TE Vfgh Erkenntnis 2018/3/7 G97/2017

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Veröffentlicht am 07.03.2018
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Index

26/03 Patentrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
PatentamtsgebührenG §28
PatentG 1970 §103 Abs2

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit von Bestimmungen des PatentamtsgebührenG betreffend die Festlegung einer Verfahrensgebühr für einen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor der Technischen Abteilung des Patentamts aufgrund eines Einspruchs gegen eine Patenterteilung

Spruch

I. Der Antrag wird insoweit abgewiesen, als er sich gegen die Wortfolge "oder der Technischen Abteilung" in §28 Abs1 Z1 Patentamtsgebührengesetz, BGBl I Nr 149/2004 idF BGBl I Nr 126/2013, richtet.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B-VG gestützten Antrag begehrt das Oberlandesgericht Wien, §28 Abs1 Z1 Patentamtsgebührengesetz (PAG), BGBl I 149/2004 idF BGBl I 126/2013, in eventu die Wortfolge "oder der Technischen Abteilung" in §28 Abs1 Z1 PAG als verfassungswidrig aufzuheben.

II.      Rechtslage

1.       §28 Bundesgesetz über die im Bereich des Patentamtes zu zahlenden Gebühren und Entgelte (Patentamtsgebührengesetz - PAG), BGBl I 149/2004 idF BGBl I 126/2013, lautet (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Verfahrensgebühren

§28. (1) Die Gebühren betragen für:

1.  den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor der

    der Rechtsabteilung oder der Technischen Abteilung ........................ 210 Euro,

2.-8. [...]

(2) Die in Abs1 festgesetzten Gebühren sind für jede Anmeldung und für jedes Schutzrecht zu zahlen, das Gegenstand des Antrages ist.

(3)-(4) [...]"

2.       §103 Abs2 Patentgesetz 1970 (im Folgenden: PatG), BGBl 259/1970 idF BGBl I 149/2004, lautet:

"(2) Der Vorsitzende kann, wenn er dies im einzelnen Fall zur Entscheidung über den Einspruch für erforderlich hält, auf Antrag oder von Amts wegen eine mündliche Verhandlung anberaumen. Die Verhandlung ist öffentlich. §119 Abs2 ist anzuwenden."

3.       §29b Abs2 Markenschutzgesetz 1970 (im Folgenden: MSchG), BGBl 260/1970 idF BGBl I 126/2013, lautet:

"(2) Nach fristgerechter Äußerung des Markeninhabers trifft das nach §35 Abs1 zuständige Mitglied wegen eines etwa notwendigen Schriftwechsels, Herbeischaffung der von den Parteien angebotenen Beweismittel sowie der Aufnahme von Beweisen die entsprechenden Verfügungen. Es hat auf Antrag einer Partei, oder wenn es dies im Einzelfall zur Entscheidung über den Widerspruch für erforderlich hält, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Das Mitglied hat unter freier Würdigung des vorliegenden Tatsachen- und Beweismaterials Beschluss zu fassen."

III.    Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.       Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine Aktiengesellschaft erhob gemäß §102 PatG beim Patentamt Einspruch gegen eine Patenterteilung und beantragte unter Entrichtung der Gebühr von € 210,– (§28 Abs1 Z1 PAG) die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor der Technischen Abteilung des Patentamts. Diese wies den Einspruch ab und hielt das angegriffene Patent in vollem Umfang aufrecht, ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Den in der Folge gestellten Antrag der Aktiengesellschaft auf Rückzahlung der Gebühr wies die Technische Abteilung ab. Dagegen erhob die Aktiengesellschaft Rekurs an das Oberlandesgericht Wien mit der Begründung, dass der Beschluss auf der Anwendung einer gleichheitswidrigen Bestimmung beruhe. Daraufhin stellte das Oberlandesgericht Wien den vorliegenden Antrag, die Verfassungsmäßigkeit von §28 Abs1 Z1 PAG zu prüfen.

2.       Die Bundesregierung hat zu diesem Antrag eine Äußerung erstattet, in der sie die Ansicht vertritt, dass der Hauptantrag zu weit gefasst sei, gegen die Zulässigkeit des Eventualantrags aber keine Bedenken bestünden. Die Bundesregierung teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichts nicht und stellt den Antrag, die angefochtene Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufzuheben.

IV.      Erwägungen

1.       Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl. VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016).

1.2. Die Bundesregierung vertritt in ihrer Äußerung die Auffassung, dass der Anfechtungsumfang des Hauptantrags, nämlich §28 Abs1 Z1 PAG zur Gänze aufzuheben, zu weit gefasst sei, da damit nicht nur die Gebühr für einen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung in einem Einspruchsverfahren vor der Technischen Abteilung, sondern auch in einem Verfahren vor der Rechtsabteilung (markenrechtliches Widerspruchsverfahren; Einspruch gegen den Antrag auf Eintragung einer Bezeichnung als geografische Angabe oder Ursprungsbezeichnung) wegfallen würde. Da keinerlei Zweifel an einer unterschiedlichen Handhabung des Rechts auf eine mündliche Verhandlung im Widerspruchsverfahren einerseits und im Einspruchsverfahren andererseits bestünden, wäre es überschießend, die Bestimmung auch hinsichtlich der Verfahren vor der Rechtsabteilung zu beseitigen. Gegen die Zulässigkeit des Eventualantrags sprechende Gründe seien der Bundesregierung hingegen nicht ersichtlich.

1.3. Die Rechtsansicht der Bundesregierung trifft zu: Der Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes liegt in der Bestimmung, mit der die Verfahrensgebühr für einen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor der Technischen Abteilung festgelegt ist. Nur diese Bestimmung ist vom Oberlandesgericht Wien anzuwenden. Die Bestimmung, mit der die Verfahrensgebühr für einen Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor der Rechtsabteilung geregelt wird, ist hingegen nicht präjudiziell. Die beiden in §28 Abs1 Z1 PAG festgeschriebenen Bestimmungen sind dadurch offensichtlich trennbar, dass der Anfechtungsumfang auf die Wortfolge "oder der Technischen Abteilung" in §28 Abs1 Z1 PAG eingeschränkt wird. Hinsichtlich dieser Wortfolge erweist sich der Antrag als zulässig. Im Übrigen ist er – weil zu weit gefasst – zurückzuweisen.

2.       In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl. VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Das Oberlandesgericht Wien legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, wie folgt dar:

       "10. Die Materiengesetze zu den Aufgabengebieten der jeweiligen Abteilungen des Patentamts behandeln das Antragsrecht auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung unterschiedlich: Gemäß §103 Abs2 PatG kann der Vorsitzende (der Technischen Abteilung) im patentrechtlichen Einspruchsverfahren, wenn er dies im Einzelfall zur Entscheidung über den Einspruch für erforderlich hält, auf Antrag oder von Amts wegen eine mündliche Verhandlung anberaumen. Nach §29b Abs2 MSchG hat das rechtskundige Mitglied im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren über Antrag einer Partei eine mündliche Verhandlung anzusetzen und durchzuführen.

       11. Mag in den genannten Verfahren die unterschiedliche Handhabung des Rechts auf eine mündliche Verhandlung denkbarer Weise gerechtfertigt sein, kommt es jedoch durch die Wortfolge in §28 Abs1 Z1 PAG 'vor der Rechtsabteilung oder der Technischen Abteilung' in Bezug auf den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und der damit zu entrichtenden Gebühr zu einer unsachlichen Differenzierung und Ungleichbehandlung. Hat ein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor der Rechtsabteilung – wie oben aufgezeigt – zur Folge, dass eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (obwohl das Widerspruchsverfahren schnell abgewickelt werden soll; vgl Kucsko, MSchG3 §29b Anm 8), und der Verfahrensgebühr steht demnach ein Leistungsäquivalent gegenüber, so ist dies bei einem Antrag an die Technische Abteilung – wie im konkreten Fall – nicht der Fall, weil §28 Abs1 Z1 PAG vorsieht, dass im Einspruchsverfahren nach §103 PatG die Gebühr für den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor der Technischen Abteilung zu zahlen ist, auch wenn und obwohl der Vorsitzende die Entscheidung, ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, in beide Richtungen unabhängig von einem Antrag treffen kann, und zwar je nach dem, ob er sie für erforderlich hält oder nicht.

       Für diese Differenzierung gibt es aus Sicht des Rekursgerichts keine sachliche Rechtfertigung und sie verstößt daher gegen Art7 B-VG.

       12. Die Ungleichbehandlung ergibt sich auch daraus, dass Antragsteller, die im Widerspruchsverfahren nach §103 PatG keinen Antrag stellen, in einer von Amts wegen anberaumten mündlichen Verhandlung vortragen können, ohne eine Gebühr zahlen zu müssen; hingegen können Antragsteller, die einen Antrag gestellt haben, nur mit Zahlung einer Gebühr in einer Verhandlung vortragen und überdies nur dann, wenn der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für erforderlich hält.

       13. Wegen der Irrelevanz sowohl des Antrags als auch des Fehlens eines Antrags für die Entscheidung des Vorsitzenden, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, ist die in den EB formulierte 'prohibitive Wirkung' der Gebühr auch denkunmöglich.

       Das Oberlandesgericht Wien hält die Verpflichtung, allein für den Antrag eine Gebühr zu zahlen, wobei weder der Antrag noch sein Fehlen die Behörde in irgend einer Richtung bindet, für in gleichheitswidriger Weise unsachlich und erachtet damit den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers als überschritten. Die Verpflichtung, für den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren nach §102 ff PatG eine Gebühr zu zahlen, hält das Oberlandesgericht Wien daher für verfassungswidrig."

(Wiedergabe ohne die Hervorhebungen im Original)

2.3. Die Bundesregierung hält dem – kurz zusammengefasst – entgegen, dass die an das Patentamt zu zahlende Gebühr für einen Antrag gemäß §103 Abs2 PatG auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine Abgabe sei, die für eine konkrete Inanspruchnahme einer staatlichen Leistung zu entrichten sei. Ein solcher Antrag würde nämlich insofern zu einem Mehraufwand führen, als der Antrag zu überprüfen und die Nichtdurchführung der mündlichen Verhandlung zu begründen sei. Eine strenge Äquivalenz, in dem Sinn, dass die Gebühr dem beim Patentamt verursachten Aufwand entsprechen müsse, sei nicht erforderlich (VfSlg 19.590/2011 mwN).

2.4. Der Verfassungsgerichtshof hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach dem Gesetzgeber bei der Festsetzung und Bemessung von Gerichtsgebühren ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zusteht und es dem Gesetzgeber freisteht, im Hinblick auf Kostenwahrheit und das Verursacherprinzip Gebühren für die Inanspruchnahme der Gerichte vorzusehen (vgl. VfSlg 19.590/2011). Auch darf der Gesetzgeber bei der Regelung von Gerichtsgebühren von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und an leicht feststellbare äußere Merkmale sachgerecht anknüpfen (vgl. VfSlg 11.751/1988). Dem Gesetzgeber steht es auch frei, bei der Bemessung von Gerichtsgebühren Gesichtspunkte der Verwaltungsökonomie zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 19.487/2011).

Der Verfassungsgerichtshof bleibt auch bei seiner Rechtsprechung, wonach bei Gerichtsgebühren eine strenge Äquivalenz im Einzelfall in dem Sinn, dass die Gebühren dem bei Gericht verursachten Aufwand entsprechen müssten, nicht erforderlich ist (vgl. etwa VfSlg 11.751/1988, 18.070/2007).

2.5. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung liegt eine Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung nicht vor:

2.5.1. Das Oberlandesgericht Wien beantragt die Aufhebung von §28 Abs1 Z1 PAG, also die die Gebühren betreffende Bestimmung – und nicht des §103 Abs2 PatG. Es sei eine unsachliche Differenzierung, dass bei einer Antragstellung gemäß §29b Abs2 MSchG eine Verhandlung durchgeführt und damit eine Leistung für die Bezahlung der Antragsgebühr gemäß §28 Abs1 Z1 PAG erfolgt, während das bei einer Antragstellung gemäß §103 Abs2 PatG nicht immer der Fall sei. Trotz Bezahlung der Gebühr könne im Einspruchsverfahren der Vorsitzende nämlich von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn er eine solche nicht für erforderlich halte, mit der Konsequenz, dass – wie im Anlassverfahren – der bezahlten Gebühr keine "Leistung" (in Gestalt einer Verhandlung) entspräche.

Das Oberlandesgericht Wien geht also davon aus, dass bei einer Antragstellung gemäß §103 Abs2 PatG gegebenenfalls der Gebühr überhaupt keine Leistung entsprechen könnte. Aber diese Annahme trifft nicht zu. Ein Antrag gemäß §103 Abs2 PatG auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung führt nämlich auch dann zu einem Mehraufwand der Behörde, wenn ihm nicht entsprochen und keine Verhandlung durchgeführt wird. Denn §103 Abs2 PatG verpflichtet die Behörde zwar nicht, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Wenn aber eine derartige Amtshandlung beantragt wird, hat die Behörde zu begründen, warum sie eine Verhandlung nicht für erforderlich hält, wenn sie diesem Antrag nicht entspricht (VwSlg. 9543 A/1978, VwGH 19.9.1989, 88/08/0209).

2.5.2. Auch die in Pkt. 12 des Prüfungsantrags behauptete Gleichheitswidrigkeit trifft nicht zu. Das maßgebliche Kriterium für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist deren Erforderlichkeit im Sinne des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit; erfordert diese es, ist eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Die Möglichkeit einer Partei, sich in dieser Verhandlung zu äußern, kann nicht davon abhängen, ob diese Partei die Gebühren in der gesetzlichen Höhe von € 210,–entrichtet hat oder nicht. Unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes stellt sich dabei keine Frage der Gleichheitswidrigkeit.

2.5.3. Aus diesem Grund braucht auf das in Pkt. 13 des Antrags formulierte Argument des Oberlandesgerichtes Wien, dass wegen der Irrelevanz des Antrags auf eine mündliche Verhandlung die in den parlamentarischen Materialien formulierte "prohibitive Wirkung" der Gebühr denkunmöglich sei, nicht weiter eingegangen zu werden.

V.       Ergebnis

1.       Die ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "oder der Technischen Abteilung" in §28 Abs1 Z1 PAG erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.

Im Übrigen, also hinsichtlich der Wortfolge "1. den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor der der Rechtsabteilung ... 210 Euro", ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

2.       Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Patentrecht, Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, Rechtsstaatsprinzip, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:G97.2017

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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