TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/29 99/12/0122

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Veröffentlicht am 29.03.2000
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Index

65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §62c;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des C in K, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 1. März 1999, Zl. 15 1311/25-II/15/99, betreffend Ruhegenussbemessung (§ 62c PG 1965), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1951 geborene Beschwerdeführer steht als

Oberamtsassistent i. R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund; seine letzte Dienststelle war die

1. Betriebsversorgungsstelle/Militärkommando Kärnten, wo er als Schuster tätig war.

Infolge physischer und psychischer Gesundheitsstörungen beantragte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 4. Mai 1995 seine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 BDG 1979, weil er sich außer Stande sehe, die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben zu erfüllen.

Auf Grundlage eines Gutachtens der Sanitätsanstalt Klagenfurt vom 13. März 1995 wurde der Beschwerdeführer zum Dienstantritt aufgefordert; dem kam er zwar nach, war aber nach kurzer Zeit wieder dienstunfähig.

Im Hinblick darauf, dass er weit überwiegend im "Krankenstand" war, beantragte er am 4. Februar 1996 (nochmals) seine Ruhestandsversetzung.

In weiterer Folge wurde von der Dienstbehörde ein Gutachten der PVAng eingeholt, in dem eine eingeschränkte Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers angegeben wurde.

Der Beschwerdeführer trat daraufhin wieder den Dienst an, war aber in der Folgezeit neuerlich überwiegend dienstunfähig.

Mit Bescheid der Aktivdienstbehörde vom 18. August 1997 wurde der Beschwerdeführer schließlich gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 von Amts wegen in den Ruhestand versetzt.

Das Bundespensionsamt nahm daraufhin mit Bescheid vom 19. September 1997 die Ruhegenussbemessung unter Anwendung der Abschlagsregelung (Ruhebezug ab 1. Oktober 1997 monatlich brutto S 10.946,70) vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er insbesondere geltend machte, dass sein Ruhestandsversetzungsverfahren auf Grund seines Antrages vom 4. Mai 1995 bereits vor dem Stichtag des § 62c PG 1965 anhängig gewesen sei. Im Nachhang zu dieser Berufung legte der Beschwerdeführer einen Berichtigungsbescheid seines Ruhestandsversetzungsbescheides durch die Aktivdienstbehörde vom 9. Februar 1998 vor, mit dem der Abspruch im Ruhestandsversetzungsbescheid (mit dem gleichzeitig über die Zurechnung nach § 9 PG 1965 zu Gunsten des Beschwerdeführers abgesprochen war) wie folgt abgeändert wurde:

"1. Auf Ihren Antrag vom 4. Mai 1995 werden Sie gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, mit Ablauf des 30. September 1997 in den Ruhestand versetzt."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Pensionsbemessung unter Anwendung der Abschlagsregelung nicht statt.

Zur Begründung führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die von der Aktivdienstbehörde getroffene Aussage über den Zeitpunkt der Einleitung dieses Verfahrens keine Bindung für die Pensionsdienstbehörde bewirke. Wenn der Beschwerdeführer in der Berufung darauf hinweise, dass sein Ruhestandsversetzungsverfahren bereits vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden sei, weil er mit einem an seine Dienststelle gerichteten Schreiben vom 4. Mai 1995 seine Ruhestandsversetzung beantragt habe, so sei festzuhalten, dass nicht jede Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens vor dem 16. Februar 1996 die Weiteranwendung der Bestimmungen des § 4 PG 1965 in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung bewirke, sondern nur eine solche Verfahrenseinleitung, die auch tatsächlich zur Ruhestandsversetzung führe bzw. geführt habe. Es könne zwar davon ausgegangen werden, dass durch den Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Mai 1995 ein Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet worden sei. Dieses Verfahren habe aber nicht zu seiner Ruhestandsversetzung geführt, weil ein von seiner Dienstbehörde erster Instanz zur Feststellung seiner Dienstfähigkeit bereits vorher angefordertes Gutachten der Sanitätsanstalt Klagenfurt vom 13. März 1995 ergeben habe, dass der Beschwerdeführer mit gewissen Einschränkungen dienstfähig sei. Es sei darin ausdrücklich festgehalten, dass "aus medizinischer Sicht und unter Berücksichtigung der vorliegenden Daten ... die Wiederaufnahme der Berufstätigkeit nicht nur physisch und psychisch möglich, sondern darüber hinaus therapeutisch zweckmäßig sei". Das Ergebnis dieses Gutachtens habe dazu geführt, dass die Dienstbehörde erster Instanz in ihrem Schreiben vom 31. Mai 1995 an die Dienststelle des Beschwerdeführers angeordnet habe, dass dem Ansuchen des Beschwerdeführers vom 4. Mai 1995 um Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen nicht nachzukommen sei. Der Beschwerdeführer habe trotz der von ihm vorgelegten ärztlichen Bestätigungen seinen Dienst unverzüglich anzutreten. Außerdem wäre ihm der Monatsbezug bei Nichtantritt seines Dienstes einzustellen. Von dieser Entscheidung sei der Beschwerdeführer nachweislich in Kenntnis zu setzen gewesen. Damit sei das durch den Antrag vom 4. Mai 1995 eingeleitete Ruhestandsversetzungsverfahren abgeschlossen gewesen. Der Beschwerdeführer habe auch am 7. Juni 1995 seinen Dienst wieder angetreten und sich danach allerdings vom 19. Juni bis 8. November 1995 und dann wiederum ab 5. Dezember 1995 im "Krankenstand" befunden. Als diese "Krankenstände" der Dienstbehörde erster Instanz gemeldet worden seien, sei von dieser das Militärspital mit Schreiben vom 8. Jänner 1996 um Überprüfung der Dienstfähigkeit ersucht worden. Das daraufhin auf Grund einer am 13. Februar 1996 durchgeführten Untersuchung erstellte Gutachten vom 14. Februar 1996 habe ergeben, dass der Beschwerdeführer derzeit nicht dienstfähig sei, aber noch nicht alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wären.

Mit Schreiben vom 6. Februar 1996 habe der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand gestellt und damit ein neues Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet. Auch dieser Umstand weise darauf hin, dass der Beschwerdeführer das durch seinen Antrag vom 4. Mai 1995 eingeleitete Ruhestandsversetzungsverfahren als abgeschlossen angesehen habe. Auf Grund des Antrages vom 6. Februar 1996 habe die Dienstbehörde erster Instanz mit Schreiben vom 1. März 1996 die PVAng ersucht, ein ärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu erstellen. Aus diesem Gutachten vom 4. Juni 1996 habe sich ergeben, dass der Beschwerdeführer aus ärztlicher Sicht weiterhin auf seinem Arbeitsplatz mit gewissen Einschränkungen dienstfähig sei. Der Beschwerdeführer sei daher erneut aufgefordert worden, unverzüglich den Dienst zu versehen. Von dieser Entscheidung sei der Beschwerdeführer am 9. Juli 1996 nachweislich in Kenntnis gesetzt worden. Damit sei auch dieses Ruhestandsversetzungsverfahren als beendet zu betrachten gewesen. Die vom Beschwerdeführer angesprochene Aufforderung seiner Dienststelle vom 9. Februar 1996, einen Erhebungsbogen auszufüllen und ihn unter Beischluss der ärztlichen Atteste zurückzusenden, stelle keine eigenständige Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens dar, weil diese Aufforderung im Rahmen des vom Beschwerdeführer durch seinen Antrag vom 6. Februar 1996 eingeleiteten Ruhestandsversetzungsverfahrens erfolgt sei.

In weiterer Folge habe sich der Beschwerdeführer hauptsächlich im "Krankenstand" befunden, der nur einige Male durch Zeiten kurzer Dienstverrichtung unterbrochen worden sei; nämlich dann, wenn auf Grund von amtsärztlichen Untersuchungen die weit gehende Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers festgestellt und sein Dienstantritt angeordnet worden sei. Schließlich sei über Weisung der für eine Ruhestandsversetzung zuständigen obersten Dienstbehörde, des Bundesministeriums für Inneres (gemeint wohl: des Bundesministeriums für Landesverteidigung), von der Dienstbehörde erster Instanz das Heeresspital Wien mit Schreiben vom 5. Mai 1997 um ein Gutachten über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ersucht und diesem gleichzeitig aufgetragen worden, sich zu dieser Dienstfähigkeitsuntersuchung einzufinden. Das Heeresspital Wien habe mit Gutachten vom 7. Juli 1997 festgestellt, dass beim Beschwerdeführer auf Grund seines multifunktionalen Leidenszustandes die Leistungsfähigkeit derart herabgesetzt sei, dass ihm keinerlei erwerbsmäßige Tätigkeiten im Rahmen einer geregelten Arbeitszeit zumutbar seien. Auf Grundlage der Ergebnisse dieses Gutachtens sei der Beschwerdeführer dann mit Bescheid der obersten Aktivdienstbehörde vom 18. August 1997 mit Ablauf des 30. September 1997 in den Ruhestand versetzt worden. Somit sei das Verfahren, das letztlich dazu geführt habe, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in den Ruhestand versetzt worden sei, erst durch das erwähnte Schreiben der Dienstbehörde erster Instanz vom 5. Mai 1997 eingeleitet worden. Es seien daher die Bestimmungen des § 4 PG 1965 in der durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996 geschaffenen Fassung - wie es das Bundespensionsamt zu Recht getan habe - bei der Bemessung des gebührenden Ruhegenusses anzuwenden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, aber keine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf gesetzmäßige Pensionsbemessung gemäß den Bestimmungen des PG 1965, insbesondere zufolge § 4 Abs. 4 Z. 3 (und Abs. 7) sowie § 62c Abs. 1 dieses Gesetzes ohne Anwendung der Abschlagsregelung seines § 4 Abs. 3 durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmungen sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Im Beschwerdefall ist primär der Zeitpunkt der Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens des Beschwerdeführers strittig.

§ 62c des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) lautet in der Fassung des Art. 4 Z. 7 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, auszugsweise:

"(1) Auf Beamte, deren Versetzung in den Ruhestand vor dem 16. Februar 1996 eingeleitet worden ist, sind die §§ 4 und 12 in der bis zum Ablauf des 30. April 1996 geltenden Fassung weiter anzuwenden."

Die Bestimmungen in der im § 62c Abs. 1 genannten Fassung vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 kennen im Fall der "Frühpensionierung" (vor Vollendung des 60. Lebensjahres) keine Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage.

Im Beschwerdefall ist also zunächst entscheidend, ob die Auffassung der belangten Behörde zutreffend ist, dass die seinerzeitigen Anträge des Beschwerdeführers auf Ruhestandsversetzung durch die eingeholten Gutachten bzw. die Weisungen zum Dienstantritt, denen der Beschwerdeführer nachgekommen ist, erledigt worden sind oder nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Februar 1999, Zl. 98/12/0412, zu einer vergleichbaren Sachlage ausgeführt:

"Zu welchem Zeitpunkt das Ruhestandsversetzungsverfahren nach § 62c Abs. 1 PG eingeleitet wurde, hat im Zusammenhang mit der Ermittlung der Berechnungskomponenten für den Ruhegenuss nach § 4 PG nur die Pensions-Dienstbehörde im Ruhegenussbemessungsverfahren zu klären, nicht aber die Aktiv-Dienstbehörde im Ruhestandsversetzungsverfahren oder in einem eigenen Feststellungsverfahren (so die Rechtsprechung beginnend mit dem hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, 97/12/0381; ebenso die Erkenntnisse vom 21. Jänner 1998, 97/12/0231, 97/12/0249, und 97/12/0400, sowie zuletzt vom 16. Dezember 1998, 97/12/0287). Zutreffend hat daher die belangte Behörde die strittige Frage im Beschwerdefall selbstständig gelöst.

Wann die Versetzung in den Ruhestand im Sinne des § 62c Abs. 1 PG 'eingeleitet' worden ist, wird in dieser Bestimmung nicht ausdrücklich umschrieben. Die Ausführungen der EB zur RV zu Art. 4 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 - (72 d. BlgNR XX. GP, 224) - lassen aber keinen Zweifel daran, dass damit die verfahrensrechtliche Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens gemeint ist, die sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen erfolgen kann (vgl. dazu auch § 14 Abs. 1 BDG 1979) und die die Anhängigkeit des Verfahrens begründet.

Der Beschwerdefall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Beschwerdeführer unbestritten einen Antrag auf Durchführung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens gestellt hat (Antrag vom 2. Juni 1995), mit dem jedenfalls ein Ruhestandsversetzungsverfahren eingeleitet wurde und der vor dem Zeitpunkt einer allfällig später erfolgten amtswegigen Einleitung lag. Unbestritten ist auch, dass über diesen Antrag - jedenfalls bis zur Erlassung des Ruhestandsversetzungsbescheides des Bundesministers für Inneres vom 3. Juni 1997 - nicht förmlich von der (Aktiv)Dienstbehörde abgesprochen wurde.

Ein solcher Abspruch hätte nur unterbleiben können, wenn der Beschwerdeführer seinen Antrag vom 2. Juni 1995 in der Folge zurückgezogen hätte.

Der Beschwerdeführer hat aber seinen Ruhestandsversetzungsantrag niemals ausdrücklich zurückgezogen. Selbst wenn dem Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid meint - der jeweilige Inhalt der Gutachten des Gendarmeriearztes Dr. W. (Bejahung der Innendienstfähigkeit; bloß vorübergehend beeinträchtigter Gesundheitszustand) bekannt gewesen sein sollte und ihm deshalb nach ihrer Auffassung klar gewesen sein musste, dass die für die Ruhestandsversetzung erforderliche dauernde Dienstunfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt nicht vorgelegen sei, kommt nach den Umständen des Falles (fortgesetzte lange - im Übrigen als gerechtfertigt anerkannte - Krankenstände ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur ca. zwei Jahre später erfolgten Ruhestandsversetzung, die nur durch kurzfristige Dienstleistungen unterbrochen waren; Vorlage von weiteren ärztlichen Befunden über die 'Krankenbestätigungen' hinaus) die Annahme einer konkludenten Rücknahme des Pensionierungsantrages jedenfalls nicht in Betracht, wobei dahingestellt bleiben kann, ob und unter welchen Umständen eine solche konkludente Rücknahme überhaupt angenommen werden könnte.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes lag daher jedenfalls bis zur Erlassung des Ruhestandsversetzungsbescheides des Bundesministers für Inneres vom 3. Juni 1997 ein aufrechter Antrag des Beschwerdeführers auf Ruhestandsversetzung vor.

Der von der belangten Behörde in der Gegenschrift in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, es sei allgemein bekannt, dass bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen ein Bescheid, dass eine Ruhestandversetzung nicht erfolge, in der Praxis nicht üblich sei und der Beschwerdeführer im Zweifelsfall darüber einen Bescheid verlangen hätte können, ob das von ihm mit Antrag vom 2. Juni 1995 eingeleitete Verfahren überhaupt noch anhängig sei, verkennt die Rechtslage. Im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis richten sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten des Beamten und seines von den Dienstbehörden repräsentierten Dienstgebers nach dem Gesetz. Dazu gehört auch das Verfahrensrecht. Ein aufrechter Antrag des Beamten auf Ruhestandsversetzung verpflichtet aber nach dem AVG, dessen Anwendbarkeit nach dem DVG gegeben ist, die zuständige Aktiv-Dienstbehörde zu dessen bescheidförmiger Erledigung, ohne dass - jedenfalls im Regelfall - der Beamte verpflichtet ist, von sich aus (ohne behördliche Aufforderung) klarzustellen, dass dieser Antrag noch aufrecht ist. Dazu bestand für den Beschwerdeführer auch nach den obgenannten Umständen des Falles keinerlei Veranlassung."

Demnach ist im vorliegenden Beschwerdefall die verfahrensrechtlich relevante Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens des Beschwerdeführers mit seinem Antrag vom 4. Mai 1995 - was im Übrigen auch von der Aktivdienstbehörde durch Abänderung des Ruhestandsversetzungsbescheides anerkannt wurde - erfolgt. Der neuerliche Antrag des Beschwerdeführers auf Ruhestandsversetzung vom 6. Februar 1996 kann entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht als Zurückziehung des ersten Antrages gewertet werden. Im Übrigen wäre auch ein darauf aufbauendes Ruhestandsversetzungsverfahren vor dem Stichtag des § 62c PG 1965 eingeleitet worden. Selbst wenn dem Beschwerdeführer der Inhalt der eingeholten Gutachten bekannt gewesen ist und ihm deshalb nach Auffassung der belangten Behörde klar gewesen sein muss, dass die für die Ruhestandsversetzung erforderliche dauernde Dienstunfähigkeit zum damaligen Zeitpunkt nach diesem Gutachten und nach Auffassung seiner Dienstbehörde nicht gegeben war, kommt nach den Umständen des Falles (fortgesetzt lange, nicht als ungerechtfertigt gewertete "Krankenstände" ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur etwa zwei Jahre später erfolgten Ruhestandsversetzung, die nur durch kurzfristige Dienstleistungen unterbrochen waren) die Annahme einer konkludenten Rücknahme seines Pensionierungsantrages jedenfalls nicht in Betracht. Beide Anträge des Beschwerdeführers auf Ruhestandsversetzung sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes vielmehr mit dem Ruhestandsversetzungsbescheid seiner Aktivdienstbehörde vom 18. August 1997 - bereits vor der nachträglich erfolgten Abänderung dieses Bescheides gemäß § 68 Abs. 2 AVG mit Bescheid vom 9. Februar 1998 - im Sinne des Beschwerdeführers positiv miterledigt worden. Da die vor dem Stichtag nach § 62c PG 1965 gestellten Anträge des Beschwerdeführers auf Ruhestandsversetzung erst mit der genannten bescheidmäßigen Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers erledigt worden sind, wäre für die Pensionsbemessung die Rechtslage vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 gemäß § 62c PG 1965 anzuwenden gewesen.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 29. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999120122.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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