TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/10 LVwG-2018/26/0409-1

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Veröffentlicht am 10.04.2018
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Entscheidungsdatum

10.04.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

AVG §59 Abs1
WRG 1959 §117

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerde der AA, wohnhaft in Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol als Wasserrechtsbehörde vom 03.01.2018, Zl ****, betreffend die Entscheidung über einen Entschädigungsantrag nach dem Wasserrechtsgesetz 1959,

zu Recht:

1.       Aus Anlass des Beschwerdeverfahrens wird der angefochtene Bescheid behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1)

Mit Eingabe vom 17.11.2017, eingelangt beim Amt der Tiroler Landesregierung am 22.11.2017, stellte die nunmehrige Beschwerdeführerin den verfahrenseinleitenden Antrag an die belangte Behörde, wobei sie Folgendes begehrte:

1)   Es möge die Wasserrechtsbehörde die Berechnung der Quellnutzungsentschädigung für den Zeitraum XI/77 bis 31.XII/2013 vornehmen, dies bis zum Zeitpunkt 27.11.2017.

2)   Es wolle ihr das Original einer näher bezeichneten Vereinbarung übermittelt werden.

3)   Es möge der Nutzungszaun in Form einer Mauer – so wie bisher – wiedererrichtet werden, auch die Hangrutschung sei noch in Ordnung zu bringen.

4)   Der Wasserbezug für die alte Hütte sei herzustellen.

5)   Es werde der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebracht, dass die Gemeindegutsagrargemeinschaft eine Straße zur Jagdhütte angelegt habe, obwohl dies im Quellnutzungsgebiet nicht erlaubt sei.

2)

Über diesen Antrag entschied die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 03.01.2018 dahingehend, dass

-   zu Spruchpunkt I. der Antrag auf der Rechtsgrundlage des § 102 Abs 1 iVm § 117 Wasserrechtsgesetz 1959 mangels Parteistellung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen wurde und

-   zu Spruchpunkt II. der aus dem Vertragsverhältnis geltend gemachte Entschädigungsanspruch der Beschwerdeführerin mangels Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde gemäß § 26 Abs 6 Wasserrechtsgesetz 1959 iVm § 6 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 zur Entscheidung an die ordentlichen Gerichte verwiesen wurde.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung zunächst auf dessen Zulässigkeit geprüft worden sei, wobei sich ergeben habe, dass die Antragstellerin die von der Quellnutzung der Gemeinde Y betroffenen Grundstücksflächen mit Übergabsvertrag vom 08.01.2014 ihrer Tochter übergeben habe, sodass die Antragstellerin nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 keine Parteistellung mehr habe, woran auch die Regelung im Übergabsvertrag nichts ändere, derzufolge sich die Antragstellerin Entschädigungsansprüche aus Wassernutzungen bis zum Stichtag 31.12.2013 gegen die Gemeinde Y zurückbehalten habe.

Ungeachtet der fehlenden Parteistellung gemäß Spruchpunkt I. sei festzuhalten, dass über die Begehren der Antragstellerin entsprechend den Punkten 3., 4. sowie 5. ihres Antrages bereits in einem anderen Verfahren abgesprochen worden sei.

Das Entschädigungsbegehren der Antragstellerin beziehe sich auf zivilrechtlich vereinbarte Entschädigungsleistungen, welche die Wasserrechtsbehörde lediglich protokolliert habe.

Die vertraglich geregelten Ansprüche seien jedoch im Zivilrechtsweg geltend zu machen, der Wasserrechtsbehörde komme hier keine Zuständigkeit zu.

3)

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde der AA, mit welcher begehrt wurde wie im verfahrenseinleitenden Antrag vom 17.11.2017. Zudem wurde beantragt,

-   dass die entstandenen Anwaltskosten zu ersetzen seien,

-   dass eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht durchgeführt werde und

-   dass eine Wasseruhr (in Ansehung der Quellnutzung der Gemeinde Y) einzubauen sei.

In der Beschwerde wurde der Auffassung der belangten Behörde entgegengetreten, dass die Rechtsmittelwerberin nunmehr keine Parteistellung mehr habe, dies zufolge der geschehenen Übergabe des von der Quellnutzung betroffenen Grundeigentums an die Tochter.

Außerdem wurde ausgeführt, dass der Wasserrechtsbehörde sehr wohl eine Zuständigkeit zukomme, die Frage der Entschädigung für die von ihr bewilligte Quellnutzung zu entscheiden, wobei die Basis der zuzusprechenden Entschädigung eine Quellnutzung von 16 l pro Sekunde sein müsse.

II.      Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin war vormals Eigentümerin der Liegenschaft in EZ **1 KG X, mit welcher Liegenschaft das Hälfteeigentum an der Liegenschaft in EZ **2 KG X („Alpe BB“) realrechtlich verbunden ist.

Mit Übergabsvertrag vom 08.01.2014 hat die Rechtsmittelwerberin dieses Eigentum in der KG X ihrer Tochter übergeben, wobei im Vertragspunkt II. 2. b) festgelegt wurde, dass den Gegenstand der Übergabe ua Verfahren gegen die Gemeinde Y bilden, nämlich alle Rechte und Pflichten aus den anhängigen Zivil- und Exekutionsverfahren gegen die Gemeinde Y, soweit diese die übergabsgegenständlichen Liegenschaften zum und nach dem Übergabestichtag betreffen.

Klarstellend wurde im genannten Vertragspunkt festgehalten, dass allfällige bereicherungs- und schadenersatzrechtliche Entschädigungsansprüche aus Wassernutzungen und Bannwaldentschädigungen bis zum Stichtag 31.12.2013 gegen die Gemeinde Y bei der Übergeberin – sohin der Beschwerdeführerin – verbleiben.

Auf Grundstücken der Alpe „BB“ in der KG X entspringen Quellen, die von der Gemeinde Y für ihre Wasserversorgungsanlage genutzt werden, dies auf der Grundlage einer wasserrechtlichen Bewilligung.

Über die Errichtung dieser gemeindlichen Wasserversorgungsanlage, insbesondere darüber, ob diese Wasserversorgungsanlage konsensgemäß hergestellt wurde und betrieben wird, bestehen schon seit vielen Jahren Rechtsstreitigkeiten zwischen der Beschwerdeführerin und der Gemeinde Y.

Auch über die Entschädigungsleistungen für die Grundinanspruchnahme durch die Nutzung der Quellen der Alpe „BB“ für die gemeindliche Wasserversorgungsanlage besteht keine Einigkeit.

Aus diesem Grund hat die Beschwerdeführerin den verfahrenseinleitenden Antrag vom 17.11.2017 gestellt.

Bezüglich des verfahrensgegenständlichen Entschädigungsantrages der Beschwerdeführerin traf die belangte Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid zwei Entscheidungen, die zueinander in einem unauflösbaren Widerspruch stehen.

III.     Beweiswürdigung:

Der vorstehend festgestellte Sachverhalt ergibt sich in unbedenklicher Weise aus dem vorliegenden Akteninhalt.

So konnte auf Basis des aktenkundigen Übergabsvertrages vom 08.01.2014 zwischen der Beschwerdeführerin und deren Tochter die Feststellung erfolgen, dass die Beschwerdeführerin vormals Eigentum bzw Miteigentum an den beiden verfahrensrelevanten Liegenschaften in EZ **1 sowie in EZ **2, beide KG X, hatte. Im Akt der belangten Behörde liegen auch Grundbuchsauszüge vom 28.11.2017 ein, die zeigen, dass nunmehr die Tochter der Rechtsmittelwerberin Eigentümerin bzw Miteigentümerin der beiden genannten Liegenschaften ist.

Welche vertragliche Regelung bezüglich bereicherungs- und schadenersatzrechtlicher Entschädigungsansprüche aus Wassernutzungen bis zum Stichtag 31.12.2013 im Übergabsvertrag getroffen worden ist, ergibt sich ebenfalls aus dem aktenkundigen Übergabsvertrag vom 08.01.2014.

Die Feststellungen zu den Quellnutzungen der Gemeinde Y und zu den Streitigkeiten darüber zwischen der Rechtsmittelwerberin und der Gemeinde basieren gleichfalls auf dem gegebenen Akteninhalt, gegen den keine Bedenken obwalten und gegen den auch keine Bedenken von den Verfahrensparteien vorgebracht wurden.

Schließlich lässt sich auch das Vorbringen der Rechtsmittelwerberin mit dem vorliegenden Akteninhalt recht gut vereinbaren.

Irgendwelche Widersprüche, die es im Rahmen der vorliegenden Beweiswürdigung aufzuklären gelte, liegen nicht vor.

IV.      Rechtslage:

In der vorliegenden Rechtssache sind folgende Regelungen des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl Nr 215/1959, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 58/2017, verfahrensrelevant:

„Parteien und Beteiligte.

§ 102. (1) Parteien sind:

a)   der Antragsteller;

b)   diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

ferner

c)…

Entschädigungen und Beiträge

§ 117. (1) Über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten, die entweder in diesem Bundesgesetz oder in den für die Pflege und Abwehr bestimmter Gewässer geltenden Sondervorschriften vorgesehen sind, entscheidet, sofern dieses Bundesgesetz (§ 26) oder die betreffende Sondervorschrift nichts anderes bestimmt, die Wasserrechtsbehörde. In der Entscheidung ist auszusprechen, ob, in welcher Form (Sach- oder Geldleistung), auf welche Art, in welcher Höhe und innerhalb welcher Frist die Leistung zu erbringen ist. Gebotenenfalls können auch wiederkehrende Leistungen und die Sicherstellung künftiger Leistungen vorgesehen sowie die Nachprüfung und anderweitige Festlegung nach bestimmten Zeiträumen vorbehalten werden.

(2)…

(6)…

(7) Soweit Angelegenheiten des Abs. 1 in Übereinkommen (§ 111 Abs. 3) geregelt werden, hat über die Auslegung und Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens das Gericht (Abs. 6) zu entscheiden.

Schadenshaftung.

§ 26. (1) Die Verpflichtung des Wasserberechtigten zum Ersatze des Schadens, der aus dem Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage entsteht, ist, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften des 30. Hauptstückes des II. Teiles des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches zu beurteilen.

(2) Wird jedoch durch den rechtmäßigen Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage eine Liegenschaft oder ein Bauwerk, das schon zur Zeit der Erteilung der Bewilligung bestanden hat, beschädigt oder ein älteres Wasserbenutzungsrecht der im § 12 Abs. 2 bezeichneten Art oder ein Fischereirecht oder ein Nutzungsrecht im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, beeinträchtigt, so haftet der Wasserberechtigte für den Ersatz des Schadens, wenn bei der Erteilung der Bewilligung mit dem Eintritte dieser nachteiligen Wirkung überhaupt nicht oder nur in einem geringeren Umfange gerechnet worden ist.

(3) Der Wasserberechtigte haftet außer dem Falle des Abs. 2 für eine der dort bezeichneten Beschädigungen oder Beeinträchtigungen solchen Parteien, die ohne ihr Verschulden außer Stande waren, ihre Einwendungen rechtzeitig geltend zu machen.

(4)…

(5)…

(6) Schadenersatzansprüche nach den Abs. 1 bis 3 sind im ordentlichen Rechtswege geltend zu machen. Hat sich aber die Wasserrechtsbehörde gemäß § 117 Abs. 1 die Nachprüfung und anderweitige Festsetzung einer anläßlich der Bewilligung zugesprochenen Entschädigung für die voraussichtlich eintretenden Nachteile vorbehalten, so kann nur eine Erhöhung dieser Entschädigung bei der Wasserrechtsbehörde begehrt werden.“

Weiters ist im Gegenstandsfall die Vorschrift des § 59 Abs 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 beachtlich, welche vorsieht, dass der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat.

V.       Erwägungen:

1)

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag vom 17.11.2017 hat die Beschwerdeführerin einen Entschädigungsanspruch geltend gemacht, dies für die Grundinanspruchnahme durch die Quellnutzung auf Grundstücken der Alpe „BB“ in der KG X für die Wasserversorgungsanlage der Gemeinde Y, dies für den Zeitraum von November 1977 bis 31.12.2013.

Bezüglich dieses Entschädigungsanspruches erkannte die belangte Behörde

-   zum einen eine fehlende Antragslegitimation der Beschwerdeführerin, weil diese nicht mehr Eigentümerin bzw Miteigentümerin der durch die Quellnutzung berührten Grundstücke sei, und

-   zum anderen eine Unzuständigkeit der Wasserrechtsbehörde zur Entscheidung der Entschädigungsfrage, weil darüber ein privatrechtliches Übereinkommen geschlossen worden sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 03.01.2018 nahm die belangte Behörde zwei Entscheidungen in Bezug auf den Entschädigungsantrag der Rechtsmittelwerberin vor, und zwar

-   wies sie zu Spruchpunkt I. den Antrag mangels Parteistellung als unzulässig zurück, dies auf der Rechtsgrundlage des § 102 Abs 1 iVm § 117 Wasserrechtsgesetz 1959, und

-   verwies zu Spruchpunkt II. den (aus dem Vertragsverhältnis geltend gemachten) Entschädigungsanspruch mangels Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde gemäß § 26 Abs 6 Wasserrechtsgesetz 1959 iVm § 6 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 zur Entscheidung an die ordentlichen Gerichte.

Diese Vorgangsweise der belangten Behörde, nämlich über den Entschädigungsantrag der Beschwerdeführerin gleich zweimal abzusprechen, setzte voraus, dass der Antragsgegenstand trennbar ist.

Ob und inwiefern der vorliegend maßgebliche Antragsgegenstand und damit Gegenstand des Verfahrens der belangten Behörde sich in mehrere selbständige (trennbare) Bestandteile zerlegen ließe, hat die belangte Behörde in der in Beschwerde gezogenen Entscheidung nicht näher dargelegt. Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des bekämpften Bescheides kann entnommen werden, ob und inwieweit die belangte Behörde von einer Trennbarkeit des verfahrensauslösenden Entschädigungsantrages der Beschwerdeführerin ausgegangen ist.

Nach dem klaren Wortlaut des Spruchpunktes I. der angefochtenen Entscheidung hat die belangte Behörde damit den Entschädigungsantrag der Rechtsmittelwerberin vom 17.11.2017 gesamthaft zurückgewiesen. Auch aus der Begründung zu Spruchpunkt I. lässt sich nicht entnehmen, dass die belangten Behörde mit diesem Spruchpunkt nur über einen (trennbaren) Teil des Entschädigungsantrages der Beschwerdeführerin vom 17.11.2017 abgesprochen hätte, vielmehr spricht die belangte Behörde im Begründungsteil zu Spruchpunkt I. ganz umfassend vom „Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung“.

Den Entscheidungsteil zu Spruchpunkt II. bezieht die belangte Behörde zwar auf den „aus dem Vertragsverhältnis geltend gemachten Entschädigungsanspruch“, doch kann daraus nicht zweifelsfrei gefolgert werden, die belangte Behörde hätte damit bloß über einen (trennbaren) Teil des Antragsgegenstandes abgesprochen, zumal die Beschwerdeführerin ihren Entschädigungsantrag vom 17.11.2017 ganz allgemein und umfassend auf in wasserrechtlichen Bescheiden protokollierte Vereinbarungen bezieht und die belangte Behörde selbst im Begründungsteil zu Spruchpunkt II. von der von der Beschwerdeführerin „geltend gemachten Entschädigung“ spricht, mithin von der gesamten begehrten Entschädigung.

Jedenfalls hat die belangte Behörde auch in ihren Begründungserwägungen zu Spruchpunkt II. nicht näher konkret dargelegt, dass ihre diesbezüglichen Erwägungen nur einen (trennbaren) Teil des Antragsgegenstandes beträfen.

Mit Blick auf den von der Rechtsmittelwerberin mit Eingabe vom 17.11.2017 gestellten Entschädigungsantrag sowie die dazu vorgebrachten Antragsausführungen vermag auch das erkennende Verwaltungsgericht nicht zu erkennen, dass der Gegenstand des Entschädigungsantrages trennbar wäre, sich also in selbständige Bestandteile zerlegen ließe, die getrennt voneinander entschieden werden könnten.

In der vorliegenden Rechtssache ist sohin davon auszugehen, dass die belangte Behörde über ein- und denselben Antragsgegenstand mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid zweimal abgesprochen hat.

Die sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen sind im Nachfolgenden näher zu beleuchten.

2)

Wenn die belangte Behörde in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides den verfahrensgegenständlichen Entschädigungsantrag vom 17.11.2017 gesamthaft mangels gegebener Parteistellung der Antragstellerin und nunmehrigen Beschwerdeführerin zurückgewiesen hat, dies auf der Grundlage des § 102 Abs 1 iVm § 117 Wasserrechtsgesetz 1959, so hat sie damit eine negative Entscheidung über die Entschädigungsfrage getroffen, mithin eine inhaltliche Erledigung des Entschädigungsantrages vorgenommen (vgl dazu das VwGH-Erkenntnis vom 29.03.2007, Zl 2006/07/0019).

Dagegen hat die belangte Behörde mit Spruchpunkt II. ihres Bescheides ihre Zuständigkeit zur Entscheidung des geltend gemachten Entschädigungsanspruches verneint, weil dafür angesichts der vorliegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen (über die Grundinanspruchnahme durch die Quellnutzungen der Gemeinde Y) die ordentlichen (Zivil-)Gerichte zuständig wären.

Demnach stehen die beiden Spruchpunkte I. sowie II. der bekämpften Entscheidung zueinander nicht nur in einem Spannungsverhältnis, sondern in einem nicht auflösbaren Widerspruch, können doch die beiden Spruchpunkte nicht logisch nebeneinander bestehen, wenn mit der Entscheidung zu Spruchpunkt I. eine Zuständigkeit in Anspruch genommen wird, die mit dem nachfolgenden Spruchpunkt II. verneint wird.

Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (siehe VwGH 05.09.2013, Zl 2013/09/0058, ebenso VwGH 06.03.2013, Zl 2010/04/0102).

3)

Insgesamt ist in der vorliegenden Rechtssache festzuhalten, dass in Bezug auf den bekämpften Bescheid ein eindeutiger Bescheidwille der belangten Behörde nicht erkennbar ist, zumal die verfahrensmaßgebliche Entschädigungsfrage in den beiden Spruchpunkten I. sowie II. der angefochtenen Entscheidung völlig konträr entschieden wurde.

Für das vorliegende Rechtsmittelverfahren ergibt sich angesichts der aufgezeigten Rechtssituation Folgendes:

„Sache“ des Beschwerdeverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der Verwaltungsbehörde gebildet hat. Ist nicht klar, was die belangte Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid entschieden hat, weil eben zwei konträre und nicht miteinander vereinbare Entscheidungen getroffen wurden, sodass für das Rechtsmittelverfahren zweifelhaft wäre, welche der beiden von der belangten Behörde getroffenen Entscheidungen den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bilden sollte, so kann eine derartige Verfahrensproblematik nur mit Behebung der widersprüchlichen und einen eindeutigen Bescheidwillen vermissen lassenden Entscheidung aufgelöst werden, um der belangten Behörde solcherart die Möglichkeit zu eröffnen, eine klare Entscheidung vorzunehmen, und nicht zwei, zudem noch gegensätzliche.

Keinesfalls ist das Landesverwaltungsgericht berechtigt, eine der beiden angefochtenen Entscheidungen aufzuheben sowie die andere zu bestätigen und damit selbst den Widerspruch in der Spruchgestaltung aufzulösen, da dies in der vorliegenden Fallkonstellation bewirkte, dass die von der belangten Behörde in erster Instanz vorzunehmende Entscheidung auf die Ebene des Verwaltungsgerichts verlagert würde, womit eine unzulässige Verkürzung des Instanzenzugs einträte, wobei in der vorliegenden Fallsituation darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die belangte Behörde im Gegenstandsfall in der angefochtenen Entscheidung einmal ihre Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache verneint hat und einmal in Bezug auf dieselbe Sache eine inhaltliche Entscheidung getroffen hat.

VI.      zum Absehen von einer mündlichen Rechtsmittelverhandlung:

Im vorliegenden Beschwerdefall konnte eine mündliche Beschwerdeverhandlung deshalb entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war (vgl § 24 Abs 2 Z 1 zweiter Fall VwGVG).

Im Übrigen stand der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt aufgrund der gegebenen Aktenlage grundsätzlich unstrittig fest, sodass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ. Auch standen weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dem Absehen von einer Verhandlung entgegen (siehe § 24 Abs 4 VwGVG).

VII.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die in der gegenständlichen Beschwerdesache sich stellenden Rechtsfragen konnten anhand der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Wien einwandfrei einer Lösung zugeführt werden, dies betrifft etwa die Frage, ob bei Verneinung der Antragslegitimation mangels Parteistellung im Falle eines nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 begehrten Entschädigungszuspruches eine negative Entscheidung über die Entschädigungsfrage herbeigeführt wird.

An die in der vorliegenden Beschwerdeentscheidung aufgezeigte Rechtsprechung des Höchstgerichts hat sich das erkennende Verwaltungsgericht auch gehalten, sodass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht hervorgekommen ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Aicher

(Richter)

Schlagworte

Bescheidwille; Widerspruch zwischen Spruchpunkten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.26.0409.1

Zuletzt aktualisiert am

24.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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