TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/27 VGW-151/081/16573/2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2018
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Entscheidungsdatum

27.02.2018

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
72/01 Hochschulorganisation

Norm

NAG §8 Abs1 Z12
NAG §24 Abs1
NAG §64 Abs1
NAG §64 Abs3
UniversitätsG 2002 §75 Abs6
NAG-DV §7 Abs1
NAG-DV §8 Z7

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Szep über die Beschwerde des Herrn Do. D., geb.: 1993, STA: Türkei, Wien, R.-Gasse, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 19.10.2017, Zahl MA35-9/2972599-07, mit welchem der Antrag vom 10.03.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG in der geltenden Fassung abgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2017 wies die belangte Behörde den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf Verlängerung des Aufenthaltstitels „Aufenthaltsbewilligung Studierende“ ab und führte begründend im Wesentlichen an, dass der Rechtsmittelwerber im abgelaufenen Studienjahr lediglich einen Studienerfolg im Ausmaß von sechs Semesterstunden bzw. 11 ECTS-Punkten habe nachweisen können, womit er einen ausreichenden Studienerfolg zur Verlängerung des begehrten Aufenthaltstitels nicht erbracht habe. Auch seien keine Dispensgründe nach § 64 Abs. 3 NAG bescheinigt worden.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der nunmehrige Einschreiter auszugsweise Nachstehendes aus:

„Gemäß § 74 Abs. 6 UG ist einem Studierenden ein Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten oder 8 Semesterwochenstunden abgelegt hat.

Ein Studienerfolg liegt somit vor, wenn im vorausgegangenen Studienjahr Prüfungen positiv im Ausmaß von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten oder 8 Semesterwochenstunden abgelegt wurden.

Nach der Rsp des VwGH (Ra 2015/22/0095) „ist der Studienerfolg durch die Prüfungen und die Beurteilung wissenschaftlicher und künstlerischer Arbeiten festzustellen. Welche Prüfungen abzulegen sind, ist nach den Erläuterungen dazu (RV 1134 BlgNR 21. GP 93) in den einzelnen Curricula festzulegen. § 87 Abs. 1 UniversitätsG 2002 knüpft die Verleihung des akademischen Grades (und somit den Abschluss des Studiums) an die positive Beurteilung aller im jeweiligen Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen. Wenn das NAG 2005 für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung an das Vorliegen eines Studienerfolgs nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften abstellt, sind für diesen Nachweis daher nicht jegliche Prüfungen im Ausmaß von zumindest 16 vorheriger ECTS-Punkten hinreichend, sondern es muss sich um Prüfungen handeln, die nach dem relevanten Curriculum abzulegen und somit für den Abschluss des Studiums erforderlich sind.“

Das B. des Curriculums für das Bachelorstudium P. sieht die Verfassung einer Bachelorarbeit vor.

Die Modulziele dieses Pflichtmodus sind:

„Die Bachelorarbeit dient der Vertiefung der theoretischen, fachlichen und methodischen Kompetenzen und befähigt zur eigenständigen Bearbeitung einer p. Fragestellung. Sie wird im Rahmen eines Seminars erstellt, in dem die Fortschritte des Erarbeitens und Schreibens mit anderen Studierenden debattiert werden.“

Um dieses Modulziel ermöglichen zu können, beabsichtigt der Beschwerdeführer seine Bachelorarbeit mit dem Schwerpunkt abzulegen, der im Studienfach “...“ behandelt wird. Somit war der Besuch dieser Lehrveranstaltung für den Beschwerdeführer unabdingbar.

Aus diesem Grund ist entgegen der Auffassung der belangten Behörde davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer 18 ECTS-Anrechnungspunkte erbracht hat, in dem er auch das für ihn studienrelevante Prüfung „...“ absolviert hat.“

Bereits mit Schreiben des Landeshauptmannes von Wien vom 1. Juni 2017 wurde dem Beschwerdeführer die Rechtslage vorgehalten und wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass er einen Studienerfolgsnachweis im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG bislang nicht in ausreichendem Umfang nachgewiesen habe. Auch auf die Möglichkeit der Erlangung eines Dispenses von der Obliegenheit des Nachweises eines ausreichenden Studienerfolges wurde in diesem Schreiben hingewiesen. Mit Stellungnahme vom 18. Juni 2017 legte der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter zusammengefasst sinngemäß dar, seine am 24. Juni 2016 abgelegte Prüfung sei als relevant zu bewerten, zumal er insgesamt seit Zulassung zum Studium 32 ECTS-Punkte „erworben“ habe. Auch sei das Studienjahr 2016/2017 nahezu abgeschlossen, weswegen auch dieses zu berücksichtigen sei.

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 19. Jänner 2018 wurde der Einschreiter ausdrücklich aufgefordert, innerhalb einer Frist von drei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens ein aktuelles Sammelzeugnis betreffend sämtliche in Österreich begonnenen Studien sowie einen Studienerfolgsnachweis hierzu und eine Studienbestätigung beizubringen. Weiters wurde er aufgefordert, innerhalb derselben Frist allfällige Gründe, welche den Einschreiter an der Erbringung eines Studienerfolges gehindert haben könnten, darzulegen und etwa durch ärztliche Bestätigungen über Erkrankungen zu bescheinigen.

Mit Urkundenvorlage vom 14. Februar 2018 legte der Einschreiter einen Studienerfolgsnachweis, eine Studienzeitbestätigung sowie ein Sammelzeugnis jeweils vom 5. Februar 2018 vor. Allfällige Gründe, aus welchen der Einschreiter den Studienerfolg nicht erbracht hat, wurden hingegen weder behauptet noch bescheinigt.

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, welcher als erwiesen festgestellt wird:

Der am … 1993 geborene Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und brachte mit Eingabe vom 10. März 2017 einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ beim Landeshauptmann von Wien ein.

Mit Erstantrag vom 25. Jänner 2013 suchte der Beschwerdeführer um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung als Studierender an. Die so begehrte Aufenthaltsbewilligung wurde dem Beschwerdeführer erstmals befristet bis 11. März 2014 erteilt. Daraufhin eingebrachten Verlängerungsansuchen wurde mit der Erteilung auf jeweils ein Jahr befristeter Aufenthaltsbewilligungen, zuletzt befristet bis 14. März 2017, entsprochen.

Der Beschwerdeführer ist seit 1. Oktober 2014 für das Bachelorstudium P. an der Universität Wien inskribiert.

Der Beschwerdeführer hat im Sommersemester 2015 eine Prüfung bewertet mit vier Semesterstunden oder neun ECTS-Punkten, im Studienjahr 2015/2016 insgesamt drei Prüfungen bewertet mit insgesamt fünf Semesterstunden oder fünfzehn ECTS-Punkten – davon eine Prüfung im Rahmen eines Interessensmoduls bewertet mit drei ECTS-Punkten oder einer Semesterstunde - und im Studienjahr 2016/2017 drei positiv abgelegte Prüfungen bewertet mit insgesamt sechs Semesterstunden oder elf ECTS-Punkten, davon zwei Prüfungen im Ausmaß von 4 Semesterstunden oder sechs ECTS-Punkten im Rahmen des Interessensmoduls, abgelegt.

Weitere Studienerfolge wurden nicht erbracht.

Der Beschwerdeführer war im Jahre 2015 an drei Tagen als geringfügig beschäftigter Arbeiter in Österreich unselbständig erwerbstätig, aktuell ist er bei der Wiener Gebietskrankenkasse selbstversichert. Er verfügte am 9. März 2017 über ein Guthaben auf seinem Konto bei der Erste Bank in der Höhe von EUR ***.

Diese Feststellungen gründen sich auf nachstehende Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde durch den Beschwerdeführer beantragt. Da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt jedoch vollumfänglich der Aktenlage entnehmen lässt, die Rechtslage weiters durch § 64 Abs. 3 NAG sowie die dazu einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als unzweifelhaft erscheint, die Erteilung oder Versagung von Aufenthaltstiteln kein „civil right“ im Sinne des Art. 6 EMRK darstellen und Art. 47 der Grundrechtecharta der Europäischen Union ebenso als nicht einschlägig erscheint, konnte die Entscheidung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergehen (vgl. hierzu auch VwGH vom 19. April 2016, Zl. Ro 2015/22/0004).

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 12 NAG können Aufenthaltsbewilligungen für einen Vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck ausgestellt werden.

Gemäß § 29 Abs. 1 NAG hat der Fremde am Verfahren mitzuwirken.

Gemäß § 64 Abs. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist gemäß § 64 Abs. 3 NAG die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule oder anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule erbringt. Gleiches gilt beim Besuch eines anerkannten privaten Studienganges oder anerkannten privaten Hochschullehrganges. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

Gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002 besteht das Studienjahr aus dem Wintersemester, dem Sommersemester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit. Es beginnt am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Der Senat hat nähere Bestimmungen über Beginn und Ende der Semester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit zu erlassen.

Gemäß § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 idF. BGBl. I Nr. 131/2015, hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat.

Gemäß § 7 Abs. 1 NAG-DV sind dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 1) – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den §§ 8 und 9 – folgende Urkunden und Nachweise anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (nur bei Erstanträgen);

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 2a;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde;

5. Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise;

6. Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht (§ 11 Abs. 2 Z 3 NAG);

7. Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung.

Gemäß § 8 Z 7 NAG-DV sind zusätzlich zu diesen Urkunden dem Antrag zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung Studierender nachstehende Urkunden und Nachweise anzuschließen:

a) Aufnahmebestätigung der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule, der anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule, des anerkannten privaten Studienganges oder des anerkannten privaten Hochschullehrganges;

b) im Fall eines Verlängerungsantrages ein schriftlicher Nachweis der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule, der anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule, des anerkannten privaten Studienganges oder des anerkannten privaten Hochschullehrganges über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 131/2015 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG.

Gemäß § 11 Abs. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat und

7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

§ 11 Abs. 3 NAG normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage..

Gemäß § 292 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Wert der vollen freien Station EUR 288,87.

Gemäß § 293 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes beträgt der Richtsatz

a) für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,  

aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der

eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben 1 363,52 €,

bb) wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen  909,42 €,

b) für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder

Pension nach § 259       909,42 €,

c) für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:  

aa) bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres    334,49 €,

falls beide Elternteile verstorben sind    502,24 €,

bb) nach Vollendung des 24. Lebensjahres    594,40 €,

falls beide Elternteile verstorben sind    909,42 €.

Der Richtsatz nach lit. a erhöht sich um 140,32 € für jedes Kind (§ 252), dessen Nettoeinkommen den Richtsatz für einfach verwaiste Kinder bis zur Vollendung

Gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz NAG sind Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt.

Die belangte Behörde stützte die Abweisung des gegenständlichen Ansuchens auf Verlängerung des begehrten Aufenthaltstitels darauf, dass der Einschreiter keinen ausreichenden Studienerfolg hätte nachweisen können.

Voraussetzung der Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Studierender“ ist somit nach § 64 Abs. 3 NAG die Erbringung eines Studienerfolgsnachweises nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften. § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 in der hier maßgeblichen Fassung sieht die Ausstellung eines Studienerfolgsnachweises dann vor, wenn der Studierende im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten bzw. 8 Semesterstunden abgelegt hat.

Da gemäß § 24 Abs. 1 NAG Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, ist das „vorausgegangene Studienjahr“ im vorgenannten Sinn bei Antragstellung grundsätzlich dasjenige, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt (vgl. VwGH vom 13. September 2011, Zl. 2010/22/0036). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. August 2013, Zl. 2012/22/0028, ausgesprochen hat, hat die Behörde weiters darauf Bedacht zu nehmen, wenn bis zu ihrer Entscheidung auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen ist. In einem solchen Fall ist es dem Fremden auch möglich, die Verlängerungsvoraussetzung dadurch nachzuweisen, dass er einen Erfolgsnachweis für das jüngst abgelaufene Studienjahr erbringt. Das Studienjahr beginnt dabei gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002 am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres.

Weiters judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass nach § 72 des Universitätsgesetzes der Studienerfolg durch die Prüfungen und die Beurteilung wissenschaftlicher und künstlerischer Arbeiten festzustellen ist. Welche Prüfungen abzulegen sind, ist nach den Erläuterungen dazu (RV 1134 BlgNR 21. GP 93) in den einzelnen Curricula festzulegen. § 87 Abs. 1 des Universitätsgesetzes knüpft die Verleihung des akademischen Grades (und somit den Abschluss des Studiums) an die positive Beurteilung aller im jeweiligen Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen. Wenn das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung an das Vorliegen eines Studienerfolgs nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften abstellt, sind für diesen Nachweis daher nicht jegliche Prüfungen im Ausmaß von zumindest 16 ECTS-Punkten hinreichend, sondern es muss sich um Prüfungen handeln, die nach dem relevanten Curriculum abzulegen und somit für den Abschluss des Studiums erforderlich sind (vgl. etwa bereits VwGH, 11. Februar 2016, Zl. Ra 2015/22/0095). Somit kann, auch wenn § 64 Abs. 3 NAG - anders als etwa § 2 Abs. 1 lit. b FamLAG - nicht ausdrücklich auf Prüfungen im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten "aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums" abstellt, die Bestimmung nach ihrer Zielsetzung, nämlich die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung "Studierender" an das Vorliegen eines Studienerfolgs zu knüpfen, nicht losgelöst davon gesehen werden, dass der Aufenthalt der Durchführung eines Studiums, zu dem der Fremde zugelassen ist, dient und der verlangte Studienerfolg daher diesem Studium zurechenbar sein muss. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters bereits ausdrücklich auf die positive Ablegung von für den erfolgreichen Abschluss des Studiums erforderlichen Prüfungen abgestellt (vgl. VwGH 17. März 2009, Zl. 2008/21/0118). Für die Beurteilung des Studienerfolgs ist auch das jeweils relevante Curriculum heranzuziehen. Dieses ist somit zu den "maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften" zu zählen (vgl. VwGH, 11. Februar 2016, Zl. Ra 2015/22/0095, sehr aktuell VwGH, 27. April 2017, Zl. Ra 2017/22/0052).

Somit steht unter Beachtung dieser Judikatur fest, dass nicht jeglicher Studienerfolg und somit jede positiv abgelegte Prüfung als ausreichend im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG zu bewerten ist, sondern nur jener, welcher dem Curriculum jenes Studiums, für welches der Fremde zugelassen ist, zuzuzählen ist. Prüfungen jedoch, welche im Rahmen eines Interessensmoduls an der Universität Wien abgelegt werden, stellen solche Prüfungen und Leistungsnachweise dar, welche eben im Rahmen einer anderen Studienrichtung erbracht werden und sind diese daher keinem Pflichtfach im hier zu betrachtenden Studium des Fremden zuzuzählen (vgl. diesbezüglich etwa die unter https:///..., für die Studienrichtung P. oder https://... veröffentlichten Erläuterungen, wobei diese für sämtliche an der Universität Wien angebotenen Studienrichtungen als relevant erscheinen). Eine Berücksichtigung allfälliger im Rahmen eines Interessensmoduls abgelegter Prüfungen bei der Beurteilung eines ausreichenden Studienerfolges im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG findet sohin grundsätzlich nicht statt.

Im gegenständlichen Fall verfügte der Beschwerdeführer zuletzt über einen Aufenthaltstitel für den Zweck „Studierender“, der bis zum 14. März 2017 gültig war. Das maßgebliche Studienjahr zur Beurteilung, ob der Beschwerdeführer den gesetzlich vorgesehenen Studienerfolg erzielt hat, ist somit das Studienjahr 2015/2016. In diesem Zeitraum hat der Beschwerdeführer drei Prüfungen bewertet mit insgesamt fünf Semesterstunden oder fünfzehn ECTS-Punkten, wovon eine Prüfung im Rahmen eines Interessensmoduls bewertet mit drei ECTS-Punkten oder einer Semesterstunde abgelegt wurde, nachgewiesen. Somit hat er in diesem Studienjahr keinen ausreichenden Prüfungserfolg erbracht, wobei in diesem Studienjahr lediglich die am 8. Jänner 2016 sowie 26. August 2016 abgelegten Prüfungen zu berücksichtigen wären.

Da bereits auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens ein weiteres Studienjahr verstrichen ist, wäre es dem Beschwerdeführer auch möglich gewesen, die Verlängerungsvoraussetzung dadurch nachzuweisen, dass er einen Erfolgsnachweis für das jüngst abgelaufene Studienjahr 2016/2017 erbringt. Auch während dieses Studienjahres konnte der Beschwerdeführer jedoch lediglich drei positiv abgelegte Prüfungen, bewertet mit insgesamt sechs Semesterstunden oder elf ECTS-Punkten, davon zwei Prüfungen im Ausmaß von 4 Semesterstunden oder sechs ECTS-Punkten im Rahmen des Interessensmoduls, nachweisen. Somit hat er in diesem Studienjahr ebenso keinen ausreichenden Prüfungserfolg erbracht, wobei in diesem Studienjahr lediglich die am 8. Februar 2017 abgelegte Prüfung zu berücksichtigen wäre.

Somit hat der Beschwerdeführer den Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 auch im Studienjahr 2016/2017 nicht erbracht, weshalb im gegenständlichen Verfahren die besonderen Voraussetzungen zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für Studierende gemäß § 64 Abs. 3 NAG nicht vorliegen.

Soweit der Beschwerdeführer sinngemäß ausführt, er beabsichtigte seine Bachelorarbeit mit „dem Schwerpunkt abzulegen, der im Studienfach `…` behandelt werde, weswegen diese Prüfung zu berücksichtigen sei, ist eingangs auf die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen und erneut festzustellen, dass die gegenständliche Lehrveranstaltung dem Interessensmodul zuzuzählen und somit hier eben nicht zu berücksichtigen ist. Daran kann auch die Behauptung nichts ändern, dass der Einschreiter seine Bachelorarbeit zu einem allenfalls benachbarten Thema dieser Lehrveranstaltung zu verfassen gedenkt. Abgesehen davon ist festzuhalten, dass auch unter allfälliger Berücksichtigung dieses Prüfungserfolges ein ausreichender Studienerfolg im Studienjahr 2015/2016 nicht als erbracht erscheint und daher weitergehende diesbezügliche Ausführungen auch unterbleiben können.

Weiters steht fest, dass der anwaltlich vertretene Einschreiter sowohl durch die belangte Behörde als auch durch das Verwaltungsgericht Wien zuletzt ausdrücklich aufgefordert wurde, allfällige Gründe, welche ihn an der Erbringung des Studienerfolges gehindert hätten, darzutun und allfällige diesbezügliche Nachweise zu erbringen. Trotz dieses Umstandes wurden jedoch entsprechende Hinderungsgründe im gesamten Verfahren nicht behauptet und ist daher davon auszugehen, dass Gründe im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG nicht vorliegen.

Es steht somit fest, dass der Beschwerdeführer weder im Studienjahr 2015/2016 noch im Studienjahr 2016/2017, das mittlerweile auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens abgelaufen ist, den in § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 festgelegten und für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Studierender“ erforderlichen Studienerfolg erbracht hat.

Letztlich ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass der Beschwerdeführer aus der wiederholten Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung trotz fehlendem Studienerfolg kein Recht auf eine weitere Verlängerung abzuleiten vermag (VwGH vom 13. Oktober 2011, Zl. 2010/22/0076).

Mangels Vorliegens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung für den begehrten Aufenthaltstitel konnte weiters die Überprüfung des Vorliegens der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen sowie eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG entfallen (vgl. dazu etwa VwGH, 19. Februar 2014, Zl. 2013/22/0177), wobei der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen ist, dass die im verwaltungsbehördlichen Verfahren geltend gemachten Mittel als keinesfalls zur Finanzierung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers ausreichend erscheinen, zumal auch die Herkunft der geltend gemachten Mittel nicht ansatzweise geklärt ist. Da jedoch ohnehin eine besondere Voraussetzung zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels nicht vorliegt, konnten diesbezügliche weitere Ermittlungen unterbleiben.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verlängerungsantrag, Studienerfolgsnachweis, maßgebliches Studienjahr, maßgebliche studienrechtliche Vorschriften, relevantes Curriculum, Pflichtfach, Interessenmodul

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.151.081.16573.2017

Zuletzt aktualisiert am

29.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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