TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/30 99/16/0135

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Veröffentlicht am 30.03.2000
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Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

KVG 1934 §2 Z3 litb;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2000/16/0111 E 27. April 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der G Gesellschaft mbH in K, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Dr. Wilfried Seist, Dr. Peter Csoklich und Dr. Gregor Schett, Rechtsanwälte in Wien 9, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 15. Februar 1999, Zl. FS RV 138/1-5(6)/97, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern vom 11. November 1996, mit dem der Beschwerdeführerin ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 48,000.000,-- die Gesellschaftsteuer in der Höhe von S 480.000,-- vorgeschrieben wurde, als unbegründet ab.

Dem angefochtenen Bescheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

In dem Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11. April 1994 an die GENESIS Hardware Software Consulting für Personalcomputer und Workstations

Gesellschaft m.b.H. (dies war der Firmenwortlaut der Beschwerdeführerin bis zur ao. Generalversammlung vom 21. Juli 1994) wurde festgehalten, es sei diesem Unternehmen eine Förderung zugesichert und ausbezahlt worden. Wegen Nichteinhaltung der Bedingungen werde diese Förderung widerrufen und das Unternehmen zur Rückzahlung des ausbezahlten Betrages von S 10,000.000,-- verpflichtet. Die Rückzahlungsverpflichtung sei durch die Garantie der Bank Austria AG besichert. Das Unternehmen habe das Bundesministerium für Arbeit und Soziales über die Maßnahmen zur Sanierung des Unternehmens informiert und ersucht, ihr den Zuschuss von S 10,000.000,-- zu belassen und die Garantie der Bank Austria AG zurückzulegen. Unter anderem werde die Bank Austria AG als Gesellschafterin des Unternehmens mit einer Beteiligung von S 2,761.000,-- am Stammkapital von S 11,000.000,--, ihren Anteil an die Metacom Beteiligungsgesellschaft m.b.H. verkaufen. Das Unternehmen habe per 2. Februar 1994 aus Krediten resultierende Pflichten von insgesamt S 108,266.000,-- gegenüber der Bank Austria AG. Die Bank Austria AG gewähre einen Gesellschafterzuschuss von 48 Mio. zur Abdeckung von Verpflichtungen, verzichte auf einen Forderungsteil in der Höhe von S 8 Mio. und gewähre eine Zinsengutschrift von S 2,843.000,--. Die Sanierungsbeträge bezifferten sich insgesamt mit S 58,843.000,--. Mit den dargestellten Sanierungsbeträgen der Bank Austria AG erlöschten sämtliche Haftungen auch Dritter für die getilgten Forderungen. Weiters werde die Bank Austria AG das Unternehmen aus Haftungen freistellen und in einem an das Unternehmen gerichteten Schreiben bestätigen, dass außer den verbleibenden Verbindlichkeiten von S 49,423.000,-- keine sonstigen Verbindlichkeiten des Unternehmens der Bank Austria AG gegenüber bestünden. Die Metacom Beteiligungsgesellschaft m.b.H. werde die Laufzeit der dem Unternehmen mit Schreiben vom 16. Dezember 1993 eingeräumten Kreditlinie in Höhe von S 2,000.000,-- bis 30. September 1994 verlängern. Wenn die Sanierungsmaßnahmen und Voraussetzungen bis spätestens 30. Juni 1994 durchgeführt bzw. erfüllt würden, erkläre sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bereit, die zur Sicherung des Rückforderungsanspruches in Höhe von S 10,000.000,-- dienenden Garantien der Bank Austria AG zurückzulegen und auf die Rückzahlung zu verzichten.

Mit Notariatsakt vom 1. Juni 1994 trat die Bank Austria AG ihren Geschäftsanteil an der GENESIS Hardware Software Consulting für Personalcomputer und Workstations Gesellschaft m.b.H. im Ausmaß von 25,1 %, welcher einer zur Gänze erbrachten Stammeinlage im Nominale von S 2,761.000,-- entsprach, an den Treuhänder Rechtsanwalt Dr. Rudolf Fries zum Abtretungspreis von S 1,380.500,-- ab. Im § 2 Abs. 2 des Treuhandvertrages heißt es, der Treuhänder habe den Geschäftsanteil in der Absicht und mit dem Auftrag erworben, ihn sobald als möglich und im Einvernehmen mit dem Treugeber an Dritte weiter zu übertragen. Der vom Treuhänder zu bezahlende Kaufpreis für den Geschäftsanteil werde erst nach Eingang und nach Maßgabe des von den Dritten zu erzielenden Kaufpreises fällig und werde mit diesem verrechnet.

Mit notariellem Anbot vom 9. Juni 1994 bot die Metacom Beteiligungsgesellschaft m.b.H. dem Treuhänder die Übernahme des Geschäftsanteiles zum Preis von S 1,415.012,50 an.

Mit dem Schreiben vom 21. Juni 1994 teilte die Bank Austria AG der GENESIS Hardware Software Consulting für Personalcomputer und Workstations Gesellschaft m.b.H. mit, zur Stärkung der Eigenkapitalbasis werde in der Eigenschaft als mittelbarer Gesellschafter unter der Voraussetzung, dass sämtliche Vereinbarungen im Zusammenhang mit der in Rede stehenden Vergleichsregelung auf Basis des Schreibens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11. April 1994 erfüllt würden, insbesondere betreffe dies die ersatzlose und leistungsfreie Rückstellung der gegenüber der Republik Österreich und dem Land Kärnten abgegebenen Bankgarantien über insgesamt S 15,000.000,-- und die Leistung einer Abschlagszahlung von S 3,000.000,-- durch die Firma IBM an die Bank Austria AG, eine nicht rückzahlbare Gesellschafterleistung in der Höhe von S 48,000.000,-- gewährt. Die Effektuierung erfolge für einen Teilbetrag von S 17,467.020,44 durch Verzicht auf die Rückzahlung der Forderung der Bank Austria AG an die Gesellschaft aus dem eingeräumten Betriebsmittelkredit mit separater Erklärung nach Erfüllung der obgenannten Voraussetzungen. Hinsichtlich der restlichen Teilbeträge von insgesamt S 30,532.979,56 seien unter obigem Vorbehalt die GENESIS Hardware Software Consulting für Großrechner Gesellschaft m.b.H., die GENESIS Holding Beteiligungsverwaltungsgesellschaft mbH und die GENESIS Vertriebs- und Handelsholding Gesellschaft mbH angewiesen worden, diese Beträge gegen deren Verbindlichkeiten gegenüber der Bank Austria AG aufzurechnen.

Mit Notariatsakt vom 28. Juni 1994 nahm der Treuhänder das Anbot der Metacom Beteiligungsgesellschaft m.b.H. vom 9. Juni 1994 vollinhaltlich an.

In den von der belangten Behörde vorgelegten Akten befinden sich u.a. noch folgende zwei Gesellschafterbeschlüsse des Unternehmens. Mit einem Gesellschafterbeschluss der insgesamt fünf Gesellschafter, darunter die Bank Austria AG, genehmigen die Gesellschafter der GENESIS Hardware Software Consulting für Personalcomputer und Workstations Gesellschaft m.b.H. die Abtretung des Geschäftsanteiles der Bank Austria AG an den Treuhänder RA Dr. Fries. Dieser Gesellschafterbeschluss ist von den vier Gesellschaftern bereits mit 3. September 1993 und von der Bank Austria AG mit 25. Mai 1994 unterfertigt. Mit einem weiteren Gesellschafterbeschluss, in dem an Stelle der Bank Austria AG der Treuhänder als Gesellschafter aufscheint, genehmigen die Gesellschafter die Abtretung des Geschäftsanteiles des Treuhänders an die Metacom Beteiligungsgesellschaft m.b.H. Dieser Gesellschafterbeschluss ist von den vier Gesellschaftern ebenfalls bereits mit 3. September 1993 unterfertigt, der Treuhänder unterfertigte den Gesellschafterbeschluss am 23. Juni 1994.

Mit Schreiben vom 8. November 1994 teilte die Bank Austria AG der GENESIS Hardware Software Consulting für Personalcomputer und Workstations Gesellschaft m.b.H. mit, weil nun sämtliche Voraussetzungen erfüllt seien, werde festgehalten, dass in Erfüllung der in Rede stehenden Gesellschafterleistung der Gesellschaft gegenüber auf die Geltendmachung der Forderung bezüglich eines Teilbetrages von S 17,467.020,44 verzichtet und die entsprechende Ausbuchung mit Valuta 30. September 1994 vorgenommen werde. Weiters würden von den verrechneten Zinsen der Betrag von S 1,966.353,75 ebenfalls mit Valuta 30. September 1994 refundiert werden. Die Leistung des Restbetrages von S 30,532.979,56 zur gesamten Gesellschafterleistung erfolge durch Aufrechnung gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten der Firmen GENESIS Hardware Software Consulting für Großrechner Gesellschaft mbH, GENESIS Holding Beteiligungsverwaltungsgesellschaft mbH und GENESIS Vertriebs- und Handelsholding Gesellschaft mbH auf Basis der kaufmännischen Anweisungen vom 21. Juni 1994, deren Realisierbarkeit die Bank Austria AG den betreffenden Firmen nunmehr mittels separaten Schreiben bestätige.

Mit weiterem Schreiben vom 8. November 1994 an die GENESIS Holding Beteiligungsverwaltungsgesellschaft mbH hielt die Bank Austria AG ausdrücklich fest, dass sämtliche Voraussetzungen zur Realisierung der kaufmännischen Anweisung erfüllt seien, und ersuchte die genannte GmbH, die Zahlung und Verrechnung rückwirkend mit Valuta 30. September 1994 vorzunehmen.

In der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, nur die Zuführung von Mitteln an die Gesellschaft durch den Gesellschafter, also die Beistellung von Mitteln, die die Gesellschaft noch nicht habe, bilde eine gesellschaftsteuerpflichtige Leistung. Würden Treuhänder Gesellschaftsrechte im eigenen Namen für Rechnung anderer Personen erwerben, so seien sie Gesellschafter im Sinne des § 6 Abs. 2 KVG. Zivilrechtlich habe der Treuhänder Rechtsanwalt Dr. Fries mit Notariatsakt vom 1. Juni 1994 das Gesellschaftsrecht erworben und sei somit Gesellschafter geworden. Im Innenverhältnis habe er seine Rechtsstellung aus einer Vereinbarung mit dem Treugeber hergeleitet. Wenn jedoch der Treugeber als der eigentliche Geldgeber Leistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 2 bis 4 KVG an die Gesellschaft erbringe, so seien diese Leistungen gesellschaftsteuerpflichtig, weil sie unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers in das Vermögen der Gesellschaft flößen. Insoweit müsse durch wirtschaftliche Betrachtungsweise dem Gesetzeszweck Rechnung getragen werden, weil andernfalls die Steuerpflicht solcher Leistungen bei Treuhandverhältnissen nicht zum Tragen käme. Denn der Treuhänder erbringe diese Leistung nicht aus seinem Vermögen und der Treugeber habe keinen Anlass, der Gesellschaft seine Leistungen über den Treuhänder zuzuführen. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gebiete hier eine von der zivilrechtlichen Betrachtungsweise abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise. Auf Grund der treuhändigen Übertragung des Geschäftsanteiles der Bank Austria AG an Rechtsanwalt Dr. Fries zum Zweck der Übertragung des Geschäftsanteiles an die Metacom Beteiligungsgesellschaft m.b.H. sei für die belangte Behörde zu überprüfen, ob diese Vorgangsweise zur Umgehung einer Gesellschaftsteuer gewählt worden sei und aus diesem Grunde ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts nach § 22 BAO vorliege. Es stehe fest, dass die Bank Austria AG ihre Anteile an der Gesellschaft direkt der Metacom Beteiligungsgesellschaft m.b.H. übertragen hätte können. Es gebe keinen vernünftigen außersteuerlichen Grund für die tatsächlich gewählte Vorgangsweise. Es liege somit ein Missbrauch gemäß § 22 Abs. 2 BAO vor. Als Rechtsfolge eines solchen Missbrauches seien die Abgaben so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unanwendbarkeit des § 2 KVG auf Leistungen durch einen Nichtgesellschafter sowie Nichtvorschreibung der Gesellschaftsteuer gemäß § 2 KVG für Leistungen durch einen Nichtgesellschafter verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z. 3 lit. b KVG i.d.F. vor dem BGBl. Nr. 629/1994 unterliegen freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (Beispiele: Verzicht auf Forderungen, Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung, Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft durch die Gesellschafter zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes löst nicht bereits die Begründung einer freiwilligen Übernahmsverpflichtung, sondern immer erst deren Erfüllung, also die tatsächliche Bewirkung der Leistung, den Steuertatbestand aus (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Jänner 1991, Zl. 89/15/0092, vom 14. Dezember 1994, Zlen. 94/17/0121, 0122, und vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/16/0195).

In dem mit Erkenntnis vom 3. Oktober 1996, Zl. 94/16/0225, entschiedenen Beschwerdefall sagte die Alleingesellschafterin der seit Juni 1988 am Grundkapital der beschwerdeführenden AG beteiligten GmbH mit Schreiben vom 11. Juli 1989 der Beschwerdeführerin zu, ihr ergebniswirksam Eigenmittel zuzuführen. Die GmbH leistete am 1. Februar 1990 und am 30. November 1990 die zugesagten Beträge an die damalige Beschwerdeführerin und damit seien - wie im Erkenntnis ausgeführt wurde - von der Gesellschafterin Leistungen i.S.d. § 2 Z. 3 lit. b KVG erbracht worden, die der Gesellschaftsteuer unterlägen. In diesem Erkenntnis brachte der Verwaltungsgerichtshof - auch nicht indirekt - zum Ausdruck, Voraussetzung für die Gesellschaftsteuerpflicht sei stets die Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt der Leistung der eingegangenen Verpflichtungen. Der im Anwaltsblatt 1997/7365 wiedergegebene Leitsatz zu diesem Erkenntnis geht über den Rechtssatz des Erkenntnisses hinaus, wenn festgehalten wird, die für die Gesellschaftsteuerpflicht maßgebende Eigenschaft des Leistenden als Gesellschafter sei im Zeitpunkt der tatsächlichen Erbringung der Leistung zu beurteilen. Eine solche andere Möglichkeiten ausschließende Fixierung der Gesellschaftereigenschaft auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung ist nicht Inhalt der Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, im Zeitpunkt der Erfüllung der Leistung und damit des Entstehens des Abgabenanspruches sei die Bank Austria AG nicht Gesellschafterin der Beschwerdeführerin gewesen und es liege demnach keine Leistung eines Gesellschafters vor. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung verbiete sich im Beschwerdefall und ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts nach § 22 BAO sei nicht gegeben.

Steuergegenstand ist noch nicht die Verpflichtung bzw. die freiwillige Übernahme, sondern erst das tatsächliche Bewirken der Leistung. Buchungen bewirken noch keine Vermögensverschiebung im Sinne des Bewirkens einer Leistung, ebenso nicht gewillkürte Bilanzänderungen. Bewirkt ist die Leistung erst, wenn der Gegenstand der Leistungsverpflichtung dem Leistungsempfänger verschafft, das heißt die Vermögensverschiebung beendet ist, sodass der Empfänger uneingeschränkt über das Genutzte verfügen kann (vgl. Egly/Klenk, Gesellschaftsteuerkommentar4, Rz 74 zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 4).

Die Erfüllung der gesamten vereinbarten Leistung wird von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Ausgehend von den Erklärungen in den Schreiben der Bank Austria AG vom 21. Juni 1994 und 8. November 1994 waren sogar bis November 1994 noch nicht sämtliche Leistungen auch tatsächlich erfüllt und damit der Steueranspruch für die gesamte Bemessungsgrundlage verwirklicht. Die Leistungen und die Aufrechnung mit bestehenden Verbindlichkeiten sollten erfolgswirksam mit 30. September 1994 verbucht werden. Die den Zuschuss an die Beschwerdeführerin gewährende Bank Austria AG war ab dem Eintritt des Treuhänders als Vollberechtigten und Gesellschafter (vgl. hg. Erkenntnis vom 1. September 1999, Zl. 98/16/0133) am 1. Juni 1994 nicht mehr Gesellschafter der Beschwerdeführerin. Der Steueranspruch entstand erst mit Bewirken der Leistungen und somit in einem Zeitraum entstanden, in dem weder die Bank Austria AG noch der Treuhänder Gesellschafter waren.

Nach § 2 Z. 3 lit. b KVG unterliegt die freiwillige Leistung eines Gesellschafters der Gesellschaftsteuer. Grundlegende Voraussetzung für die Gesellschaftsteuer ist daher die Erbringung der Leistung eines Gesellschafters. Im Fall von freiwilligen Leistungen von Nichtgesellschaftern wird der Tatbestand des § 2 Z. 3 lit. b KVG nicht verwirklicht. Zur Frage, ob der Erbringer der Leistung im Zeitpunkt der Erfüllung der Leistung Gesellschafter sein müsse, oder es aber ausreicht, dass er im Zeitpunkt des freiwilligen Eingehens der Verpflichtung zur Leistung Gesellschafter war, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht ausdrücklich geäußert.

Im Beschwerdefall war die Bank Austria AG Gesellschafterin der GENESIS Hardware Software Consulting für Personalcomputer und Workstations Gesellschaft m.b.H. mit einer Beteiligung von mehr als 25 % bis zum 1. Juni 1994. Diese GmbH hatte per 2. Februar 1994 aus gewährten Krediten resultierende Pflichten von mehr als S 108,000.000,-- an die Bank Austria AG. Dem Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11. April 1994 ist zu entnehmen, dass ein Gesamtkonzept zur Sanierung des Unternehmens erarbeitet worden war, das nur unter Einbindung aller beteiligten Gesellschafter zustande kommen konnte. Die Bank Austria AG, die sich aus dem Unternehmen als Gesellschafter zurückzog, leistete einen Teil dieser Sanierungskosten durch einen Gesellschafterzuschuss zur Abdeckung von Verpflichtungen. Dieses im Schreiben vom 11. April 1994 festgehaltene Konzept wurde im Wesentlichen wie dort festgestellt auch umgesetzt. Der späteren etappenweise erfolgten Erfüllung der Leistungen lag die freiwillig eingegangene Verpflichtung der Bank Austria AG zugrunde, an der Sanierung des Unternehmens mitzuwirken.

Hat sich ein Gesellschafter zur Leistung - auch freiwillig - verpflichtet, dann handelt es sich um eine Leistung eines Gesellschafters selbst dann, wenn er erst später seine Verpflichtung einlöst und seine Leistung erst in einem Zeitraum erfüllt, in dem er gesellschaftsrechtlich nicht mehr die Gesellschaftereigenschaft aufweist. Das Gesetz unterwirft nämlich der Gesellschaftsteuer die Leistung eines Gesellschafters und - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht die Erfüllung der Leistung von einem Gesellschafter. Demnach kann von einer Leistung eines Gesellschafters auch dann gesprochen werden, wenn der Leistende als Gesellschafter seine - auch einklagbaren - Verpflichtungen eingegangen ist und dann auch erfüllt. Ob der Leistende bei der möglicherweise erst Jahre später erfolgten Erfüllung seiner eingegangenen Verpflichtungen noch Gesellschafter war, kommt es dann nicht mehr entscheidend an, sofern die Leistung in der früheren Gesellschafterstellung ihren Rechtsgrund hat (vgl. Urteil des BFH vom 11. Juli 1973, Bundessteuerblatt II 1973, 855 und 856).

Durch das spätere Ausscheiden der Bank Austria AG als Gesellschafterin ist der für die Gesellschaftsteuerpflicht maßgebliche Kausalzusammenhang zwischen der ehemaligen Gesellschafterstellung der Bank Austria AG und der von sich zugesagten Leistung (vgl. dazu Brönner/Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz 4, Rz 34 zu § 2 dKVG) nicht aufgehoben.

Das von der Beschwerdeführerin für ihre Argumentation herangezogene Erkenntnis vom 12. April 1984, Zl. 83/15/0092, spricht nicht davon, "dass die Leistung von einem Gesellschafter erbracht" werden muss. Nach diesem Erkenntnis ist entscheidend, dass ein Forderungsverzicht von einem Gesellschafter als solchen ausgesprochen worden ist, dieser "erst als Gesellschafter" auf die Forderung verzichtet habe. Bei diesem Beschwerdefall erfolgte nämlich der Forderungsverzicht bevor der Verzichtende überhaupt Gesellschafter geworden war. Nach den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses ergibt sich somit keineswegs, dass der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht vertreten hätte, nur der Erfüllung der Leistung durch einen Gesellschafter in seiner Gesellschaftereigenschaft verwirkliche den Steuertatbestand.

Im Beschwerdefall war die Bank Austria AG im Zeitpunkt der Erbringung der Leistung unbestritten nicht mehr Gesellschafterin. Es kommt somit entscheidend darauf an, ob die Bank Austria AG die Verpflichtung zur Zuschussleistung von S 48 Mio noch im Zeitraum ihrer Gesellschaftereigenschaft einging oder nicht. Die belangte Behörde vertrat die Ansicht, es liege in der treuhändigen Übertragung des Geschäftsanteils an RA Dr. Fries zum Zweck der Übertragung des Geschäftsanteils an die Metacom Beteiligungsgesellschaft m.b.H. ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts. Dem steht jedoch der nicht unbeachtliche Beschwerdeeinwand entgegen, die Bank Austria AG wollte mit der Übertragung des Geschäftsanteils an den Treuhänder erreichen, dass sie nicht als Gesellschafterin der höchst insolvenzgefährdeten Beschwerdeführerin öffentlichkeitswirksam im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren gebracht werde. Feststellungen darüber, wann die Bank Austria AG sich tatsächlich verpflichtet hatte, den Zuschuss von S 48 Mio zu leisten und welche Bedeutung dem Schreiben der Bank Austria AG vom 21. Juni 1994 - das nur drei Wochen nach der Treuhänderbestellung des RA Dr. Fries ergangen ist und im Wesentlichen die bereits im Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11. April 1994 festgehaltenen Sanierungsbeiträge der Bank Austria AG wiedergibt - zukommen konnte, fehlen jedoch im angefochtenen Bescheid. Diese in Verkennung der Rechtslage unterbliebene Ermittlung und Feststellung des Zeitpunkts des Eingehens der Verpflichtung der Bank Austria AG zur Leistung des Sanierungszuschusses - in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin oder Nichtgesellschafterin - belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999160135.X00

Im RIS seit

11.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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