TE Vwgh Beschluss 2018/2/23 2015/03/0005

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Veröffentlicht am 23.02.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §31;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §45 Abs1 Z1;
VwGG §45;
VwGG §46;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Köller, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag des Mag. H B in G, auf Wiederaufnahme des unter der Zl. 2015/03/0005 abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 I. Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2017 brachte der Antragsteller (unter dem Betreff "Wohnbeihilfe") einen "Antrag auf sofortige Wiederaufnahme des Verfahrens in allen Instanzen mit Strafanzeige wegen des in krimineller Vereinigung organisierten Amtsmissbrauchs durch alle beteiligten Richter auch des VwGH" ein. Im Antrag werden u.a. ausdrücklich die Zahlen "VwGH 2015/03/0005-8" und "VwGH 2015/03/0005-5" sowie namentlich die Richter, die die Entscheidungen jeweils getroffen haben, genannt. Ferner werden auch andere Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bzw. vor einem Verwaltungsgericht geschäftszahlmäßig ebenso wie die jeweiligen Organwalter angeführt, die die Entscheidungen fassten.

2 Mit Beschluss vom 16. Dezember 2015, 2015/03/0005-5, wurde dem Antrag des Antragstellers auf Ablehnung einer Reihe von Mitgliedern des Verwaltungsgerichtshofes nicht stattgegeben. Diese Ablehnungssache bezog sich auf eine Verfahrenshilfesache betreffend eine Revision gegen eine Versagung der Wohnbeihilfe. Mit Beschluss vom 24. Mai 2016, 2015/03/0005-15, wurde der Antrag der antragstellenden Partei auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 abgeschlossenen Ablehnungsverfahrens wegen unterlassener Mängelbehebung eingestellt. Zuvor war der in Reaktion auf den Mängelbehebungsauftrag Zl. 2015/03/0005-8 eingebrachte Verfahrenshilfeantrag des Antragstellers mit Beschluss vom 23. Mai 2016, 2015/03/0005-14, zurückgewiesen worden.

3 Im nunmehrigen Antrag wird einleitend auf eine Beschwerdesache vor dem EGMR hingewiesen und behauptet, dass dieser "Österreichs Maßnahmenjustiz" "an den Pranger gestellt" und "der NS-Justiz ab 1933 gleichgestellt" hätte. Weiters brachte der Antragsteller vor, dass in seinem Fall eine "Unterbrechung nach § 6a ZPO durch die Richter aller Instanzen bis zum VwGH ...aus einer verbrecherischen Rechtsbeugung resp. Rechtsverweigerung in Amtsmissbrauch folgender Täter in krimineller Vereinigung als parteipolitisch agierende Wiener SPÖ-Clique" resultiere (in der Folge werden Richterinnen und Richter namentlich genannt). Diese unterschlügen vorsätzlich, dass bereits der Oberste Gerichtshof (RIS-Justiz RS0110082) festgestellt habe, dass die Einschränkung der Geschäftsfähigkeit rechtsgestaltend nur für die Zukunft wirke.

4 II. Die maßgebende Bestimmung des § 45 VwGG über die "Wiederaufnahme des Verfahrens" lautet:

     "§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder

Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei

zu bewilligen, wenn

1.        das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich

strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden

ist oder

2.        das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von

der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in

diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder

3.        nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche

Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem

Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache

begründet hätte, oder

4.        im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über

das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass

sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder

5.        das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung

oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Revision eingestellt wurde und der Grund für die Klaglosstellung nachträglich weggefallen ist.

(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.

(3) Über den Antrag ist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zu entscheiden.

(4) Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entschieden hatte, gilt für die Wiederaufnahme § 69 AVG sinngemäß.

(5) Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte gemäß den §§ 30a Abs. 1 und 30b Abs. 3 sind die Abs. 1 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass der Antrag beim Verwaltungsgericht zu stellen und über ihn vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist.

(6) In Verfahrenshilfesachen (§ 61) ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig."

5 Abgesehen von den Fällen einer zulässigen Wiederaufnahme des Verfahrens oder einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes unanfechtbar und unabänderlich (VwGH 16.2.2016, Ra 2015/02/0245, mwH). Die Wiederaufnahme eines Verfahrens ist gemäß § 45 VwGG nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich und dient grundsätzlich nicht der allgemeinen Überprüfung abgeschlossener verwaltungsgerichtlicher Verfahren oder einer Korrektur verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen (VwGH 5.10.2017, 2017/03/0002). Die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 45 VwGG bietet keine Handhabe, eine im abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichthof zugrunde gelegte Sachverhaltsannahme oder die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu bekämpfen (vgl. dazu VwGH 26.4.2017, Ra 2016/19/0370; 19.2.2009, 2008/01/0780; 21.6.2007, 2007/15/0001). Kann die Eingabe mangels Geltendmachung entsprechender Tatsachen auch nicht als Wiederaufnahme- oder Wiedereinsetzungsantrag iSd §§ 45 oder 46 VwGG gewertet werden, ist sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des VwGH zurückzuweisen (VwGH 2.11.2016, Ra 2016/03/0103, mwH).

6 III. Vorauszuschicken ist, dass der vorliegende Wiederaufnahmeantrag betreffend den angesprochenen Zurückweisungsbeschluss vom 23. Mai 2016 in der Verfahrenshilfesache des Antragstellers schon deshalb nicht in weitere Behandlung zu ziehen ist, weil nach § 45 Abs. 6 VwGG in Verfahrenshilfesachen die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig ist.

7 Im Übrigen richtet sich der Antrag mit dem gegen die angesprochenen Richter des Verwaltungsgerichtshofs gerichteten Vorwurf, in krimineller Vereinigung amtsmissbräuchlich tätig geworden zu sein, der Sache nach offensichtlich auf den in § 45 Abs. 1 Z 1 VwGG genannten Wiederaufnahmegrund. Dieser Wiederaufnahmegrund liegt nur dann vor, wenn die gerichtlich strafbare Handlung oder die Erschleichungshandlung während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof begangen wurde, wobei es sich um ein Vorbringen falscher Angaben oder auch um ein Verschweigen wesentlicher Umstände handeln kann (vgl. VwGH 22.3.2012, 2011/07/0228, mwH; VwGH 17.1.2018, 2017/03/0003, mwH).

8 Die Vorgangsweise des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 22. Dezember 2017 lässt seine Tendenz erkennen, alle Richterinnen und Richter, die nicht in seinem Sinn entschieden haben, mit dem Vorwurf einer Straftat - im vorliegenden Fall eines noch dazu im Wege einer kriminellen Vereinigung begangenen Amtsmissbrauchs - zu konfrontieren und auf der Ebene des Strafrechts anzuzeigen (vgl. auch den den Antragsteller betreffenden Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 25. September 2008, 1Präs2690-4316/08d).

9 Der vorliegende Vorwurf des Amtsmissbrauchs erschöpft sich im gegebenen Fall in einer (völlig) substratlosen Behauptung von strafgesetzlichen Tatbeständen. Für die Annahme des Antragstellers, dass die vom Antrag erfassten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt (oder sonstwie erschlichen) worden wären, ergeben sich im Antrag keine substantiierten Anhaltspunkte. Insoweit der Antragsteller darauf hinweist, dass seiner Auffassung nach eine nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gegebene Rechtslage nicht beachtet worden sei, bietet der Umstand, dass eine Partei eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs für unrichtig hält, weder eine hinreichende Grundlage für eine Wiederaufnahme nach § 45 VwGG noch für die Annahme einer Befangenheit der am Zustandekommen der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. § 31 VwGG; vgl. VwGH 29.4.2015, 2015/03/0002; vgl. VwGH 17.2.2016, 2016/04/0001).

10 Der Antragsteller hat keine konkreten Umstände aufgezeigt, die die Befangenheit bzw. Unparteilichkeit der auch die vorliegende Entscheidung fällenden Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Ausgehend davon kann keine Rede davon sein, dass aus der Perspektive des Antragstellers bei Würdigung aller Umstände des Falles Grund zur Annahme bestehen müsste, dass die die vorliegende Entscheidung treffenden Richter gegenüber der antragstellenden Partei eine Haltung einnehmen könnten, die die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der Richter störend beeinflussen könnte. Zudem kann es nicht in der Hand einer Partei liegen, sich durch eine solche bloße Anzeigeerstattung dem gesetzlichen Richter zu entziehen. Es kann nicht gesagt werden, dass vom Standpunkt des Antragstellers vernünftige (auch Dritten einleuchtende) Gründe vorliegen, an der Unparteilichkeit und Unbefangenheit der Richter zu zweifeln, die (auch) die vorliegende Entscheidung treffen, weshalb sich im gegebenen Fall die Mitglieder des vorliegenden Senates nicht der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten hatten (vgl. dazu OGH 25.9.2008, 1Präs2690-4316/08d; OGH 4.11.2005, 15 Os 75/05a; VwGH 4.6.1975, 665/75, VwSlg. 4.854 F/1975).

11 IV. Bezüglich des Zurückweisungsbeschlusses vom 23. Mai 2016 in der Verfahrenshilfesache des Antragstellers ist der Wiederaufnahmeantrag unzulässig (§ 45 Abs. 6 VwGG) und war daher insofern gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

12 Ferner ist, wie erwähnt, in den das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof regelnden Rechtsvorschriften ein Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorgesehen. Da der vorliegende Antrag schon mangels Geltendmachung entsprechender Tatsachen zudem nicht als Wiederaufnahmeantrag iSd § 45 VwGG gewertet werden kann, ist dieser Antrag auch im Übrigen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs zurückzuweisen (vgl. etwa VwGH 2.11.2016, Ra 2016/03/0103, mwH).

13 Weiters wird der Antragsteller darauf aufmerksam gemacht, dass rechtsmissbräuchlich eingebrachte Rechtsmittel wie der vorliegende Wiederaufnahmeantrag gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs in Hinkunft prinzipiell ohne weitere Bearbeitung zu dem Akt genommen werden. Dem Einschreiter gegenüber ist durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nämlich bereits klargestellt, dass für ein solches Rechtsmittel kein gesetzlicher Raum besteht (siehe dazu VwGH 2.11.2016, Ra 2016/03/0103).

Wien, am 23. Februar 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:2015030005.X00

Im RIS seit

16.03.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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