TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/1 405-9/472/1/8-2018

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Veröffentlicht am 01.03.2018
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Entscheidungsdatum

01.03.2018

Index

L92055 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Salzburg
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

SHG Slbg 1975 §8
ASVG §330a
ASVG §707a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch die Richterin Mag. Michaela Slama über die Beschwerde der AB AA, geboren am XY, 5020 Salzburg, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. AF AE, LL, gegen den Bescheid der belangten Behörde, Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg, vom 21.12.2017,

zu Recht e r k a n n t :

1.     Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm §§ 6, 8 und 17 des Salzburger Sozialhilfegesetzes (S.SHG) wird der Beschwerde

?   für den Zeitraum 10.8.2017 bis 31.12.2017 keine Folge gegeben

?   für den Zeitraum ab 1.1.2018 iVm § 330a ASVG Folge gegeben, und werden für die Beschwerdeführerin vom 1.1.2018 bis 30.6.2018 die Aufenthaltskosten in der Einrichtung EE FF Gesellschaft m.b.H. folgendermaßen getragen:

Die Aufenthaltskosten in Höhe der derzeit geltenden Tarifobergrenzen betragen:

vom 1.1.2018 bis 30.6.2018 täglich:

€ 93,82

Die Eigenleistung, welche direkt an die Einrichtung zu zahlen ist, beträgt:

vom 1.1.2018 bis 31.1.2018 monatlich:

€ 1.502,39

vom 1.2.2018 bis 30.6.2018 monatlich:

€ 367,86

Folgende Eigenleistung wird dem Sozialhilfeträger überwiesen:

ab 1.2.2018 Pensionsversicherungsanstalt

€ 1.134,54

2.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Sozialhilfe ab 10.8.2017 in Form der Kostentragung des Aufenthaltes in der Einrichtung EE FF Gesellschaft m.b.H. ab. Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass die Eigenleistung aus den Pensionen und dem Pflegegeld zwar unter den Aufenthaltskosten liege, die Beschwerdeführerin aber Miteigentümerin an der Liegenschaft KG QQ MM, EZ RR, sei. Aufgrund dieses, das Zehnfache des Richtsatzes für Alleinunterstützte (Schonvermögen von € 5.235,00) übersteigenden, Vermögenswertes bestehe keine Hilfsbedürftigkeit. Der nicht durch das laufende Einkommen gedeckte Anteil an den Aufenthaltskosten sei aus dem Vermögen zu begleichen.

2.       Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihres Sachwalters fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin über kein zu berücksichtigendes liquides Vermögen verfüge und dass eine kurzfristige Verwertung des Liegenschaftsvermögens - so dessen Verwertung vom Pflegschaftsgericht überhaupt bewilligt werde - nicht möglich sei. Die Beschwerdeführerin sei neben drei anderen Personen nur ideelle Miteigentümerin an der Liegenschaft. Es handle sich bei der Liegenschaft um ein Grundstück mit einem unbewohnbaren, abbruchreifen Haus und sei eine künftige Bebaubarkeit bzw damit auch die Verwertungsmöglichkeit dadurch gekennzeichnet, dass sich das Grundstück in einer hochwassergefährdeten "gelben Zone" befinde. Dementsprechend würden Bieter zunächst die zu erwartenden Auflagen abklären, um die Wirtschaftlichkeit einer Bebauung beurteilen zu können. Die Beschwerdeführerin sei daher auf Sozialhilfe zur Bewältigung der Heimkosten angewiesen. Weiters sei aufgrund der nunmehr geltenden Rechtslage die Substanz des Immobilienvermögens der Antragstellerin kein Grund für die Versagung der Sozialhilfe. Die Abweisung des Antrags knapp vor Inkrafttreten des "Verbotes des Pflegeregresses" sei eine fragwürdige Vorgangsweise.

3.       Das Landesverwaltungsgericht Salzburg führte am 23.2.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, in der der Sachwalter der Beschwerdeführerin und die Vertreterin der belangten Behörde als Parteien gehört und einvernommen wurden.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin AB AA ist am XY geboren und befindet sich zumindest seit 10.8.2017 im Seniorenheim der EE FF Gesellschaft m.b.H. Sie wird durch Rechtsanwalt Dr. AF AE als bestellten Sachwalter vertreten.

Die Beschwerdeführerin verfügt im Zeitraum 1.1.2018 bis 30.6.2018 über folgendes Einkommen:

-    Alterspension:                   € 523,62

-    Witwenpension:                   € 442,80

-    Witwenpension aus Deutschland: € 459,82

Im Jahr 2018 ist der Anspruch von 80% der österreichischen Pensionen gemäß § 324 ASVG und 80% des Pflegegelds gemäß § 13 BPGG in Höhe von monatlich € 1.134,54 auf den Sozialhilfeträger übergegangen und wurde dieser Betrag von der Pensionsversicherungsanstalt an diesen überwiesen. Für Jänner 2018 wurde dieser Betrag jedoch mit 12.2.2018 auf das Sachwalterkonto der Beschwerdeführerin weiterüberwiesen.

Die Beschwerdeführerin ist mit einem Anteil von 12/18 Eigentümerin der Liegenschaft EZ RR, KG QQ MM, Gemeinde MM. Auf dem Grundstück befindet sich ein baufälliges, unbewohntes Haus. Das Grundstück liegt in der gelben Zone. Der Wert des 12/18-Anteils der Beschwerdeführerin am Grundstück liegt in einem niedrigen sechsstelligen Eurobetrag.

Die anderen Miteigentümer der Liegenschaft sind grundsätzlich zu einem Verkauf bereit, jedoch gibt es noch unterschiedliche Vorstellungen über den Verkaufspreis der Liegenschaft. Die Veräußerung der Liegenschaft durch den Sachwalter der Beschwerdeführerin bedarf einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung. Die Veräußerung der Liegenschaft wird aufgrund dieses Genehmigungserfordernisses und dem Erfordernis der Einigung mit den Miteigentümern einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Belastung des Miteigentumsanteils der Beschwerdeführerin mit einem Kredit scheint zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich.

Die EE FF Gesellschaft m.b.H. hat bis dato noch keine Ermahnung nach § 27e Abs 2 Konsumentenschutzgesetz erteilt.

2.       Beweiswürdigung:

Zur Beweiswürdigung ist auszuführen, dass sich die obigen Feststellungen im Wesentlichen aus den unbedenklichen Urkunden in den vorliegenden Akten (Grundbuchsauszüge, Sachwalterbestellungsurkunde, Pensions- und Pflegegeldnachweise, etc) in Übereinstimmung mit den Aussagen der einvernommenen Parteien ergeben. Das Vorbringen des Sachwalters der Beschwerdeführerin, dass die Veräußerung der Liegenschaft längere Zeit in Anspruch nehmen könnte, ist plausibel, da die Veräußerung von Liegenschaften durch Sachwalter gemäß den §§ 214 Abs 1 iVm 275 Abs 3 iVm 167 Abs 3 ABGB einer Genehmigung des Gerichts bedarf und dafür die Einholung eines Schätzwertgutachtens notwendig sein wird, das erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nimmt und eine Einigung mit den Miteigentümern zu erzielen ist.

Die Feststellung, dass von der Betreiberin des Seniorenwohnheimes noch keine Ermahnung nach § 27e Abs 2 Konsumentenschutzgesetz erteilt wurde, ergibt sich aus der unbedenklichen Aussage des Sachwalters der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung, wonach das Seniorenwohnheim vom gegenständlichen Verfahren und von der gerichtlichen Klage auf Erhöhung des Pflegegelds informiert wurde und deshalb von der Androhung einer Kündigung noch abgesehen habe.

Die Feststellungen zum ungefähren Wert der Liegenschaft und zum Zustand des darauf befindlichen Wohnhauses gründen sich auf die glaubwürdigen Aussagen des Sachwalters der Beschwerdeführerin, ebenso die Feststellung, wonach eine Kreditbelastung aufgrund des ideellen Anteils der Beschwerdeführerin und dem ungewissen Verkaufsdatum nicht realistisch ist. Der Wert des 12/18-Anteils der Beschwerdeführerin am Grundstück ergibt sich aus der Mitteilung des Sachwalters der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung, wonach ein Interessent ein Kaufangebot gemacht hat, das einen niedrigen sechsstelligen Kaufpreis für den Anteil der Beschwerdeführerin am Grundstück ergeben würde. Eine grundsätzliche Verkaufsfähigkeit des Grundstücks ist damit gegeben.

3.       Rechtsgrundlagen:

3.1      Die maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Sozialhilfegesetzes (S.SHG) lauten:

Anspruch

§ 6

(1) Ein Hilfesuchender, der sich im Lande Salzburg aufhält, hat Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes, wenn er den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

         …

Einsatz der eigenen Mittel

§ 8

(1) Die Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als der Einsatz des Einkommens und des verwertbaren Vermögens des Hilfesuchenden nicht ausreicht, um den Lebensbedarf (§ 10) zu sichern.

(2) Als nicht verwertbar gelten:

      1. Gegenstände, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung angemessener kultureller Bedürfnisse dienen;

      2. Vermögen bis zur Höhe des Zehnfachen des Richtsatzes für Alleinunterstützte (§ 12 Abs. 1 Z 1) bei Hilfe Empfängern, die in Anstalten oder Heimen (§ 17) untergebracht sind.

(3) Die Verwertung des Vermögens darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder von einer vorübergehenden zu einer dauernden wird.

(4) Hat ein Hilfesuchender Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, sind Hilfeleistungen von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig zu machen, wenn hiemit nicht nach der Lage des einzelnen Falles für den Hilfesuchenden oder seine Angehörigen eine besondere Härte verbunden wäre. Zu diesem Zweck hat die Behörde bei unbeweglichem Vermögen nach längstens zwölf Monaten ab Gewährung der Hilfe ein Pfandrecht in der Höhe der bis dahin erbrachten Leistungen im Grundbuch einverleiben zu lassen. Bei weiterer Gewährung der Sozialhilfe ist die Vorgangsweise zu wiederholen. Über den Ersatzanspruch ist zu entscheiden, sobald die Verwertung des Vermögens möglich und zumutbar geworden ist.

Unterbringung in Anstalten oder Heimen

§ 17

(1) Der Lebensbedarf kann mit Zustimmung des Hilfesuchenden durch Unterbringung in Anstalten oder Heimen gesichert werden, wenn der Hilfesuchende auf Grund seines körperlichen oder geistig-seelischen Zustandes oder auf Grund der familiären und häuslichen Verhältnisse nicht imstande ist, ein selbständiges und unabhängiges Leben zu führen oder wenn er besonderer Pflege bedarf. Unter den familiären und häuslichen Verhältnissen sind für diese Art der Hilfeleistung auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Angehörigen des Hilfesuchenden mitzuberücksichtigen. Die Landesregierung kann durch Verordnung näheres hierüber bestimmen. Die Aufnahme des Hilfe Suchenden in ein Senioren- oder Seniorenpflegeheim setzt voraus, dass dieses den Mindeststandards nach dem Salzburger Pflegegesetz entspricht.

3.2      Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl Nr 189/1955 idF BGBl I Nr 125/2017 (ASVG)) lauten:

Verbot des Pflegeregresses

§ 330a. (Verfassungsbestimmung) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ist unzulässig.

Weitere Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017

§ 707a … (2) (Verfassungsbestimmung) § 330a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 125/2017 tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft. Nähere Bestimmungen über den Übergang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden. Die Durchführungsverordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmung ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.

3.3      Die maßgeblichen Bestimmungen des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) lauten:

Vertrauensperson

§ 27e. …

(2) Wenn ein Heimbewohner seine Pflichten aus dem Vertrag gröblich verletzt oder den Betrieb des Heimes schwerwiegend gestört hat, hat ihn der Träger zu ermahnen und auf die möglichen Folgen der Fortsetzung seines Verhaltens hinzuweisen. Der Vertreter des Heimbewohners und dessen Vertrauensperson sind zu diesem Termin unter Bekanntgabe des Grundes mit eingeschriebenem Brief zu laden. Der Träger hat dem Heimbewohner, dessen Vertreter und der Vertrauensperson unverzüglich eine Abschrift dieser Ermahnung auszufolgen oder mit eingeschriebenem Brief zu übersenden.

Kündigung durch Heimträger

§ 27i. (1) Der Heimträger kann das Vertragsverhältnis nur aus wichtigen Gründen schriftlich unter Angabe der Gründe und unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist, im Fall der Z 1 aber einer Frist von drei Monaten, zum jeweiligen Monatsende kündigen. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

4. der Heimbewohner trotz einer nach Eintritt der Fälligkeit erfolgten Ermahnung (§ 27e Abs. 2) mit der Zahlung des Entgelts mindestens zwei Monate in Verzug ist.

4.       Erwägungen:

4.1      Gemäß der mit BGBl I Nr 215/2017 eingeführten und mit "Verbot des Pflegeregresses" übertitelten Verfassungsbestimmung des § 330a ASVG ist ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und Geschenknehmer/inne/n im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig.

In den Erläuterungen des Abänderungsantrags (ZZZ) wird dazu folgendes ausgeführt:

"Die in den landesgesetzlichen Vorschriften verankerten Regelungen, die einen Zugriff auf das Vermögen pflegebedürftiger Personen, die in stationären Pflegeeinrichtungen betreut werden, bzw ihr GeschenknehmerInnen ermöglichen, führen beim betroffenen Personenkreis oftmals zur gänzlichen Verwertung sämtlicher oft mühsam erworbener Vermögenswerte, wie etwa eines Eigenheims oder Sparguthabens.
Dadurch kann die im Rahmen des österreichischen Pflegevorsorgesystems intendierte Wahlmöglichkeit für die Betroffenen insofern eingeschränkt werden, als dadurch ein allfällig sachlich gebotener oder von der betroffenen Person gewünschter Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung oftmals nicht realisierbar ist.

Durch die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung soll der Pflegeregress verboten werden."

Gemäß § 8 Abs 1 S.SHG ist die Hilfe nur insoweit zu gewähren, als der Einsatz des Einkommens und des verwertbaren Vermögens des Hilfesuchenden nicht ausreicht, um den Lebensbedarf zu sichern.

Auch wenn § 330a ASVG von einem "Zugriff" auf das Vermögen spricht, während § 8 Abs 1 S.SHG lediglich die Berücksichtigung des Vermögens bei der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit vorsieht, geht aus den Erläuterungen doch hervor, dass der Gesetzgeber mit dieser nicht ganz eindeutigen Bestimmung im Bereich der Sozialhilfe das Subsidiaritätsprinzip hinsichtlich des Vermögens vollständig abschaffen wollte (vgl Müllner, JRP 2017, 182ff). Es wird daher davon ausgegangen, dass ab 1.1.2018 dem Teil der Bestimmung des § 8 Abs 1 S.SHG, wonach das Vermögen des Hilfesuchenden für die Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit zu berücksichtigen ist, durch § 330a ASVG derogiert wurde und nicht mehr anzuwenden.

Die Verfassungsbestimmung des § 707a Abs 2 ASVG sieht vor, dass § 330a ASVG mit 1.1.2018 in Kraft tritt. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden und sind laufende Verfahren einzustellen. Insoweit Landesgesetze dem entgegenstehen, treten die betreffenden Bestimmungen zu diesem Zeitpunkt außer Kraft.

In den Erläuterungen des Abänderungsantrags (ZZZ) wird zu § 707a Abs 2 ASVG folgendes ausgeführt:

"Mit dieser Bestimmung soll sichergestellt werden, dass ab dem Inkrafttreten sowohl laufende gerichtliche als auch verwaltungsbehördliche Verfahren eingestellt werden. Ebenso dürfen keine neuen Rückersatzverpflichtungen auferlegt werden."

Damit tritt § 330a ASVG grundsätzlich mit 1.1.2018 in Kraft. Die im zweiten Satz des § 707a Abs 2 ASVG genannte Regelung bezieht sich ihrem Wortlaut und auch den Erläuterungen nach nur auf (Rück)ersatzansprüche und derogiert dem Salzburger Sozialhilfegesetz daher nur bezüglich der Regelungen des Kostenersatzes im 9. Abschnitt des S.SHG) (vgl Müllner, JRP 2017, 191 und Walter J. Pfeil, ÖZPR 2017/109). Diese Verfahren sind einzustellen. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass die Anträge auf Gewährung von Sozialhilfe einzustellen wären, was nicht im Sinne des Gesetzgebers erscheint. Die Anordnung des § 8 Abs 1 S.SHG, wonach bei der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit das verwertbare Vermögen des Hilfesuchenden zu berücksichtigen ist, validiert somit erst mit 1.1.2018 (vgl Müllner, JRP 2017, 191).

Für den Zeitraum bis 31.12.2017 waren daher aufgrund der Zeitraumbezogenheit des Sozialhilfeanspruchs die Bestimmungen des Salzburger Sozialhilfegesetzes über die Berücksichtigung des Vermögens bei der Hilfsbedürftigkeit des Beschwerdeführers weiterhin anzuwenden, ab 1.1.2018 wurde diesen Bestimmungen dagegen derogiert.

4.2      Zeitraum 10.8.2017 bis 31.12.2017:

4.2.1   Gemäß § 6 Abs 1 S.SHG hat ein Hilfesuchender, der sich im Land Salzburg aufhält, Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs, wenn er den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Gemäß § 17 Abs 1 erster Satz S.SHG kann der Lebensbedarf mit Zustimmung des Hilfesuchenden durch Unterbringung in Anstalten oder Heimen gesichert werden, wenn der Hilfesuchende aufgrund seines körperlichen oder geistig-seelischen Zustandes oder aufgrund der familiären und häuslichen Verhältnisse nicht im Stande ist, ein selbstständiges und unabhängiges Leben zu führen oder wenn er besonderer Pflege bedarf.

Gemäß § 8 Abs 1 S.SHG ist die Hilfe jedoch nur insoweit zu gewähren, als der Einsatz des Einkommens und des verwertbaren Vermögens des Hilfesuchenden nicht ausreicht, um den Lebensbedarf zu sichern.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum S.SHG sind vom Begriff "Vermögen" nicht allein Barmittel, sondern ebenso auch solche Vermögensgegenstände, die nicht unmittelbar, sondern erst nach ihrer "Verwertung" (Veräußerung, Einräumung entgeltlicher Nutzungsrechte, Belastung) im Wege der aus solchen Rechtsgeschäften zufließenden Barmittel zur Deckung des Lebensbedarfs herangezogen werden können, umfasst (vgl VwGH 17.10.2005, 2003/10/0013).

Beim Miteigentum der Beschwerdeführerin an dem Grundstück handelt es sich daher um Vermögen, das die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs 1 S.SHG grundsätzlich einzusetzen hat.

4.2.2   Gemäß § 8 Abs 4 S.SHG sind, wenn ein Hilfesuchender Vermögen hat, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, Hilfeleistungen von der Sicherstellung des Ersatzanspruches abhängig zu machen, wenn hiemit nicht nach der Lage des einzelnen Falles für den Hilfesuchenden oder seine Angehörigen eine besondere Härte verbunden wäre.

Die von der Beschwerdeführerin angedachte Vorgehensweise, nämlich die Gewährung von Sozialhilfe unter Sicherstellung des Ersatzanspruches anstelle der Verweigerung der Sozialhilfe, setzt nach § 8 Abs 4 S.SHG somit voraus, dass der Beschwerdeführerin die Verwertung ihres Vermögens in Form des Abteils an der Liegenschaft vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vgl VwGH 17.10.2005, 2003/10/0013). Zudem dürfte gemäß § 8 Abs 3 S.SHG die Verwertung des Vermögens nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft oder von einer vorübergehenden zu einer dauernden würde.

Die Beschwerdeführerin bringt dazu im Wesentlichen vor, dass die Veräußerung des Miteigentums an der Liegenschaft aufgrund der Notwendigkeit einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung und der notwendigen Einigung mit den anderen Miteigentümern längere Zeit in Anspruch nehmen werde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 8 Abs 4 erster Satz S.SHG bezieht sich der Gesetzgeber mit dem Begriff "Vermögen" nicht allein auf Barmittel, sondern ebenso auf solche Vermögensgegenstände, die nicht unmittelbar, sondern erst nach ihrer "Verwertung" (Veräußerung, Einräumung entgeltlicher Nutzungsrechte, Belastung) im Wege der aus solchen Rechtsgeschäften zufließenden Barmittel zur Deckung des Lebensbedarfs herangezogen werden können. Davon ausgehend kann dem Salzburger Sozialhilfegesetz nicht entnommen werden, dass - im Hinblick auf eine ansonsten eintretende "Verschärfung der Notlage" im Sinne des § 8 Abs 3 S.SHG - immer dann nach § 8 Abs 4 S.SHG (im Sinne der Gewährung von Sozialhilfe bei gleichzeitiger Sicherstellung des Ersatzanspruches) vorzugehen wäre, wenn dass "Vermögen" nicht aus unmittelbar liquiden Barmitteln besteht, sondern aus anderen, erst nach ihrer - regelmäßig eine gewisse Zeit in Anspruch nehmenden - Verwertung dem Einsatz zur Deckung des Lebensbedarfs zugänglicher Sachen. Desgleichen ist im Sozialhilfegesetz nicht zu entnehmen, dass schon in der Notwendigkeit, Vermögensgegenstände zu verwerten, für sich alleine eine "besondere Härte" gesehen würde (VwGH 17.10.2005, 2003/10/0013).

Nach dieser Rechtsprechung stellt die - aufgrund der Interessentensuche, des Erfordernisses der gerichtlichen Zustimmung und der notwendigen Einigung mit den Miteigentümern - einige Zeit in Anspruch nehmende Veräußerung des Anteils an der Liegenschaft nicht eine vorerst nicht mögliche Verwertung des Vermögens im Sinne des § 8 Abs 4 erster Satz S.SHG dar. Besondere Umstände des Einzelfalls, aus denen sich ergäbe, dass die Veräußerung oder eine andere Form der Verwertung der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zum derzeitigen Zeitpunkt zu einer Verschärfung der Notlage führen würde oder für die Beschwerdeführerin oder ihre Angehörigen eine besondere Härte verbunden wäre, können nicht erkannt werden, zumal die Beschwerdeführerin derzeit im Seniorenwohnhaus der EE FF Gesellschaft m.b.H. betreut und verpflegt wird und eine Ermahnung nach § 27e Konsumentenschutzgesetz, zu der sie mittels eingeschriebenem Brief zu laden wäre, noch nicht erfolgt ist. Eine solche Ermahnung sowie ein zumindest zweimonatiger Verzug der Zahlungen wären aber gemäß § 27i Abs 1 Z 4 Konsumentenschutzgesetz Voraussetzung für eine Kündigung durch den Heimträger. Eine Kündigung steht somit zum derzeitigen Zeitpunkt nicht im Raum. Weiters erhält die Beschwerdeführerin ab 1.1.2018 Sozialhilfe und werden daher ab diesem Zeitpunkt die Kosten des Seniorenhauses abgedeckt. Auch dass die Veräußerung in Hinblick auf die ab 1.1.2018 in Kraft getretenen Bestimmungen der §§ 330a und 707a ASVG (Abschaffung des Pflegeregresses) unzumutbar gewesen wäre, kann nicht erkannt werden, da bis zum 1.1.2018 die bis dahin geltenden Bestimmungen anzuwenden waren.

4.2.3   Da die Beschwerdeführerin somit mit ihrem Anteil an der Liegenschaft über verwertbares Vermögen im Sinne des § 8 Abs 1 S.SHG verfügt, das ausreicht, um den Lebensbedarf zu sichern, hatte die Beschwerdeführerin für den Zeitraum 2017 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem S.SHG und war spruchgemäß zu entscheiden.

4.3      Zeitraum ab 1.1.2018:

Wie oben unter Punkt 4.1 dargestellt ist aufgrund des Verbotes des Pflegeregresses nach § 330a ASVG ab 1.1.2018 das Vermögen der Beschwerdeführerin bei der Beurteilung ihrer Hilfsbedürftigkeit nicht mehr zu berücksichtigen.

Dem Antrag der Beschwerdeführerin war ab 1.1.2018 Folge zu geben.

5.       Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren Rechtsfragen zu lösen waren, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es fehlt eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum zweiten Satz der Übergangsbestimmung des § 707a Abs 2 ASVG und zur Frage, ob mit dem "Zugriff auf das Vermögen" in § 303a ASVG auch gemeint ist, dass Vermögen bei der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit nicht mehr zu berücksichtigen ist.

Schlagworte

Sozialrecht, Sozialhilfe, Pflegeregress, Vermögen

Anmerkung

o Revision, VwGH vom 4.7.2018, Ro 2018/10/0017-3, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.9.472.1.8.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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