TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/11 2000/11/0024

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Veröffentlicht am 11.04.2000
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Index

90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §25 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der H in H, vertreten durch Mag. Gerald Hamminger, Rechtsanwalt in 5280 Braunau, Industriezeile 54, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. Dezember 1999, Zl. VerkR-393.662/3-1999-Au/Hu, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 Führerscheingesetz (FSG) die Lenkberechtigung für die Klassen B und F entzogen und gemäß § 25 Abs. 2 FSG ausgesprochen, dass "die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung festgesetzt wird"; weiters wurde ihr das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung verboten.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Entziehungsverfahren wurde auf Grund eines Berichtes des Gendarmeriepostenkommandos Ach-Hochburg vom 20. März 1999 betreffend Auffälligkeiten im Verhalten der Beschwerdeführerin eingeleitet. Im Zuge dieses Verfahrens erging der Bescheid der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Braunau, vom 31. Mai 1999, mit dem die Beschwerdeführerin zur Beibringung einer Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie zwecks Abklärung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen binnen drei Wochen aufgefordert wurde. Mit Bescheid vom 4. August 1999, der Beschwerdeführerin offenbar zugestellt am 6. August 1999, wurde ihr gemäß § 26 Abs. 5 FSG die Lenkberechtigung entzogen. Nachdem die Erstbehörde (u.a. im Auftrag der Beschwerdeführerin) in den Besitz einer mit 22. Juli 1999 datierten nervenfachärztlichen Stellungnahme gelangt war und diese Stellungnahme über Ersuchen der Erstbehörde am 12. August 1999 über Ersuchen der Erstbehörde eine Ergänzung erfahren hatte, erstattete die Amtssachverständige der Erstbehörde ein mit 12. August 1999 datiertes Gutachten über die gesundheitliche Nichteignung der Beschwerdeführerin zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Hierauf erging der erstinstanzliche Mandatsbescheid vom 16. August 1999 (der Beschwerdeführerin zugestellt am 18. August 1999). Über den dagegen erhobenen "Einspruch" der Beschwerdeführerin erging in der Folge der Vorstellungsbescheid vom 25. August 1999, über das dagegen erhobene Rechtsmittel der angefochtene Bescheid.

Vorauszuschicken ist, dass der Aufforderungsbescheid der Erstbehörde vom 31. Mai 1999 und der Entziehungsbescheid derselben Behörde vom 4. August 1999 insofern rechtswidrig waren, als die Frist zur Beibringung von amtsärztlichen Gutachten nach § 26 Abs. 5 FSG vier Monate beträgt und eine Entziehung der Lenkberechtigung vor Ablauf dieser Frist nicht zulässig ist (abgesehen davon, dass eine Aufforderung zur Beibringung von fachärztlichen "Stellungnahmen" im FSG nicht mehr vorgesehen ist). Diese Rechtswidrigkeiten kommen aber deswegen nicht mehr zum Tragen, weil die genannten Bescheide unbekämpft geblieben und in Rechtskraft erwachsen sind und weil der Entziehungsbescheid jedenfalls durch die Beibringung der geforderten fachärztlichen Stellungnahme gemäß § 26 Abs. 5 FSG seine Rechtswirkungen wieder verloren hat.

Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid auf das Gutachten ihrer ärztlichen Amtssachverständigen vom 28. September 1999, die sich ihrerseits auf eine bereits im erstinstanzlichen Verfahren verwertete "nervenfachärztliche Stellungnahme" vom 22. Juli 1999 samt Ergänzung vom 12. August 1999 bezogen hat. Danach leide die Beschwerdeführerin an einer psychischen Erkrankung (paranoiden Schizophrenie). Diese äussere sich bei der Beschwerdeführerin in Form eines ausgeprägten Verfolgungs- und Vergiftungswahnes und es bestehe der Verdacht auf akustische und optische Halluzinationen. Es zeige sich eine erhebliche Aufmerksamkeitsstörung, woraus sich die Fahruntauglichkeit begründe. Bei der Beschwerdeführerin seien weder Krankheitsgefühle noch -einsicht und daher auch keine Behandlungsmöglichkeit gegeben. Bezüglich des ausgeprägten systematisierten Wahnes bestehe eine erheblich eingeschränkte Kritik- und Urteilsfähigkeit. Durch die fortgeschrittene wahnhafte Störung in Verbindung mit einer erheblichen Aufmerksamkeitsstörung könne ein sicheres Beherrschen eines Fahrzeuges sowie ein vorausschauendes Teilnehmen am öffentlichen Verkehrsgeschehen nicht gewährleistet werden.

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren von der ihr gebotenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu der gutächtlichen Äusserung keinen Gebrauch gemacht.

Der auf die Annahme der gesundheitlichen Nichteignung der Beschwerdeführerin gegründete angefochtene Bescheid erweist sich entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht als rechtswidrig. Dass die Auffälligkeiten im Verhalten der Beschwerdeführerin, die den Anlass für die Einleitung des Entziehungsverfahrens gegeben haben, darauf zurückzuführen seien, dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann "ständige Streitereien" herrschten und sie sich durch ihn geschädigt und bedroht fühle, ändert nichts an den schlüssigen und im Wesentlichen unwidersprochen gebliebenen Ausführungen in den amtsärztlichen Gutachten, vor Allem aber in der darin verwerteten nervenfachärztlichen Stellungnahme. Dasselbe gilt für die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie weise eine lange und beanstandungs- und unfallfreie Fahrpraxis auf. Die ärztliche Beurteilung bezieht sich auf den Zeitpunkt ihrer Erstellung. Damit steht früheres Verhalten der Beschwerdeführerin nicht in zwingendem Widerspruch. In den Gutachten wird schlüssig dargetan, wieso sich der festgestellte Zustand der Beschwerdeführerin auf ihr Vermögen, Kraftfahrzeuge zu Lenken, negativ auswirken kann.

Dass der herangezogene Facharzt für Nervenheilkunde in der BRD niedergelassen ist, ist für die Beurteilung der fachlichen Tragfähigkeit seiner Aussagen nicht von Bedeutung, abgesehen davon, dass er seine "Stellungnahme" u.a. im Auftrag der Beschwerdeführerin erstellt hat.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. April 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000110024.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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