TE Vwgh Erkenntnis 2000/4/26 98/05/0247

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Veröffentlicht am 26.04.2000
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Index

L80001 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Burgenland;
L82000 Bauordnung;

Norm

BauRallg;
RPG Bgld 1969 §20 Abs1 idF 1981/020;
RPG Bgld 1969 §20 Abs4 idF 1994/012;
RPG Bgld 1969 §20 Abs5 idF 1990/061;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Leopold Wlach in Oberdorf, vertreten durch Dr. Ferdinand Weber und Dr. Hannes Hirtzberger (Kommandit-Partnerschaft), Rechtsanwälte in Krems, Ringstraße 50, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 12. November 1998, Zl. 5-G-B94/2-1998, betreffend nachträgliche Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 22. Mai 1998 hat der Beschwerdeführer um "Genehmigung des aus den beiliegenden Plänen und der Baubeschreibung hervorgehenden Bauvorhabens" auf dem näher angeführten Grundstück, das als "Grünfläche - landwirtschaftlich genutzt" gewidmet ist, ersucht. Den beiliegenden Plänen ist zu entnehmen, dass ein Zubau an das auf dem Baugrundstück befindliche Gebäude (mit einem Zimmer im Erdgeschoß von 21,70 m2, einem Waschraum von 3,20 m2 und einem Dachboden mit 25 m2) errichtet werden soll, der aus einem Abstellraum von 14,80 m2, einem Zimmer in der Größe von 16 m2 und einem weiteren Zimmer von 12,60 m2 besteht, das mit dem bestehenden Zimmer im Erdgeschoß (im Ausmaß von 21,70 m2) durch Abbruch von Trennwänden verbunden werden soll, und einem Waschraum von 3,6 m2. Als Fenster sind Einfachfenster mit Isolierverglasung mit erhöhtem Wärmeschutz vorgesehen. Die Außenmauern sollen aus 25 cm starken keramischen Holzblockziegeln mit Wärmedämmung und Holzverschalung ausgeführt werden.

In der mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren vom 1. Juli 1998 führte der landwirtschaftliche Amtssachverständige nach einem entsprechenden Befund aus, dass sowohl hinsichtlich der derzeitigen Nutzung als auch der geplanten Erweiterung festgestellt werde, dass die beantragte Baumaßnahme in keinem sachlichen und funktionellen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutzung der Fischteichanlage stehe. So seien für die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung weder ein Aufenthaltsraum noch sanitäre Räumlichkeiten erforderlich. Landwirtschaftliche Zweckbauten würden im Hinblick auf die Beschränkung auf das erforderliche Mindestmaß in einfachster Form hergestellt und bedürften auch üblicherweise keiner Wärmedämmung. Für die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung sei die antragsgegenständliche Baumaßnahme nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer vertrat in der Verhandlung die Auffassung, dass im Fall einer Verpachtung eines Fischteiches die Zurverfügungstellung eines Aufenthaltsraumes für den Pächter notwendig sei. Der Beschwerdeführer gab weiters bekannt, dass auf Grund der niedrigen Preise für die Fische mit keinen Einnahmen gerechnet werden könne.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 7. Juli 1998 wurde das angeführte Ansuchen des Beschwerdeführers abgewiesen.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer insbesondere geltend, dass er vorhabe, einen Fischteich zu verpachten und den zweiten Fischteich für Sport- und Wettbewerbsfischerei zu vermarkten. Es habe sich bereits jetzt herausgestellt, dass beide Einnahmequellen ohne die erforderlichen Räumlichkeiten (Aufenthaltsraum, Sanitärräume, Unterbringung der Fischereigeräte udgl.) nicht oder sehr schwer möglich seien. Er habe im Hinblick auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten seine Planung umgestellt ("Verpachtung, Tageslizenzen, Sportfischerei - Erholung und nicht Fischzucht und Verkauf").

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde unter Berufung insbesondere auf § 20 Abs. 5

Bgld. Raumplanungsgesetz im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen dieser Bestimmung kumulativ vorliegen müssten. Fehle eine Voraussetzung, lasse sich das Bauvorhaben nicht mehr mit der Flächenwidmung vereinbaren. Im konkreten Fall habe der landwirtschaftliche Amtssachverständige schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass der Zubau von Aufenthaltsräumen sowie von sanitären Anlagen in keinen sachlichen und funktionellen Zusammenhang mehr mit der widmungsgemäßen Nutzung des Grundstückes zu bringen sei. Die Größe und die Art der Ausführung der Zubauten stellten sich keinesfalls mehr als landwirtschaftlicher Zweckbau dar, sondern hätten bereits die Dimension eines Wohnhauses. Wie der Baubeschreibung zu entnehmen sei, bestehe der Zubau aus drei Zimmern, zwei Waschräumen und einem Abstellraum im Erdgeschoß sowie einem Dachzimmer. Bei der Gesamtnutzfläche des Gebäudes von 96,90 m2 fänden, laut Planunterlagen, bloß 14,8 m2 Verwendung für Abstellflächen. Der Rest der Fläche diene offensichtlich Wohnzwecken. Jedenfalls bedürfe es nach Ansicht der belangten Behörde - mit Ausnahme des Abstellraumes - keiner derartigen Räumlichkeiten. Die Fischzucht sei an sich als landwirtschaftliche Nutzung einzustufen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist vom Begriff "Landwirtschaft" dann auszugehen, wenn sie eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit darstelle, gleichgültig, ob diese hauptberuflich oder nebenberuflich betrieben werde. Diese Voraussetzungen lägen vor, zumal der Beschwerdeführer angegeben habe, einen Fischteich verpachten zu wollen, während der andere Teich für Sport- und Wettbewerbsfischerei vermarktet werde. Für diese Bewirtschaftung benötige er auch eine Hütte. Die Baumaßnahmen, die der landwirtschaftlichen Nutzung dienten, müssten auf die für die Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleiben. Auf Grund des Umstandes, dass bei der Beantwortung der Frage, ob eine Baulichkeit für die landwirtschaftliche Nutzung notwendig sei, ein strenger Maßstab angelegt werden müsse, könne bei gegenständlicher Bauführung von insgesamt vier Zimmern, zwei Waschräumen und bloß einem Abstellraum in Anbetracht des schlüssigen Gutachtens des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen zweifelsfrei von einer Erforderlichkeit für eine widmungsgemäße Nutzung nicht mehr die Rede sein. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Erweiterung in der geplanten Form lägen daher nicht vor.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Bgld. Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 18/1969 i. d.F. LGBl. Nr. 20/1981 (im Folgenden: RPG), hat der genehmigte Flächenwidmungsplan neben der Wirkung auf den Bebauungsplan (Teilbebauungsplan) auch die Folge, dass Bauplatzerklärungen und Baubewilligungen nach der Bgld. Bauordnung sowie Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig sind, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. Gemäß § 20 Abs. 4 RPG i. d.F. LGBl. Nr. 12/1994 fallen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkungen der Abs. 1 und 2. Dies gilt auch für flächenmäßig nicht ins Gewicht fallende im Zusammenhang mit der Wasser- und Energieversorgung, der Abwasserentsorgung, dem Fernmelde- und Sendewesen oder dem Sicherheitswesen erforderliche Anlagen sowie für geringfügige Bauten (z.B. Garten- und Gerätehütten, kleine Statuen), Bauten, die nur vorübergehenden Zwecken dienen und für Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung des Naturhaushaltes (z.B. Biotope). Gemäß § 20 Abs. 5 RPG i.d.F. LGBl. Nr. 61/1990 ist die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, dass

a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht,

b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,

c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und

d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der Amtssachverständige das Kriterium der Notwendigkeit im Sinne des § 20 Abs. 4 RPG, ohne dazu berufen zu sein, dahingehend interpretiert habe, dass eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung nur Baulichkeiten in "einfachster Form" rechtfertige. Diese Auffassung sei bei der vom Beschwerdeführer dargelegten beabsichtigten Betriebsform nicht aufrecht zu erhalten. Im Falle der Ausübung der Sportfischerei sei mit der Anwesenheit mehrerer Personen in Teichnähe zu rechnen, bei sachgerechter Ausübung der Fischerei hauptsächlich in den sehr frühen Morgen- und späten Abendstunden und über einen längeren Zeitraum hinweg. Ein derartiger Aufenthalt mehrerer Personen rechtfertige daher sowohl Aufenthaltsräume (etwa bei Schlechtwettereinbruch) als auch Sanitärräumlichkeiten. Mit der Errichtung eines bloßen Abstellraumes, wie dies in dem verfahrensgegenständlichen Gutachten vertreten werde, sei keinesfalls das Auslangen zu finden. Notwendig für die vom Beschwerdeführer angestrebte Bewirtschaftungsart sei daher die zur Baubewilligung eingereichte Baulichkeit. Bei Beurteilung des Kriteriums der Notwendigkeit seien zeitgemäße Kriterien heranzuziehen. Hätte die belangte Behörde dies getan, dann hätte sie den sachlichen und funktionellen Zusammenhang der zur Bewilligung eingereichten Baulichkeit mit dem angestrebten landwirtschaftlichen Nutzungszweck ebenso erkannt, wie die Tatsache, dass die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt sei.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Landwirtschaft im Sinne raumordnungsrechtlicher Regelungen liegt vor, wenn eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion oder eine diese Urproduktion typischerweise begleitende Nebenerwerbstätigkeit gegeben ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0084, zum § 20 RPG und vom 23. September 1999, Zl. 98/06/0094, zum Stmk. Raumordnungsgesetz 1974 und die in diesem Zusammenhang in letzterem zitierte weitere hg. Judikatur). Gemäß § 20 Abs. 4 RPG sind Baumaßnahmen auf Grünflächen zulässig, die für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Baulichkeit für die landwirtschaftliche Nutzung notwendig ist, ist gemäß der hg. Judikatur (siehe u.a. das Erkenntnis vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0084) ein strenger Maßstab anzulegen. Gemäß § 20 Abs. 5 RPG ist eine Voraussetzung, die Notwendigkeit einer Baumaßnahme anzunehmen, dass die Baumaßnahme im Grünland auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung beschränkt bleibt. Gestützt auf diese Bestimmung hat der Sachverständige zutreffend die Auffassung vertreten, dass ein landwirtschaftlicher Zweckbau üblicherweise im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene Beschränkung auf das erforderlich Mindestmaß in einfachster Form herzustellen ist und einer Wärmedämmung, wie beim vorliegenden Zubau vorgesehen, üblicherweise nicht bedarf. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück für die landwirtschaftliche Nutzung der Fischerei bereits ein Gebäude mit einem Raum in der Größe von 21,70 m2, einem Waschraum und einem Dachboden im Ausmaß von 25 m2 vorhanden ist. Es ist nicht ersichtlich, warum für die landwirtschaftliche Nutzung von zwei Fischteichen ein Zubau in dem eingangs beschriebenen Ausmaß und der eingangs beschriebenen Ausgestaltung notwendig sein soll. Es stellt daher auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, wenn der Sachverständige nicht näher ermittelt hat, in welchem zeitlichen Abstand und in welchem Umfang bei der vorgesehenen landwirtschaftlichen Nutzung der beiden Fischteiche Geräte benötigt werden bzw. welche Fahrzeuge zum Transport dieser Geräte erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Transport dieser Geräte in die Nähe des Ortes ihrer Benützung zumutbar ist oder wegen Unzumutbarkeit des Transportes die Aufbewahrung dieser Geräte in der Nähe des Ortes ihrer Benützung notwendig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1993, Zl. 93/06/0015). Im Übrigen ist die Auffassung des Sachverständigen zutreffend, dass für die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung einer Fischteichanlage der hier zu beurteilenden Art ein Aufenthaltsraum jedenfalls nicht notwendig ist. Zu dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers ist insbesondere festzustellen, dass im Lichte des § 20 Abs. 4 und 5 RPG nicht von Bedeutung ist, unter welchen Voraussetzungen ein potenzieller Pächter einen Fischteich zur landwirtschaftlichen Nutzung pachtet, sondern ob die Baumaßnahme - wie bereits ausgeführt - für die beabsichtigte landwirtschaftliche Nutzung in dem eingangs dargelegten Sinn (also insbesondere auch für eine planvolle auf Gewinn gerichtete Tätigkeit) notwendig ist.

Die belangte Behörde hat zwar unzutreffend ausgeführt, dass der Zubau aus drei Zimmern, zwei Waschräumen und einem Abstellraum im Erdgeschoß sowie einem Dachzimmer besteht (sie hat damit vielmehr das bestehende Gebäude samt dem Zubau umschrieben); dieser Begründungsmangel ist aber im Lichte der vorangegangenen Ausführungen nicht wesentlich.

Im Hinblick darauf, dass die Erforderlichkeit des vorliegenden Zubaues auch in verkleinertem Ausmaß (soweit das eingereichte Bauvorhaben trennbar wäre) für die landwirtschaftliche Nutzung nicht angenommen werden kann, war die Behörde auch nicht gehalten, den Beschwerdeführer zu einer Änderung des Projektes aufzufordern.

Zutreffend hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, dass der Beschwerdeführer für den verfahrensgegenständlichen Zubau um die Erteilung der Baubewilligung angesucht hat. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des eingangs erwähnten Ersuchens des Beschwerdeführers vom 22. Mai 1998.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. April 2000

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998050247.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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