner Waffenbesitzkarte zwei Schusswaffen der Kategorie B besitzen darf, der Waffenpass mit der Beschränkung zu erteilen sei, dass er nur eine Schusswaffe der Kategorie B zusätzlich erwerben und führen darf, oder ob er einen Rechtsanspruch auf den Erwerb von zwei weiteren Schusswaffen der Kategorie B aufgrund des Waffenpasses habe, somit in Summe vier Schusswaffen der Kategorie B besitzen dürfe.

Das Verwaltungsgericht Wien hat dazu bisher – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – die Ansicht vertreten, dass nach § 23 Absatz 2 Waffengesetz die Anzahl der Waffen, die der Berechtigte besitzen darf, mit zwei festzulegen ist und für den Fall, dass ein Antragsteller bereits aufgrund einer waffenrechtlichen Urkunde (Waffenbesitzkarte oder Waffenpass) zum Besitz von zwei Schusswaffen der Kategorie B berechtigt, bei nachträglicher Erteilung einer weiteren waffenrechtlichen Urkunde die Gesamtzahl an Schusswaffen der Kategorie B, die der Berechtigte besitzen darf, mit zwei beschränkt bleibt (siehe beispielsweise VGW-103/062/9101/2015 vom 30.12.2015).

Der Verwaltungsgerichthof hat jüngst zur Frage der Zusammenrechnung der Berechtigungsumfänge einer Waffenbesitzkarte und eines Waffenpasses ausgeführt: „Die Maximalzahl der genehmigungspflichtigen Schusswaffen, die der Berechtigte besitzen darf, wird in § 23 Abs. 2 WaffG grundsätzlich mit zwei festgelegt. "Berechtigte" im Sinne dieser Bestimmung sind sowohl Inhaber eines Waffenpasses (der nach § 20 Abs. 1 WaffG zum Erwerb, Besitz und zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B berechtigt) als auch Inhaber einer Waffenbesitzkarte (die nach § 20 Abs. 1 WaffG zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen der Kategorie B berechtigt). Die grundsätzliche Beschränkung auf zwei Schusswaffen der Kategorie B gilt damit für den Berechtigungsumfang zum Besitz, wie er sich aus der Zusammenrechnung des Berechtigungsumfangs aus der Waffenbesitzkarte und dem Waffenpass ergibt.“ (VwGH 22.11.2017, Ro 2017/03/0026).

Im konkreten Fall hätte dies beim BF dazu geführt, dass er aufgrund seiner Waffenbesitzkarte zwei Schusswaffen der Kategorie B (ohne Einschränkung auf Kaliber 9 mm oder darunter) besitzen darf und aufgrund des Waffenpasses eine davon – die aber mit Kaliber 9 mm beschränkt sein muss – führen dürfte. Damit wäre der BF als Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gegenüber anderen Berechtigten nach dem Waffengesetz (die sowohl eine Waffenbesitzkarte als auch einen Waffenpass besitzen) schlechter gestellt, weil er da facto damit auch im Umfang seiner Berechtigung aus der Waffenbesitzkarte eine seiner beiden Schusswaffen auf ein Kaliber von 9 mm oder darunter beschränken müsste oder keine (wenn beide Waffen großkalibriger sind) davon führen dürfte, was die Ausstellung des Waffenpasses ad absurdum führen würde.

Das Verwaltungsgericht Wien ist daher der Rechtsansicht, dass einem Antragsteller, der Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes ist, die sonstigen Voraussetzungen des § 21 Absatz 2 Waffengesetz erfüllt, und der aufgrund einer Waffenbesitzkarte bereits zwei Schusswaffen der Kategorie B (ohne Einschränkung auf ein Kaliber 9 mm oder darunter) besitzen darf, ein Waffenpass nach § 22 Absatz 2 Ziffer 2 Waffengesetz für eine (weitere) Schusswaffe der Kategorie B (mit den festgelegten Einschränkungen) zu erteilen ist.

Aufgrund des § 23 Absatz 2 Waffengesetz ist der Waffenpass aber nicht für zwei weitere Waffen, sondern nur für eine zu erteilen (siehe oben).

Dem Antrag bzw. der Beschwerde war daher insofern stattzugeben, als dem BF ein Waffenpass im Umfang des obigen Spruches zu erteilen war. Das Mehrbegehren – eine zweite Schusswaffe der Kategorie B führen zu dürfen – war abzuweisen.

Der Antrag bzw. die Beschwerde waren nicht so zu verstehen, dass der BF nur einen Waffenpass für zwei Schusswaffen der Kategorie B oder keinen wollte, sondern jedenfalls einen Waffenpass ausgestellt bekommen will.

Angemerkt wird, dass der BF aufgrund des Waffenpasses und auf der Grundlage der oben angesprochenen „Sonderregeln“ für Dienstwaffenträger im Waffengesetz nach diesem Gesetz berechtigt ist, neben seiner Dienstwaffe (nach den dafür geltenden Vorschriften) eine weitere Schusswaffe der Kategorie B, beschränkt auf ein Kaliber 9 mm oder darunter, zu führen. Zudem sei ausgeführt, dass dem Verwaltungsgericht Wien bis dato kein Sachverhalt zur Kenntnis gelangt ist, der einen Bedarf zum (gleichzeitigen) Führen von zwei Schusswaffen der Kategorie B rechtfertigen hätte können. Für Indienststellungen bzw. Notwehr oder Nothilfe ist das Führen einer Schusswaffe der Kategorie B ausreichend.

Zur Revisionsentscheidung:

Gemäß § 25a Absatz 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Artikel 133 Absatz 4 B-VG ist die ordentliche Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach der Rechtsprechung des VwGH liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dann vor, wenn die Entscheidung der Sache im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen, auf zusätzliche Argumente gestützte Rechtsprechung liegt. Das ist dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die auch für eine Reihe anderer gleichgelagerter Fälle von Bedeutung ist und diese durch die Rechtsprechung des VwGH bisher nicht abschließend geklärt worden ist. Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage des materiellen oder formellen Rechts handeln.

Da zu § 22 Absatz 2 Ziffer 2 Waffengesetz keine Leitlinien-Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht bzw. die vorliegende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien von der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Höchstzahl abweicht, wird eine ordentliche Revision für zulässig erachtet.

Schlagworte

Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses; Waffenpass; Exekutivbeamter; Waffenbesitzkarte; Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes; Dienstwaffe; Verlässlichkeit; Höchstzahl an Schusswaffen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.103.040.8424.2017

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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