RS Vfgh 2018/2/26 E2796/2017

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Veröffentlicht am 26.02.2018
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Index

83/01 Natur- und Umweltschutz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
UVP-G 2000 §3, 3a, §46, Anhang 1
AbfallwirtschaftsG 2002 §37, §38

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Behebung der Genehmigung einer Mengensteigerung der Mitverbrennung von Abfällen ohne Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung infolge grob irriger Rechtsauslegung

Rechtssatz

Das wesentliche Begründungselement des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten besteht in der Annahme, dass der Antrag der einschreitenden Gesellschaft auf Genehmigung einer Mengensteigerung der Mitverbrennung von gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen (in jeweils näher genanntem Ausmaß) nur dann als mögliche Änderungsgenehmigung iSd §3a UVP-G 2000 qualifiziert werden könne, wenn bereits ein "UVP-rechtlicher 'Ist-Zustand'" - gemeint wohl eine Genehmigung nach dem UVP-G 2000 bzw seinen Vorgängerbestimmungen - vorliege.

Die Anwendung des Änderungsgenehmigungsverfahrens gemäß §3a UVP-G 2000 setzt nicht voraus, dass die betreffende Anlage über eine (Erst-)Genehmigung nach dem UVP-G verfügt. Vielmehr kann auch eine zuvor nach anderen Gesetzen genehmigte Anlage bei Zutreffen der in §3a UVP-G 2000 festgelegten Voraussetzungen diesem Verfahren (erstmals) zu unterziehen sein.

Dies ergibt sich bereits klar aus dem Wortlaut des §3a Abs2 Z1 UVP-G 2000: Dieser Bestimmung zufolge ist für Änderungen "sonstiger in Spalte 1 des Anhanges 1 angeführter Vorhaben" dann eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn "der Schwellenwert in Spalte 1 durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder bei Verwirklichung der Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt". Es besteht kein Zweifel daran, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Alternativtatbestand "oder bei Verwirklichung der Änderung erreicht wird" Fälle miteinschließt, in denen die Anlage (mangels Erreichen des Schwellenwertes) bisher über keine Genehmigung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verfügt hat.

Auf Grund dieser grob rechtsirrigen Auslegung beschränkte sich das Landesverwaltungsgericht Kärnten in der angefochtenen Entscheidung darauf, lediglich das Bestehen und den Umfang des abfallrechtlichen Konsenses der antragstellenden Gesellschaft festzustellen. Gleichwohl unterließ es die erforderlichen sonstigen Ermittlungen zu den in der Beschwerde vorgebrachten Fragen - insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf das gegenständliche Vorhaben.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Abfallwirtschaft, Umweltschutz, Umweltverträglichkeitsprüfung, Auslegung eines Gesetzes, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:E2796.2017

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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