TE Lvwg Erkenntnis 2018/1/31 LVwG-S-2983/001-2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

31.01.2018

Norm

AÜG §22 Abs1 Z2
VStG 1991 §31

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Dr. Köchle als Einzelrichterin über die Beschwerde der Frau MR, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Eva M. Schulze, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 15.09.2016, Zl. NKS2-V-16 14184/5, betreffend Bestrafung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 31 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

§ 32 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

§ 45 Abs. 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.       Verfahrensgang:

1.1  Verwaltungsbehördliches Verfahren:

Am 21.07.2015 führten Organe der Finanzpolizei (Finanzpolizei Team *** für das Finanzamt ***) auf einer Baustelle in ***, ***, eine Kontrolle durch, im Zuge derer vier ungarische Staatsangehörige angetroffen wurden, die auf der Baustelle eine Stalleinrichtung (Legevoliere/Einstreunest) montierten. Für die vier angetroffenen Arbeiter waren über das interne Datenregister der Finanzpolizei jeweils eine am 13.07.2015 erstatte „Meldung einer Entsendung nach Österreich gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG (im Folgenden: „ZKO3-Meldung“), abrufbar, in denen als Ort der Beschäftigung eine Adresse in ***, als Beginn der Entsendung der 20.07.2015 und als Arbeitgeberin die M Kft, ein Unternehmen mit Sitz in Ungarn, angegeben ist.

Aufgrund ihrer Ermittlungen vor Ort gingen die Organe der Finanzpolizei davon aus, dass keine Entsendung der vier ungarischen Arbeiter, sondern vielmehr eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung durch die M Kft. vorgelegen sei und dass daher keine ZKO3-Meldung, sondern eine Meldung einer Überlassung nach Österreich gem. § 17 Abs. 2 AÜG (im Folgenden: „ZKO4-Meldung“) hätte erstattet werden müssen.

Mangels Vorliegens von ZKO4-Meldungen für die vier angetroffenen Arbeiter erstattete die Finanzpolizei im Gefolge der Kontrolle vom 21.07.2015 eine am 23.02.2016 bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen eingelangte Anzeige gegen Frau JR als handelsrechtliche Geschäftsführerin der M Kft. In dieser Strafanzeige wurde als Delikt „Überlasser, Meldung nicht rechtzeitig erstattet, § 33 Abs. 1 Ziffer 1 erster Fall i.V.m. § 17 Abs. 2 Arbeitskräfteüberlassunge[setz]“ angeführt.

Neben dem dem nunmehr angefochtenen Bescheid vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegenden Strafantrag wegen des Verdachts, es seien erforderliche ZKO4-Meldungen nicht (rechtzeitig) durch die M Kft. erstattet worden, wurde anlässlich der Kontrolle der vier spruchgegenständlichen Arbeiter auf der im Bescheid genannten Baustelle zum einen ein weiterer gegen Frau JR als handelsrechtliche Geschäftsführerin der M Kft. gerichteter Strafantrag wegen des Verdachts des Nicht-Bereitstellens von Lohnunterlagen und damit Verletzung von § 7i Abs. 4 Z 2 iVm § 7d Abs. 2 AVRAG eingebracht.

Zum anderen brachte die Finanzpolizei Strafanträge gegen Herrn WS, den handelsrechtlichen Geschäftsführer jener österreichischen GmbH, von der die Finanzpolizei annahm, dass sie als Beschäftigerin der vier bei der Kontrolle angetroffenen ungarischen Arbeiter anzusehen sei, ein und zwar wegen des Verdachts, dieser habe es zu verantworten, dass die GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer er ist, als Beschäftigerin gegen § 17 Abs. 7 iVm § 22 Abs. 1 Z 2 AÜG und gegen § 7i Abs. 4 Z. 3 iVm § 7d Abs. 1 und 2 AVRAG verstoßen habe.

Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen als Verwaltungsstrafbehörde leitete daraufhin zunächst zwei Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn WS, den handelsrechtlichen Geschäftsführer der von der Finanzpolizei in ihrer Anzeige als Beschäftigerin qualifizierten österreichischen GmbH, ein.

Nachdem diese beiden gegen Herrn WS als Beschuldigten geführten Strafverfahren im Juli 2016 jeweils „in dubio pro reo“ eingestellt wurden (Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 04.07.2016, Zl. NKS2-V-16 17487/5 bzw. vom 05.07.2016, Zl. NKS2-V-16 14183/5), leitete die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen auf Grundlage der von der Finanzpolizei am 19.02.2016 erstatteten und am 23.02.2016 bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen eingelangten Strafanträge zwei unter getrennten Zahlen geführte Verwaltungsstrafverfahren gegen Frau JR als Geschäftsführerin der von der Finanzpolizei in ihrer Anzeige als Überlasserin qualifizierten M Kft. ein.

In dem hier gegenständlichen, bei der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen unter der Zahl NKS2-V-16 14184/5 geführten, die nicht (rechtzeitig) erfolgte ZKO-4-Meldung betreffenden Verfahren erging mit Schreiben vom 08.08.2016 die förmliche Aufforderung zur Rechtfertigung an Frau JR.

Der Wortlaut der Tatbeschreibung in der Aufforderung zur Rechtfertigung ist mit jener des nunmehr in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses (abgesehen davon, dass der letzter Satz der Tatbeschreibung in der Aufforderung zur Rechtfertigung – „Es wurde die erforderliche ZKO-Meldung nicht erstattet.“ in der Tatbeschreibung im Straferkenntnis nicht mehr enthalten ist und dass unter „Ort“ in der Auffordernung zur Rechtfertigung zusätzlich zu der auch im Straferkenntnis angegebenen Adresse in Klammer zusätzlich „Baustelle CH“ angeführt ist) ident.

Mit Schreiben vom 29.08.2016 erstattete Frau JR eine Stellungnahme, in der sie unter anderem vorbrachte, dass die vier spruchgegenständlichen Arbeiter ordnungsgemäß an die ZKO gemeldet worden seien. Es sei nicht möglich gewesen, die Arbeitnehmer eine Woche vorher anzumelden, da es sich um unaufschiebbare Arbeiten gehandelt habe, die kurzfristig zu erledigen gewesen wären.

Weiters führte Frau JR aus, sie sei zwar Geschäftsführerin der M Kft., habe aber ihrer Tochter, der nunmehrigen Beschwerdeführerin Frau MR, mit (der dieser Stellungnahme in Kopie und mit deutscher Übersetzung beigelegten Urkunde vom 08.08.2014) Generalvollmacht erteilt, weshalb diese die zur Vertretung der M Kft. nach außen befugte Person sei.

1.2  Angefochtener Bescheid:

In der Folge erließ die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen am 15.09.2016 das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis, Zl. NKS2-V-16 14184/5, in dem der Beschwerdeführerin, Frau MR, wörtlich Folgendes zur Last gelegt wird:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit: 13.7.2015 bis 23.2.2016

Ort: ***, ***, pol Gemeinde ***

Tatbeschreibung:

Sie haben es als Bevollmächtigte für die handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als bestellte verantwortliche Beauftragte des zur Vertretung nach außen berufene[n] Organ[s] (§ 9 Abs 2 VStG) der Firma M KFT mit Sitz in ***, ***, Ungarn und somit in Ihrer Eigenschaft als Überlasser, bei der Ausübung der bewilligungsfreien Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich verabsäumt, die unten angeführten Arbeitskräfte spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme in Österreich der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen zu melden.

Folgende Arbeitskräfte wurden beschäftigt/überlassen/entsandt:

- KD hat am 14.07.2015 07:30 Uhr mit der Arbeit Montage einer Stalleinrichtung in ***, ***, Niederösterreich begonnen

- AG hat am 14.07.2015 07:30 Uhr mit der Arbeit Montage einer Stalleinrichtung in ***, ***, Niederösterreich begonnen

- GK hat am 14.07.2015 07:30 Uhr mit der Arbeit Montage einer Stalleinrichtung in ***, ***, Niederösterreich begonnen

- SS hat am 14.07.2015 07:30 Uhr mit der Arbeit Montage einer Stalleinrichtung in ***, ***, Niederösterreich begonnen.

Sie sind dieser Meldeverpflichtung nicht nachgekommen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 22 Abs. 1 Ziffer 2 erster Fall i.V.m. § § 17Abs. 2 Arbeitskräfteüberlassungsge[setz.]“

Gestützt auf § 22 Abs. 1 Z. 2 erster Fall AÜG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 500,- Euro je Arbeitnehmer, also insgesamt 2.000,- Euro, verhängt und ihr ein Beitrag zu den Kosten des verwaltungsstrafbehördlichen Verfahrens in der Höhe von 200,- Euro vorgeschrieben, woraus sich ein Gesamtbetrag von insgesamt 2.200,- Euro ergibt.

Begründend wird im nunmehr in Beschwerde gezogenen Straferkenntnis im Wesentlichen angeführt, das Straferkenntnis stütze sich auf einen Strafantrag der Finanzpolizei, die bei ihren Recherchen betreffend die im Spruch genannte Baustelle zu dem Ergebnis gekommen sei, dass eine Arbeitskräfteüberlassung vorliege. Aufgrund der unklaren Situation auf der Baustelle sei die Verantwortlichkeit des Beschäftigers unklar. Tatsache sei jedoch, dass sich Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin auf der Baustelle aufgehalten hätten und deren Arbeitsleistungen auch abgegolten worden seien. Das von der Beschwerdeführerin im verwaltungsstrafbehördlichen Verfahren erstattete Vorbringen, in dem zugestanden worden sei, dass die Meldung nicht erstattet worden sei, es sich aber um dringende Arbeiten gehandelt habe, sei nicht geeignet gewesen, die Beschwerdeführerin zu entlasten.

1.3  Beschwerde und Stellungnahmen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Gegen dieses Straferkenntnis brachte die Beschwerdeführerin durch ihre anwaltliche Vertreterin rechtzeitig eine näher begründete, vollinhaltliche Beschwerde ein. In dieser machte die Beschwerdeführerin unter anderem geltend, dass der im Straferkenntnis als Tatzeit genannte Tatzeitraum 13.02.2015 bis 23.02.2016 unrichtig und dass Verfolgungsverjährung eingetreten sei.

Mit Schreiben vom 16.11.2016 legte die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde sowie den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt unter Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Ersuchen um Entscheidung vor.

Nach Übermittlung der Beschwerde durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erstattete die Finanzpolizei, Team *** für das Finanzamt ***, am 28.12.2016 eine Stellungnahme, in der sie ihre Auffassung, wonach eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung vorgelegen habe, zum Ausdruck bringt und darüber hinaus (ausschließlich) zum Beschwerdevorbringen des falsch angelasteten Tatzeitpunktes Stellung nimmt.

Nach Auffassung der Finanzpolizei hätte spätestens am 08.07.2015 eine ZKO4-Meldung erstattet werden müssen, damit am ermittelten Arbeitsbeginn, dem 14.07.2015, rechtens mit den Arbeiten hätte begonnen werden müssen.

Wörtlich hält die Finanzpolizei in ihrer Stellungnahme wörtlich ua fest:

„Frau R hätte, anstatt der ZKO3 Entsendemeldung, eine ZKO4 Überlassungsmeldung spätestens am 08.07.2015 an die ZKO des BMF senden müssen, um rechtens am 14.07.2015 mit den Arbeiten bzw. der Überlassung beginnen zu dürfen.

Der Tatzeitpunkt ist der ermittelte Arbeitsbeginn am 14.07.2015, so wie ihn Frau R bestätigte.“

Weiters beantragt die Finanzpolizei das Landesverwaltungsgericht möge (neben der Bestätigung des Straferkenntnisses)

„die im Spruch unrichtige Tatzeit von 13.07.2015 auf 14.07.2015 – 28.07.2015 (...) sanieren, da das Versehen für die Partei ohne weiteres erkennbar sein musste, der Arbeitsbeginn und nicht das Erstellen einer ZKO Meldung ein Tatzeitpunkt sein kann und der Arbeitsbeginn der Arbeiter im Tatvorwurf angeführt wurden.“

Zur Wahrung des Parteiengehörs wurde diese Stellungnahme der Finanzpolizei vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich sowohl der Beschwerdeführerin (zuhanden ihrer Vertreterin) als auch der belangten Behörde übermittelt, woraufhin zwei Stellungnahmen (vom 29.11.2017 bzw. 21.12.2017) seitens der Beschwerdeführerin sowie eine Stellungnahme der belangten Behörde (vom 29.11.2017) beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich einlangten, die jeweils den übrigen Verfahrensparteien übermittelt wurden.

Die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen hält in ihrem – sowohl auf das gegenständliche Verfahren als auch auf das Verfahren betreffend Bestrafung nach dem AVRAG Bezug nehmenden, einheitlichen – Schreiben vom 29.11.2017 insbesondere fest, dass sie dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gestellten Antrag der Finanzpolizei, den Tatzeitraum „zu sanieren“ nicht zustimme.

Weiters führt die Behörde zusammengefasst aus, dass es sich bei den von der Finanzpolizei gestellten Strafanträgen (– gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der österreichischen GmbH, die zunächst im Verdacht gestanden hatte, Beschäftigerin der ungarischen Arbeitnehmer gewesen zu sein, einerseits und gegen die Verantwortliche der M Kft. andererseits –) um Verdachtsanzeigen gehandelt habe. Die Finanzpolizei habe für die Anzeige nicht klären können, wer tatsächlich der Überlasser gewesen sei, die Finanzpolizei habe der Strafbehörde die Klärung überantwortet.

Im Sinne der Verfahrenseffizienz (Problematik der Strafverfahren mit Ungarn)“ habe die belangte Behörde zunächst die Verfahren gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der österreichischen GmbH, die zunächst im Verdacht gestanden hatte, Beschäftigerin der ungarischen Arbeitnehmer gewesen zu sein, eingeleitet. Unmittelbar nach deren Einstellung seien die Verfahren gegen die von der Finanzpolizei angezeigte Vertretungsbefugte der ungarischen M Kft. eingeleitet worden.

Während sich die belangte Behörde ausdrücklich nicht dagegen ausspricht, als Beginn des Tatzeitraumes den 14.07.2015 anzunehmen, wendet sie sich mit folgender Begründung gegen die von der Finanzpolizei beantragte „Sanierung“ des Ende des Tatzeitraumes von 23.02.2016 auf 28.07.2015:

„Hier ist im AÜG verfahrensgegenständlich das Unterlassen der Meldeverpflichtung durch den Überlasser an die ZKO. Die Unterlassung war zum Zeitpunkt des Einlangens der Anzeige bei der Strafbehörde am 23.2.2016 noch aufrecht. Daher ist das das Ende des verfolgten Tatzeitraumes. Die erste behördliche Verfolgungshandlung (ARF) erging mit Datum 8.8.2016 sowohl an den Angezeigten und die Finpol.“

2.       Feststellungen

Die vier im Spruch des Straferkenntnisses genannten Personen sind Arbeitnehmer der M Kft. mit Sitz in Ungarn und montierten im Juli 2015 auf einer Baustelle in ***, ***, eine Stalleinrichtung. Diese Arbeiten wurden von den spruchgegenständlichen Arbeitern am 14.07.2015 begonnen und am 28.07.2015 beendet.

Am 13.07.2015 wurde eine ZKO3-Entsendemeldung für die vier spruchgegenständlichen ungarischen Arbeitnehmer erstattet, in der (neben anderen Angaben) als Arbeitgeber die M Kft., ein Unternehmen mit Sitz in Ungarn, und als Arbeitsbeginn der 20.07.2015 angeführt ist.

Eine ZKO4-Meldung, die sich auf eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung der vier spruchgegenständlichen ungarischen Arbeitnehmer zur Montage einer Stalleinrichtung im Zeitraum 14. bis 18.07.2015 bezogen hätte, wurde weder vor Arbeitsbeginn auf der genannten Baustelle, noch zu einem anderen Zeitpunkt erstattet.

Sowohl dem Strafantrag der Finanzpolizei als auch dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen liegt die Auffassung zugrunde, dass für die bei der Kontrolle der Finanzpolizei am 21.07.2015 angetroffenen, spruchgegenständlichen Arbeiter eine ZKO4-Überlassungs-Meldung hätte erstattet werden müssen, weil es sich um eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung gehandelt habe (und nicht um eine mittels ZKO3-Entsendungsmeldung zu meldende grenzüberschreitende Entsendung der Arbeiter).

Als zur Erstattung der – nach der dem Straferkenntnis zugrundeliegenden Auffassung erforderlichen – ZKO4-Meldung verpflichtete Überlasserin der spruchgegenständlichen Arbeiter wird sowohl von der Finanzpolizei im Strafantrag als auch von der Bezirksverwaltungsbehörde im angefochtenen Straferkenntnis die M Kft., ein Unternehmen mit Sitz in Ungarn, angesehen.

Die Aufforderung zur Rechtfertigung im dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Verwaltungsstraferkenntis vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren erging an Frau JR als handelsrechtliche Geschäftsführerin der M Kft und zwar mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 08.08.2016.

Die nunmehrige Beschwerdeführerin, Frau MR, wurde für die von der belangten Behörde als erwiesen angenommene Verwaltungsübertretung „als Bevollmächtigte für die handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als bestellte verantwortliche Beauftragte des zur Vertretung nach außen berufene[n] Organ[s]
(§ 9/2 VStG) der Firma M KFT“
bestraft.

Die Beschwerdeführerin, Frau MR, ist die Tochter der handelsrechtlichen Geschäftsführerin der M Kft, Frau JR. Ihr wurde von der handelsrechtlichen Geschäftsführerin der M Kft, Frau JR, im Jahr 2014 eine allgemeine – auf keine bestimmten Angelegenheiten bzw. Tätigkeitsbereiche bezogene – Generalvollmacht zur Vertretung der M Kft. erteilt.

Eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung der Beschwerdeführerin zur strafrechtlich Verantwortlichen ist weder bei der Zentralen Koordinationsstelle des BMF, noch beim beim zuständigen Sozialversicherungsträger bzw. Kompetenzzentrum für LSDB eingelangt.

3.       Beweiswürdigung:

Die der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde sowie aus dem Akt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens:

So gründet sich die Feststellung, dass die in Frage stehenden Arbeiten von den spruchgegenständlichen Arbeitern im Zeitraum 14. bis 28.07.2015 ausgeführt wurden, zum einen darauf, dass sowohl in der Beschwerde als auch in der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme der Finanzpolizei jeweils der Zeitraum vom 14. bis zum 28.07.2015 als jener Zeitraum angeführt wird, in dem die in Frage stehenden Arbeiten durchgeführt worden seien. Zum anderen ist auch in der im Akt befindlichen, von der M Kft. an den Bauherrn CH am 30.08.2015 ausgestellten Rechnung, hinsichtlich derer sich keine Anhaltspunkte für das Landesverwaltungsgericht ergeben haben, an ihrer Echtheit und inhaltlichen Richtigkeit zu zweifeln, als „Datum der Erfüllung“ der Zeitraum vom 14. bis zum 28.07.(2015) angeführt.

Was den Arbeitsbeginn am 14.07.2017 betrifft, gründet sich dessen Feststellung überdies darauf, dass auch die Finanzpolizei in ihrer Stellungnahme ausdrücklich festhält, dass der „ermittelte Arbeitsbeginn am 14.07.2015“ sei und auch von der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen wurde in der Tatbeschreibung sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 08.08.2016, als auch in jener im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses jeweils festgestellt, dass die vier im Spruch genannten Personen „am 14.07.2015 07:30 Uhr mit der Arbeit (…) begonnen“ haben. Auch in der Beschwerde wird ausgeführt, dass „im Zeitraum 14.7. bis 28.7.2015“ gearbeitet worden sei.

Dass die im Spruch genannten Personen ihre Arbeit, für die nach Auffassung der belangten Behörde eine ZKO4-Meldung hätte erstattet werden müssen, am 14.07.2015 begonnen haben, ist somit unstrittig und wird vom Landesverwaltungsgericht als erwiesen angenommen.

Der mit 08.08.2016 festgestellte Zeitpunkt der Aufforderung zur Rechtfertigung als erster in Frage kommenden Verfolgungshandlung ergibt sich daraus, dass aus dem vorgelegten Akt der Verwaltungsstrafbehörde keine gegen die Beschwerdeführerin gerichtete Verfolgungshandlung ersichtlich ist, die vor der mit 08.08.2016 datierten und im Akt befindlichen Aufforderung zur Rechtfertigung gesetzt worden wäre und hat auch die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme vom 29.11.2017 ausdrücklich festgehalten, dass die erste behördliche Verfolgungshandlung mit der Aufforderung zur Rechtfertigung am 08.08.2016 gesetzt worden sei.

Dass eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung der Beschwerdeführerin zur strafrechtlich Verantwortlichen weder bei der Zentralen Koordinationsstelle des BMF, noch beim zuständigen Sozialversicherungsträger bzw. Kompetenzzentrum für LSDB eingelangt ist, ergibt sich aus den von der Finanzpolizei als Beilage zu ihrem Schreiben vom 15.01.2018 vorgelegten Mitteilungen der Zentralen Koordinationsstelle des BMF bzw. des Kompetenzzentrums LSDB. Dass sich die der Beschwerdeführerin von der handelsrechtlichen Geschäftsführerin der M Kft. erteilte Generalvollmacht auf keine speziellen Angelegenheiten bezog, ist aus der von Frau JR im verwaltungsstrafbehördlichen Verfahren anlässlich ihrer Rechtfertigung vorgelegten und im Akt befindlichen (ins Deutsche übersetzten) Urkunde über die Erteilung der Generalvollmacht ersichtlich.

4.       Maßgebliche Rechtslage:

5.1. §§ 17 Abs. 2 und 22 Abs. 1 Z 2 AÜG in der zum Tatzeitpunkt relevanten Fassung BGBl I 94/2014 lauteten:

Meldepflichten

§ 17. (1) (…)

(2) Der Überlasser hat bei bewilligungsfreier Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich die grenzüberschreitende Überlassung der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung (nach dem AuslBG und dem AVRAG) des Bundesministeriums für Finanzen zu melden. Die Meldung ist jeweils spätestens eine Woche vor der Arbeitsaufnahme in Österreich zu erstatten; in Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen genügt die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme. Änderungen der gemeldeten Daten sind unverzüglich zu erstatten. Die Übermittlung der Meldungen hat ausschließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen.

Strafbestimmungen

§ 22. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

1.   (…)

2.   mit Geldstrafe von 500 € bis zu 5 000 €, im Wiederholungsfall von 1 000 € bis zu 10 000 €, wer die Meldungen gemäß § 17 Abs. 2 nicht oder nicht rechtzeitig oder nicht vollständig oder wissentlich unrichtig erstattet oder die erforderlichen Unterlagen entgegen § 17 Abs. 7 nicht zur Überprüfung bereithält oder nicht zugänglich macht;“

5.2. § 23a Arbeitskräfteüberlassungsgesetz idgF (zuletzt geändert durch BGBl I 44/2016) lautet:

„Außerkrafttreten

§ 23. (1) …

(2) § 17 Abs. 2 bis 7 und § 22 Abs. 1 Z 2 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 44/2016 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2016 mit der Maßgabe außer Kraft, dass diese Bestimmungen auf Sachverhalte weiter Anwendung finden, die sich vor dem 1. Jänner 2017 ereignet haben.“

5.3. §§ 31 Abs 1 und 32 VStG lauten wie folgt:

Verjährung

§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.“

(…)

Beschuldigter

§ 32. (1) Beschuldigter ist die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluß der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG.

(2) Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

(3) Eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen
(§ 9 Abs. 1) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten. Eine Verfolgungshandlung, die gegen den Unternehmer (§ 9 Abs. 3) gerichtet ist, gilt auch als Verfolgungshandlung gegen die verantwortlichen Beauftragten.“

5.       Erwägungen:

5.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe es zu verantworten, dass von der M Kft. die den Überlasser gem § 17 Abs. 1 AÜG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I 94/2014 treffende Verpflichtung, eine Woche vor Arbeitsbeginn eine ZKO4-Überlassung-Meldung zu erstatten, nicht erfüllt worden sei.

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 VStG) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Bei dem der Beschwerdeführerin angelasteten Delikt handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt. Hinsichtlich des Beginns des Laufes der Verjährungsfrist ist bei Unterlassungsdelikten danach zu unterscheiden, „ob die Strafbarkeit der Unterlassung darauf abstellt, dass die unterlassene Handlung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt hätte werden müssen oder nicht. Ist ersteres der Fall – etwa wenn der Straftatbestand darauf abstellt, dass die Meldung binnen einer gewissen Frist erstattet werden muss – beginnt die Verjährung mit Ablauf der Frist (…). Im zweiten Fall beginnt die Verjährung erst mit Beendigung der Unterlassung, die diesfalls ein Dauerdelikt (dh das Tatbild umfasst die Beibehaltung des rechtswidrigen Zustandes) darstellt.“ (Stöger in Rascher/Wessely (Hrsg), VStG2 § 31 VStG Rz 5).

§ 22 AÜG in der hier anzuwendenden Fassung, BGBl I 94/2014 stellt mehrere zu unterscheidende Delikte unter Strafe: Neben dem Nicht-Bereithalten von Unterlagen ist nach dieser Bestimmung unter anderem strafbar, wenn eine erforderliche
ZKO4-Meldung (überhaupt) nicht erstattet wird, zum anderen ist es strafbar, wenn eine erforderliche ZKO4-Meldung nicht rechtzeitig, also nicht eine Woche bzw. bei unaufschiebbaren Arbeiten unmittelbar vor Arbeitsbeginn, erstattet wird. Während durch den Tatbestand der (überhaupt) unterlassenen Meldung ein Dauerdelikt pönalisiert wird, bei dem die Frist für die Verfolgungsverjährung erst nach Beendigung des rechtswidrigen Zustandes zu laufen beginnt, stellt der Tatbestand der nicht rechtzeitig erfolgten Meldung darauf ab, dass die gesetzlichen Vorgaben dazu, bis zu welchem Zeitpunkt die Meldung zu erstatten ist, nicht eingehalten wurden, sodass für das Delikt der nicht rechtzeitigen Erstattung einer erforderlichen ZKO4-Meldung anzunehmen ist, dass es jedenfalls bereits mit Beginn der Arbeiten, für die eine erforderliche Meldung bis zu diesem Zeitpunkt nicht erstattet wurde, verwirklicht wird und auch die Frist für den Lauf der Verfolgungsverjährung jedenfalls mit Beginn der Arbeiten zu laufen beginnt.

In der Tatbeschreibung sowohl des angefochtenen Straferkenntnisses als auch der Aufforderung zur Rechtfertigung wird der Beschwerdeführerin bzw. der handelsrechtlichen Geschäftsführerin der M Kft. jeweils vorgeworfen, dass es verabsäumt wurde, für die Überlassung der im Spruch genannten Arbeiter spätestens eine Woche vor dem Arbeitsbeginn eine ZKO4-Meldung erstatten. Mit dieser Tatumschreibung wurde der Beschwerdeführerin nicht (wie wohl von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme vom 29.11.2017 angenommen) angelastet, eine erforderliche ZKO4-Meldung überhaupt nicht erstattet zu haben, vielmehr wird ihr die nicht rechtzeitig erfolgte Erfüllung der von der belangten Behörde angenommenen Meldepflicht, also ein Unterlassen einer Handlung, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt – nämlich bis spätestens eine Woche vor Arbeitsbeginn – gesetzt hätte werden müssen, angelastet.

Da der Beschwerdeführerin somit ein Unterlassungsdelikt angelastet wird, dessen Straftatbestand darauf abstellt, dass die Meldung binnen einer bestimmten Frist (eine Woche bzw. bei unaufschiebbaren Arbeiten spätestens unmittelbar vor Arbeitsbeginn) gesetzt werden muss, begann im vorliegenden Fall die Frist für die Verfolgungsverjährung für das der Beschwerdeführerin angelastetet Delikt, eine ZKO4-Meldung nicht rechtzeitig erstattet zu haben, somit spätestens mit dem – ohne vorherige und damit rechtzeitige ZKO4-Meldung erfolgten – Beginn der Arbeiten am 14.07.2015 zu laufen.

Da die gegen den Geschäftsführer der in der Strafanzeige der Finanzpolizei als Beschäftigerin qualifizierten österreichischen GmbH gesetzten Verfolgungshandlungen keine gegen die Beschwerdeführerin als Beschuldigte gerichtete Verfolgungshandlungen iSd §§ 31 (1) iVm 32 VStG sind, kommt als erste taugliche Verfolgungshandlung, die sich die Beschwerdeführerin – allenfalls, eine wirksame Bestellung zur verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen vorausgesetzt (siehe das zu unten 5.2) – zurechnen lassen müsste, die an die zur Vertretung der M Kft. nach außen befugte handelsrechtliche Geschäftsführerin (Frau JR) als Beschuldigte ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung in Betracht.

Diese erste in Frage kommende Verfolgungshandlung ist mit 08.08.2016 datiert und wurde somit im Hinblick auf den festgestellten Arbeitsbeginn am 14.07.2015 jedenfalls nach Ablauf der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist gem. § 31 VStG gesetzt und ist der angefochtene Bescheid aus diesem Grund zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschwerdeführerin einzustellen.

Anzumerken ist, dass sich an diesem Ergebnis nichts ändern würde, wenn das der Beschwerdeführerin vorgeworfene Unterlassen ein erst mit Beendigung der in Frage stehenden Arbeiten beendetes Dauerdelikt darstellen würde – wovon die Finanzpolizei in ihrer Stellungnahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in der beantragt wird, die Tatzeit möge auf den Zeitraum 14.7. bis 28.7.2015 „saniert“ werden auszugehen scheint – da auch unter Zugrundelegung dieses Tatzeitraumes die am 08.08.2016 erfolgte Aufforderung zur Rechtfertigung als erste taugliche Verfolgungshandlung erst nach Ablauf der einjährigen Verjährungsfrist erfolgt wäre.

5.2 Darüber hinaus erfolgte die Bestrafung der Beschwerdeführerin „als Bevollmächtigte für die handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als bestellte verantwortliche Beauftragte des zur Vertretung nach außen berufene[n] Organ[s]
(§ 9 Abs 2 VStG) der Firma M KFT“.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen […] soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt […] aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es im Sinne der allgemeinen Auslegungsregeln auch nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Empfängers an. Der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, ist „klar abzugrenzen“. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne dieser Bestimmung vor (vgl. z.B. VwGH 24.2.2016, Ra 2016/05/0004). Der Umfang des übertragenen Verantwortlichkeitsbereiches ist ausschließlich aus dem Inhalt der Bestellungsurkunde ohne weitere Ermittlungstätigkeit und Zuhilfenahme weiterer Beweise zu ermitteln (vgl. VwGH 17.2.2015, Ro 2014/02/0124).

Die Beurteilung, ob eine wirksame Bestellung gemäß § 9 Abs. 2 VStG erfolgte, ist eine Rechtsfrage, die von der Behörde im Strafverfahren insbesondere anhand der vorgelegten Bestellungsurkunde zu beurteilen ist. Die Rechtsmeinung und subjektive Einschätzung der zur Vertretung nach außen Berufenen ist dabei nicht ausschlaggebend (vgl. VwGH 11.4.2011, 2011/17/0048).

Im vorliegenden Fall wurde von der handelsrechtlichen Geschäftsführerin im verwaltungsstrafbehördlichen Verfahren eine Übersetzung der Urkunde vorgelegt, mit der der Beschwerdeführerin eine Generalvollmacht erteilt wurde, die jedoch auf keine konkreten sachlichen oder örtlichen Bereiche bezogen ist. Aufgrund dieser im verwaltungsstrafbehördlichen Verfahren vorgelegten Urkunde über die Erteilung einer Generalvollmacht kann nicht von einer wirksamen Bestellung der Beschwerdeführerin zur verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen ausgegangen werden, da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die bloße Erteilung einer Prokura oder Handlungsvollmacht (VwGH 14.12.2004, 2002/05/0209 bzw VwGH 03.09.2008, 2004/03/0136) nicht zu einer wirksamen Übertragung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit iSd § 9 Abs 2 VStG führt.

Eine abschließende Klärung der Frage, ob durch allfällige sonstige, bislang noch nicht vorgelegte, Bestellungsurkunden doch eine wirksame Bestellung der Beschwerdeführerin zur verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen gem.
§ 9 Abs. 2 VStG erfolgt ist, konnte im vorliegenden Fall angesichts dessen, dass eine Bestrafung aufgrund der zum Zeitpunkt der ersten Verfolgungshandlung bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung jedenfalls ausscheidet, unterbleiben. Dass sowohl zum einen Anfragen der Finanzpolizei ergeben haben, dass bei der zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen (ZKO) keine entsprechende schriftliche Mitteilung über die Bestellung der Beschwerdeführerin als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche eingegangen ist und auch sowohl die Beschwerdeführerin in der Beschwerde als auch die handelsrechtliche Geschäftsführerin der M Kft. zum Beweis ihres Vorbringens, dass nicht sie, sondern die Beschwerdeführerin die (verwaltungsstrafrechtlich) Verantwortliche sei, ausschließlich auf die Generalvollmacht Bezug nehmen, lässt darauf schließen, dass eine wirksame Bestellung der Beschwerdeführerin zur verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen iSd § 9 Abs 2 VStG nicht erfolgt ist, womit eine Bestrafung der Beschwerdeführerin auch aus diesem Grund nicht in Frage käme und der Bescheid auch bei Nicht-Vorliegen von Verfolgungsverjährung aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschwerdeführerin einzustellen gewesen wäre.

6.       Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

Die (nur) von der Beschwerdeführerin beantragte Verhandlung konnte gemäß
§ 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

7.       Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war, weil die Entscheidung einerseits nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann.

Schlagworte

Arbeitsrecht; Arbeitskräfteüberlassung; Meldung; Verfahrensrecht; Verfolgungsverjährung; Frist;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2983.001.2016

Zuletzt aktualisiert am

12.04.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten