TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/26 LVwG-2018/37/0013-2

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Veröffentlicht am 26.02.2018
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Entscheidungsdatum

26.02.2018

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;
40/01 Verwaltungsverfahren;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

WRG 1934 §89 idF 1947/144;
WRG 1959 §107 Abs2 alte Fassung;
WRG 1959 §15;
WRG 1959 §26;
WRG 1959 §102;
AVG §40 idF 2008/5;
AVG §41 idF 2008/5;
AVG §42 idF 2008/5;
AVG §42 idF 2013/31;
VwGVG 2014 §24;

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, vertreten durch
BB, CC und DD, Rechtsanwälte in Y, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20.11.2017, Zl ****, betreffend einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung in einer Angelegenheit des Wasserrechtsgesetzes 1959 (mitbeteiligte Partei: EE AG; belangte Behörde: Landeshauptmann von Tirol),

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.         Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 16.10.2008 hat die EE AG, Adresse 2, X, beim Landeshauptmann von Tirol um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Wasserkraftanlage FF unter Vorlage der Projektunterlagen „Kraftwerk FF“, ****, vom September 2008, angesucht.

Mit Schreiben vom 20.10.2008 hat die EE AG, Adresse 2, X, beim Landeshauptmann von Tirol um die Erteilung der forstrechtlichen Bewilligung für die im Zusammenhang mit der geplanten Wasserkraftanlage FF erforderlichen Rodungen unter Vorlage der Projektunterlagen „Kraftwerk FF“, ****, vom September 2008, angesucht.

Mit Schriftsatz vom 24.07.2009, Zl ****, hat der Landeshauptmann von Tirol die mündliche Verhandlung am 18.08.2009 kundgemacht. Die „Öffentliche Bekanntmachung einer mündlichen Verhandlung“ wurde vom 29.07. bis 18.08.2009 an der Amtstafel der Stadtgemeinde W angeschlagen. Zudem hat die belangte Behörde die „Anberaumung der mündlichen Verhandlung“ vom 24.07.2009, Zl ****, einer Reihe von Personen, Grundeigentümern, Fischereiberechtigten etc., zugestellt, nicht aber an den rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer als Fischereiberechtigten des Fischereireviers Nr **** an der GG Ache. Der Fischereiberechtigte AA war auch im „Verzeichnis der Wasserrechte und der Fischereiberechtigten“ ? Anlage 6 zum „Technischen Bericht“ des Einreichprojektes ? nicht angeführt.

Mit Spruchteil A des Bescheides vom 18.11.2009, Zl ****, hat der Landeshauptmann von Tirol der EE AG die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung, den Bestand und den Betrieb der Wasserkraftanlage FF nach Maßgabe eines näher bezeichneten Einreichprojektes und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt, das Maß und die Art der mit 31.12.2063 befristeten Wasserbenutzung festgelegt, das Wasserbenutzungsrecht mit dem Gst Nr **1, GB **** W-V, dinglich verbunden und die Wasserberechtigte verpflichtet, den Bau der Anlage bis spätestens 31.12.2013 zu vollenden.

Bestandteil des der wasserrechtlichen Bewilligung zugrunde liegenden Einreichprojektes ist unter anderem das „Verzeichnis der Wasserrechte und der Fischereiberechtigten“, Anlage 6 zum „Technischen Bericht“.

Mit Spruchteil B des Bescheides vom 18.11.2009, Zl ****, hat der Landeshauptmann von Tirol der EE AG die forstrechtliche Bewilligung für die im Zusammenhang mit dem Vorhaben „Wasserkraftanlage FF“ erforderliche dauernde und vorübergehende Rodung nach Maßgabe eines näher bezeichneten Einreichprojektes erteilt und die Erfüllung des Rodungszweckes bei sonstigem Erlöschen der Rodungsbewilligung bis spätestens 31.12.2013 angeordnet.

Der ? an den rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer nicht zugestellte ? Bescheid vom 18.11.2009, Zl ****, erwuchs in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 14.02.2013 hat die EE AG um die wasserrechtliche Überprüfung der Wasserkraftanlage FF unter Vorlage von näher bezeichneten Kollaudierungsunterlagen angesucht. Am 30.06.2015 hat der Landeshauptmann von Tirol eine Überprüfungsverhandlung durchgeführt.

Unter Hinweis auf eine Reihe von Stellungnahmen im Zeitraum vom 01.03.2012 bis 30.04.2015 hat AA durch seine Rechtsvertreterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 30.06.2015 beantragt, ihm Parteistellung zuzuerkennen und ihm den Bescheid vom 18.11.2009, Zl ****, zuzustellen. In weiteren Schriftsätzen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer beantragt, eine Revision der in den Zuständigkeitsbereich des Landeshauptmannes von Tirol fallenden Kraftwerke durchzuführen, zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, die mit Spruchteil A des Bescheides vom 18.11.2009, Zl ****, erteilte wasserrechtliche Bewilligung abzuändern, in der Restwasserstrecke einen Pegelstandmesser einzubauen und eine Fischtreppe vorzuschreiben.

Mit Bescheid vom 20.11.2017, Zl ****, hat der Landeshauptmann von Tirol den Antrag des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Parteistellung als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dessen weitere Anträge, eine Revision der in den Zuständigkeitsbereich des Landeshauptmannes von Tirol fallenden Kraftwerke durchzuführen, zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, die mit Spruchteil A des Bescheides vom 18.11.2009, Zl ****, erteilte wasserrechtliche Bewilligung abzuändern, in der Restwasserstrecke einen Pegelstandmesser einzubauen und eine Fischtreppe vorzuschreiben, als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).

Mit Schriftsatz vom 15.12.2017 hat AA, Adresse 1, Z, vertreten durch BB, CC und DD, Rechtsanwälte in Y, Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20.11.2017, Zl ****, erhoben und beantragt, „der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung stattgegeben wird und ebenso inhaltlich auf die weiteren Anträge eingegangen und diese bewilligt werden […]“; hilfsweise wird beantragt, der Beschwerde Folge zu geben und die Parteistellung zuzuerkennen sowie den „restlichen Bescheid aufzuheben und die Wasserrechtssache zur neuerlichen Verhandlung an die belangte Behörde zurückzuverweisen“.

II.       Beschwerdevorbringen:

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer bringt zunächst vor, er sei Fischereiberechtigter des Fischereireviers Nr **** an der GG Ache. Dieses Fischereirevier befinde sich flussabwärts des Fischereireviers Nr ****, dessen Fischereiberechtigter II sei.

Davon ausgehend hält der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer fest, gemäß § 102 Abs 2 lit b WRG 1959 seien auch Fischereiberechtigte Parteien des Verfahrens. Im Rahmen des dem Bescheid vom 18.11.2009, Zl ****, vorausgehenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens sei absehbar gewesen, dass durch das Kraftwerk FF Auswirkungen auf seine [= des Beschwerdeführers] Fischereirechte möglich seien. Dennoch sei er dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für das Kraftwerk FF zu Unrecht nicht beigezogen worden sei. Folglich sei ihm der Bewilligungsbescheid vom 18.11.2009, Zl ****, nicht zugestellt worden und hätte er gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel ergreifen können.

In der Vergangenheit hätten sich immer wieder alarmierende „Pegelstände“ gezeigt und sei dadurch der Fischbestand höchst gefährdet gewesen. Da ihm allerdings in dem mit Bescheid vom 18.11.2009, Zl ****, abgeschlossenen wasserrechtlichen Verfahren keine Parteistellung zuerkannt worden sei, hätte es für ihn keine Möglichkeit gegeben, die Ursachen für den fehlenden Fischbestand und den fehlenden Wasserstand zu ermitteln. Dementsprechend sei im Rahmen der Überprüfungsverhandlung am 30.06.2015 der Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung eingebracht worden.

Dennoch habe die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ihm [= dem Beschwerdeführer] seine Parteistellung nicht zuerkannt und die weiteren Anträge zurückgewiesen. Die Argumentation der belangten Behörde gehe allerdings ins Leere. Es sei nicht entscheidend, dass im Jahr 2009 nur ein Hektarbestand von 29,4 Kilogramm vorhanden gewesen wäre und bei der Elektrobefischung 2015 31,23 Kilogramm festgestellt worden seien. Aus diesem Umstand lasse sich nicht der Schluss ableiten, dass die ihm als Fischereiberechtigten zustehenden Rechte nicht beeinträchtigt worden wären. Die Abweisung der Parteistellung durch den angefochtenen Bescheid beruhe somit auf einer unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde.

III.      Entscheidungswesentlicher Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer ist Fischereiberechtigter des Fischereireviers Nr **** an der GG Ache. Dieses Fischereirevier befindet sich flussabwärts des Fischereireviers Nr **** des Fischereiberechtigten II.

Im Rahmen des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens hat am 18.08.2009 eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Es erfolgte keine Ladung des Beschwerdeführers.

Mit Spruchteil A des Bescheides vom 18.11.2009, Zl ****, hat der Landeshauptmann von Tirol der EE AG die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung, den Bestand und den Betrieb der Wasserkraftanlage FF nach Maßgabe eines näher bezeichneten Einreichprojektes und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt, das Maß und die Art der mit 31.12.2063 befristeten Wasserbenutzung festgelegt, das Wasserbenutzungsrecht mit dem Gst Nr **1, GB **** W-V, verbunden und die Wasserberechtigte verpflichtet, den Bau der Anlage bis spätestens 31.12.2013 zu vollenden. Der dem rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer nicht zugestellte Bescheid vom 18.11.2009, Zl ****, und damit auch dessen Spruchteil A ist in Rechtskraft erwachsen.

Dieser unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde.

IV.       Rechtslage:

1.         Wasserrechtsgesetz idF BGBl Nr 144/1947:

Die für das gegenständliche Verfahren relevante Bestimmung des § 89 des Wasserrechtsgesetzes (WRG), BGBl Nr 316/1934 in der Fassung (idF) BGBl Nr 144/1947, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Mündliche Verhandlung.

§ 89. […]

(2) Eine Partei (§ 84, Absatz 1), die eine mündliche Verhandlung versäumt hat, weil sie nicht persönlich verständigt worden war, kann selbst dann, wenn die Anberaumung der mündlichen Verhandlung öffentlich kundgemacht worden ist (§ 41, Absatz 2, A.V.G.) ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, daß ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, welche die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

[…]“

2.         Wasserrechtsgesetz 1959:

Die für das gegenständliche Verfahren relevante Bestimmung des § 107 Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 idF vor dem In-Kraft-Treten der Novelle BGBl I Nr 158/1998, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Mündliche Verhandlung.

§ 107. […]

(2) Eine Partei (§ 102 Abs. 1), die eine mündliche Verhandlung versäumt hat, weil sie nicht persönlich verständigt worden war, kann selbst dann, wenn die Anberaumung der mündlichen Verhandlung öffentlich kundgemacht worden ist (§ 41 Abs. 2 AVG. 1950) ihre Einwendungen auch nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen. Solche Einwendungen sind binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt, in dem die Partei nachweislich davon Kenntnis erhalten hat, daß ihre Rechte durch das Bauvorhaben berührt werden, bei der Behörde einzubringen, welche die mündliche Verhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

[…]“

3.         Wasserrechtsgesetz 1959:

Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959 in den Fassungen (idF) BGBl I Nr 74/1997 (§ 15), BGBl I Nr 109/2001
(§ 26) und BGBl I Nr 87/2005 (§ 102) lauten samt den Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Einschränkungen zugunsten der Fischerei

§ 15. (1) Die Fischereiberechtigten können anläßlich der Bewilligung von Vorhaben mit nachteiligen Folgen für ihre Fischwässer Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren. Dem Begehren ist Rechnung zu tragen, insoweit hiedurch das geplante Vorhaben nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Für sämtliche aus einem Vorhaben erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile gebührt den Fischereiberechtigten eine angemessene Entschädigung (§ 117).

[…]

[Die Änderung des § 15 WRG 1959 durch die Novelle BGBl I Nr 58/2017 ist für das gegenständliche Verfahren nicht relevant.]

„Schadenshaftung

§ 26. […]

(2) Wird jedoch durch den rechtmäßigen Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage eine Liegenschaft oder ein Bauwerk, das schon zur Zeit der Erteilung der Bewilligung bestanden hat, beschädigt oder ein älteres Wasserbenutzungsrecht der im § 12 Abs. 2 bezeichneten Art oder ein Fischereirecht oder ein Nutzungsrecht im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, beeinträchtigt, so haftet der Wasserberechtigte für den Ersatz des Schadens, wenn bei der Erteilung der Bewilligung mit dem Eintritte dieser nachteiligen Wirkung überhaupt nicht oder nur in einem geringeren Umfange gerechnet worden ist.

[…]“

„Parteien und Beteiligte

§ 102. (1) Parteien sind:

[…]

b)   diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

[…]“

[Die Änderungen des § 102 WRG 1959 durch die Novellen BGBl I Nr 14/2011 und BGBl I
Nr 98/2013 sind für das gegenständliche Verfahren nicht relevant.]

4.       Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idF BGBl I Nr 5/2008:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrens-gesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 5/2008, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Mündliche Verhandlung

§ 40. (1) Mündliche Verhandlungen sind unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen und, sofern sie mit einem Augenschein verbunden sind, womöglich an Ort und Stelle, sonst am Sitz der Behörde oder an dem Ort abzuhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint.

[…]

§ 41. (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen.

[…]

§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

[…]“

5.       Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idF BGBl I Nr 31/2013:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 42 Abs 3 des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:

§ 42. […]

(3) Eine Person, die glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, kann binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist.

[...]“

6.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 24/2017, lauten wie folgt:

„Verhandlung

§ 24. […]

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

[…]

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

[…]“

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

V.         Erwägungen:

1.         Zur Rechtzeitigkeit:

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, BGBl Nr 1/1930 idF BGBl I Nr 101/2014, vier Wochen.

Der angefochtene Bescheid wurde den Rechtsvertretern des Beschwerdeführers am 22.11.2017 zugestellt. Die vom rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer am 15.12.2017 bei der Post aufgegebenen Beschwerde war daher fristgerecht.

3.         In der Sache:

3.1.      Zur Präklusion:

Die belangte Behörde hat die „Öffentliche Bekanntmachung einer mündlichen Verhandlung“ vom 24.07.2009, Zl ****, vom 29.07.2009 bis 18.08.2009 an der Amtstafel der Stadtgemeine W anschlagen lassen. Zudem hat die belangte Behörde verschiedene Personen, Antragsteller, betroffene Grundeigentümer etc, persönlich über die „Anberaumung der mündlichen Verhandlung“ verständigt. Eine weitere Kundmachung in geeigneter Form im Sinn des (iSd) § 42 Abs 1 AVG in der damals geltenden Fassung hat die belangte Behörde nicht vorgenommen. Sie hat also die für 18.08.2009 anberaumte Verhandlung nicht „doppelt“ kundgemacht. Die Präklusionsfolgen sind daher auf jene Personen eingeschränkt, die von der Verhandlung am 18.08.2009 persönlich verständigt wurden, nicht jedoch andere Personen.

Dementsprechend ist der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer nicht präkludiert.

3.2.      Zum Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung:

Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, der Landeshauptmann von Tirol habe ihn dem mit Spruchteil A des Bescheides vom 18.11.2009, Zl ****, abgeschlossenen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zu Unrecht nicht beigezogen und insbesondere von der mündlichen Verhandlung am 18.08.2009 nicht verständigt. Dementsprechend habe er durch seine Rechtsvertreterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 30.06.2015 den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung eingebracht. Der Landeshauptmann von Tirol habe diesen Antrag allerdings mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21.11.2017, Zl ****, aufgrund einer verfehlten Rechtsansicht als unbegründet abgewiesen und folglich die weiteren zum Schutz seiner Fischereirechte gestellten Anträge als unzulässig zurückgewiesen.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hält dazu Folgendes fest:

Mit Spruchteil A des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 18.11.2009,
Zl ****, ist das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren für das Kraftwerk FF rechtskräftig abgeschlossen worden. Dem Vorbringen des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers liegt die Vorstellung zugrunde, dass die Rechtskraft der mit Spruchteil A des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 18.11.2009, Zl ****, erteilten wasserrechtlichen Bewilligung nur gegenüber den am Verfahren beteiligten Parteien, nicht aber ihm gegenüber als übergangener Partei eintreten könne. Damit übersieht der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer den sachlichen Zusammenhang zwischen der Bestimmung des § 42 Abs 3 AVG und des § 26 WRG 1959. § 42 Abs 3 AVG wurde mit der Novelle BGBl I Nr 158/1998 in das AVG aufgenommen und entspricht inhaltlich dem bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der zitierten Novelle geltenden § 107 Abs 2 WRG 1959 idF BGBl Nr 252/1990 sowie der Vorgängerbestimmung des § 89 WRG idF BGBl Nr 144/1947. Ausgehend von der Bestimmung des § 42 Abs 3 AVG in Verbindung mit (iVm) § 26 Abs 2 WRG 1959 erstreckt sich die Rechtskraftwirkung einer wasserrechtlichen Bewilligung auch gegenüber einer übergangenen Partei. Unabhängig davon, ob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer als Fischereiberechtigter des Fischereireviers Nr **** an der GG Ache aufgrund der Vorschrift des § 102 Abs 1 lit b WRG 1959 in dem mit Spruchteil A des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 18.11.2009, Zl ****, abgeschlossenen wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren beachtliche Einwendungen hätte vorbringen können oder nicht, steht ihm nunmehr der in § 26 Abs 2 WRG 1959 aufgezeigte Weg frei, den allfälligen Ersatz eines Schadens der dort näher charakterisierten Art im ordentlichen Rechtswege zu begehren
[(vgl VfGH 12.10.1957, Slg 3246, zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 89 Abs 2 WRG idF BGBl Nr 144/1947; VwGH 10.03.1966, Zl 1419/65 zu § 107 Abs 2 WRG 1959 aF; Oberleitner/Berger, WRG-ON1.04 § 26 (Stand: Juli 2016, rdb.at)].

3.3.      Schlussfolgerungen:

Spruchteil A des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 18.11.2009, Zl ****, hat gegenüber dem rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer, selbst wenn er als übergangene Partei zu qualifizieren ist, Rechtskraftwirkung entfaltet. Eine Zustellung des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 18.11.2009, Zl ****, würde diese Rechtsposition nicht verändern. In einem solchen Fall wäre es dem rechtsfreundlich vertretenen Rechtsmittelwerber verwehrt, gegen den auch ihm gegenüber formell rechtskräftig gewordenen Bescheid eine Beschwerde zu erheben.

Die von der belangten Behörde mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides vorgenommene Abweisung des Antrages des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers auf Zuerkennung der Parteistellung erfolgte zu Recht. Folglich leidet auch die Zurückweisung der weiteren Anträge des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers wegen Unzulässigkeit (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) an keiner Rechtswidrigkeit.

Dementsprechend war die Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen AA, Adresse 1, Z, als Fischereiberechtigter des Fischereireviers Nr **** an der GG Ache als unbegründet abzuweisen.

4.         Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 20.11.2017, Zl ****, heißt es ausdrücklich:

„[…] In der Beschwerde kann die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht beantragt werden.“

Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Die belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 28.12.2017, Zl ****, das Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 21.11.2017, Zl ****, mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt, in dem zitierten Schreiben allerdings keinen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt.

Zudem kann das Landesverwaltungsgericht Tirol ungeachtet eines Parteiantrages bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 24 Abs 4 VwGVG von einer Verhandlung absehen.

Werden etwa Tatsachenfeststellungen nicht bestritten, so ist eine Verhandlung nicht notwendig und kann das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden (vgl VwGH 18.11.2014, 2013/05/0022, und VwGH 20.02.2015, 2012/06/0207-9, zu der mit § 24 Abs 4 VwGVG vergleichbaren Bestimmung des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG).

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Beschwerdefall vor. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt zur Frage der vom rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer beantragten Zuerkennung der Parteistellung ist jedenfalls geklärt.

VI.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Im gegenständlichen Fall hatte das Landesverwaltungsgericht Tirol zu prüfen, ob der Landeshauptmann von Tirol zu Recht die vom rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer beantragte Parteistellung in Hinblick auf das mit Spruchteil A des Bescheides vom 18.11.2009, Zl ****, abgeschlossene wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren als unbegründet abgewiesen hat. Ausgehend vom Wortlaut des § 42 Abs 3 AVG und unter Berücksichtigung des § 26 Abs 2 WRG 1959 entfaltet die rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung Rechtskraftwirkungen auch gegenüber dem Beschwerdeführer, selbst wenn er als übergangene Partei zu qualifizieren ist. Dies haben der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit früher geltenden, inhaltlich dem § 42 Abs 3 AVG entsprechenden wasserrechtlichen Bestimmungen festgestellt (vgl Kapitel 3.2. der Erwägungen dieses Erkenntnisses). Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat sich daher bei der gegenständlichen Entscheidung an der einheitlichen Judikatur der Höchstgerichte des öffentlichen Rechts orientiert. Dementsprechend erklärt das Landesverwaltungsgericht Tirol die ordentliche Revision für unzulässig (Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Einkommen des Lebensgefährten; Berechnung; Anspruch nach faktischer Leistung; Berücksichtigung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.37.0013.2

Zuletzt aktualisiert am

14.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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