TE OGH 2018/2/27 1Ob225/17w

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Veröffentlicht am 27.02.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Mag. Dr. I***** G*****, vertreten durch die Dr. Andrea Wukovits Rechtsanwältin GmbH, Wien, gegen den Antragsgegner Univ.-Prof. Dr. H***** G*****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Juli 2017, GZ 43 R 329/17a-96, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 8. Juni 2017, GZ 1 Fam 1/14g-86, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den Antrag des Antragsgegners, „die Vollstreckbarkeitsbestätigung“ für die Punkte 1. bis 5. und 7. seines Beschlusses vom 1. 9. 2016, GZ 1 Fam 1/14g-64 [erstinstanzliche Aufteilungs-
entscheidung], aufzuheben, ab. Der Antragsgegner habe nur gegen die Höhe der ihm auferlegten Ausgleichszahlung (Punkt 6. des erstinstanzlichen Aufteilungsbeschlusses) Rechtsmittel erhoben. Damit könne aber lediglich noch strittig sein, ob und in welcher Höhe ihr eine Ausgleichszahlung zustehe.

Das Rekursgericht gab dem dagegen vom Antragsgegner erhobenen Rekurs, mit dem er die Aufhebung der am 16. 2. 2017 erteilten Bestätigung der Vollstreckbarkeit begehrte, nicht Folge. Rechtlich führte es aus, im Aufteilungsverfahren sei von Beginn an lediglich strittig gewesen, wer eine Ausgleichszahlung zu leisten habe, sowie deren Höhe. Das Erstgericht sei in seinem Aufteilungsbeschluss in den Punkten 1. bis 5. und 7. den übereinstimmenden Begehren der Parteien über die Aufteilung der Liegenschaften und beweglichen Sachen gefolgt. Im Rekurs gegen diesen Beschluss habe der Antragsgegner ausschließlich eine Abänderung des Punktes 6. (Ausgleichszahlung) und der Kostenentscheidung begehrt. In der im Instanzenzug ergangenen Entscheidung 1 Ob 11/17z habe der Oberste Gerichtshof dem Rekursgericht den Auftrag erteilt, nach vollständiger Erledigung der Beweisrüge des Antragsgegners und abhängig von den weiteren Verfahrensergebnissen erneut darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung zustehe. Die Teilrechtskraft einer Aufteilungsentscheidung sei dann gegeben, wenn die Teilregelung nur einen unstrittigen Teil betreffe. Da ausschließlich die Ausgleichszahlung Gegenstand des Aufteilungsverfahrens gewesen sei, sei im konkreten Fall die Teilrechtskraft der vom Antragsgegner unbekämpft gebliebenen Beschlussteile eingetreten.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Teilrechtskraftfähigkeit (einer Aufteilungsentscheidung) „keine rezente Entscheidung“ des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Der von der Antragstellerin beantwortete Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG):

Rechtliche Beurteilung

1. Der Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit gemäß § 7 Abs 3 EO richtet sich ausschließlich gegen die Bestätigung der Vollstreckbarkeit selbst, also gegen den maßgeblichen Akt des Richters (oder Rechtspflegers). Die Prüfung der Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen ist auf jenen Zeitpunkt abzustellen, in welchem die Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilt wurde (RIS-Justiz RS0001576 [T1, T2]). Das war am 16. 2. 2017. Der Umstand, dass zwischenzeitlich das Aufteilungsverfahren mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 30. 8. 2017, 1 Ob 145/17f, rechtskräftig beendet wurde, beseitigt nicht die Beschwer des Antragsgegners.

2. Dass im Aufteilungsverfahren Teilregelungen materiell-rechtlich grundsätzlich zulässig sind, folgt schon aus § 85 EheG. Die Zulässigkeit reicht jedoch nur soweit, als die Teilregelungen nicht für die Endentscheidung in Ansehung der verbleibenden gerichtlich aufzuteilenden Vermögensmasse Ausgleichsmöglichkeiten verschließen oder solche entgegen dem in § 94 Abs 1 EheG aufgestellten Grundsatz der Subsidiarität auf Geldzahlungen beschränken (RIS-Justiz RS0007209 [T3]; RS0008537). Ob eine Aufteilungsentscheidung in Rechtskraft erwachsen kann, was im Außerstreitverfahren grundsätzlich möglich ist, muss unter Beachtung des Funktionszusammenhangs mit dem Privatrecht „von der regelnden Aufgabe des Richters her“ bestimmt werden, der den von den Parteien nicht erzielten Ausgleich rechtsgestaltend herbeiführen soll (RIS-Justiz RS0007209 [T1]; Nademleinsky in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 93 Rz 41; Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 85 EheG Rz 16). Durch die Anfechtung des Ausspruchs über die Ausgleichszahlung wird in der Regel auch der Eintritt der Rechtskraft hinsichtlich der sonstigen Aufteilungsanordnungen verhindert. Die Tatsache, dass die restliche Entscheidung unangefochten bleibt, lässt keinen zwingenden Schluss auf eine diesbezügliche Einigung der geschiedenen Eheleute zu (RIS-Justiz RS0007209 [T2]; Nademleinsky aaO; Deixler-Hübner aaO). Jedoch kann nach Gitschthaler (in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 85 EheG Rz 20) bei bloßer Anfechtung der Ausgleichszahlung dann Teilrechtskraft eintreten, wenn zwischen den Parteien die übrigen Anordnungen des Gerichts über die Zuteilung der einzelnen Gegenstände nicht bekämpft werden, die Ehegatten jedoch noch über die Höhe der zu leistenden Ausgleichszahlung etwa mit der Begründung streiten, das Gericht habe seiner Entscheidung einen unrichtigen Verkehrswert oder einen falschen Wertermittlungszeitpunkt zugrunde gelegt (zustimmend Nademleinsky aaO § 93 Rz 41 FN 113, wenn die Ausgleichszahlung sicher nicht durch andere Zuweisungen [§ 94 Abs 1 EheG] vermieden werden kann).

3. Die Rechtsmittel des Antragsgegners im Aufteilungsverfahren richteten sich nur gegen die Höhe der ihm auferlegten Ausgleichszahlung an die Antragstellerin. Eine andere Zuweisung der beweglichen Sachen und Liegenschaften strebten weder er noch die Antragstellerin an. Im ersten Rechtsgang hielt der Oberste Gerichtshof daher in der Entscheidung 1 Ob 11/17z fest, dass im Aufteilungsverfahren allein die Frage strittig sei, ob und in welcher Höhe der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung vom Antragsgegner zustehe und trug dem Rekursgericht nach Behebung des Verfahrensmangels die neuerliche Entscheidung darüber auf. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Antragsgegner die Ausgleichszahlung ohne Abänderung der übrigen Aufteilungsanordnungen nicht leisten könnte oder die Teilentscheidung die Möglichkeit der Endentscheidung zum sachgerechten Ausgleich beschnitten oder gar ausgeschlossen hätte, lagen nicht vor. Die Punkte 1. bis 5. und 7. der erstinstanzlichen Aufteilungsentscheidung betrafen inhaltlich eine Teilregelung über einen unstrittigen Teil der Aufteilungsmasse (vgl Deixler-Hübner aaO; Gitschthaler aaO, jeweils mwN zur Judikatur). Wenn die Vorinstanzen davon ausgingen, dass infolge der allein bekämpften Höhe der Ausgleichszahlung und der konkreten Umstände des Einzelfalls hinsichtlich weiterer einzelner Punkte bereits Teilrechtskraft eingetreten sei, ist diese Beurteilung nicht korrekturbedürftig. Damit konnte aber das Erstgericht bereits am 16. 2. 2017 die Bestätigung der Vollstreckbarkeit hinsichtlich einzelner Punkte seines Aufteilungsbeschlusses erteilen.

4. Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

Das Rekursgericht hat die Kostenentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung der Sache dem Erstgericht vorbehalten (§ 78 Abs 1 AußStrG), sodass dieses auch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu entscheiden hat (vgl 6 Ob 20/07w = SZ 2007/143).

Schlagworte

;Zivilverfahrensrecht;Familienrecht;

Textnummer

E121207

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00225.17W.0227.000

Im RIS seit

23.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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