TE Vfgh Erkenntnis 2018/2/26 E2796/2017

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Veröffentlicht am 26.02.2018
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Index

83/01 Natur- und Umweltschutz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
UVP-G 2000 §3, 3a, §46, Anhang 1
AbfallwirtschaftsG 2002 §37, §38

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Behebung der Genehmigung einer Mengensteigerung der Mitverbrennung von Abfällen ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung infolge grob irriger Rechtsauslegung

Spruch

I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Nachhaltigkeit und Tourismus) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1.       Mit – im zweiten Rechtsgang ergangenen – Bescheid vom 1. Juni 2016 erteilte der Landeshauptmann von Kärnten der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß §37 Abs1 iVm §38 Abs3 und 6 Satz 1 AWG 2002 die (Änderungs-)Genehmigung für eine Mengensteigerung der Mitverbrennung von nicht gefährlichen Abfällen (Altholz rein) um 28.500 t/Jahr und von gefährlichen Abfällen (Eisenbahnschwellen, Altöl, Lack- und Farbschlamm) um 3.965 t/Jahr sowie für eine Erweiterung des Abfallschlüsselnummernkatalogs um die Abfallschlüsselnummern 92201 (kommunale Qualitätsklärschlämme) und 54703 (Schlamm aus Öltrennanlagen).

Im Rahmen dieser Entscheidung setzte sich der Landeshauptmann von Kärnten auch mit einer möglichen Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf das gegenständliche Vorhaben auseinander und verneinte diese aus folgenden Gründen: Da eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der vor dem Inkrafttreten des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 erlassenen Genehmigungen nicht in Betracht komme, könne sich eine solche nur auf die folgenden Änderungen der gegenständlichen Anlage beziehen. Bei den bisherigen Änderungen habe die Behörde aber jeweils die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verneint: Zum Teil, weil durch die Änderung keine Ausweitung, sondern bloß eine Verringerung der Kapazität angestrebt worden sei, zum Teil, weil eine Einzelfallprüfung ergeben habe, dass durch die Änderung nicht mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei. Auch für die nunmehr projektierte Änderung sei hinsichtlich der Tatbestände gemäß Anhang 1 Z1 litc und Z2 litc UVP-G 2000 eine Einzelfallprüfung geboten, die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aber letztlich zu verneinen. Dies insbesondere mit Rücksicht auf den Feststellungsbescheid der Kärntner Landesregierung vom 11. Oktober 2013, in welchem die Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich des konkreten Vorhabens bereits ausgeschlossen worden sei. Die im Verfahren vor der Kärntner Landesregierung eingeholten Gutachten seien nach Auffassung der vom Landeshauptmann von Kärnten beigezogenen Sachverständigen zutreffend und könnten auch der Entscheidung im Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 zugrunde gelegt werden. Eine Umgehungsabsicht der antragstellenden Gesellschaft durch wiederholte Ausweitungen der genehmigten Behandlungsmenge sei nicht erkennbar.

2.       Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Landesverwaltungsgericht Kärnten mehreren gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 1. Juni 2016 gerichteten Beschwerden statt und behob diese. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Kärnten hiezu – unter Verweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 17. November 2016, Rs. C-348/15, und das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 2017, Ro 2014/07/0108 – aus, der Landeshauptmann von Kärnten habe in der Annahme eines bestehenden Konsenses nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 geirrt, denn ein Änderungsvorhaben gemäß §3a UVP-G 2000 bedinge das Vorliegen eines "UVP-rechtlichen 'Ist-Zustandes'". Hiebei könne §3 Abs6 UVP-G 2000, der die Anfechtbarkeit eines materienrechtlichen Bescheides ausschließe, nicht von der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung entbinden. Diese Pflicht sei im Übrigen von der Genehmigungsfiktion des §46 Abs20 Z4 UVP-G 2000 zu trennen.

3.       In ihrer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde bringt die beschwerdeführende Gesellschaft – zusammengefasst – vor, das Landesverwaltungsgericht Kärnten habe die bisherige Rechtsprechung des Umweltsenates, des Bundesverwaltungsgerichtes und des Verwaltungsgerichtshofes außer Acht gelassen und die Rechtslage grob verkannt: So widerspreche die Auslegung, wonach §3a UVP-G 2000 eine Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz voraussetze, nicht nur dem Wortlaut dieser Bestimmung, sondern auch der bisherigen Judikatur. Richtigerweise bedinge §3a UVP-G 2000 nur das Vorliegen einer rechtskräftigen Genehmigung, die auch auf den Materiengesetzen beruhen könne. Auf Grund dieser rechtsirrigen Ansicht habe es das Landesverwaltungsgericht Kärnten in der Folge unterlassen, Ermittlungen und rechtliche Erwägungen hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit bzw. der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf das beantragte Vorhaben sowie zum Vorbringen der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht anzustellen.

Der angefochtenen Entscheidung fehle es aber auch insgesamt an Feststellungen, einer Beweiswürdigung und (einen Begründungswert enthaltenden) rechtlichen Erwägungen – und damit an allen wesentlichen Begründungselementen. Im Grunde erschöpfe sich die Entscheidung in einer Wiedergabe des Parteivorbringens und einer Zusammenfassung der mündlichen Verhandlung. Ebenso habe das Landesverwaltungsgericht in keiner Weise die Gründe dargelegt, welche eine bloß kassatorische Aufhebung – was vom Landesverwaltungsgericht mit der angefochtenen Entscheidung offenkundig beabsichtigt sei – rechtfertigten. Selbst dem Spruch sei keine Aussage dahingehend zu entnehmen, ob der Genehmigungsantrag als nicht genehmigungsfähig abgewiesen werden sollte oder die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen werde.

Vor diesem Hintergrund verstoße die angefochtene Entscheidung gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG.

4.       Das Landesverwaltungsgericht Kärnten und der Landeshauptmann von Kärnten legten die Gerichts- bzw. Verwaltungsakten vor und verzichteten auf die Erstattung einer Gegenschrift.

II.      Rechtslage

Die §§3, 3a, 46 sowie der Anhang 1 zum Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 – UVP-G 2000), BGBl 697/1993, idF BGBl I 58/2017, lauten auszugsweise:

"Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§3. (1) Vorhaben, die in Anhang 1 angeführt sind, sowie Änderungen dieser Vorhaben sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Für Vorhaben, die in Spalte 2 und 3 des Anhanges 1 angeführt sind, ist das vereinfachte Verfahren durchzuführen. Im vereinfachten Verfahren sind §3a Abs2, §6 Abs1 Z1 litd und f, §7 Abs2, §12, §13 Abs2, §16 Abs2, §20 Abs5 und §22 nicht anzuwenden, stattdessen sind die Bestimmungen des §3a Abs3, §7 Abs3, §12a und §19 Abs2 anzuwenden.

(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs4 Z1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(3) Wenn ein Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, sind die nach den bundes- oder landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen sind, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen von der Behörde (§39) in einem konzentrierten Verfahren mit anzuwenden (konzentriertes Genehmigungsverfahren).

(4) Bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 ein Schwellenwert in bestimmten schutzwürdigen Gebieten festgelegt ist, hat die Behörde bei Zutreffen dieses Tatbestandes im Einzelfall zu entscheiden, ob zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der schützenswerte Lebensraum (Kategorie B des Anhanges 2) oder der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E des Anhanges 2) festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird. Bei dieser Prüfung sind schutzwürdige Gebiete der Kategorien A, C, D oder E des Anhanges 2 nur zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Einleitung des Verfahrens ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Kategorie A des Anhanges 2) aufgenommen sind. Ist mit einer solchen Beeinträchtigung zu rechnen, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Abs7 (Feststellungsverfahren) ist anzuwenden. Bei der Entscheidung im Einzelfall hat die Behörde folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. Merkmale des Vorhabens (Größe des Vorhabens, Kumulierung mit anderen Vorhaben, Nutzung der natürlichen Ressourcen, Abfallerzeugung, Umweltverschmutzung und Belästigungen, Unfallrisiko),

2. Standort des Vorhabens (ökologische Empfindlichkeit unter Berücksichtigung bestehender Landnutzung, Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der natürlichen Ressourcen des Gebietes, Belastbarkeit der Natur, historisch, kulturell oder architektonisch bedeutsame Landschaften),

3. Merkmale der potentiellen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt (Ausmaß der Auswirkungen, grenzüberschreitender Charakter der Auswirkungen, Schwere und Komplexität der Auswirkungen, Wahrscheinlichkeit von Auswirkungen, Dauer, Häufigkeit und Reversibilität der Auswirkungen) sowie Veränderung der Auswirkungen auf die Umwelt bei Verwirklichung des Vorhabens im Vergleich zu der Situation ohne Verwirklichung des Vorhabens. Bei Vorhaben der Spalte 3 des Anhanges 1 ist die Veränderung der Auswirkungen im Hinblick auf das schutzwürdige Gebiet maßgeblich.

Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(4a) Bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 andere als in Abs4 genannte besondere Voraussetzungen festgelegt sind, hat die Behörde bei Zutreffen dieser Voraussetzungen unter Anwendung des Abs7 im Einzelfall festzustellen, ob durch das Vorhaben mit erheblichen schädlichen oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des §1 Abs1 Z1 zu rechnen ist. Stellt sie solche fest, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(5) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann mit Verordnung nähere Einzelheiten über die Durchführung der Einzelfallprüfung gemäß Abs4 und gemäß §3a Abs1 Z2 sowie Abs2 und 3 regeln.

(6) Vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Einzelfallprüfung dürfen für Vorhaben, die einer Prüfung gemäß Abs1, 2 oder 4 unterliegen, Genehmigungen nicht erteilt werden und kommt nach Verwaltungsvorschriften getroffenen Anzeigen vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung keine rechtliche Wirkung zu. Entgegen dieser Bestimmung erteilte Genehmigungen können von der gemäß §39 Abs3 zuständigen Behörde innerhalb einer Frist von drei Jahren als nichtig erklärt werden.

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des §3a Abs1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß §9 Abs4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.

(7a) Stellt die Behörde gemäß Abs7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist eine gemäß §19 Abs7 anerkannte Umweltorganisation oder ein Nachbar/eine Nachbarin gemäß §19 Abs1 Z1 berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation oder einem solchen Nachbarn/ einer solchen Nachbarin Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Für die Beschwerdelegitimation der Umweltorganisation ist der im Anerkennungsbescheid gemäß §19 Abs7 ausgewiesene Zulassungsbereich maßgeblich.

(8) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann durch Verordnung jene Gebiete (Kategorie D des Anhanges 2) des jeweiligen Bundeslandes festlegen, in denen die Immissionsgrenzwerte des Immissionsschutzgesetzes-Luft, BGBl I Nr 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung wiederholt oder auf längere Zeit überschritten werden.

Änderungen

§3a. (1) Änderungen von Vorhaben,

1. die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100% des in Spalte 1 oder 2 des Anhanges 1 festgelegten Schwellenwertes, sofern ein solcher festgelegt wurde, erreichen, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen; dies gilt nicht für Schwellenwerte in spezifischen Änderungstatbeständen;

2. für die in Anhang 1 ein Änderungstatbestand festgelegt ist, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn dieser Tatbestand erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des §1 Abs1 Z1 zu rechnen ist.

(2) Für Änderungen sonstiger in Spalte 1 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn

1. der Schwellenwert in Spalte 1 durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder bei Verwirklichung der Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder

2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 1 des Anhanges 1 kein Schwellenwert angeführt ist,

und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des §1 Abs1 Z1 zu rechnen ist.

(3) Für Änderungen sonstiger in Spalte 2 oder 3 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen, wenn

1. der in Spalte 2 oder 3 festgelegte Schwellenwert durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder durch die Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder

2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 2 oder 3 kein Schwellenwert festgelegt ist,

und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des §1 Abs1 Z1 zu rechnen ist.

(4) Bei der Feststellung im Einzelfall hat die Behörde die in §3 Abs4 Z1 bis 3 angeführten Kriterien zu berücksichtigen. §3 Abs7 ist anzuwenden. Die Einzelfallprüfung gemäß Abs1 Z2, Abs2, 3 und 6 entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

(5) Soweit nicht eine abweichende Regelung in Anhang 1 getroffen wurde, ist für die Beurteilung der UVP-Pflicht eines Änderungsprojektes gemäß Abs1 Z2 sowie Abs2 und 3 die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden einschließlich der beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen, wobei die beantragte Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 25% des Schwellenwertes oder, wenn kein Schwellenwert festgelegt ist, der bisher genehmigten Kapazität erreichen muss.

(6) Bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Änderungsvorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des §3 Abs4 Z1 bis 3 zu berücksichtigen, §3 Abs7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.

(7) Die Genehmigung der Änderung hat auch das bereits genehmigte Vorhaben soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der in §17 Abs1 bis 5 angeführten Interessen erforderlich ist.

(Anm.: Abs8 aufgehoben durch BGBl I Nr 95/2013)

[…]

Inkrafttreten, Außerkraftreten, Übergangsbestimmungen

§46. (1) […]

[…]

(20) Für das Inkrafttreten durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 87/2009 neu gefasster oder eingefügter Bestimmungen sowie für den Übergang zur neuen Rechtslage gilt Folgendes:

1. Die §§2 Abs1, 3 Abs1, 5 Abs1 und 3, 6 Abs1 und 2, 23b Abs2, 24 Abs7, 24a Abs3 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 87/2009 sind auf Vorhaben nicht anzuwenden, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle ein Genehmigungsverfahren nach diesem Bundesgesetz anhängig ist.

2. §19 Abs4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 87/2009 ist in Verfahren nicht anzuwenden, in welchen vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle die öffentliche Auflage gemäß §9 dieses Bundesgesetzes bereits eingeleitet wurde.

3. §24 Abs5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 87/2009 ist auf Vorhaben nicht anzuwenden, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle bereits ein Feststellungsverfahren nach bisheriger Rechtslage anhängig ist.

4. Vorhaben, deren Genehmigung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl I Nr 87/2009 nicht mehr der Nichtigkeitsdrohung des §3 Abs6 unterliegt, gelten als gemäß diesem Bundesgesetz genehmigt.

5. Auf Vorhaben des Anhanges 1, die erstmals unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen und für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl I Nr 87/2009 ein nach den Verwaltungsvorschriften erforderliches Genehmigungsverfahren anhängig ist, ist dieses Bundesgesetz nicht anzuwenden, sofern nicht der Projektwerber/die Projektwerberin bei der Landesregierung die Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung und des konzentrierten Genehmigungsverfahrens bzw. eine Einzelfallprüfung beantragt.

6. Auf Vorhaben des Anhanges 1, die nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr 87/2009 nicht mehr unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen und für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle bereits ein Genehmigungsverfahren nach diesem Bundesgesetz anhängig ist, ist dieses Bundesgesetz in seiner novellierten Fassung weiterhin anzuwenden.

7. Auf Vorhaben, auf die gemäß Abs18 Z5 und Abs19 der dritte Abschnitt in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 153/2004 nicht anzuwenden ist, findet auch das Bundesgesetz BGBl I Nr 87/2009 keine Anwendung.

(21) […]

[…]

[…]

Anhang 1

Der Anhang enthält die gemäß §3 UVP-pflichtigen Vorhaben.

 

In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt §3a Abs2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die 'Neuerrichtung', der 'Neubau' oder die 'Neuerschließung' erfasst.

In Spalte 3 sind jene Vorhaben angeführt, die nur bei Zutreffen besonderer Voraussetzungen der UVP-Pflicht unterliegen. Für diese Vorhaben hat ab den angegebenen Mindestschwellen eine Einzelfallprüfung zu erfolgen. Ergibt diese Einzelfallprüfung eine UVP-Pflicht, so ist nach dem vereinfachten Verfahren vorzugehen.

 

Die in der Spalte 3 genannten Kategorien schutzwürdiger Gebiete werden in Anhang 2 definiert. Gebiete der Kategorien A, C, D und E sind für die UVP-Pflicht eines Vorhabens jedoch nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen sind.

 

 

UVP

UVP im vereinfachten Verfahren

 

Spalte 1

Spalte 2

Spalte 3

 

Abfallwirtschaft

 

 

Z1

a)

Deponien für gefährliche Abfälle; Berechnungsgrund-lage (§3a Abs3) für Änderungen ist das bescheidmäßig genehmigte Ge-samtvolumen;

b)

Anlagen zur biolo-gischen, physikali-schen oder mecha-nisch-biologischen Behandlung von gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von mindestens 20 000 t/a;

c)

sonstige Anlagen zur Behandlung (thermisch, che-misch) von gefähr-lichen Abfällen; ausgenommen sind Anlagen zur aus-schließlich stoffli-chen Verwertung.

 

 

Z2

a)

Massenabfall- oder Reststoffdeponien mit einem Ge-samtvolumen von mindestens 500 000 m3;

b)

Untertagedepo-nien für nicht gefährliche Abfälle mit einem Ge-samtvolumen von mindestens 500 000 m3;

c)

sonstige Anlagen zur Behandlung (thermisch, che-misch, physika-lisch, biologisch, mechanisch-biologisch) von nicht gefährlichen Abfällen mit einer Kapazität von mindestens 35 000 t/a oder 100 t/d, ausgenommen sind Anlagen zur ausschließlich stofflichen Verwer-tung oder mecha-nischen Sortierung;

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

d)

Baurestmassen- oder Inertab-falldeponien mit einem Gesamtvolu-men von min-destens 1 000 000 m3;

 

e)

Anlagen zur Aufbereitung von Baurest-massen mit einer Kapazität von mindestens 200 000 t/a;

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

f)

Massenabfall- oder Reststoffdeponien in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A mit einem Gesamtvo-lumen von mindes-tens 250 000 m3, in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie D mit einem Gesamtvo-lumen von mindes-tens 375 000 m3;

g)

Untertagedeponien für nicht gefährli-che Abfälle in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie A mit einem Gesamtvo-lumen von mindes-tens 250 000 m3, in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie D mit einem Gesamtvo-lumen von mindes-tens 375 000 m3;

h)

Baurestmassen- oder Inertabfallde-ponien in schutz-würdigen Gebieten der Kategorie A mit einem Gesamtvo-lumen von mindes-tens 500 000 m3, in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie D mit einem Gesamtvo-lumen von mindes-tens 750 000 m3.

Z3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a)

Anlagen zur Lagerung von Alt-Kraftfahrzeugen einschließlich Einrichtungen zum Zerteilen mit einer Ge-samtlagerkapazität von mindestens 10 000 t;

b)

Anlagen zur Lagerung von Eisenschrott und Alteisen mit einer Gesamtla-gerkapazität von mindestens 30 000 t;

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

c)

Anlagen zur Lage-rung von Alt-Kraftfahrzeugen einschließlich Einrichtungen zum Zerteilen in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie C mit einer Gesamtlager-kapazität von mindestens 5 000 t.

 

[…]"

III.    Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:

1.       Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann dem Verwaltungsgericht unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn es den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn die angefochtene Entscheidung wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

2.       Solche Fehler sind dem Landesverwaltungsgericht Kärnten im konkreten Fall unterlaufen:

Die rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten erschöpfen sich – abseits der Feststellung, dass die Genehmigungsfiktion des §46 Abs20 Z4 UVP-G 2000 gegen Unionsrecht verstoße – in folgenden Aussagen:

"Die Kärntner Landesregierung als UVP-Behörde hat im Feststellungsbescheid vom 11.10.2013 sohin den bestehenden abfallrechtlichen Konsens zur Beurteilung einer möglichen UVP-Pflicht herangezogen.

Der Landeshauptmann von Kärnten als AWG-Behörde hat im gegenständlichen Verfahren in der Prüfung einer möglichen UVP-Pflicht ebenfalls den bestehenden Konsens angeführt und sich dabei auf §3a Abs5 iVm. §3a Abs2 Z2 UVP-G bzw. §3a Abs1 Z1 UVP-G bezogen.

Ein Änderungsvorhaben gem. §3a UVP-G bedingt das Vorliegen eines genehmigten Bestandes und sohin eines UVP-rechtlichen 'Ist-Zustandes' (vgl. BVwG 24.10.2014, W143 2003020-1).

Der Landeshauptmann von Kärnten als AWG-Behörde irrt in seiner Beurteilung sohin in der Annahme eines bestehenden UVP-rechtlichen Konsenses, weshalb der Bescheid vom 01.06.2016 mit einem rechtlichen Mangel behaftet ist.

Die Nichtanfechtbarkeit eines materienrechtlichen Bescheides im Sinne des §3 Abs6 UVP-G 2000 kann nicht von einer möglichen UVP-Pflicht entbinden bzw. ist diese von der Genehmigungsfiktion des §46 Abs20 Z4 UVP-G 2000 zu trennen und sind diese beiden Tatbestände einer jeweils individuellen Beurteilung zu unterziehen."

Das wesentliche Begründungselement des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten besteht sohin in der Annahme, dass der Antrag der einschreitenden Gesellschaft nur dann als mögliche Änderungsgenehmigung iSd §3a UVP-G 2000 qualifiziert werden könne, wenn bereits ein "UVP-rechtlicher 'Ist-Zustand'" – gemeint wohl eine Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 bzw. seiner Vorgängerbestimmungen – vorliege. In der Annahme, dass ein solcher "Ist-Zustand" nicht gegeben sei, erklärte das Landesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig und hob diesen auf.

Entgegen dieser – vom Landesverwaltungsgericht nicht näher begründeten – Auslegung setzt die Anwendung des Änderungsgenehmigungsverfahrens gemäß §3a UVP-G 2000 nicht voraus, dass die betreffende Anlage über eine (Erst-)Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verfügt. Vielmehr kann auch eine zuvor nach anderen Gesetzen genehmigte Anlage, bei Zutreffen der in §3a UVP-G 2000 festgelegten Voraussetzungen diesem Verfahren (erstmals) zu unterziehen sein.

Dies ergibt sich – worauf die beschwerdeführende Gesellschaft zutreffend hinweist – bereits klar aus dem Wortlaut des §3a Abs2 Z1 UVP-G 2000: Dieser Bestimmung zufolge ist für Änderungen "sonstiger in Spalte 1 des Anhanges 1 angeführter Vorhaben" dann eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn "der Schwellenwert in Spalte 1 durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder bei Verwirklichung der Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt". Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes besteht kein Zweifel daran, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Alternativtatbestand "oder bei Verwirklichung der Änderung erreicht wird" Fälle miteinschließt, in denen die Anlage (mangels Erreichen des Schwellenwertes) bisher über keine Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verfügt hat (vgl. auch VwGH 22.10.2008, 2007/06/0066; zur Abgrenzung zwischen Neu- und Änderungsgenehmigung ua. VwGH 23.5.2001, 99/06/0164).

Auf Grund dieser grob rechtsirrigen Auslegung beschränkte sich das Landesverwaltungsgericht Kärnten in der angefochtenen Entscheidung darauf, lediglich das Bestehen und den Umfang des abfallrechtlichen Konsenses der antragstellenden Gesellschaft festzustellen. Gleichwohl unterließ es die erforderlichen sonstigen Ermittlungen zu den in der Beschwerde vorgebrachten Fragen – insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf das gegenständliche Vorhaben.

IV.      Ergebnis

1.       Die beschwerdeführende Gesellschaft ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG verletzt worden.

Die Entscheidung ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3.       Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Abfallwirtschaft, Umweltschutz, Umweltverträglichkeitsprüfung, Auslegung eines Gesetzes, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E2796.2017

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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