TE Lvwg Erkenntnis 2018/3/1 VGW-151/086/3086/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.03.2018
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Entscheidungsdatum

01.03.2018

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
19/05 Menschenrechte

Norm

NAG §11 Abs2 Z1
NAG §11 Abs2 Z2
NAG §11 Abs2 Z4
NAG §11 Abs3
NAG §11 Abs5
NAG §21 Abs1
NAG §21 Abs2 Z1
NAG §21 Abs3
NAG §47 Abs1
NAG §47 Abs2
ASVG §292 Abs3
ASVG §283 Abs1
EMRK Art. 8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Wostri über die Beschwerde des Herrn M. U., geb. am ...1979, StA: Türkei, vom 1.2.2017 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, Einwanderung und Staatsbürgerschaft, Niederlassungsbewilligungen und Ausländergrunderwerb, vom 19.12.2016, Zahl MA35-9/3099448-01, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.11.2017, fortgesetzt am 12.1.2018, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ gemäß § 47 Abs. 2 NAG mit der Gültigkeitsdauer von 12 Monaten erteilt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.12.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 23.10.2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Familienangehöriger“ nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG) wegen der Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerkfreien Aufenthaltes im Zusammenhang mit seiner Inlandsantragstellung und da sein Aufenthalt öffentlichen Interessen wiederstreite, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Am 7.11.2017 und am 12.1.2018 führte das Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die belangte Behörde nicht Teil nahm.

In der Verhandlung vom 7.11.2017 gab der Beschwerdeführer an:

„Einen Kontoauszug kann ich nicht vorlegen, da ich über kein Konto verfüge. Die KSV-Auszüge wurden beantragt, uns aber noch nicht übermittelt. Den Bescheid des BFA vom 1.8.2005 kann ich nicht vorlegen, da ich diesen nicht finde.

Wenn mir das Schreiben vom 8.7.2016 vorgehalten wird, gebe ich an, dass die darin gemachten Angaben richtig sind. Ebenso entspricht das Sachvorbringen der Beschwerde den Tatsachen.

Ich bin nunmehr zum zweiten Mal verheiratet. Meine erste Frau heißt G. U.. Ich habe sie 1997 geheiratet. Scheiden ließen wir uns vor ca. vier Jahren. Wenn ich in meinen Unterlagen nachsehe, gebe ich an, dass wir uns 2008 scheiden ließen. Mit meiner nunmehrigen Frau bin ich seit 3-4 Jahren verheiratet. Wann wir genau geheiratet haben, weiß ich nicht. Meine nunmehrige Frau habe ich kennengelernt, als ich 24 Jahre alt war. Ich bin jetzt 38 Jahre alt. Wenn mir vorgehalten wird, dass ich meine nunmehrige Frau S. vor 14 Jahren kennengelernt habe, gebe ich an, dass es vor 16, 17 Jahren gewesen sein muss. Mit meiner ersten Frau lebte ich nur ein Jahr zusammen. Das war ca. im Jahr 2000, als sie nach dem Erdbeben nach Österreich kam. Ich gebe nun an, mit meiner ersten Frau lebte ich länger als ein Jahr zusammen.

S. Ma. lernte ich kennen, als ich noch mit meiner Erstfrau verheiratet war und mit ihr noch zusammen lebte. Meine Beziehung mit S. Ma. begann ca. im Jahr 2000. Mit S. Ma. habe ich am ...2001 das gemeinsame Kind Mi. Ma. bekommen. Ich bin sein Vater. Am ...2002 wurde Um. U. geboren. Dies ist auch mein Sohn. Die Mutter ist meine Erstfrau, G. U.. Ich hatte gleichzeitig eine Beziehung mit meiner damaligen Frau G. und meiner nunmehrigen Frau S.. Meine erste Frau bekam ich über meine Eltern vermittelt. Das war keine Liebe. Meine Liebe ist meine nunmehrige Frau. Am ...2003 wurde D. Ma. geboren. Das ist auch mein Sohn. Seit ca. 2000 bin ich durchgehend mit S. Ma. zusammen in einer Beziehung.

Ich habe drei Kinder. D. lebt bei mir und S. Ma.. Um. lebt bei seiner Mutter in Mö.. Ich habe fast jedes Wochenende Kontakt zu Um.. Mi. lebt seit 1,5 bis 2 Jahren bei seiner Großmutter B. Sc., meiner Schwiegermutter. Mi. fing in der Pubertät mit Problemen an, deshalb nahm ich Unterstützung durch MAF in Anspruch. Mi. ist eigentlich wieder bei uns. Wenn ich gefragt werde, wo er nun lebt, gebe ich an, dass er bei der Oma angemeldet ist, dass er jedes Wochenende und an Feiertagen bei uns ist; meistens ist er bei uns; eigentlich ist er jeden Tag bei uns.

Mi. und D. sind österreichische Staatsbürger. Um. ist türkischer Staatsbürger. Meine Frau S. hat keine weiteren Kinder.

Ich wohne in der E.-gasse. Bei mir wohnen D. und S.. Ich lebe mit S. zusammen, seit ich aus der Haft entlassen worden bin, dies war 2006. Wenn ich gefragt werde, ob ich vor 2006 auch mit meiner Frau zusammen lebte, gebe ich an, dass ich davor auch mit ihr zusammen lebte. Ich lebe mit ihr seit 2000 zusammen, unterbrochen wurde dies nur durch meine Haftzeiten. Wenn mir die unterschiedlichen Meldungen im ZMR von mir und meiner Frau vorgehalten werden, gebe ich an, dass ich bei meinem Vater gemeldet war, um bei ihm mitversichert zu sein.

Meine Eltern leben in Österreich seit ca. 35 Jahren. Meine Mutter ist österreichische Staatsbürgerin, mein Vater ist türkischer Staatsangehöriger. Ich habe zwei Brüder und eine Schwester. Meine drei Geschwister wurden in Österreich geboren und leben auch nach wie vor in Österreich.

Ich habe Pflichtschulabschluss. An Lehren machte ich Maler und Anstreicher sowie Spengler. Diese Lehren habe ich jedoch abgebrochen. Seit ich mit der Schule fertig bin, habe ich immer gearbeitet. Ich möchte, sobald ich kann, wieder arbeiten gehen.

Ich lebe seit meinem 7. Lebensjahr durchgehend in Österreich. Wenn mir vorgehalten wird, dass die erste Eintragung im ZMR mit 1998 aufscheint, gebe ich an, dass ich schon länger hier lebe und verweise hierzu auf den alten Pass meiner Mutter, wonach Stempeln aus 1988 und 1989 betreffend mich enthalten sind.

Wenn ich gefragt werde, in welchem Zeitraum ich mich legal und in welchem Zeitraum ich mich illegal in Österreich aufhielt, gebe ich an, dass ich nie illegal in Österreich war. Dies ist mein Land. Wenn ich auf mein Aufenthaltsverbot angesprochen werde, gebe ich an, dass ich nach der Haft nicht in Schubhaft gekommen bin. Wenn ich gefragt werde, in welchem Zeitraum ich mich nicht in Österreich aufhalten durfte, gebe ich an, dass ich das nicht weiß. Wenn mir vorgehalten wird, dass gegen mich offenbar ein Aufenthaltsverbot bestand, gebe ich an, dass ich davon in der Haft erfuhr. Ich habe dagegen aber gleich Beschwerde erhoben. Die haben mich dann weiter arbeiten lassen, weil ich ein braver Bürger war (seitens des Richters wird festgehalten, dass der BF offenbar nicht klar zum Ausdruck bringen kann, inwieweit gegen ihn ein Aufenthaltsverbot bestand).

Ich bin zweifach vorbestraft, und zwar einmal wegen bewaffnetem Raub. Es war eine Spielzeugpistole. Es gab Streit mit einem Dealer. Zwei Freunde von mir waren involviert. Ich weiß bis heute nicht, warum ich verurteilt wurde.

Zwei Monate nach meiner Haftentlassung machte mein Bruder in einem Lokal Sachen, der Polizist sagte, ich soll gegen meinen Bruder aussagen, dann könne ich gehen. Ich habe nicht gegen meinen Bruder ausgesagt und deswegen wurde ich verurteilt. [Auf Nachfrage zur] Straftat gebe ich an, dass bei mir auch ein 1 g Gras gefunden wurde.

Auf Nachfrage nach weiteren Straftaten gebe ich an, dass ich keine weiteren Straftaten begangen habe. Wenn mir vorgehalten wird, dass ich ein weiteres Mal verurteilt wurde wegen Drogen, gebe ich an, dass ich in der Haft mit Drogen erwischt wurde. Wenn ich gefragt werde, ob ich nach 2006 weitere Straftaten begangen habe, gebe ich an, nein. Nach der Haft war ich brav. Ich ging nicht einmal bei Rot über die Kreuzung. Aus Fehlern lernt man. Zu Verkehrsdelikten angesprochen, gebe ich an, dass es Vorfälle mit dem Auto gab. Einmal konnte ich den Führerschein nicht nachweisen, aber ich hatte einen. Ein weiteres Mal wurde ich ebenfalls ohne Führerschein erwischt. Ich hatte keinen Führerschein, er war beim Verkehrsamt. Wenn mir vorgehalten wird, dass ich laut LPD 14 verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen habe und hinsichtlich Strafen des Magistrates der Stadt Wien 5 Vorstrafen habe, gebe ich an, dass meine Frau immer ein Auto brauchte, ich aber mit dem Auto nicht fahren wollte. Seit 2015 habe ich aber kein Auto mehr. Zu den Magistratsstrafen gefragt, gebe ich an, dass unser Hund einen Zaun kaputt gemacht hat und mit einem anderen Hund kämpfte und wir auch keinen Hundeführschein hatten.

Wenn ich unter Hinweis auf die Einträge bei der Polizei nach Suchtmitteln nach 2006 gefragt werde, gebe ich an, dass ich voriges Monat krank war. Ich nahm Medizin und musste mich vor der Apotheke übergeben. Ich ging dann zu einem Jugo und kaufte Heroin. Ich habe es gesnieft und am nächsten Tag ging ich normal zur Apotheke. Vor einem Monat habe ich dann auch mit der Polizei zusammen gearbeitet. Ich wirkte an der Aufarbeitung einer Straftat mit. Was ich damals vor einem Monat kaufte, habe ich nicht alles genommen, sondern hatte ein Teil in der Hosentasche einstecken. Polizisten griffen mich auf und brachten mich zur Polizeistation. Ich arbeitete mit der Polizei zusammen und half ihnen bei der Identifikation des Dealers. Dies trug dazu bei, dass die Dealer festgenommen wurden. Wenn ich nochmals gefragt werde, ob ich seit 2006 noch weiteren Kontakt mit Drogen hatte, gebe ich an, dass ich seit diesem Zeitraum keinen Kontakt mit Drogen hatte, außer dem Vorfall vor einem Monat. Ich habe einen großen Hass auf Drogen.

Seit ca. 3 Jahren bin ich ohne Einkommen, ich habe kein Vermögen. Meine Frau bekommt ca. € 160,-- pro Monat Familienbeihilfe.

Ich müsste für meinen Sohn Um. monatlich € 127,-- bezahlen, was ich jedoch mangels Einkommen nicht kann (der BFV bringt hierzu vor, dass auf Grund der rechtlichen Unmöglichkeit der Arbeitsaufnahme tatsächlich der BF einkommenslos ist und er auch nicht unterhaltsrechtlich zum Einkommenserwerb angespannt werden kann). Ich habe keine Schulden. Bei der Bank Austria habe ich € 2.600,-- Schulden.

Meine Frau hat keine Schulden. Sie hat keinen Kredit. Wenn ich gefragt, ob es eine Pfändung bei meiner Frau gibt, gebe ich an, dass es eine Pfändung gibt, und zwar ca. € 500,-- an die Stadt Wien, da Mi. bei der Großmutter lebt. Wenn ich gefragt werde, warum die Stadt Wien € 500,-- bekommt, wenn mein Sohn bei der Oma lebt, gebe ich an, dass sie meine Frau fragen müssen.

Zur Wohnung lege ich einen Vorvertrag der Stadt Wien (Wiener Wohnen) lautend auf meine Gattin vor, betreffend Wien, E.-gasse. Die Wohnung ist ca. 75 m² groß. Die Miete beträgt ca. € 718,--.

Ich bin bei meiner Frau krankenversichert.

In der Türkei habe ich keine Verwandte. Meine Verwandten leben alle in Österreich. Ich habe keinen Kontakt mehr in die Türkei. In der Türkei fehlt mir auch jegliche Existenzgrundlage.

In die Türkei kann ich nicht, da mich mein Ex-Schwiegervater erschießen würde. Mein Leben findet in Österreich statt. Ich habe keinen Bezug mehr in die Türkei. Auch meine Frau und meine Kinder wollen nicht in die Türkei. Wir haben hier in Österreich unser Leben. Meine Frau spricht nicht Türkisch. Meine Kinder sprechen ebenfalls nicht Türkisch. Meine drei Kinder sind in Österreich geboren und in Österreich aufgewachsen. Zu Hause wurde immer Deutsch gesprochen. Wir haben mit der türkischen Kultur nichts mehr zu tun.“

Die Zeugin S. Ma. gab in der Verhandlung vom 7.11.2017 an:

„Ich bin in Österreich geboren und aufgewachsen und bin österreichische Staatsbürgerin. Ich war auch noch nie in der Türkei.

Dies ist meine erste Ehe. Ich habe zwei Kinder. Vater der Kinder ist der BF. Die Kinder heißen D. und Mi.. Ich bin in W. aufgewachsen. In die Türkei möchte ich nicht ziehen. Ich wüsste auch nicht wohin. Wir haben jetzt ein Haus von der Stadt Wien im ... Bezirk und das war immer unser Wunsch. Ich und der BF sind seit September 2000 zusammen. Bis auf das erste Jahr und die Haftzeiten lebten wir durchgehend zusammen.

Zu meinem Konto möchte ich angeben, dass dieses Konto auch von meinem Mann benutzt wird. Es handelt sich um ein gemeinsames Konto.

Ich verdiene monatlich netto € 2.170,--. Dies 14 Mal im Jahr. Vom Nettolohn werden monatlich ca. € 420,-- abgezogen. Dies ist für meinen Sohn Mi., der bei meiner Mutter lebt. Mi. hat in der Schule Probleme. Wir haben uns daher mit dem MAF zusammengeredet. Da ich Vollzeit arbeitete, konnte ich meinen Sohn nicht ausreichend kontrollieren und er ging daher zu meiner Mutter. Am Wochenende und in den Ferien ist er immer bei uns. Wie es mit dem Sohn weiter geht (ob er bei der Oma bleibt oder zurückkommt), bleibt offen. Ich bekomme Familienbeihilfe in der Höhe von € 197,-- monatlich (im September eine erhöhte Familienbeihilfe). Weiteres Einkommen oder Vermögen habe ich nicht. Die Miete beträgt € 710,-- bis € 720,--. Strom und Gas betragen monatlich € 100,--. Fernsehen, Telefon und Internet haben wir nicht. Unterhaltsansprüche oder Verpflichtungen habe ich, abgesehen von Mi., nicht. Mein Mann leistet aktuell für seinen Sohn Um. keinen Unterhalt. Wenn ich nach Schulden gefragt werde, gebe ich an, dass ich Kleinigkeiten an Schulden habe, insgesamt vielleicht € 2.000,--. Ab und an kommt der Gerichtsvollzieher und sagt, dass etwas offen ist. Bei der Polizei ist nichts mehr offen. Es sind Kleinigkeiten, Näheres kann ich dazu nicht sagen.

Ich bin Hauptmieterin der Wohnung in Wien, E.-gasse. Der Mietvertrag ist unbefristet.

Ich war vorbestraft, bin es aber jetzt nicht mehr. Kontakt mit Drogen habe ich nicht mehr, dies seit ca. 10 Jahren. Befragt, ob mein Mann Kontakt mit Drogen hat, gebe ich an, ich glaube nicht. Ich wüsste nicht, dass er in den letzten 10 Jahren Drogen genommen hätte.“

In der Verhandlung vom 12.1.2018 gab der Beschwerdeführer an:

„Nachdem der BF ein weiteres Mal befragt wird, ob er zwischen dem Jahr 2006 und nunmehr weitere Straftaten begangen hat, gibt er an, dass dies nicht der Fall ist. Lediglich der Konsum von Heroin unter Hinweis auf die letzte Verhandlung (Apotheke) wird zugestanden.

Mit meiner nunmehrigen Frau, S. Ma., lebe ich seit meiner Haftentlassung 2006 zusammen.

In den letzten 10 Jahren war ich kein einziges Mal in der Türkei. Ich war in meinem ganzen Leben drei/vier Mal in der Türkei.

Wenn ich dazu befragt werde, dass laut ZMR mein Wohnsitz 2014 und 2016 mit PAZ ... aufscheint, gebe ich an, dass ich wegen Verwaltungsstrafen Haftstrafen antreten musste. Dies machte ich freiwillig.

Wenn ich zum Auszug SVA befragt werde, gebe ich an, dass ich 2009 bis 2013 bei R. gearbeitet habe. Ich lege hiezu meinen Lebenslauf vor. Weiters verweise ich darauf, dass ich hiezu berechtigt war, da ich seit meiner Kindheit ein unbefristetes Visum hatte. Seit meiner Beschäftigung bei R. bin ich arbeitslos.

Zum vorgelegten Schreiben A. gebe ich an: Ich könnte dort anfangen zu arbeiten, aber ich könnte auch bei meiner alten Firma R. anfangen, das wäre mir lieber, da sind vertraute Gesichter.

Verlesen wird der Akt ..., übermittelt von der Staatsanwaltschaft.

Nachdem dem BF vorgehalten wird, dass laut Aktenlage aufscheint, dass es zu mehrfachem Drogenkonsum kam, gibt der BF an: Ich arbeitete mit der Polizei zusammen. Ich bin ein ehrlicher Mensch. Auf Vorhalt der Beschuldigteneinvernahme vom 20.3.2009 und Frage hiezu, ob ich 2008 Heroin und Kokain konsumierte, gebe ich an: Ich wollte einen Aufenthaltstitel, deshalb habe ich mit der Polizei zusammen gearbeitet. Ich war dazwischen aber auch ein anständiger Bürger. Zum Drogenkonsum befragt, gebe ich an, dass ich, nachdem die Polizei mit der Arbeit fertig war, von den Drogen wieder weg war. Ich konsumierte Drogen, aber ich möchte darauf hinweisen, dass ich nicht abhängig war und auch nicht wurde. In weiterer Folge werden diverse Unterlagen aus dem Akt mit dem BF erörtert, z.B. Abschlussbericht vom 25.6.2012, Beschuldigteneinvernahme vom 14.6.2012, Beschuldigteneinvernahme vom 5.10.2013. Der BF gibt hiezu an: Ich bestreite nicht weiter, dass ich bis 2013 Drogen konsumiert habe. Seit 2013 konsumiere ich keine Drogen mehr, bis auf den Vorfall bei der Apotheke.

Sobald ich einen Aufenthaltstitel habe, werde ich sofort einer Berufstätigkeit nachgehen. Ich arbeite wieder bei R., wo ich schon früher gearbeitet habe.

Ich möchte darauf hinweisen, dass ich ein anständiger Bürger sein möchte.“

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen zuständigen Richter erwogen:

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, welcher als erwiesen festgestellt wird:

Der Beschwerdeführer wurde am ... 1979 in der Türkei geboren. Er ist türkischer Staatsangehöriger.

Seit wann sich der Beschwerdeführer genau in Österreich aufhält, lies sich nicht mehr exakt feststellen. Er verfügte ursprünglich über einen „Sichtvermerk mit unbefristeter Gültigkeitsdauer“ und befindet sich jedenfalls seit 1991 (zumindest im Wesentlichen durchgehend) in Österreich.

Die Mutter des Beschwerdeführers ist österreichische Staatsbürgerin, sein Vater türkischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer hat zwei Brüder, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, und eine Schwester, die ebenfalls die österreichische Staatsbürgschaft besitzt. Sowohl die Eltern des Beschwerdeführers als auch seine Geschwister leben in Österreich. Auch der Rest der Familie des Beschwerdeführers lebt in Österreich.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in der Türkei und auch sonst keine Bindung mehr an die Türkei. In den vergangenen 10 Jahren war der Beschwerdeführer kein einziges Mal in der Türkei.

Am ... 1997 heiratete der Beschwerdeführer die türkische Staatsangehörige G. Y.. Aus dieser Ehe ging ein Sohn, Um. U. (geboren am ... 2002, türkischer Staatsangehöriger), hervor. Diese Ehe wurde am 9. Dezember 2008 durch den Beschluss des Bezirksgerichts ... geschieden. Seit der Scheidung steht der geschiedenen Ehegattin des Beschwerdeführers, Frau G. U. (vormals Y.), die alleinige Obsorge über das gemeinsame Kind zu. Das Kind wohnt derzeit bei seiner Mutter in Mö.. Der Beschwerdeführer müsste seinem Sohn, Um. U., monatlich EUR 127,- an Unterhalt leisten, was er jedoch auf Grund fehlender finanzieller Mittel unterlässt.

Am ... 2016 heiratete der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerin S. Ma.. Die beiden sind bereits seit dem Jahr 2000 in einer Beziehung und leben seit vielen Jahren zusammen. S. Ma. und der Beschwerdeführer haben zwei gemeinsame Söhne, D. Ma. (geboren am ... 2003) und Mi. Ma. (geboren am ... 2001). Der Beschwerdeführer und seine Ehegattin werden seit Februar 2013 vom Jugendamt im Rahmen der Mobilen Arbeit mit Familien betreut. Der ältere Sohn des Ehepaars, Mi. Ma., wohnt bei der Mutter der Ehegattin des Beschwerdeführers. Wochenenden und Ferien verbringt Mi. Ma. bei dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau, S. Ma..

S. Ma. war noch nie in der Türkei und ist der türkischen Sprache nicht mächtig. Auch die Kinder des Beschwerdeführers sprechen kein Türkisch.

Der Beschwerdeführer wohnt gemeinsam mit S. Ma. und seinem Sohn, D. Ma., in der E.-gasse, Wien. Die Wohnung hat eine Größe von 74,35 m2; die Mietkosten betragen monatlich rund EUR 718,28.

S. Ma. arbeitet bei der H. GmbH und verdient monatlich netto rund EUR 2.170,-. Davon werden ihr rund EUR 420,- für die Fremdbetreuung ihres Sohnes Mi. Ma. abgezogen.

Der Beschwerdeführer hat einen Abstattungskredit bei der UniCredit Bank Austria AG – seinen Angaben zu Folge über EUR 2.600,- - offen.

Gegen die Ehegattin des Beschwerdeführers bestehen Forderungen aus Girokontoverbindungen der Bank Austria Creditanstalt AG in der Höhe von weniger als EUR 1.000,-.

Weder der Beschwerdeführer noch seine Ehegatten verfügen über ein Sparguthaben. Die Ehegattin des Beschwerdeführers erhält Familienbeihilfe in der Höhe von monatlich EUR 197,20.

Die Ehegattin des Beschwerdeführers ist durch ihre Tätigkeit bei H. GmbH bei der WGKK krankenversichert. Der Beschwerdeführer ist bei der Ehegattin mitversichert.

Der Beschwerdeführer besuchte zwischen 1985 und 1989 die Volksschule in Wien und zwischen 1989 und 1993 die Hauptschule. Danach begann der Beschwerdeführer eine Lehre, zunächst als Maler und Anstreicher, dann als Spengler. Beide Lehren brach der Beschwerdeführer ab.

Der Beschwerdeführer war zwischen April 2009 und September 2009 immer wieder und von September 2009 bis Dezember 2013 schließlich durchgehend bei der R. GmbH angestellt. Auch zwischen 2007 und 2009 und zuvor zwischen 2000 und 2002 ging der Beschwerdeführer immer wieder einer Erwerbstätigkeit nach. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer erneut einer Erwerbstätigkeit bei der R. GmbH nachgehen wird, sobald er einen Aufenthaltstitel erhält.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich bescholten. Er wurde mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. November 2003, Zl. ..., wegen folgender Straftat verurteilt:

„M. U. und E. YI. sind schuldig, sie haben am 21.5.2003 in Wien dadurch, dass M. U. den T. am Oberarm erfasste und äußerte „schrei nicht, sonst schieße ich“, wobei er eine Gaspistole an dessen Schläfe drückte und E. YI. ein Küchenmesser in der Hand hielt und ihn damit bedrohte und beide Teile T. aufforderten Suchtgift auszuspucken und seine Geldbörse sowie sein Handy herzugeben, worauf T. ihnen seine Geldbörde und € 50,-- übergab, mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) einem anderen eine fremde bewegliche Sache, nämlich € 50,-- mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie den Raum unter Verwendung einer Waffe verübten.

Sie haben hiedurch das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, 1. Satz, 2. Fall StGB begangen und werden hierfür nach dem § 143, 1. Strafsatz, StGB zu Freiheitsstrafen und zwar

M. U. unter Anwendung des § 41 Abs. 1 Zi 3 StGB in der Dauer von

4 (vier) Jahren

sowie E. YI. in der Dauer von

6 (sechs) Jahren

verurteilt.“

Mit dem Urteil des Bezirksgerichts ... vom 16. November 2004, Zl. ..., wurde der Beschwerdeführer wegen folgender Straftat verurteilt:

„M. U. ist schuldig, er hat den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtmittel besessen, und zwar am 21.06.2004 in der JA ... 1, 3 g Cannabis.

M. U. hat hiedurch

das Vergehen nach § 27 Abs 1 1. u. 2. Fall SMG

begangen und wird hiefür nach diese Gesetzesstelle zu einer

Geldstrafe in der Höhe von 60 Tagessätzen

verurteilt.“

Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. März 2006, Zl. ..., wurde der Beschwerdeführer wegen folgender Straftat verurteilt:

„Me. U. und M. U. haben in Wien

den bestehenden Vorschriften zuwider anderen gewebsmäßig Suchtgift von zumindest durchschnittlichem Wirkstoffgehalt („Straßenqualität“)

I./überlassen, und zwar

2.) M. U.

a.) Am 13.2.2006 durch Verkauf von 1,1 Gramm brutto Marihuana an Bi. Aj.;

b.) von ca. Anfang Dezember 2005 bis 13.2.2006 durch Verkauf von zumindest 15 Gramm Marihuana in etwa 15 Angriffen an F. De.;

II./ zu überlassen versucht, und zwar

2.) Me. U. und M. U. am 13.2.2006 durch Bereithalten von ca. 20,9 Gramm brutto Marihuana zum unmittelbar bevorstehenden Verkauf an unbekannte Suchtgiftkonsumenten;

Strafbare Handlung(en):

M. U.

zu I./2. und II./2.: das teils vollendete, teils versuche Vergehen nach § 27, Abs 1 und 2 Z 2 1. Fall SMG, § 15 StGB

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen:-

Anwendung weiterer gesetzlicher Bestimmungen: § 34 SMG iVm § 26 1 StGB

§ 20 Abs 1 Z 1 StGB

Strafe:

M. U.

nach § 27 Abs 2 SMG 8 Monate Freiheitsstrafe,

Angerechnete Vorhaft:

M. U.: 14.2.2006, 12.55 Uhr bis 22.3.2006, 12.30 Uhr

Kostenentscheidung: Gemäß § 389 Abs 1 StPO werden die Beschuldigten zum Ersatz der Kosten dieses Verfahrens verurteilt.“

Wegen der soeben genannten Verurteilungen befand sich der Beschwerdeführer zwischen 2003 und 2006 - mit Unterbrechungen - in Haft.

Der Beschwerdeführer konsumierte auch nach der Haftentlassung weiterhin regelmäßig Drogen. So steht fest, dass er zwischen Jänner 2007 und Juni 2007, von September 2008 bis November 2008, von Mitte Mai 2012 bis 5. Juni 2012 und von 13. September 2013 bis 3. Oktober 2013 Kokain, Heroin sowie Marihuana zum Zwecke des Eigenkonsums erworben und besessen hat. Ca im Oktober 2017 erwarb und konsumierte er Heroin.

Während seines Haftaufenthaltes absolvierte der Beschwerdeführer zwei Deutschkurse, den Staplerschein und die Lagerfacharbeiterprüfung.

Der Beschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse.

Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten. So sind gegen den Beschwerdeführer folgende verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen offen:

Geschäftszahl

Rechtsnorm

VStV/...67/2015

§ 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG

VStV/...67/2015

§ 18 Abs. 3 StVO

VStV/...67/2015

§ 102 Abs. 1 iVm § 36 lit. e und § 57a Abs. 5 KFG

VStV/...77/2014

§ 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG

VStV/...77/2014

§ 99 Abs. 1 und Abs. 5 KFG

VStV/...77/2014

§ 102 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 KFG iVm § 4 Abs. 4 Z 1 KDV

VStV/...77/2014

§ 102 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 2 KFG

VStV/...77/2014

§ 102 Abs. 1 iVm § 4 Abs. 2 KFG

VStV/...77/2014

§ 102 Abs. 1 iVm § 36 lit. e und § 57a Abs. 5 KFG

VStV/...77/2014

§ 102 Abs. 1 iVm § 19 Abs. 2 KFG

S ...17/O/12

 

S ...17/O/12

 

S ...17/O/12

§ 7 VStG iVm § 36 lit. a KFG

S ...17/O/12

§ 37 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 3 FSG

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 1. August 2005, Zl III-711768/FrB/05, wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom UVS abgewiesen. Der Beschwerdeführer verblieb – ohne aufenthaltsberechtigt zu sein – bis dato in Österreich. Mit Bescheid des BFA vom 19.6.2015, Zl. 388836708-14505072, wurde das Aufenthaltsverbot aufgehoben.

Beweiswürdigung

Eingangs ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in den Verhandlungen einen absolut unglaubwürdigen Eindruck vermittelte. Es steht fest, dass er wiederholt die Unwahrheit sagte (zB in Bezug auf seine strafgerichtlichen Verurteilungen). Erst dann, wenn er mit nicht widerlegbaren Fakten konfrontiert wurde, gestand er die Unwahrheit seiner Aussagen ein bzw versuchte er diese mit Ausreden zu rechtfertigen. So versuchte er, nachdem er mit diversen Drogendelikten, die sich aus Protokollen des Aktes ... ergaben, konfrontiert wurde, seine Straftaten in abenteuerlicher Verantwortung dahingehend zu relativieren, dass er – freilich unglaubwürdig - angab, lediglich als Spitzel für die Polizei gearbeitet zu haben. Zu seinen Vorstrafen gab er beispielsweise an, er wisse bis heute nicht warum er verurteilt worden zu sein. Es fehlt dem Beschwerdeführer hierzu nicht nur an jeglicher Glaubwürdigkeit, sondern verfügt er offenkundig auch über keine Schuldeinsicht, vielmehr versuchte er ständig, sein strafbares Verhalten zu relativieren und zu verschleiern. Seine Aussagen in den Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht, waren offenkundig ausschließlich vom Motiv getragen, einen Aufenthaltstitel zu erlangen und gestaltete er demensprechend seine Aussagen in der Absicht für ihn Günstiges zu behaupten und Ungünstiges zu leugnen. Eine Bereitschaft an der Wahrheitsfindung mitzuwirken – und zwar losgelöst von persönlichen Interessen – bestand bei ihm nicht.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer, auch nach seiner Haftentlassung weiterhin regelmäßig Drogen konsumierte, ergibt sich aus dem Akt der Staatsanwaltschaft, Zl. ..., der mit dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 18. Jänner 2018 eingehend erörtert wurde und er daraufhin seine darin aufscheinenden Drogendelikte nicht weiter in Abrede stellte. Im Übrigen ergibt sich aus allen beigeschaffenen Akten ein wiederholter Drogenkonsum. Im Akt des BFA stammt – beispielsweise – die erste Anzeige iZm Suchtmittel aus dem Jahr 1996.

Die Feststellung, dass gegen den Beschwerdeführer am 1. August 2005 ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde, das am 19. Juni 2015 wieder aufgehoben wurde, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zl. III-711768/FrB/05, und den Feststellungen im verwaltungsbehördlichen Akt. Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer jedenfalls seit 1991 in Österreich aufhält, ergibt sich ebenso aus dem Akt des BFA.

Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr durchgehend illegal im Bundesgebiet aufhält, ergibt sich aus dem verwaltungsbehördlichen Akt.

Im Übrigen ergibt sich der festgestellte Sachverhalt aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten verwaltungsbehördlichen Aktes, aus den schriftlichen Vorbringen des Beschwerdeführers sowie aus den Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 8 NAG berechtigt der Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zur befristeten Niederlassung mit der Möglichkeit, anschließend einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ zu erhalten.

Gemäß § 47 Abs. 1 NAG sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 dieser Norm Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

Gemäß § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat und

7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

§ 11 Abs. 3 NAG normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.       der Grad der Integration;

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

Gemäß § 292 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Wert der vollen freien Station EUR 288,87.

Gemäß § 293 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Richtsatz

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,  

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der

eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1 363,52 €

bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen  909,42 €,

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder

Pension nach § 259       909,42 €,

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:  

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres    334,49 €,

falls beide Elternteile verstorben sind    502,24 €,

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres    594,40 €,

falls beide Elternteile verstorben sind    909,42 €.

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 140,32 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres nicht erreicht.

Eingangs ist festzuhalten, dass der zu beurteilende Sachverhalt nicht der Stillhalteklausel des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980 unterliegt.

Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 (ARB), lautet:

"Artikel 13. Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei dürfen für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen."

Liegt die Unregelmäßigkeit des Aufenthalts des Fremden schon von vornherein vor, und zwar insbesondere vor seiner Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin und damit unabhängig von der mit 1. Jänner 2006 durch das NAG 2005 eingeführten "neuen Beschränkung", so ist die Unregelmäßigkeit der Situation des Fremden gerade nicht infolge der Anwendung der neuen Bestimmungen eingetreten; sie hatte sich vielmehr schlicht dadurch ergeben, dass er während seines Asylverfahrens keine gesicherte, sondern nur eine vorläufige Position im österreichischen Hoheitsgebiet innehatte. Sein Aufenthalt war daher nicht "ordnungsgemäß", weshalb er sich nicht auf die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 berufen kann (vgl. VwGH vom 15.10.2015, Zl. Ra 2015/21/0117 und vom 20.07.2016, Zl. Ro 2015/22/0031).

Im gegenständlichen Fall bestand gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot, da er auf Grund seiner Straftaten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdete. Dessen ungeachtet verblieb der Beschwerdeführer in Österreich, wo er sich nach wie vor unrechtmäßig aufhält. Mangels ordnungsgemäßen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich ist daher Art. 13 ARB nicht anzuwenden.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

Gemäß § 21 Abs. 3 NAG kann die Behörde abweichend von Abs. 1 auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

1.       im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder

2.       zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.

Gemäß § 21 Abs. 2 Z 1 NAG sind Familienangehörige von Österreichern nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts abweichend von Abs. 1 zur Antragstellung im Inland berechtigt.

Der Beschwerdeführer stellte am 23. Oktober 2015 im Inland einen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“. Grundsätzlich wäre er gem. § 21 Abs. 2 Z 1 NAG auch zur Antragstellung im Inland berechtigt; dies allerdings nur nach seiner rechtmäßigen Einreise und während seines rechtmäßigen Aufenthalts.

Gemäß Art. I Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (Visumpflichtverordnung), müssen Staatsangehörige der in der Liste in Anhang I aufgeführten Drittländer beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein. Die Türkei scheint im Anhang I der Visapflichtverordnung auf.

Der Beschwerdeführer ist jedoch entgegen Art. I Abs. 1 Visumpflichtverordnung nicht im Besitz eines Visums; vielmehr befindet er sich derzeit illegal in Österreich. Insofern wäre der Beschwerdeführer gem. § 21 Abs. 1 NAG verpflichtet gewesen, seinen Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ bei der österreichischen Vertretungsbehörde Ausland zu stellen. Da der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels jedoch unmittelbar bei der belangten Behörde einbrachte, liegt eine unzulässige Inlandsantragstellung gem. § 21 Abs. 1 NAG vor.

Gemäß § 21 Abs. 3 NAG kann die Behörde abweichend von Abs. 1 auf begründeten Antrag die Antragstellung zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3) im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gem. § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Bei der hier vorzunehmenden Beurteilung nach Art. 8 EMRK ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Versagung eines Aufenthaltstitels mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der im § 11 Abs. 3 NAG genannten Kriterien, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen.

Am 4. Juni 2016 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag gem. § 21 Abs. 3 NAG.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zur vorzunehmenden Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG aus, Art. 8 EMRK verlange eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich. Dieses Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des besagten persönlichen Interesses ist aber auch auf die Auswirkungen, die eine allfällige fremdenpolizeiliche Maßnahme auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer fremdenpolizeilichen aufenthaltsbeendenden Maßnahme entgegensteht bzw. humanitäre Gründe im Sinn der §§ 72 ff. NAG (in der Fassung vor BGBl. I Nr. 29/2009) zu bejahen sind. Maßgeblich sind dabei die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität und die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat. Aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, sind bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (vgl. etwa VfGH vom 29.9.2007, B 1150/07, VwGH vom 22.11.2007, Zl. 2007/21/0317, 0318, sowie vom 18.6.2009, Zl. 2008/22/0387).

Die nach § 11 Abs. 3 NAG vorzunehmende Interessensabwägung erfordert eine fallbezogene Auseinandersetzung mit den konkreten Lebensumständen des Fremden und dem daraus ableitbaren Interesse an der Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens in Österreich (vgl. VwGH vom 22. Dezember 2009, Zl. 2008/21/0379). Somit ist für die Beurteilung, ob die Versagung eines Aufenthaltstitels einen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben darstellt, an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles und unter Bedachtnahme auf die in § 11 Abs. 3 Z 1 bis 9 genannten Kriterien eine gewichtende Gegenüberstellung des Interesses des Fremden an der Erteilung des Aufenthaltstitels und dem öffentlichen Interesse an der Versagung vorzunehmen (vgl. VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/21/0182).

Eine wie vom Gerichtshof geforderte Abwägung öffentlicher und privater Interessen führt zu nachstehenden Erwägungen:

Wesentlich erscheinen bei der Beurteilung der öffentlichen Interessen an der Versagung des beantragten Aufenthaltstitels die unzulässige Inlandsantragstellung sowie der weiterhin andauernde unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und die Gefährdung öffentlicher Interessen maßgeblich. Auf das dadurch beeinträchtigte öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Wesentlich bei der Beurteilung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers ist die Tatsache, dass er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet ist und das Ehepaar zwei gemeinsame Kinder hat, die ebenfalls beide die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Das erste Kind des Beschwerdeführers aus erster Ehe lebt ebenfalls in Österreich. Die Ehegattin des Beschwerdeführers war noch nie in der Türkei und ist der türkischen Sprache nicht mächtig. Auch die Kinder des Beschwerdeführers sprechen kein Türkisch.

Nicht nur die Ehegattin und die Kinder des Beschwerdeführers leben in Österreich. Vielmehr befindet sich die gesamte Familie des Beschwerdeführers, also seine Eltern und seine Geschwister, in Österreich. Sowohl die Mutter des Beschwerdeführers als auch seine drei Geschwister besitzen die österreichische Staatsbürgerschaft.

Umgekehrt hat der Beschwerdeführer keine Angehörigen mehr in der Türkei und hat auch sonst keine Bindungen mehr an seinen Heimatstaat.

Der Beschwerdeführer befindet sich jedenfalls seit 1991 in Österreich. Zu bemerken ist an dieser Stelle auch, dass der Beschwerdeführer trotz Aufenthaltsverbotes in Österreich – wenn auch unrechtmäßig - verbleiben konnte, da - wie dem Akt des BFA zu entnehmen ist - eine „Außerlandesbringung“ des Beschwerdeführers durch das BFA nicht weiter betrieben wurde.

Der Beschwerdeführer hat seine gesamte Schulpflicht in Österreich absolviert und machte danach eine Lehre, zunächst als Maler und Anstreicher, dann als Spengler. Der Beschwerdeführer ist daher weitgehend in Österreich sozialisiert. Der Beschwerdeführer verfügt auch über gute Deutschkenntnisse. Er war mühelos in der Lage, Fragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ohne Zuhilfenahme des Dolmetschers zu verstehen und zu beantworten. Der Beschwerdeführer ist in Österreich bereits verschiedenen Erwerbstätigkeiten nachgegangen. Es ist auch davon auszugehen, dass er abermals einer Erwerbstätigkeit nachgehen wird, sobald er den gewünschten Aufenthaltstitel erhält. Der Beschwerdeführer ist daher nicht nur sozial, sondern auch beruflich in Österreich integriert.

Soweit der Beschwerdeführer darlegte, bereits ein Privat- und Familienleben in Österreich aufgebaut zu haben, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass das durch eine soziale Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht gemindert ist, wenn der Fremde keine genügende Veranlassung gehabt hat, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt auszugehen. In diesem Sinn darf die Behörde nach § 21 Abs. 3 Z 2 iVm. § 11 Abs. 3 Z 8 NAG bei der Interessenabwägung darauf Bedacht nehmen, ob das Privat- und Familienleben der Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenth

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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