TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/11 2000/11/0012

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Veröffentlicht am 11.04.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §56;
FSG 1997 §23 Abs5;
KFG 1967 §64 Abs5;
KFG 1967 §84 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der R in B, vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Herrengasse 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. November 1999, Zl. MA 65-8/475/99, betreffend Feststellung des Nichtbestehens einer ausländischen Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 23 Abs. 5 Führerscheingesetz (FSG) festgestellt, dass das Recht zum Lenken eines Kraftfahrzeuges in Österreich auf Grund der slowakischen Lenkberechtigung der Beschwerdeführerin für die Klasse B nicht besteht.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin ihren Hauptwohnsitz in der Slowakei hat. Seit 1992 sei sie Arbeitnehmerin eines Unternehmens mit Sitz in Wien und Inhaberin einer in Wien gelegenen Dienstwohnung, wo sie seit 1992 "durchgehend ... gemeldet" sei. Dieser Sachverhalt wird in der Beschwerde nicht bestritten.

§ 23 Abs. 5 FSG lautet:

"Das Lenken von Kraftfahrzeugen und das Ziehen von Anhängern auf Straßen mit öffentlichem Verkehr durch Personen ohne Hauptwohnsitz im Bundesgebiet ist auf Grund einer von einer Vertragspartei des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 222/1955, oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 289/1982, erteilten Lenkberechtigung bis zu einer Dauer von zwölf Monaten ab Eintritt in das Bundesgebiet unbeschadet gewerberechtlicher und arbeitsrechtlicher Vorschriften zulässig, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung das 18. Lebensjahr vollendet hat." (Die Slowakei hat erklärt, sich an das Abkommen BGBl. Nr. 289/1982 gebunden zu erachten).

Die Beschwerdeführerin bestreitet die Zulässigkeit der Erlassung eines Feststellungsbescheides. Vor dem Hintergrund der maßgeblichen Rechtslage, die das Erlöschen der Wirksamkeit einer ausländischen Lenkberechtigung für das Gebiet der Republik Österreich ohne die Voraussetzung, dass ein konstitutiver und bekämpfbarer Rechtsakt gesetzt werden muss, vorsieht, kann dieser Beschwerdebehauptung nicht gefolgt werden. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist ungeachtet des Fehlens einer diesbezüglichen gesetzlichen Ermächtigung zulässig, wenn dies der Klärung eines Rechtsverhältnisses dienlich ist, und liegt insbesondere - wie der vorliegende Fall zeigt - im Interesse der Partei, die unter Zugrundelegung der von ihr nicht geteilten Rechtsansicht der Behörde der Gefahr einer Bestrafung ausgesetzt ist (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., S. 400f, unter 37. und 38. zitierte Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sowie das zur vergleichbaren Regelung des § 64 Abs. 5 KFG 1967 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1997, Zl. 96/11/0028).

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ferner die Auslegung des Begriffes "bis zu einer Dauer von zwölf Monaten ab Eintritt in das Bundesgebiet" strittig. Die belangte Behörde meint, unter dem Eintritt in das Bundesgebiet jedenfalls die erste polizeiliche Meldung verstehen zu können, ist aber darüber hinaus der Auffassung, der Eintritte in das Bundes sei der jeweils erste in der Vergangenheit (offenbar unter Gebrauchnahme der ausländischen Lenkberechtigung erfolgte). Die Beschwerdeführerin stellt bei ihrem Verständnis auf den jeweils letzten Eintritt in das Bundesgebiet ab, sodass bei Verlassen des Bundesgebietes und nachfolgendem Wiedereintritt die zwölfmonatige Frist wiederum zu laufen beginne.

Vorauszuschicken ist, dass § 23 Abs. 5 FSG bis auf die in Rede stehende Wendung dem § 84 Abs. 1 KFG 1967 entspricht, in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage für das FSG (714 BlgNR 20.GP) aber fälschlicherweise der Satz aufscheint, wonach (u.a.) § 23 Abs. 5 dem § 84 Abs. 1 KFG 1967 entspricht, ohne auf die Einfügung der in Rede stehenden Wendung einzugehen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag dieser Bestimmung nur den sich aus dem Wortlaut ergebenden Sinn beizumessen. Der Eintritt in das Bundesgebiet ist der dem jeweiligen Beurteilungszeitpunkt zuletzt vorangegangene. Der Inhaber einer ausländischen Lenkberechtigung ohne Hauptwohnsitz im Inland darf von seiner Lenkberechtigung höchstens zwölf Monate lang Gebrauch machen, ohne das Bundesgebiet wiederum zu verlassen. Für ein Verständnis dieser Bestimmung, wie es dem der belangten Behörde entspricht, besteht nicht nur nach dem Wortlaut kein Anhaltspunkt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch jedenfalls den Sinn einer Regelung nicht zu erkennen, die normierte, die Zwölfmonatsfrist wäre vom erstmaligen Eintritt in das Bundesgebiet an zu berechnen, was u.a. dazu führte, dass ein ausländischer Tourist, der nach Beendigung seines ersten Aufenthaltes in Österreich in einem anderen Jahr wiederkehrt, von seiner ausländischen Lenkberechtigung keinen Gebrauch mehr machen dürfte. Der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand des Schwierigkeitsgrades bei der Kontrolle der Einhaltung dieser Bestimmung spricht auch nicht für ihre Auslegung, weil sich der erste Eintritt in das Bundesgebiet (selbst wenn dies unter Gebrauchnahme von der ausländischen Lenkberechtigung zu erfolgen hätte) in der Regel kaum und nur unter größten Schwierigkeiten und mit hohem Unsicherheitsfaktor feststellen lassen wird.

Da die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass es eines Eingehens auf die behaupteten Verfahrensmängel bedurfte.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. April 2000

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000110012.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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