TE Vwgh Erkenntnis 2018/3/1 Ra 2017/16/0128

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Veröffentlicht am 01.03.2018
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Index

30/02 Finanzausgleich;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FAG 2008 §15 Abs3 Z5 lita;
KFG 1967 §20 Abs1 Z4 litf;
KFG 1967 §20 Abs5;
StVO 1960 §2 Abs1 Z25;
StVO 1960 §26 Abs1 ;
StVO 1960 §26 Abs1a;
StVO 1960 §26;
StVO 1960 §26a Abs1;
StVO 1960 §26a Abs1a;
StVO 1960 §26a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 7. Juli 2017, Zl. LVwG 30.5-1280/2017-2, betreffend Übertretung des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes (mitbeteiligte Partei: M G in M, vertreten durch die Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Rooseveltplatz 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 27. März 2017 erkannte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz den Mitbeteiligten der Übertretung nach § 12 Abs. 1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes schuldig und verhängte über ihn eine Verwaltungsstrafe von 45 EUR (für den Fall deren Uneinringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) und schrieb als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens den Betrag von 10 EUR vor.

2 Der Mitbeteiligte habe am 23. November 2016 in der Zeit von 14.03 Uhr bis 14.16 Uhr das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen MU ... in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Graz, gegenüber dem Haus B ... ohne Automatenparkschein geparkt. Bei dem betreffenden Fahrzeug handle es sich um ein solches des Österreichischen Roten Kreuzes, welches unter dem näher angeführten behördlichen Kennzeichen zur Verwendung als Einsatzfahrzeug gemäß §§ 26, 26a Abs. 1 StVO 1960 zugelassen sei. Auch wenn der Mitbeteiligte mit einem Fahrzeug des Österreichischen Roten Kreuzes unterwegs gewesen sei, sei die Fahrt zu einem dienstlichen Termin - wie in dem dem Straferkenntnis vorangehenden Schriftverkehr vorgebracht - keinesfalls als "Einsatzfahrt" anzusehen und bilde daher keine Voraussetzung dafür, um gemäß § 3 Abs. 1 der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 von der Entrichtung der Parkgebühr befreit zu sein. Auch fielen Fahrzeuge des Österreichischen Roten Kreuzes nicht unter die Kategorie "Fahrzeuge im öffentlichen Dienst", welche gemäß § 3 Abs. 1 der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 neben "Einsatzfahrzeugen" etc. von der Parkgebühr befreit seien. Das Österreichische Rote Kreuz, Landesverband Steiermark, sei ein privater Verein.

3 Daher liege eine Befreiung von der Entrichtung der Parkgebühr nicht vor.

4 Mit Schriftsatz vom 24. April 2017 erhob der Mitbeteiligte dagegen Beschwerde und brachte vor, bei dem in Rede stehenden Kraftfahrzeug handle es sich um ein Fahrzeug des Österreichischen Roten Kreuzes, welches nach §§ 26 und 26a Abs. 1 StVO 1960 zur Verwendung als Einsatzfahrzeug zugelassen sei. Das Fahrzeug sei mit Warnzeichen mit blauem Licht und Schallzeichen ausgestattet. Es möge § 2 Abs. 1 Z 25 StVO zwar festlegen, dass als Einsatzfahrzeug ein Fahrzeug, das auf Grund kraftfahrrechtlicher Vorschriften als Warnzeichen blaues Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne führe, für die Dauer der Verwendung eines dieser Signale zu verstehen sei, doch könne daraus nicht geschlossen werden, dass sich das Fahrzeug nicht im Einsatz befinde und demnach kein Einsatzfahrzeug im Sinn des § 3 Abs. 1 der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 darstelle, wenn diese Warnzeichen gerade nicht verwendet würden.

5 Nach § 26 Abs. 1 StVO dürften solche Fahrzeuge diese Signale nur bei Gefahr im Verzug oder aus Gründen der Verkehrssicherheit am Ort der Hilfeleistung oder des sonstigen Einsatzes oder bei einer behördlich vorgeschriebenen Transportbegleitung verwenden. Bei einem parkenden Fahrzeug werde in aller Regel weder Gefahr im Verzug noch aus Gründen der Verkehrssicherheit das Verwenden dieser Signale notwendig erscheinen. Dies bedeute aber nicht, dass sich das parkende Fahrzeug nicht trotzdem im Einsatz befinden könne. Des Weiteren handelt es sich entgegen der Ansicht der belangten Behörde um ein Fahrzeug im öffentlichen Dienst im Sinn des § 26a StVO. Das Österreichische Rote Kreuz sei zwar ein privater Verein, doch sei er mit der Durchführung von Rettungsdiensten betraut, welche im öffentlichen Interesse liege und somit eine öffentliche Aufgabe darstelle.

6 Der Mitbeteiligte stellte in der Beschwerde den Antrag, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der Beschwerde statt, hob das bekämpfte Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein. Das Landesverwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

8 Der Mitbeteiligte habe das näher bezeichnete mehrspurige Kraftfahrzeug am 23. November 2016 in der Zeit von 14.03 Uhr bis 14.16 Uhr in Graz, gegenüber dem Haus B, in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne hiefür einen Automatenparkschein gelöst zu haben. Bei dem in Rede stehenden Kraftfahrzeug handle es sich um ein Fahrzeug des Österreichischen Roten Kreuzes, das mit Blaulicht und Folgetonhorn ausgestattet sei. Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt auf Grund eines dienstlichen Termins der Bezirksstellenleitung bei der Landesregierung abgestellt gewesen.

9 Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/16/0051, zur Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 26 Abs. 1a StVO auf Kraftfahrzeuge der Freiwilligen Feuerwehr im Zusammenhang mit der Abgabenpflicht nach dem Steiermärkischen Parkgebührengesetz ausgeführt, dass ein während einer Dienstbesprechung geparktes und mit Blaulicht und Folgetonhorn ausgestattetes Kommandofahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr von § 26a Abs. 1a StVO 1960 erfasst sei.

10 Unter Hinweis auf diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handle es sich auch beim in Rede stehenden Fahrzeug des Österreichischen Roten Kreuzes um ein Fahrzeug im öffentlichen Dienst gemäß § 26a Abs. 1a StVO. Nach dieser Rechtsprechung seien vom Begriff "Fahrzeug im öffentlichen Dienst" nicht ausschließlich Fahrzeuge im Rahmen der Hoheitsverwaltung umfasst, wodurch es auf einen solchen Einsatzzweck nicht ankomme. Auch komme es nach den Bestimmungen des § 26 Abs. 1a StVO nicht darauf an, ob die Fahrt eine solche gewesen sei, die für die ordnungsgemäße Ausführung des Dienstes erforderlich gewesen sei. Vielmehr seien Lenker solcher Fahrzeuge auch außerhalb von Einsatzfahrten von der Abgabepflicht ausgenommen. Daher habe der Mitbeteiligte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.

11 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz legte das Landesverwaltungsgericht Steiermark unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

12 Der Verwaltungsgerichtshof leitete ein Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); der Mitbeteiligte brachte eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision ein, worauf der Revisionswerber replizierte.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst vor, das vom Landesverwaltungsgericht herangezogene hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/16/0051, betreffe ein Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr, während im vorliegenden Revisionsfall ein Pkw eines privaten Vereins, des Österreichischen Roten Kreuzes, Landesverband Steiermark, betroffen sei. Es liege somit keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, ob auf ein solches Fahrzeug die Abgabenbefreiung nach der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 anzuwenden sei.

17 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

18 § 15 Abs. 3 Z 5 lit. a des im Revisionsfall noch

maßgeblichen Finanzausgleichsgesetzes 2008 lautet:

"(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

...

5. Mit Wirkung vom 1. Jänner 2006: Abgaben für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960. Ausgenommen sind:

a) Einsatzfahrzeuge und Fahrzeuge im öffentlichen Dienst

gemäß §§ 26 und 26a StVO 1960;"

19 Gemäß § 1 Abs. 1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 2006 werden Gemeinden des Landes Steiermark ermächtigt, durch Verordnung eine Abgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960) oder in Teilen von solchen auszuschreiben.

20 Gemäß § 12 Abs. 1 des Steiermärkischen Parkgebührengesetzes 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch welche die Parkgebühr hinterzogen oder verkürzt wird, unbeschadet der nachträglichen Vorschreibung der hinterzogenen oder verkürzten Parkgebühr als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 218 EUR von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen.

21 Gemäß § 1 Abs. 1 der Grazer Parkgebührenverordnung 2006 (im Folgenden ParkGebV) ist für das Parken von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960) gemäß näher angeführten Anlagen eine Parkgebühr zu entrichten. Die Gebührenpflicht besteht gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. werktags, Montag bis Freitag in der Zeit von 9 bis 20 Uhr.

22 § 3 Z 1 der ParkGebV lautet:

"§ 3

Befreiungen

Die Parkgebühr ist nicht zu entrichten für

1. Einsatzfahrzeuge, Fahrzeuge im öffentlichen Dienst,

Fahrzeuge des Straßendienstes, der Müllabfuhr und der Kanalwartung (§§ 26, 26a und 27 StVO);"

23 § 2 Abs. 1 Z 25 der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO) lautet:

"(1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

...

25. Einsatzfahrzeug: ein Fahrzeug, das auf Grund

kraftfahrrechtlicher Vorschriften als Warnzeichen (§ 22) blaues Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne führt, für die Dauer der Verwendung eines dieser Signale;"

24 Im III. Abschnitt (Bevorzugte Straßenbenützer) der StVO lauten § 26 Abs. 1 und § 26a auszugsweise:

"§ 26. Einsatzfahrzeuge.

(1) Die Lenker von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht und mit Vorrichtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden verschieden hohen Tönen ausgestattet sind, dürfen diese Signale nur bei Gefahr im Verzuge, zum Beispiel bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes verwenden. Außerdem dürfen die angeführten Signale soweit als notwendig nur noch ...

§ 26a. Fahrzeuge im öffentlichen Dienst

(1) Die Lenker von Fahrzeugen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des Entminungsdienstes, der Militärstreife, der militärischen Nachrichtendienste und der Finanzverwaltung sind bei Fahrten, soweit dies für die ordnungsgemäße Ausübung des

Dienstes erforderlich ist, an Halte- und Parkverbote, ... nicht

gebunden. Sie dürfen ...

(1a) Die Lenker von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Warnzeichen mit blauem Licht und Schallzeichen mit Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne ausgestattet sind, sind auch außerhalb von Einsatzfahrten an die Verbote gemäß § 52 lit. a Z 1 und 2 und die Gebote gemäß § 52 lit. b Z 15 nicht gebunden, wenn Ausnahmen für andere Kraftfahrzeuge und Fuhrwerke bestehen. Sie dürfen auch Fahrstreifen und Straßen für Omnibusse benützen."

25 § 20 Abs. 1 Z 4 des Kraftfahrgesetzes 1967 (im Folgenden: KFG) in der im Revisionsfall noch maßgeblichen Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 40/2016 lautet auszugsweise:

"§ 20. Scheinwerfer, Leuchten, Rückstrahler und Lichtfarben für besondere Zwecke

(1) Außer den im § 14 Abs. 1 bis 7 und in den §§ 15 und 17 bis 19 angeführten Scheinwerfern, Leuchten und Rückstrahlern dürfen ohne Bewilligung gemäß Abs. 4 an Kraftfahrzeugen und Anhängern nur angebracht werden:

...

4.        Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei

     ...

d)        Feuerwehrfahrzeugen,

e)        Fahrzeugen des Rettungsdienstes im Besitz von

Gebietskörperschaften,

f) Fahrzeugen im Besitz der in § 23 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Sanitätergesetzes, BGBl. I Nr. 30/2002 namentlich genannten Einrichtungen, die für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe verwendet werden,

..."

26 Gemäß § 20 Abs. 5 KFG dürfen Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht bei nicht unter § 20 Abs. 1 Z 4 leg. cit. fallenden Fahrzeugen nur bewilligt werden, wenn ihre Verwendung im öffentlichen Interesse gelegen ist und dagegen vom Standpunkt der Verkehrs- und Betriebssicherheit keine Bedenken bestehen und nur für Fahrzeuge, die zu näher genannten Verwendung bestimmt sind.

27 § 23 Abs. 1 Z 4 des Sanitätergesetzes lautet:

"§ 23. (1) Der Beruf bzw. die Tätigkeiten des Sanitäters dürfen in folgenden Einrichtungen ausgeübt werden:

...

4. Österreichisches Rotes Kreuz,"

28 Die Definition des Einsatzfahrzeuges in § 2 Abs. 1 Z 25 StVO stellt auf die Dauer der Verwendung der dort genannten Signale ab. Demgegenüber spricht weder § 26 Abs. 1 erster Satz noch § 26a StVO von Einsatzfahrzeugen, sondern von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit derartigen Signalvorrichtungen ausgestattet sind. Sohin erfassen die Bestimmungen der §§ 26 und 26a StVO solche Fahrzeuge auch dann, wenn die Signale nicht verwendet werden.

29 Konsequent verweisen § 15 Abs. 3 Z 5 lit. a des Finanzausgleichsgesetzes 2008 und § 3 Z 1 ParkGebV beim Begriff "Einsatzfahrzeuge" nicht auf § 2 Abs. 1 Z 25 StVO, sondern auf §§ 26 und 26a StVO.

30 Unter die Abgabenbefreiung nach § 3 Z 1 ParkGebV fallen somit einerseits Fahrzeuge im öffentlichen Dienst, die etwa in § 26a Abs. 1 StVO genannt sind, wie auch die in § 26a Abs. 1a leg. cit. genannten Fahrzeuge, die nach kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit den genannten Warnzeichen auch außerhalb von Einsatzfahrten verwendet werden.

31 Das vom Landesverwaltungsgericht Steiermark herangezogene hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2016, Ra 2016/16/0051, betraf ein Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr, welches gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 lit. d KFG ("ex lege") mit derartigen Signalvorrichtungen ausgestattet werden konnte und sohin unter § 26 Abs. 1a StVO und damit unter § 3 Z 1 ParkGebV fiel.

32 Im vorliegenden Revisionsfall handelt es sich um ein Fahrzeug des Österreichischen Roten Kreuzes, somit nicht um ein Fahrzeug eines Rettungsdienstes im Besitz von Gebietskörperschaften im Sinn des § 20 Abs. 1 Z 4 lit. e KFG. In Betracht kommen im Revisionsfall § 20 Abs. 1 Z 4 lit. f und Abs. 5 KFG.

33 Der Revisionswerber trägt vor, das in Rede stehende Fahrzeug sei "ein gewöhnlicher 7-sitziger Personenkraftwagen".

34 Das Landesverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, das in Rede stehende Fahrzeug sei ein solches im öffentlichen Dienst iSd § 26a Abs. 1a StVO und hat sich darauf gestützt, dass das in Rede stehende Fahrzeug mit Blaulicht und Folgetonhorn ausgestattet sei. Dies allein bedeutet noch nicht, dass das Fahrzeug nach kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit diesen Signalvorrichtungen ausgestattet war. Der Umstand, dass solche Signalvorrichtungen am in Rede stehenden Fahrzeug angebracht waren, bedeutet - entgegen der in der Revisionsbeantwortung geäußerten Ansicht - noch nicht, dass das Fahrzeug zu den in § 20 Abs. 1 Z 4 lit. f KFG genannten Zwecken verwendet wird.

35 Dass das Fahrzeug für dringende Einsätze im Rettungsdienst, bei Großschadensereignissen oder zur Katastrophenhilfe verwendet würde, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Somit durfte das Verwaltungsgericht nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass das in Rede stehende Fahrzeug von § 20 Abs. 1 Z 4 lit. f KFG erfasst ist.

36 Dem in der Revisionsbeantwortung erhobenen Einwand, das dahingehende Vorbringen des Revisionswerbers stelle eine unzulässige Neuerung dar, ist entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber keine Gelegenheit hatte, dies vor dem Verwaltungsgericht vorzubringen. Das Verwaltungsgericht hat nämlich keine mündliche Verhandlung durchgeführt und im angefochtenen Erkenntnis aktenwidrig (vgl. den Antrag in der Beschwerde) festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung von keiner Partei beantragt worden sei. Den vorgelegten Akten des Verfahrens ist nicht zu entnehmen, dass dem Revisionswerber nach § 44 Abs. 3 vorletzter Satz VwGVG Gelegenheit geboten worden wäre, eine mündliche Verhandlung zu beantragen.

37 Dass für das in Rede stehende Fahrzeug eine Bewilligung nach § 20 Abs. 5 KFG bestanden hätte, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt und wird vom Revisionswerber jedenfalls in Abrede gestellt.

38 Das angefochtene Erkenntnis enthält somit keine tragfähige Begründung, dass der Tatbestand des § 20 Abs. 1 Z 4 lit. f KFG erfüllt wäre oder eine Bewilligung nach § 20 Abs. 5 KFG erteilt worden wäre. Damit durfte das Verwaltungsgericht nicht davon ausgehen, das Fahrzeug sei als Fahrzeug im Sinne des § 26a Abs. 1a StVO von § 3 ParkGebV erfasst.

39 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

40 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am 1. März 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017160128.L00

Im RIS seit

11.04.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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