TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 99/01/0374

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Veröffentlicht am 22.03.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/01/0375 99/01/0376

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerden des Bundesministers für Inneres gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates je vom 3. August 1999,

1. Zl. 208.996/0-VII/19/99 (hg. Zl. 99/01/0374, mitbeteiligte Partei: F D, geboren am 12. Oktober 1971, in Z),

2. Zl. 209.516/0-VII/19/99 (hg. Zl. 99/01/0375, mitbeteiligte Partei: mj. B D, geboren am 12. Oktober 1993, ebendort), und

3. Zl. 209.517/0-VII/19/99 (hg. Zl. 99/01/0376, mitbeteiligte Partei: mj. B D, geboren am 4. Juni 1991, ebendort) betreffend Feststellung gemäß § 8 AsylG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Bei den Mitbeteiligten handelt es sich um eine Mutter mit ihren beiden minderjährigen Kindern, die am 6. Dezember 1998 in das Bundesgebiet eingereist sind. Sie sind Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien und gehören der albanischen Volksgruppe an. Ihren am 7. Dezember 1998 gestellten Asylantrag begründeten die Mitbeteiligten mit dem derzeit im Kosovo herrschenden Kriegszustand.

Mit Bescheid vom 11. März 1999 wies das Bundesasylamt im Spruchteil I. die Asylanträge gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, idF BGBl. I Nr. 4/1999, - AsylG, ab und stellte im Spruchteil II. fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mitbeteiligten in die Bundesrepublik Jugoslawien zulässig sei. Die Mitbeteiligten erhoben Berufung gegen beide Spruchteile des erstinstanzlichen Bescheides.

Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge die nunmehr angefochtenen Bescheide vom 3. August 1999, mit welchen sie ausdrücklich nur über die gegen Spruchteil II. des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 11. März 1999 erhobene Berufung entschied. Sie gab ihr statt und stellte fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Mitbeteiligten in die Bundesrepublik Jugoslawien gemäß § 8 AsylG iVm § 57 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, nicht zulässig sei.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, wegen des Fehlens von individuellen Verfolgungsgründen und auf Grund der bestehenden Unklarheit über eine etwaige Verfolgungsmotivation sei zum gegenständlichen Zeitpunkt ein Abspruch über die Berufung gegen Spruchteil I. des Bescheides des Bundesasylamtes nicht möglich. Ob den Mitbeteiligten im Falle ihrer jetzigen Rückkehr in ihren Herkunftsstaat eine unmenschliche Behandlung oder Strafe im Sinne des Art. 3 EMRK oder die Todesstrafe drohe, sei jedoch im gegenständlichen Zeitpunkt feststellbar, weil nach Art. 3 EMRK der Grund bzw. das Motiv für den Eingriff irrelevant sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die auf § 38 Abs. 5 zweiter Satz AsylG gestützten Amtsbeschwerden des Bundesministers für Inneres.

Der beschwerdeführende Bundesminister wendet sich u.a. dagegen, dass die belangte Behörde nur hinsichtlich des Spruchteiles II. des angefochtenen Bescheides der Behörde erster Instanz entschieden habe. Dies widerspreche der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 8 letzter Halbsatz AsylG. Dieser stelle zu den allgemeinen Bestimmungen des AVG, welche gemäß § 23 AsylG im Asylverfahren nur insoweit anwendbar seien, als nicht im Asylgesetz anderes bestimmt werde, eine Spezialnorm für das Asylverfahren dar. Sei ein Abspruch über die Berufung gegen die abweisende Entscheidung der Behörde erster Instanz betreffend den Asylantrag der Mitbeteiligten "zum gegebenen Zeitpunkt ... nicht möglich", dann verbiete sich die Erlassung eines Bescheides gemäß § 8 AsylG iVm § 57 FrG.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete Gegenschriften und beantragte die Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerden auf Grund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem zu einem gleich gelagerten Beschwerdefall ergangenen Erkenntnis vom 19. Jänner 2000, Zl. 99/01/0372, ausgesprochen hat, ist es bei offenem Asylverfahren dem unabhängigen Bundesasylsenat verwehrt, eine abgesonderte Entscheidung darüber zu erlassen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Asylwerbers in den Herkunftsstaat zulässig ist oder nicht. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Da die angefochtenen Bescheide sohin überhaupt nicht hätten erlassen werden dürfen, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den weiteren vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verfahrens- und Rechtsrügen zum Inhalt der angefochtenen Bescheide.

Aus den im angeführten Erkenntnis vom 19. Jänner 2000 dargelegten Gründen waren die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 22. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999010374.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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