TE Vfgh Beschluss 1997/11/28 G421/97

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Veröffentlicht am 28.11.1997
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62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AuslBG §1 Abs2 litl idF AntimißbrauchsG
AuslBG §3 Abs8

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags eines ausländischen Staatsangehörigen auf Aufhebung der Ausnahme von Angehörigen österreichischer Staatsbürger mit aufrechter Aufenthaltsbewilligung von den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes; Verwaltungsrechtsweg über eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice hinsichtlich des Vorliegens der fraglichen Voraussetzungen zumutbar

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. a) Der Antragsteller, ein mazedonischer Staatsangehöriger, beantragt - gestützt auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG -, §1 Abs2 litl des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) sowohl in der Fassung des Antimißbrauchsgesetzes, BGBl. 895/1995, als auch in der Fassung des Bundesgesetzes, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden, BGBl. I 78/1997, in eventu den letzten Halbsatz dieser Bestimmung in den genannten Fassungen wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes als verfassungswidrig aufzuheben.

b) Er hält die angefochtenen Gesetzesstellen im Hinblick auf §1 Abs2 litm AuslBG wegen Verstoßes gegen das durch das BVG BGBl. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander für verfassungswidrig und legt seine Bedenken im einzelnen dar.

Zum Nachweis seiner Antragslegitmation bringt der Antragsteller vor, daß er seit 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei; ihm sei (im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1997, B592/96, und den Erlaß des Bundesministers für Inneres vom 21. Juli 1997, Z71.370/175-III/11/97) zwar ein Sichtvermerk gemäß §6 Abs1 Z1 FremdenG im Rahmen des §29 Abs3 leg. cit. mit Gültigkeit bis 1. September 2002 erteilt worden, aufgrund dessen er jedoch weiterhin den Bestimmungen des AuslBG unterliege, weil §1 Abs2 litl AuslBG ausdrücklich auf die Berechtigung nach dem AufenthaltsG und nicht auf die Bestimmungen der §§6, 8 und 29 FremdenG abstelle. Hiedurch werde es ihm versagt, einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, da die Kontingente nach §12 und die Bundeshöchstzahl nach §12a AuslBG längst überschritten seien, sodaß ihm auch die Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung, einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines nicht möglich sei. Hinzu komme, daß von den für die Aufenthaltsbewilligungen zuständigen Behörden die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gemäß §10 Abs1 Z4 FremdenG gewertet werde, wenn ein Angehöriger eines österreichischen Staatbürgers, welcher ein Drittstaatsangehöriger ist, lediglich über einen Sichtvermerk gemäß §6 Abs1 Z1 oder §8 FremdenG verfüge. §1 Abs2 litl AuslBG verbiete ihm die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, obwohl er nach §94 ABGB zur Erwirtschaftung des Unterhalts für seine Ehefrau und seine Kinder verpflichtet sei.

Auch die Neufassung des §1 Abs2 litl durch das BG BGBl. I 78/1997 bewirke in diesem Punkt materiell keine Änderung der bestehenden Gesetzeslage, weil gemäß §113 Abs3 FremdenG 1997, BGBl. I 75/1997, bereits erteilte Sichtvermerke zwar ihre Gültigkeit behielten, diese bei den Aufenthaltstiteln gemäß §7 leg.cit. jedoch nicht genannt seien, sodaß der Antragsteller trotz bestehender Niederlassungsfreiheit weiterhin vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen bleibe. Dies, obwohl gemäß dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1997, B592/96, Angehörige österreichischer Staatsbürger den Angehörigen von EWR-Bürgern gleichzustellen sind. Es stünde ihm sohin kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich als Inhaber eines Sichtvermerks gemäß §6 Abs1 Z1 FremdenG gegen die als verfassungswidrig erachtete Bestimmung des §1 Abs2 litl AuslBG zur Wehr zu setzen.

2. a) Die vom Antragsteller in den beiden oben unter Pkt. I.1.a) genannten Fassungen angefochtene Bestimmung der litl wurde dem §1 Abs2 AuslBG durch das BG BGBl 475/1992, jene der litm durch das BG BGBl. 501/1993 angefügt; sie lauteten (samt Einleitungssatz) damals:

"(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

l) Ausländer, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die noch nicht 21 Jahre als sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt;

m) Staatsangehörige eines EWR-Mitgliedstaates sowie Ehegatten eines Staatsangehörigen eines EWR-Mitgliedstaates, der eine selbständige oder unselbständige Beschäftigung ausübt, sowie die Kinder dieses Staatsangehörigen, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen er Unterhalt gewährt, selbst wenn sie nicht die Staatsangehörigkeit eines EWR-Mitgliedstaates besitzen."

b) Durch das Antimißbrauchsgesetz, BGBl. 895/1995, wurde mit Wirksamkeit 1. Jänner 1996 (vgl. §34 Abs15 AuslBG) dem §1 Abs2 litl folgender - vom Antragsteller bekämpfter - Halbsatz angefügt:

", sofern sie über eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1992, in der Fassung BGBl. Nr. 351/1995, verfügen;",

der mit Wirksamkeit 2. Juni 1996 (vgl. §34 Abs17 AuslBG) durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. 201, folgenden Wortlaut erhielt:

", sofern sie zum Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG), BGBl. Nr. 466/1992, berechtigt sind;"

(diese Fassung wird nicht bekämpft)

und gemäß BG BGBl. I 78/1997 ab 1. Jänner 1998 (vgl. §34 Abs19 AuslBG) folgenden - vom Antragsteller ebenfalls bekämpften - Wortlaut haben wird:

", sofern sie über einen Aufenthaltstitel gemäß dem Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, verfügen;".

Ebenfalls mit BG BGBl. I 78/1997 wurde mit Wirksamkeit 1. Jänner 1998 §1 Abs2 litm AuslBG dahingehend geändert, daß Ehegatten (und Kinder) eines Staatsangehörigen eines EWR-Mitgliedstaates dann nicht dem AuslBG unterliegen, wenn dieser eine selbständige oder unselbständige Beschäftigung "im Inland" ausübt.

II.Der Antrag ist unzulässig.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11684/1988, 13871/1994).

2. Entgegen der Auffassung des Antragstellers steht im vorliegenden Fall ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit des §1 Abs2 litl AuslBG zur Verfügung.

Nach §3 Abs8 AuslBG ist ausländischen Familienangehörigen eines österreichischen Staatsbürgers im Sinne des §1 Abs2 litl vor der erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, in deren Sprengel sich deren Hauptwohnsitz befindet, eine Bestätigung auszustellen, daß die Voraussetzungen des §1 Abs2 litl AuslBG vorliegen. Wird die Ausstellung einer solchen Bestätigung verweigert, so hat dies mit Bescheid zu geschehen.

Der Antragsteller hat daher die Möglichkeit, gegen einen über seinen Antrag nach §3 Abs8 AuslBG erlassenen Bescheid nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die Verfassungswidrigkeit des §1 Abs2 litl AuslBG geltend gemacht und auf diese Weise die Überprüfung dieser Bestimmung auf ihre Verfassungsmäßigkeit herbeigeführt werden.

Daraus ergibt sich, daß dem Antragsteller ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über eine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen den auf der Grundlage des §3 Abs8 iVm §1 Abs2 litl AuslBG erlassenen Bescheid die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der von ihm bekämpften Gesetzesstelle zu erreichen (VfSlg. 13273/1992 uvm.). Schon aus diesem Grund fehlt dem Antragsteller die Antragslegitimation, weshalb der Antrag zurückzuweisen war.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorausgegangene Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, Aufenthaltsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:G421.1997

Dokumentnummer

JFT_10028872_97G00421_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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