TE Lvwg Erkenntnis 2018/2/20 LVwG-2018/25/0151-7

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Veröffentlicht am 20.02.2018
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Entscheidungsdatum

20.02.2018

Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
VStG §20

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geb am XX.XX.XXXX, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, vom 17.01.2018, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 11.01.2018, Zl ****, betreffend eine Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.000,00 unter Anwendung des § 20 VStG auf Euro 365,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) herabgesetzt wird.

2.       Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit Euro 36,50 neu festgesetzt.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Straferkenntnis wird dem Beschuldigten folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über ihn verhängt:

„Tatzeit:  20.09.2016 bis 30.09.2016

Tatort:          **** Z, Adresse 1

Sie. Herr AA. geb. am XX.XX.XXXX. haben als Dienstgeber Herrn BB, geb. am XX.XX.XXXX (Staatsangehörigkeit: X), bei welchem es sich um eine in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherung) handelt, zur oben angeführten Tatzeit auf der Baustelle in **** Y, Adresse 2, als Bauhilfsarbeiter gegen Entgelt beschäftigt, ohne diesen vor Arbeitsantritt bei der Tiroler Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet zu haben.

Sie haben dadurch gegen § 33 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) verstoßen, da Sie als Dienstgeber dieser Bestimmung zufolge verpflichtet gewesen wären, die beschäftigte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Diese Meldung wurde nicht erstattet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 111 Abs. 1 Z 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr 189/1955 in der Fassung vom 30.09.2016.

Wegen der Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

1.000,00

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

7 Tage

Freiheitsstrafe von

Gemäß

§ 111 Abs 2 zweiter Strafsatz ASVG, BGBl Nr 189/1955 in der Fassung vom 16.02.2017

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 100,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind jeweils 10 % der Strafe, wobei jedoch

mindestens € 10,00 zu bemessen sind.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 1.100,00.“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in der A im Wesentlichen vorbringt, dass er die für sich bzw den Bauherrn erbrachten Leistungen in Rechnung gestellt bekommen habe und deshalb keine Verwaltungsübertretung begangen hätte. Eine Montageleistung könne nur ausschließlich vor Ort an der zu verrichtenden Stelle erbracht werden, für welche diese vorgesehen ist. Eine Leistung könne nur dann erbracht werden, wenn derjenige, der die Leistung übernimmt, vorab davon unterrichtet wurde, wo und wie die Leistung zu erbringen ist. Für die angebotene Leistung werde ein Honorar/Lohn/Summe vereinbart. Es sei nicht Aufgabe eines Unternehmers nachzuprüfen, ob derjenige ein Gewerbe oder eine Firma oder sonstige Befugnisse besitzt. Derjenige, der die Leistung erbrachte, habe auch die volle Verantwortung bei Versagen der zu erbringenden Leistung gehabt, was bedeute, dass er kein Honorar erhalten hätte, wenn die Leistung mangelhaft oder gar nicht ausgeführt worden wäre. Derjenige, der die Leistung ausführte, sei gekommen und gegangen, wann er wollte und nicht verpflichtet gewesen, zu einem gewissen Zeitpunkt oder einer gewissen Tageszeit vor Ort sein zu müssen. Die angebotene Leistung habe zu jeder Zeit erbracht werden können. Der Zeitpunkt zur Ausführung der angebotenen Leistungserbringung sei vom Anbieter selbst gewählt worden und nicht durch ihn vorgeschrieben gewesen. Er habe kein monatliches Nettoeinkommen und Euro 25.000,00 Schulden und beantrage die Verfahrenseinstellung.

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

„Ich hatte am 20.09.2016 die Gewerbeberechtigungen für das freie Gewerbe „Bauwerksabdichter“ und das reglementierte Gewerbe „Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigung gemäß § 94 Z 13 GewO 1994“ inne. Seit 12.01.2018 besitze ich auch das reglementierte Gewerbe „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf Neu- und Umbauten sowie Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten an baulichen Anlagen bis zu einer maximalen Größe von 200 m²“.

Ich hatte in der Zeit vom 20. bis 30.09.2016 BB auf der Baustelle in Y, Adresse 2, als Subunternehmer beschäftigt. BB brauchte dafür weder eine Gewerbeberechtigung, noch eine Firma, weil er dafür so etwas nicht benötigte. BB hat nur geschaufelt. Herr B fragte mich, ob er mir auf der Baustelle helfen könne; dies bejahte ich und sagte ihm, dass er mir eine Rechnung schreiben müsse. Zwischen uns war ein Entgelt pro Stunde über Euro 10,00 vereinbart. Dies war mündlich vereinbart. Nähere Vereinbarungen waren nicht getroffen worden.

Ich stellte damals dem Bauherrn C die Rechnung, dieser bezahlte mich bar und ich gab Herrn B in bar den von ihm aufgestellten Betrag. BB und ich haben uns parallel die Stunden, die er auf der Baustelle gearbeitet hat, aufgeschrieben. Ich habe Herrn B nicht dauernd kontrolliert; meiner Erinnerung nach haben wir einen Großteil der Zeit gemeinsam auf der Baustelle gearbeitet und in dieser Zeit habe ich ihm gesagt, was zu erledigen ist. Herr B konnte sich die Arbeitszeit frei einteilen und ist gekommen und wieder weggegangen, wie es ihm beliebte. Es hat sich dabei nicht um Arbeiten gehandelt, die synchron zu einer bestimmten Zeit erledigt sein mussten, sondern eben bis zu einer bestimmten Zeit fertig zu sein hatten. Deshalb war es egal, wenn Herr B sich die Arbeitszeiten selbst ausgesucht hat.

Die Arbeitsmittel und Werkzeuge hat sich Herr B von mir ausgeliehen. Nachdem 10 Schaufeln auf der Baustelle herumstehen, musste er wirklich nicht seine eigene mitbringen. Wenn ich gefragt werde, ob B mir gegenüber für seine Arbeit gehaftet hat, so führe ich an, dass man beim Schaufeln eigentlich nicht viel falsch machen kann. Wenn Herr B zum Beispiel im Zuge des Baues einen Schaden verschuldet hätte, wie eine Scheibe eingeschlagen, dann hätte natürlich er sie bezahlen müssen. Eine Beaufsichtigung des Herrn B im eigentlichen Sinn hat nicht stattgefunden; wenn ich nicht gerade auf der Baustelle war, dann war die Mutter des Bauherrn C anwesend.

Wenn ich gefragt werde, welche Umstände mich zur Auffassung führten, dass die Übergabe der von B als „Rechnung“ titulierten Stundenaufstellung an mich dazu führt, dass er damit kein von mir beschäftigter Dienstnehmer ist, verweise ich auf einen Artikel in der Österreichischen Bauzeitung, Ausgabe 02/2018, Seite 13, seitens der Wirtschaftskammer Österreich und auf zwei Ausdrucke aus dem Internet, die ich mir im Hinblick auf die Erstellung von Rechnungen durch Privatpersonen ausgedruckt habe. Ich lege dem Verhandlungsleiter diese Unterlagen vor, welche dieser kopiert und die Kopien zum Akt nimmt und jeweils eine Kopie auch dem Vertreter der Finanzpolizei übergibt.

Wenn ich gefragt werde, ob Herr B in seiner „Rechnung“ nicht eine Umsatzsteuer ausweisen hätte müssen, so verneine ich dies. Er muss das deswegen nicht, da er sich sonst zur Umsatzsteuer ummelden müsste und er die entsprechenden Freibeträge nicht ausgeschöpft hat. Wenn ich gefragt werde, wie ich vor der angelasteten Tatzeit Informationen über die sozialversicherungsrechtliche Lage eingeholt habe, so verweise ich darauf, dass ich damals von meinem Steuerberater und ganz allgemein gewusst habe, dass es zulässig ist, als Privatperson Rechnungen zu legen und dass bis zu einer gewissen Summe kein sozialversicherungsrechtlicher Tatbestand daraus entsteht. Es muss dann derjenige, der die Leistung erbringt, dies melden.

Die Niederschrift des Herrn B bei der Bezirkshauptmannschaft Y ist mir bekannt. Wenn ich gefragt werde, ob die Angaben des Herrn B so richtig sind, dann führe ich an, dass ich diese Niederschrift nicht gelesen habe. Wenn Herr B bei seiner Einvernahme angegeben hat, dass ich ihm die Dienstzeiten vorgegeben hätte, so ist dies in dieser Art nicht richtig, weil er zu mir gesagt hat, dass er zu diesen Zeiten helfen könnte und ich zugestimmt habe. Die 3 anderen Arbeiter, die auf dieser Baustelle tätig waren, haben ungefähr dieselben Arbeiten gemacht wie Herr B. Meiner Erinnerung nach haben die anderen Arbeiter aber nie gemeinsam auf der Baustelle gearbeitet, sondern immer nur einer von diesen.“

II.      Sachverhalt:

BB hatte dem Beschuldigten seine Arbeitskraft angeboten und wurde deshalb von diesem in der Zeit vom 20.09.2016 bis 30.09.2016 für insgesamt 70 Stunden auf der Baustelle in Y, Adresse 2, als Bauhilfsarbeiter für Schaufeltätigkeiten eingesetzt. Es war ein Stundenlohn von Euro 10,00 mündlich vereinbart. Die Arbeitsgeräte wurden von A zur Verfügung gestellt. A sagte BB, was zu erledigen ist. B hatte eine gewisse Gestaltungsfreiheit, wann er die Schaufelarbeiten durchführte. B stellte an A eine Privatrechnung über Euro 700,00 für 70 Arbeitsstunden, die von A bar bezahlt wurde. BB wurde von A vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger nicht angemeldet. Vor der angelasteten Tatzeit hat er keine Informationen über die sozialversicherungsrechtliche Lage eingeholt und sich lediglich auf seine Kenntnis über den Umstand verlassen, dass es zulässig ist, Privatrechnungen zu legen. Der Beschuldigte erzielt kein eigenes Einkommen und wird von seiner Ehefrau erhalten.

III.     Beweiswürdigung:

Beweis aufgenommen wurde in der mündlichen Verhandlung am 12.02.2018 durch die Einvernahme des Beschwerdeführers sowie durch die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Y und des Landesverwaltungsgerichts Tirol.

Im erstinstanzlichen Akt befinden sich neben Rechtfertigungen des Beschuldigten auch dessen Einvernahme vor der Finanzpolizei am 07.04.2017 sowie die Zeugeneinvernahmen von BB sowie des Bauherren CC.

Beide beschrieben die Arbeitsleistungen des BB im Wesentlichen übereinstimmend in der Hinsicht, dass Herr B als Bauhilfsarbeiter eingesetzt war und der Beschuldigte dem Arbeiter B auftrug, welche Arbeiten zu erledigen sind und B für einen Stundenlohn von Euro 10,00 arbeitete, wobei seitens A eine Barzahlung an B erfolgte, nachdem dieser ihm eine Rechnung mit der Stundenaufstellung übergeben hatte.

Zum Vorteil des Beschwerdeführers stützt das Verwaltungsgericht seine Sachverhaltsfeststellungen jedoch ausschließlich auf die Angaben des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung.

IV.      Rechtslage:

In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer.

Gemäß § 4 Abs 2 erster Satz leg cit ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Die Dienstgeber haben gemäß § 33 Abs 1 ASVG jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 111 Abs 1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.       Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.       Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.       Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.       gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist gemäß Abs 2 leg cit von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Überwiegen die Milderungsumstände die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe nach § 20 VStG bis zur Hälfte unterschritten werden.

V.       Rechtliche Erwägungen:

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs 2 ASVG gegeben ist, hängt – worauf der Verwaltungsgerichtshof wiederholt verwiesen hat – davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung – nur beschränkt ist. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind – im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes – als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer – im Regelfall freilich auch vorliegender – Umstände (wie zB die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt (vgl etwa VwGH vom 18.08.2015, 2013/08/0121).

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstgebers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit iSd § 4 Abs 2 ASVG, ohne weitwendige Untersuchungen, vorausgesetzt werden (vgl VwGH vom 03.10.2013, 2013/08/0162).

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes liegt im verfahrensgegenständlichen Fall kein Werkvertragsverhältnis vor. Schon nach dem Beschwerdevorbringen bezieht sich die Vereinbarung nicht auf die entgeltliche Herstellung eines Werkes als in sich geschlossene Einheit einer individualisierten, konkretisierten und gewährleistungstauglichen Leistung. Es handelt sich vielmehr um laufend zu erbringende, niedrig qualifizierte (Dienst)leistungen eines Erwerbstätigen, der über keine unternehmerische Organisation verfügt und letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponiert. Aus einem solchen Erwerbstätigen wird auch dann kein selbständiger Erbringer von Werkleistungen, wenn die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bzw mengenmäßig bestimmte Abschnitte zerlegt und diese Abschnitte sodann zu „Werken“ mit einer „gewährleistungstauglichen Leistungsverpflichtung“ erklärt werden. Derartige, zumal auf Hilfsarbeiten bezogene Darlegungen können bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 539a ASVG) für die Beurteilung des Vorliegens einer Pflichtversicherung in keiner Weise maßgebend sein (vgl VwGH vom 24.04.2014, 2013/08/0258).

Zwischen BB und dem Beschwerdeführer war nichts anderes als ein Stundenlohn von Euro 10,00 vereinbart. Die Herstellung eines bestimmten Werkes war nicht vereinbart. Dieser Vertragsinhalt entspricht eindeutig dem eines Dienstvertrages, woran auch nicht der Umstand etwas zu ändern vermag, dass der Arbeitnehmer eine gewisse Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Zeiten, wann er die vereinbarten Arbeiten erbringt, innehatte. Im Sinn des § 4 Abs 2 ASVG überwiegen die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber jenen einer selbstständigen Ausübung der Erwerbstätigkeit.

Die Art der Entlohnung bietet keine Grundlage für die Annahme, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber gegenüber einen entsprechend des geschuldeten Erfolges beanspruchten Werklohn in Rechnung gestellt hat. Vielmehr erfolgte auch die Entlohnung so wie bei Dienstnehmern.

Das erkennende Gericht vertritt deshalb zusammengefasst die Ansicht, dass BB, so wie die belangte Behörde zutreffend angenommen hat, als Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat sohin die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass gemäß § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Soweit sich der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf den Artikel in der Österreichischen Bauzeitung, Ausgabe 02/2018, Seite 13, und auf die beiden Internetartikel über Privatrechnung verweist und damit sein Verschulden in Abrede stellt, ist Folgendes festzuhalten: bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann hätte den Beschwerdeführer Arbeitgeber des xischen Staatsangehörigen BB die Verpflichtung getroffen, vor Beauftragung dieses Dienstnehmers bei der zuständigen Behörde Auskünfte einzuholen. Hat er dies unterlassen, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt in ähnlich gelagerten Fällen entschieden hat, hätte eine Anfrage an die zuständige Behörde, nämlich an die zuständige Gebietskrankenkasse gerichtet werden müssen (vgl VwGH vom 23.11.2005, 2004/09/0168 ua). Dass eine solche Anfrage an die zuständige Behörde, hier auch an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde, gerichtet worden wäre, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.

Der vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Artikel in der Österreichischen Bauzeitung bezieht sich auf § 4 Abs 2 Arbeitskräfte-Überlassungsgesetz und nicht auf das ASVG. Die beiden Artikel über Privatrechnungen beziehen sich auf einkommens- und umsatzsteuerrechtliche Fragen, nicht aber auf die Sozialversicherung. Daraus ergibt sich lediglich, dass BB berechtigt war, seine Rechnung an den Beschwerdeführer auszustellen. Dies beantwortet aber nicht die Frage, ob eine Pflichtversicherung gegeben war oder nicht.

Die vom Beschuldigten vorgelegte Information, die er von seiner Steuerberaterin erhielt, bezieht sich auf die Versicherungspflicht durch die arbeitende Person, nicht aber darauf, wann der Dienstgeber diese Person bei der Sozialversicherung anzumelden hat.

Der Beschuldigte hat diese Informationen seiner Steuerberaterin offenbar falsch verstanden und war deshalb davon überzeugt, BB nicht bei der TGKK anmelden zu müssen. Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung den zweifelsfreien Eindruck seitens des Beschuldigten gewonnen, dass dieser fest davon überzeugt war, dass er Herrn B unter den gegebenen Bedingungen nicht beim Krankenversicherungsträger anmelden muss. Er ist damit einem Rechtsirrtum erlegen, der auf Fahrlässigkeit beruht, da er zu diesem konkreten Sachverhalt vor der Beschäftigung von B keine Informationen zur sozialversicherungsrechtlichen Lage bei der zuständigen Stelle (TGKK) oder seiner gesetzlichen Interessenvertretung (WKO) eingeholt hat.

Nach § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Beeinträchtigungsintensität der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist insofern nicht unerheblich, als das öffentliche Interesse an der fristgerechten Anmeldung von Arbeitnehmern beim zuständigen Träger der Krankenversicherung und der damit verbundenen sozialen Absicherung der betreffenden Arbeitskräfte in erheblichem Maß geschädigt wurde.

Der Beschwerdeführer schien zum Tatzeitpunkt nicht wegen einer Verletzung von Meldepflichten nach dem ASVG als bestraft auf. Es kommt daher der erste Strafsatz des § 111 Abs 2 ASVG mit einem Strafrahmen von Euro 730,00 bis Euro 2.180,00 je nicht gemeldetem Dienstnehmer zum Tragen.

Beim Ausmaß des Verschuldens war zu berücksichtigen dass dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zu Gute kommt, dem keine Erschwerungsgründe gegenüber stehen. Da der Beschuldigte nachgewiesen hat, dass er schon über das ganze Jahr 2017 gesehen kein Einkommen erzielt hat und deshalb von seiner Ehefrau alimentiert werden muss und er andererseits einem – wenn auch auf Fahrlässigkeit beruhenden – Rechtsirrtum erlegen ist, und diesen Umständen keine Erschwerungsgründe gegenüberstehen, liegen die Voraussetzungen des § 20 VStG für eine außerordentliche Strafmilderung vor, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe von Euro 730,00 um die Hälfte spruchgemäß unterschritten wurde.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Anmeldung beim zuständigen Krankenversicherungsträger; Privatrechnung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.25.0151.7

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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