TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/16 LVwG-AV-883/001-2017

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Veröffentlicht am 16.02.2018
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Entscheidungsdatum

16.02.2018

Norm

BAO §101 Abs1
KanalG NÖ 1977 §5
KanalG NÖ 1977 §5b
KanalG NÖ 1977 §13
KanalG NÖ 1977 §14

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des Herrn GM und der Frau EN, beide wohnhaft in ***, ***, vom 27. Juni 2017 gegen einen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 1. Juni 2017, mit welchem eine Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 4. April 2017, Steuernummer ***, betreffend die Neufestsetzung der jährlichen Kanalbenützungsgebühr für die Liegenschaft *** ab 1. Dezember 2016, als unbegründet abgewiesen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

1. zu Recht erkannt:
Der Beschwerde des GM wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert: Die jährliche Kanalbenützungsgebühr für die Liegenschaft *** wird ab 1. Jänner 2017 im Betrag von € 843,32 festgesetzt. Die Gebühr ergibt sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche von 299,05 m² und dem Einheitssatz von € 2,82.

2. und Folgendes beschlossen:
Die Beschwerde der EN wird als unzulässig eingebracht zurückgewiesen.

3. Gegen dieses Erkenntnis (Spruchpunkt 1) und gegen diesen Beschluss (Spruchpunkt 2) ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 260, 278, 279 iVm 288 Abs. 1 BAO

Art. 133 Abs. 4, Art. 133 Abs. 9 B-VG

§ 25a VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Sachverhalt und bisheriges Verfahren:

Herr GM und Frau EN (in der Folge: Beschwerdeführer) sind je zur Hälfte Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft in ***, *** (KG ***, GSt.Nr. .***). Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 17. September 2015, TZ ***, wurde die Einverleibung des geteilten Eigentumsrechtes der beiden Beschwerdeführer ob der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft im Grundbuch der KG *** bewilligt.

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2016 meldeten die Beschwerdeführer der Baubehörde die Fertigstellung eines mit Bescheid der Baubehörde vom 5. Juni 2009 bewilligten Zu- und Umbaus des bestehenden Wohnhauses.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 4. April 2017, Steuernummer ***, wurde den Beschwerdeführern die jährliche Kanalbenützungsgebühr für die Liegenschaft *** ab 1. Dezember 2016 neu festgesetzt. Für die Benützung des öffentlichen Schmutzwasserkanals wurde ein Jahresbetrag von € 927,60 (zuzüglich Umsatzsteuer) festgesetzt. Der Vorschreibung zugrunde gelegt wurden die Berechnungsfläche von 299,05 m² für das bestehende Wohnhaus nach dem Umbau sowie ein Einheitssatz von € 3,102.

Die einzige Bescheidausfertigung dieses Bescheides wurde im Spruch (unter „Zurechnung“) an beide Beschwerdeführer adressiert, enthielt einen Hinweis auf die Rechtsfolge des § 101 BAO und wurde nachweislich am 7. April 2017 zugestellt.

Mit Schreiben vom 30. April 2017 erhoben beide Beschwerdeführer gemeinsam gegen diesen Abgabenbescheid das ordentliche Rechtsmittel der Berufung.

Bezweifelt wurde die Richtigkeit der durchgeführten Berechnung, diese entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Regenwässer würden nicht in den öffentlichen Kanal eingeleitet, sondern zur Bewässerung des Gartens verwendet.

Diese Berufung wurde vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** in seiner Sitzung vom 29. Mai 2017 behandelt. Dabei wurde vom Stadtrat eine Berufungsentscheidung entsprechend einem dem Sitzungsprotokoll angeschlossenen Bescheidkonzept beschlossen. Mit dieser am 1. Juni 2017 ausgefertigten Berufungsentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde ausgeführt, dass eine jährliche Kanalbenützungsgebühr für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage zu entrichten sei. Die Berechnungs?äche ergebe sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoß?ächen. Die Geschoß?äche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile werde nicht berücksichtigt. Eine auf Grund von Veränderungen festgestellte niedrigere oder höhere Gebühr sei ab dem Monatsersten des dem Tag des Eintritts der Veränderung zunächst folgenden Monats zu entrichten. Für die gegenständliche Liegenschaft sei die Ableitung von Schmutz- und Regenwasser baurechtlich bewilligt. Eine Flächenerweiterung sei im Umfang der Baubewilligung vom 5. Juni 2009 umgesetzt worden. Die Fertigstellung sei im Dezember 2016 angezeigt worden. Keller-, Erd- und Obergeschoß seien an den Schmutzwasserkanal angeschlossen, bei der Gebührenberechnung sei die Fläche von Erdgeschoß und Obergeschoß berücksichtigt, die Fläche des Kellergeschoßes dagegen nicht berücksichtigt worden. Die höhere Benützungsgebühr sei ab Dezember 2016 festgelegt worden, da in diesem Monat die Fertigstellung angezeigt worden sei. Die Anwendung eines um 10 Prozent höheren Einheitssatzes ergebe sich aus dem Umstand, dass nach den baurechtlichen Festlegungen die Ableitung in den Regenwasserkanal vorgesehen sei.

Die Bescheidausfertigung war adressiert an „EN und GM“ und enthielt keinen Hinweis auf die in § 101 Abs. 1 BAO vorgesehene Rechtsfolge. Die Zustellung der einzigen Bescheidausfertigung wurde verfügt an „EN und GM“ per Adresse ***, ***. Die Bescheidausfertigung wurde am 8. Juni 2017 beim Postamt *** hinterlegt. Am 21. Juni 2017 wurde die Sendung beim Postamt *** behoben. Herr GM bestätigte die Übernahme des Schriftstückes mit seiner Unterschrift auf dem RSb-Rückschein.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die gemeinsame Beschwerde von EN und GM vom 27. Juni 2017.

In der Begründung wird vorgebracht, dass die Beschwerdeführer seit 2015 Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft seien.

Beim Zubau handele es sich um eine Garage und einen Lagerraum. Die Garage sei nicht über das Wohnhaus zu erreichen, der Lagerraum hätte ursprünglich mit einem Wasseranschluss und einem Abwasseranschluss ausgestattet werden sollen, diese Anschlüsse seien aber nie ausgeführt worden. Garage und der Lagerraum seien tatsächlich nicht an das Kanalsystem angeschlossen.

Die Regenwässer würden nicht in den Schmutzwasserkanal eingeleitet, sondern seien schon beim Kauf des Hauses in den Garten geleitet worden.

Zudem liege ein Härtefall im Sinne des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 vor.

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. „die Abgabe den tatsächlichen Verhältnissen“ anzupassen, in eventu die Abgabe nach § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 festzusetzen.

Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich seitens der Stadtgemeinde *** am 18. Juli 2017 unter Anschluss des bezughabenden Abgabenaktes zur Entscheidung vorgelegt.

Am 29. Jänner 2018 wurde vom Landesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung mit Ortsaugenschein auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft im Beisein beider Beschwerdeführer sowie eines Vertreters der belangten Behörde durchgeführt.

2.   Feststellungen:

Aufgrund der von der belangten Behörde vorgelegten unbedenklichen und ins Beweisverfahren einbezogenen Verwaltungsakten, aufgrund der schriftlichen Ausführungen der Beschwerdeführer sowie aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung konnte Folgendes festgestellt werden:

Der angefochtene Berufungsbescheid war adressiert an „EN und GM“ und enthielt keinen Hinweis auf die in § 101 Abs. 1 BAO vorgesehene Rechtsfolge. Die Zustellung der einzigen Bescheidausfertigung wurde verfügt an „EN und GM“ per Adresse ***, ***.

Die Bescheidausfertigung wurde am 8. Juni 2017 beim Postamt *** hinterlegt. Am 21 Juni 2017 wurde die Sendung beim Postamt *** behoben.

Herr GM bestätigte die Übernahme des Schriftstückes mit seiner Unterschrift auf dem RSb-Rückschein.

Für die gegenständliche Liegenschaft *** wurde den nunmehrigen Eigentümern eine jährliche Kanalbenützungsgebühr ab 1. Dezember 2016 mit Abgabenbescheid vom 4. April 2017 vorgeschrieben. Für die Benützung des öffentlichen Schmutzwasserkanals wurde ein Jahresbetrag von € 927,60 (zuzüglich Umsatzsteuer) festgesetzt. Der Vorschreibung zugrunde gelegt wurden die Berechnungsfläche von 299,05 m² für das bestehende Wohnhaus sowie ein wegen Einheitssatz von € 3,102. Anlass der Vorschreibung war die Änderung der Berechnungsfläche infolge Fertigstellung eines baubewilligten Um- und Zubaus zum Wohnhaus im Dezember 2016.

Das bestehende Wohngebäude wurde erweitert um einen Zubau zum Wohnzimmer, mit Durchbruch zum bestehenden Wohnzimmer. An die bestehende Garage wurde straßenseitig ein Zubau errichtet, in welchem sich ein Handwaschbecken mit Anschluss an Kanal und Wasserleitung befindet. Gartenseitig wurde an die Garage ein Lagerraum angebaut, in welchem sich – entgegen dem Einreichplan – keinerlei sanitäre Anlagen befinden. Aus der ursprünglich bestehenden Garage führt eine Stiege in den Keller. Im Keller befindet sich ein Bad (Dusche, Handwaschbecken) mit Anschlüssen an Kanal und Wasserleitung. Das Obergeschoß ist ebenfalls an Kanal und Wasserleitung angeschlossen. Es sind daher drei Geschoße an Kanal und Wasserleitung angeschlossen. Das von den Abgabenbehörden der Flächenberechnung zu Grunde gelegte tatsächliche Ausmaß der Geschoßflächen, wie sie dem nunmehr bekämpften Bescheid zu Grunde gelegt wurden, ist unstrittig.

Das Regenwasser wird in eine Zisterne bzw. in den Garten abgeleitet. Bereits im Dezember 2016 bestand keine Möglichkeit, dass Regenwässer in den öffentlichen Kanal gelangen.

3.   Anzuwendende Rechtsvorschriften:

3.1. Bundesabgabenordnung – BAO:

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 101. (1) Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere Personen gerichtet, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden oder die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, und haben diese der Abgabenbehörde keinen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten bekanntgegeben, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an eine dieser Personen die Zustellung an alle als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

         a)       nicht zulässig ist oder

         b)       nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

         a)       weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen
          (§ 260) noch

         b)       als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 281. (1) Im Beschwerdeverfahren können nur einheitliche Entscheidungen (Beschwerdevorentscheidungen, Erkenntnisse und gemäß § 278 aufhebende Beschlüsse) getroffen werden. Sie wirken für und gegen die gleichen Personen wie der angefochtene Bescheid.

(…)

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

3.2. NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230:

§ 1a Begriffe

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als

6. Geschoßfläche:

die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschoßes ergebende Fläche. (…)

7. Gebäudeteil:

ein Gebäudeteil ist ein vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke. Räume innerhalb eines Gebäudeteils gelten auch dann als eigener Gebäudeteil, wenn bis zur obersten Decke durchgehende Wände nicht vorhanden sind.

§ 5 Kanalbenützungsgebühr

(1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.

(2) Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfrachtbezogenen Gebührenanteiles. Dieser wird nur dann berücksichtigt, wenn die eingebrachte Schmutzfracht den Grenzwert von 100 Berechnungs-EGW überschreitet.

Werden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutzwässer und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelangt in diesem Fall ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung.

(3) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. Angeschlossene Kellergeschoße werden jedoch dann berücksichtigt, wenn eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ausgenommen Lagerräume, die mit einem Unternehmen im selben Gebäude in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.

(…)

§ 5b Vermeidung von Härtefällen

(1) Ergibt sich bei der Berechnung der Kanalbenützungsgebühr ein offensichtliches Mißverhältnis, zwischen der berechneten Höhe und dem verursachten Kostenaufwand, so ist die Kanalbenützungsgebühr entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme, unter Berücksichtigung der sonst in der Gemeinde zu entrichtenden Kanalbenützungsgebühren höchstens jedoch um 80 % zu vermindern.

(2) Ein offensichtliches Mißverhältnis im Sinne des Abs. 1 liegt jedenfalls vor, wenn die Schmutzfracht pro 300 m2 Berechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als ein EGW ist.

(3) Eine Verminderung der Kanalbenützungsgebühr kommt nur dann in Betracht, wenn die Berechnungsfläche mehr als 700 m2 beträgt.

§ 13 Veränderungsanzeige

(1) Treten nach Zustellung der Abgabenentscheidung derartige Veränderungen ein, daß die der seinerzeitigen Festsetzung der Kanalerrichtungsabgabe und Kanalbenützungsgebühr oder der Fäkalienabfuhrgebühr zugrunde gelegten Voraussetzungen nicht mehr zutreffen, so hat der Abgabepflichtige diese Veränderungen binnen zwei Wochen nach dem Eintritt der Veränderung bzw. nach dem Bekanntwerden derselben dem Bürgermeister (Bürgermeister) schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

(2) Eine auf Grund einer im Abs. 1 genannten Veränderung festgestellte niedrigere oder höhere Gebühr (§ 14 Abs. 1 lit. c) ist, soferne sich nicht aus § 12 etwas anderes ergibt, ab dem Monatsersten des dem Tage des Eintrittes der Veränderung zunächst folgenden Monates zu entrichten.

§ 14 Abgabenbescheid

(1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:

         b)       die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);

         c)       Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit.b festgesetzten Gebühren;

(…)

(3) Die in der Abgabenentscheidung festgesetzte Kanalbenützungsgebühr oder Fäkalienabfuhrgebühr ist so lange zu entrichten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht.

(4) Der Abgabenbescheid nach Abs. 1 lit.c ist insbesondere auf Grund einer im § 13 Abs. 1 genannten Veränderung, ferner bei Änderung der Einheitssätze, bei der Fäkalienabfuhr auch bei Änderung des Einsammlungsplanes zu erlassen.

3.3. Kanalabgabenordnung der Stadtgemeinde ***:

Gemäß § 5 der Kanalabgabenordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde *** ist der Einheitssatz zur Berechnung der Kanalbenützungsgebühr mit € 2,82 festgesetzt.

3.4. Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG:

Artikel 133.

(…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

(…)

(9) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision erhoben werden kann, bestimmt das die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz.

3.5. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

4.   Würdigung:

4.1. Zu Spruchpunkt 1:

Wie unter 4.2. näher dargestellt, wurde der angefochtene Berufungsbescheid nur gegenüber von Herrn GM wirksam erlassen.

Seine Beschwerde erweist sich als zulässig und fristgerecht eingebracht.

Mit der angefochtenen Berufungsentscheidung wurde über die Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 4. April 2017 inhaltlich – durch Abweisung der Berufung – abgesprochen.

Die Neufestsetzung der Kanalbenützungsgebühr für die Liegenschaft *** ab 1. Dezember 2016 im Jahresbetrag von € 927,60 wurde bestätigt.

Gemäß § 14 Abs. 4 NÖ Kanalgesetz 1977 ist ein Abgabenbescheid über eine Änderung der Kanalbenützungsgebühren zu erlassen auf Grund einer Veränderung der Berechnungsflächen, ferner bei Änderung der Einheitssätze.

Wie festgestellt werden konnte, haben sich die Berechnungsflächen im Dezember 2016 verändert.

Gemäß § 13 Abs. 2 NÖ Kanalgesetz 1977 ist eine auf Grund einer Veränderung der Berechnungsfläche festgestellte niedrigere oder höhere Gebühr ab dem Monatsersten des dem Tage des Eintrittes der Veränderung zunächst folgenden Monates zu entrichten.

Die Neufestsetzung hat daher ab dem auf die Veränderung nächstfolgenden Monatsersten, somit ab dem 1. Jänner 2017, zu erfolgen.

Im Übrigen ist das Bestehen einer Abgabenschuld nicht dem Grunde nach, sondern ausschließlich der Höhe nach strittig. Dabei ist auch das von den Abgabenbehörden angenommene Ausmaß der tatsächlichen Gebäudeflächen nicht strittig, sondern die Frage, inwieweit der von den Abgabenbehörden in die Berechnung einbezogene Gebäudebereich der ans Wohnhaus angebauten Garage sowie des anschließenden Lagerraums für die Geschoßfläche im Erdgeschoß zu berücksichtigen ist.

Gemäß § 5 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 ergibt sich die Berechnungsfläche für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühr aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt.

Nach § 1a Z 7 NÖ Kanalgesetz 1977 ist ein Gebäudeteil ein vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennter Teil mit einer Nutzung als Garage, als gewerblicher oder industrieller Lager- oder Ausstellungsraum oder mit einer Nutzung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke.

Für die Qualifikation eines Gebäudeteiles im Sinne des § 1a Z. 7 NÖ Kanalgesetz 1977 maßgeblich ist daher zunächst die bauliche Gestaltung. Dafür ist eine bestimmte bauliche Trennung des Gebäudeteils erforderlich. Der Gebäudeteil muss vom übrigen Gebäude durch eine bis zu seiner obersten Decke durchgehende Wand getrennt sein.

Wie der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgesprochen hat (vgl. z.B. Erkenntnis vom 17. April 2000, Zl. 99/17/0262, Erkenntnis vom 25. Juni 2002, Zl. 2002/17/0048) kann schon im Hinblick auf das Vorhandensein von Durchbrüchen in den Verbindungswänden nicht mehr vom Vorliegen einer durchgehenden Wand gesprochen werden.

Vorhandene Durchgänge zwischen zwei Gebäudetrakten schließen das Vorliegen eines Gebäudeteiles im Verständnis des § 1a Z 7 des NÖ Kanalgesetzes 1977 aus (vgl. abgesehen von den bereits oben zitierten Erkenntnissen jene vom 20. November 2002, 2002/17/0155, vom 20. März 2003, 2002/17/0276, vom 17. Oktober 2003, 2003/17/0224, vom 9. Mai 2012, 2011/17/0284, sowie den Beschluss vom 9. Oktober 2015, Ra 2015/16/0092).

Der Beurteilung einer Wand als "durchgehend" steht somit entgegen, wenn diese an einzelnen Stellen Öffnungen (Durchgänge, z.B. Türen, Fenster) aufweist.

Aufgrund des im Zuge der Verhandlung durchgeführten Ortsaugenscheines bzw. aufgrund der von der belangten Behörde vorgelegten unbedenklichen und ins Beweisverfahren einbezogenen Aktenunterlagen hat das Verwaltungsgericht keine Zweifel am festgestellten Sachverhalt.

Aus den im Ermittlungsverfahren getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die angebaute Garage, in der sich auch ein Kanalanschluss befindet, mit einem Durchgang zum Lagerraum verbunden ist. Aus der ursprünglich bestehenden Garage führt auch eine Stiege in den Keller des Wohnhauses. Im Keller befindet sich ein Bad (Dusche, Handwaschbecken) mit Anschlüssen an Kanal und Wasserleitung.

Diese bestehenden Verbindungen, somit das Fehlen der erforderlichen baulichen Trennung, sowie der bestehende Kanalanschluss schließen daher im gegenständlichen Fall eine Qualifikation des Garagenbereiches als Gebäudeteil im Sinne des § 1a Z.7 NÖ Kanalgesetz 1977 von vorneherein aus, dies selbst bei Vorliegen einer begünstigten Nutzung. Die Einbeziehung dieser Fläche in die Geschoßfläche des verbundenen Erdgeschoßes entspricht im gegenständlichen Fall dem NÖ Kanalgesetz 1977.

Auch sonst sind keine Gebäudebereiche ersichtlich, welche den Kriterien des § 1a Z.7 NÖ Kanalgesetz 1977 entsprechen würden. Insbesondere weisen der mit der Garage verbundene Lagerraum ebenso wie der Zubau zum Wohnzimmer nicht die für eine Begünstigung als Gebäudeteil erforderliche Nutzung auf.

Die Geschoßfläche des angeschlossenen Erdgeschoßes wurde daher zurecht mit 211,19 m², unter Einbeziehung der verbundenen Garage samt Lagerraum sowie unter Einbeziehung des verbundenen Wohnzimmerzubaus angenommen.

Die Geschoßfläche des angeschlossenen Obergeschoßes wurde unbestritten mit 87,86 m² angenommen. Die Gesamtberechnungsfläche, da das angeschlossene Kellergeschoß gemäß § 5 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 nicht zu berücksichtigen ist, beträgt daher 299,05 m² (211,19 m² + 87,86 m²).

Gemäß § 5 Abs. 2 NÖ Kanalgesetz 1977 errechnet sich die Kanalbenützungsgebühr aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz.

Werden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutzwässer und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelangt in diesem Fall ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung.

Wie festgestellt werden konnte, werden von der gegenständlichen Liegenschaft keine Niederschlagswässer in den Kanal eingeleitet. Der Einheitssatz ist daher nicht um 10 % zu erhöhen. Es ist der gemäß § 5 der Kanalabgabenordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde *** festgesetzte Einheitssatz von € 2,82 zur Berechnung der Kanalbenützungsgebühr (ohne die Erhöhung gemäß § 5 Abs. 2, zweiter Satz NÖ Kanalgesetz 1977) anzuwenden.

Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche von 299,05 m² und dem Einheitssatz von € 2,82 mit dem Jahresbetrag von € 843,32 (zuzüglich Umsatzsteuer).

Eine weitere Verminderung der Kanalbenützungsgebühr gemäß § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 kommt im gegenständlichen Fall schon aus dem Grunde des § 5b Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 nicht in Betracht, da die Berechnungsfläche nicht mehr als 700 m² beträgt.

Der Beschwerde von Herrn GM war gemäß Spruchteil 1 zu folgen.

Dieses Erkenntnis (Spruchteil 1) wirkt gemäß § 281 Abs.1 BAO (iVm § 288 Abs. 1 BAO) für alle Adressaten des erstinstanzlichen Abgabenbescheides, somit auch für Frau EN.

4.2. Zu Spruchpunkt 2:

Zur Adressierung des angefochtenen Berufungsbescheides an beide Beschwerdeführer ist festzuhalten, dass schon deshalb kein Fall des § 101 Abs. 1 Bundesabgabenordnung vorliegt, weil die einzige Ausfertigung der Erledigung des Stadtrates keinen Hinweis auf die in der zitierten Norm vorgesehene Rechtsfolge enthielt. Im angefochtenen Berufungsbescheid wurde auf die gemäß § 101 Abs. 1 Bundesabgabenordnung vorgesehene Rechtsfolge nicht hingewiesen.

Ergeht ein inhaltlich einheitlicher Bescheid gegenüber mehreren Adressaten, wird jedoch den Erfordernissen des § 101 Abs. 1 Bundesabgabenordnung nicht entsprochen, so kann der Bescheid nur jedem Adressat gegenüber einzeln mit der Zustellung einer eigenen Ausfertigung an diesen in Wirksamkeit treten.

Das Recht gegen einen solchen Bescheid ein Rechtsmittel einzubringen steht diesfalls auch nur jenem Adressat zu, an den der Bescheid wirksam zugestellt wurde.

Zur wirksamen Zustellung des Bescheides gegenüber beiden wäre es erforderlich gewesen, die Zustellung je einer Ausfertigung an jeden der beiden Bescheidadressaten zu verfügen oder in der einzigen Bescheidausfertigung auf die in § 101 Abs. 1 Bundesabgabenordnung enthaltene Rechtsfolge hinzuweisen (vgl. VwGH 24.5.1996, 94/17/0320, 0321).

Das Zustellgesetz sieht die Adressierung einer Sendung an verschiedene Adressaten nicht vor (vgl. § 13 Abs. 1 Zustellgesetz: „Die Sendung ist dem Empfänger … zuzustellen.“), doch hindert eine derartige Vorgangsweise noch nicht von Haus aus die Wirksamkeit der Zustellung an eine der in der Anschrift genannten Personen (vgl. VwGH 10.10.1991, 91/06/0090, 27.6.1995, 94/04/0206; 24.5.1996, 94/17/0320).

Zur wirksamen Erlassung des angefochtenen Bescheides durch Zustellung gegenüber beiden Beschwerdeführern wäre es daher - mangels eines Hinweises gemäß § 101 Abs. 1 Bundesabgabenordnung - erforderlich gewesen, abweichend von der materiellen Adressierung an beide Beschwerdeführer die Zustellung je einer Bescheidausfertigung an jeden von ihnen einzeln zu verfügen und durchzuführen.

Da eine einzige Ausfertigung eines Bescheides nicht für zwei Adressaten bestimmt sein kann, vermochte die formelle Adressierung des Berufungsbescheides an beide Beschwerdeführer allenfalls für einen von ihnen Wirksamkeit zu entfalten.

Wie sich aus der bloß alternativen Wirksamkeit einer Zustellverfügung mit mehreren Empfängern (Kuvertadressaten) ergibt, erfolgt eine wirksame Zustellung nur gegenüber jenem der beiden Kuvertadressaten, dem das Schriftstück als Erstem tatsächlich zukommt. Nur dieser Vorgang ist einem Verhalten der Behörde zurechenbar. Eine Weitergabe der einzigen Bescheidausfertigung an den zweiten Kuvertadressaten vermag diesem gegenüber eine Zustellung nicht zu bewirken.

Im gegenständlichen Fall wurde die Zustellung der einzigen Ausfertigung des Berufungsbescheides an beide Beschwerdeführer verfügt, auf die in § 101 Abs. 1 Bundesabgabenordnung enthaltene Rechtsfolge wurde in dieser Ausfertigung nicht hingewiesen.

Seitens der Behörde wurde eine nachweisliche Zustellung der einzigen Bescheidausfertigung verfügt, dokumentiert ist die persönliche Übernahme des Schriftstückes durch Herrn GM am 21. Juni 2017. Gegenüber von Herrn GM als Adressat der Berufungserledigung wurde damit die Zustellung der einzigen Ausfertigung auch wirksam vollzogen.

Es ist wohl unzweifelhaft, dass diese einzige Ausfertigung an Frau EN weitergegeben wurde und diese die einzige Bescheidausfertigung auch tatsächlich erhalten hat. Der Umstand, dass jemand in den Besitz einer Ausfertigung eines Bescheides kommt, ist jedoch von einer formellen Zustellung und damit wirksamen Erlassung des Bescheides zu unterscheiden. Eine Weitergabe der einzigen Bescheidausfertigung an den weiteren Bescheidadressaten vermag diesem gegenüber eine Zustellung nicht mehr zu bewirken.

Die Zustellung eines an zwei an derselben Adresse wohnhafte Personen adressierten Bescheides an einen der beiden muss dann als wirksam angesehen werden, wenn einer der beiden die Sendung persönlich als Empfänger übernommen hat. Eine Heilung des Zustellmangels gemäß § 7 Zustellgesetz bezüglich der Zustellung der Sendung an den anderen Adressaten scheidet aber aus, da die Sendung schon einem der darin genannten Adressaten zugekommen ist (VwGH 24.5.1996, 94/17/0320, in dem die Möglichkeit der Heilung einer ursprünglich nicht wirksamen Zustellung angenommen wird, wobei aber diese Heilung bei einem einzigen Schriftstück nur einem der Adressaten gegenüber eintreten kann; in gleicher Weise kommt eine Heilung dem zweiten Empfänger gegenüber nicht in Betracht, wenn die Zustellung bereits durch die Übernahme der Sendung durch einen der Adressaten als Empfänger diesem gegenüber wirksam geworden ist).

Eine Weitergabe der einzigen Bescheidausfertigung durch Herrn GM, dem diese Ausfertigung laut der von ihm unterschriebenen Empfangsbestätigung zuerst zugekommen ist, an Frau EN vermag dieser gegenüber eine Zustellung nicht mehr zu bewirken. Daraus folgt, dass die Zustellung des angefochtenen Berufungsbescheides durch persönliche Ausfolgung der einzigen Bescheidausfertigung an Herrn GM (laut Übernahmebestätigung) nur gegenüber diesem, nicht jedoch gegenüber Frau EN wirksam wurde.

Dies bedeutet, dass der angefochtene Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 1. Juni 2017 mangels wirksamer Zustellung gegenüber von Frau EN bisher nicht erlassen worden ist. Mangels eines ihr gegenüber erlassenen letztinstanzlichen Bescheides eines Gemeindeorganes fehlt es somit ihrer Beschwerde an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand.

Die Beschwerde von Frau EN erweist sich als unzulässig und war gemäß Spruchteil 2 mit Beschluss zurückzuweisen.

4.3. Zu Spruchpunkt 3 – Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 4.1. bzw. 4.2.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Kanalbenützungsgebühr; Berechnung; Verfahrensrecht; Zustellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.883.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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