TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/18 LVwG-2018/31/0645-1

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Veröffentlicht am 18.04.2018
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Entscheidungsdatum

18.04.2018

Index

90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

KFG 1967 §122 Abs2 Z2 litd
KFG 1967 §122 Abs2 Z2 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Hengl über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.2.2018, ****, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Bewilligung von Übungsfahrten nach § 122 Kraftfahrgesetz,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 8.2.2018 wurde vom Beschwerdeführer der Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Durchführung von Ausbildungsfahrten an die Bezirkshauptmannschaft Y gestellt.

Als Begleiter wurden zwei Personen namhaft gemacht, nämlich als Begleiterin 1 die Mutter des Beschwerdeführers, BB, geb. xx.xx.xxxx, und als Begleiter 2 dessen Vater CC, geb. xx.xx.xxxx.

Hinsichtlich des Begleiters 2 (CC) wurde der Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsfahrten durch die Bezirkshauptmannschaft Y mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 13.2.2018, ****, abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass CC die Lenkerberechtigung wegen eines Alkoholdeliktes gemäß § 5 Abs 1 StVO, gesetzt am 4.8.2016, vom 4.8.2016 bis 4.9.2016 entzogen wurde. Somit sei die Bewilligungsvoraussetzung nach § 122 Abs 2 Z 2 lit d KFG nicht gegeben.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde wurde zusammengefasst vorgebracht, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 122 Abs 2 Z 2 lit d KFG eine Bestrafung eines Fahrzeuglenkers wegen eines in § 7 Abs 3 FSG genannten Deliktes nicht ausreiche, um ihn als Begleitperson auszuschließen. Dies sei auch aus der Regierungsvorlage zu BGBl I Nr. 43/2013 ersichtlich.

Weiters stelle § 7 FSG bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit nicht nur auf das Nichtvorliegen erwiesener bestimmter Tatsachen nach Abs 3 ab, sondern erfordere zusätzlich eine Wertung nach Abs 4.

Eine mündliche Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt.

II.      Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aufgrund der dem Landesverwaltungsgericht vorliegenden Aktenlage.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Y, ****.

Die vorliegende Entscheidung konnte im Sinn des § 24 VwGVG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Das Verwaltungsgericht kann nämlich nach Abs 4 leg cit von einer Verhandlung absehen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist und wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall wurde eine Verhandlung vom Landesverwaltungsgericht nicht für erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde keine Sachverhalts- sondern lediglich Rechtsfragen zu klären waren.

Damit liegt aber ein besonderer Grund vor, der auch im Licht der Rechtsprechung des EGMR eine Einschränkung des Grundrechts auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zulässt. Im Fall Faugel (EGMR 20.11.2003, 58647/00 und 58649/00) wurde ein solch besonderer Grund, der von der Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung entbindet, etwa dann angenommen, wenn in einem Verfahren ausschließlich rechtliche oder höchst technische Fragen zur Diskussion stehen.

Insofern konnte im vorliegenden Fall nach § 24 Abs 4 VwGVG aufgrund des Vorliegens der darin genannten Voraussetzungen von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden.

III.     Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetz (FSG),
BGBl I Nr 120/1997 idF BGBl I Nr 15/2017 bzw. des Kraftfahrgesetz (KFG), BGBl Nr. 267/1967 idF BGBl I Nr. 102/2017 maßgeblich und werden diese auszugsweise wiedergegeben:

Führerscheingesetz:

„Vorgezogene Lenkberechtigung für die Klasse B

§ 19

(1) Beantragt ein Bewerber um eine Lenkberechtigung für die Klasse B die Ausbildungsvariante der vorgezogenen Lenkberechtigung für die Klasse B, so kann er die Fahrschulausbildung mit Ausbildungsfahrten frühestens sechs Monate nach Vollendung des 15. Lebensjahres beginnen.

(2) Für die Erteilung der Bewilligung von Ausbildungsfahrten und die Durchführung der Ausbildungsfahrten gelten § 122 Abs. 1 bis 3, 6 und 8 KFG 1967, wobei § 122 Abs. 2 Z 1 lit. d KFG 1967 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass der gemäß Abs. 4 Z 2 im Verordnungsweg vorgeschriebene Inhalt und Umfang der theoretischen und praktischen Ausbildung zu absolvieren ist. Ist der Bewerber noch minderjährig und ist nicht wenigstens einer der Begleiter auch der Erziehungsberechtigte des Bewerbers, so ist der Fahrschule eine Zustimmungserklärung des Erziehungsberechtigten vorzulegen. Ausbildungsfahrten dürfen nur unter Aufsicht eines Begleiters durchgeführt werden. Bei der Durchführung der Ausbildungsfahrten ist ein Fahrtenprotokoll zu führen. Der Begleiter hat dafür zu sorgen, dass bei der Durchführung von Ausbildungsfahrten das Fahrzeug entsprechend gekennzeichnet ist. Sofern die Lenkberechtigung für die Klasse B vor Vollendung des 18. Lebensjahres erteilt wird, dauert die Probezeit (§ 4) jedenfalls bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres.

[…]“

Kraftfahrgesetz:

„Übungsfahrten

§ 122

(1) Ein Bewerber um eine Lenkberechtigung für Kraftwagen darf Übungsfahrten auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur in Begleitung eines Besitzers einer Lenkberechtigung für die betreffende Klasse durchführen, wenn er hiefür eine Bewilligung der Behörde besitzt. Der Antrag auf Bewilligung von Übungsfahrten ist bei der vom Bewerber um eine Lenkberechtigung besuchten Fahrschule einzubringen und von dieser im Führerscheinregister zu erfassen. Über den Antrag hat die Behörde zu entscheiden, in deren Sprengel die vom Antragsteller besuchte Fahrschule ihren Sitz hat. Im Antrag sind eine oder zwei Begleitpersonen anzugeben. Diese dürfen für ihre Tätigkeit kein Entgelt annehmen.

(2) Die im Abs. 1 angeführte Bewilligung ist zu erteilen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. der Bewerber um eine Lenkberechtigung muss

a) das erforderliche Mindestalter (§ 6 FSG) erreicht haben oder in spätestens sechs Monaten erreichen,

b) verkehrszuverlässig (§ 7 FSG) sein,

c) zum Lenken von Kraftfahrzeugen der betreffenden Klasse gesundheitlich geeignet (§ 8 FSG) sein und

d) nachweisen, dass er im Rahmen des Betriebes einer Fahrschule die theoretische Schulung, die theoretische Einweisung gemeinsam mit einem Begleiter und die praktische Vorschulung und Grundschulung absolviert hat;

2. der Begleiter

a) muss seit mindestens sieben Jahren eine Lenkberechtigung für die betreffende Klasse besitzen,

b) muss während der der Einbringung des Antrages um die Bewilligung unmittelbar vorangehenden drei Jahre Kraftfahrzeuge der betreffenden Klasse gelenkt haben,

c) muss in einem besonderen Naheverhältnis zum Bewerber stehen und

d) darf innerhalb der in lit. b angeführten Zeit nicht wegen eines der § 7 Abs. 3 FSG genannten Delikte bestraft worden sein und darf nicht zwei zu berücksichtigende Vormerkungen im Sinne von § 30a Abs. 2 FSG aufweisen.

[…]“

IV.      Rechtliche Erwägungen:

Im § 122 Abs 2 Z 2 lit d KFG wird ua normiert, dass innerhalb der in lit. b angeführten Zeit (drei Jahre vor Antragstellung) ein Begleiter nicht wegen eines der § 7 Abs. 3 FSG genannten Delikte bestraft worden sein darf und nicht zwei zu berücksichtigende Vormerkungen im Sinne von § 30a Abs. 2 FSG aufweisen darf.

In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur 31. Novelle zum Kraftfahrgesetz wird folgendes festgehalten:

„Die schweren Verstöße, die einen Begleiter ausschließen, werden nunmehr in Abs. 2 Z 2 lit. d konkretisiert. Es handelt sich dabei um die Entzugsdelikte des § 7 Abs. 3 FSG und um die Vormerkdelikte gem. § 30a Abs. 2 FSG, wobei jedoch zwei zu berücksichtigende Vormerkungen vorliegen müssen. Diese Regelung stellt eine Vereinfachung und Klarstellung im Vergleich zur bisherigen Situation dar, die überdies notwendig ist, damit die Standortbehörde des Bewerbers allein, ohne Nachfrage bei der Wohnsitzbehörde des Begleiters, über das Führerscheinregister die notwendige Überprüfung vornehmen kann. Es werden die beiden Kriterien (Entziehung und zwei Vormerkungen) im Führerscheinregister ersichtlich sein, wodurch Nachfragen bei der Wohnsitzbehörde des Begleiters nicht erforderlich sind.“

Bei der Interpretation der Bestimmung ist vom Wortlaut des Gesetzes (§ 6 ABGB) auszugehen und im Wege der grammatikalischen Auslegung der Sinn der Gesetzesworte ausfindig zu machen. Gesetzesmaterialien sind zwar für die Ermittlung der Absicht des Gesetzgebers bedeutsam, haben aber keine selbständige normative Kraft (vgl VwGH 8.10.1975, 1857/74).

Im § 122 Abs 2 Z 2 lit d KFG heißt es wörtlich:

„Der Begleiter […] darf innerhalb der in lit. b angeführten Zeit nicht wegen eines der § 7 Abs. 3 FSG genannten Delikte bestraft worden sein und darf nicht zwei zu berücksichtigende Vormerkungen im Sinne von § 30a Abs. 2 FSG aufweisen.“

Würde der Gesetzgeber beabsichtigen, dass für einen Begleiter beide Kriterien kumulativ erforderlich sind, um ihn als Begleiter einer Übungsfahrt auszuschließen, hätte er das Wort „darf“ im zweiten Halbsatz nicht eingefügt. Durch den grammatikalischen Zusammenhang „und darf“ wird vielmehr deutlich gemacht, dass es sich bei „zwei zu berücksichtigenden Vormerkungen im Sinne von § 30a Abs. 2 FSG um einen alternativen Ausschlusstatbestand handelt.

Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass es bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit nicht nur auf das Nichtvorliegen erwiesener bestimmter Tatsachen nach § 7 Abs 3 FSG ankommt, sondern zusätzlich auf ihre Wertung nach § 7 Abs 4, wird folgendes entgegengehalten:

Es gilt als erwiesen und wird selbst vom Beschwerdeführer eingeräumt, dass der Begleiter 2 (CC) mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X-Umgebung vom 12.10.2016, Zl ****, wegen eines am 4.8.2016 gesetzten Alkoholdeliktes gemäß § 99 Abs 1b StVO rechtskräftig bestraft wurde. Damit wurde selbstredend ein Vormerkdelikt gemäß § 7 Abs 3 Z 1 FSG gesetzt, sodass der Begleiter CC die persönlichen Voraussetzungen an einen Begleiter einer Übungsfahrt im Sinn des § 122 Abs 2 Z 2 lit d KFG nicht (mehr) erfüllt.

Somit ist klar, dass es im gegenständlichen Fall für die Beurteilung der „Zuverlässigkeit“ des Begleiters gerade nicht auf die Wertung nach § 7 Abs 4 FSG ankommt, sondern das Vorliegen einer bestimmten Tatsache, wie ein Alkoholdelikt, bereits ausreicht, um die persönliche Qualifikation eines Begleiters als nicht gegeben zu erachten.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Bewilligungsvoraussetzungen zur Durchführung von Ausbildungsfahrten für CC gemäß § 122 Abs 2 Z 2 lit d KFG tatsächlich nicht vorliegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Hengl

(Richter)

Schlagworte

Bewilligungsvoraussetzungen zur Durchführung von Ausbildungsfahrten für Begleiter liegen nicht vor

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.31.0645.1

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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