TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/7 W239 2170930-1

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Veröffentlicht am 07.03.2018
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Entscheidungsdatum

07.03.2018

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W239 2170930-1/2E

W239 2170932-1/2E

W239 2170933-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 29.08.2017, Zl. XXXX , aufgrund der Vorlageanträge von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , und 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Syrien, alle vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 31.05.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer ( XXXX ) und die Zweitbeschwerdeführerin ( XXXX ) gaben an, die Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers ( XXXX ) und der in Österreich aufhältigen Bezugsperson ( XXXX , geb. XXXX ) zu sein. Alle sind Staatsangehörige Syriens. Die Beschwerdeführer stellten am 07.01.2016 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (in der Folge: ÖB Damaskus) unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Begründend führten sie aus, ihrem Sohn bzw. Bruder sei in Österreich mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 10.04.2015, Zl. XXXX , rechtskräftig seit 29.04.2015, der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden. Mit diesem wollten sie nun gemeinsam im Bundesgebiet leben.

2. In seiner Stellungnahme nach § 35 AsylG 2005 und der Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 12.12.2016 führte das BFA aus, dass betreffend die Beschwerdeführer die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden nicht vorliegen, weil die angeführte Bezugsperson zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits volljährig gewesen sei und somit kein Familienverfahren gemäß dem 4. Abschnitt des AsylG (§ 35 Abs. 5 AsylG) vorliege. Außerdem hätten durch den Dokumentenberater an den vorgelegten Dokumenten Fälschungsmerkmale vorgefunden werden können. Der Bezugsperson sei der Sachverhalt zur Kenntnis gebracht worden, jedoch seien bis zum heutigen Tag keine Dokumente nachgereicht worden, welche die Familieneigenschaft für eine Antragsberechtigung nachweisen würden.

Die Legaldefinition des § 35 Abs. 5 AsylG stelle nur bei antragstellenden Kindern darauf ab, dass ihre Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen müsse. Nur bei einreisewilligen Kindern schade es daher nicht, wenn sie im Entscheidungszeitpunkt bereits volljährig seien. Demgegenüber komme es bei antragstellenden Elternteilen darauf an, dass die Bezugsperson in Österreich auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einreiseantrag noch minderjährig sei. Sei im Zeitpunkt der Entscheidung die Volljährigkeit der Bezugsperson in Österreich bereits gegeben, sei die Einreise der Eltern mangels gesetzlicher Familieneigenschaft zu verweigern. Der Kreis der Personen, welche als Familienangehörigen iSd AsylG (Kernfamilie) anzusehen seien, sei also genau bestimmt; eine Erweiterung, z.B. auf Geschwister, Neffen, Nichten etc. sei nicht möglich.

Dem in Österreich lebenden Sohn XXXX sei mit Rechtskraft vom 29.04.2015 der Status als Asylberechtigter zuerkannt worden. Die Eltern hätten am 07.01.2016 (Befragungsformular) gegenständliche Einreiseanträge gestellt. Diese seien mittels Diplomantenpost am 14.01.2016 einlangend dem BFA übermittelt worden und in der Folge der zuständigen Regionaldirektion zur Erledigung weitergeleitet worden. Dort seien sie am 16.02.2016 erstmalig eingelangt. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei keine Familieneigenschaft für eine Antragsberechtigung mehr vorgelegen. Selbst bei sofortiger, unmittelbarer Bearbeitung wäre [aus näher dargelegten und errechneten zeitlichen Überlegungen] eine rechtzeitige Erledigung der Anträge vor dem 18. Geburtstag der Bezugsperson nicht mehr möglich gewesen.

Mit Schreiben vom 12.12.2016 wurde den Beschwerdeführern die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihnen wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die beiliegende Stellungnahme und Mitteilung des BFA vom 12.12.2016 verwiesen wurde. Den Beschwerdeführern wurde die Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen, widrigenfalls aufgrund der Aktenlage entschieden werde.

Am 12.04.2017 gab die Vertretung der Beschwerdeführer ihre Bevollmächtigung bekannt und es wurde ihr sodann am 13.04.2017 die Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt.

3. Nach Fristverlängerung brachten die Beschwerdeführer im Wege ihrer Vertretung in ihrer Stellungnahme vom 27.04.2017 im Wesentlichen Folgendes vor: Unmittelbar nach der Statuszuerkennung an die Bezugsperson habe seitens der gesamten Familie der Wunsch nach einer möglichst raschen Familienzusammenführung bestanden, um wieder gemeinsam leben zu können. Die ältere Schwester der Bezugsperson, XXXX , sei zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits volljährig gewesen, für sie sei es daher nicht mehr möglich gewesen, im Rahmen eines Einreiseverfahrens gemäß § 35 AsylG nach Österreich zu ihrem Bruder zu kommen. Wie im beiliegenden Brief der Bezugsperson erklärt werde, habe die restliche Familie daher mit der Antragstellung gezögert, um XXXX nicht alleine zurückzulassen. Am 07.01.2016 habe die Familie schließlich persönlich einen Einreiseantrag gemäß § 35 AsylG bei der ÖB Damaskus gestellt, um in Österreich das gemeinsame Familienleben mit der Bezugsperson, dem Sohn bzw. Bruder, fortsetzen zu können. Zu diesem Zeitpunkt sei die Bezugsperson 17 Jahre und elf Monate alt gewesen. Fest stehe, dass die Bezugsperson relativ kurz nach der Antragstellung der Familie volljährig geworden sei. Da die Einreiseanträge aber zu einem Zeitpunkt gestellt worden seien, als die Bezugsperson minderjährig gewesen sei, sei die daraufhin eingetretene Volljährigkeit für die Entscheidung irrelevant.

Die Behörde stütze ihre Entscheidung - wenn auch nicht explizit genannt - auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.01.2016 zu Ra 2015/21/0230, wonach die Minderjährigkeit der Bezugsperson zum Entscheidungszeitpunkt gegeben sein müsse. Dieses Erkenntnis könne allerdings auf den vorliegenden Fall nicht ohne weiteres umgelegt werden, was die Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belaste.

Im genannten Erkenntnis des VwGH stütze dieser seine Entscheidung auf die Materialien zum FNG-Anpassungsgesetzes verankerte Anwendbarkeit der Richtlinie 2003/86/EG. Da die RL selbst den Nachzug von Eltern nach Art. 4 Abs. 2 lit. a nur optional vorsehe und der Gesetzgeber eine restriktive Tendenz insofern erkennen lasse, als der zu erfassende Personenkreis nicht über das seitens der RL geforderte Maß hinausgehen solle, erscheine es konsequent, im Hinblick auf die Minderjährigkeit [der Bezugsperson] auf das Entscheidungsdatum abzuzielen.

Im gegenständlichen Fall sei die Bezugsperson allerdings asylberechtigt, was nicht nur zur vollen Anwendbarkeit der RL führe, sondern auch begünstigende Regeln nach sich ziehe, sowie eine generelle Rücksichtnahme erfordere. Auf Eltern von minderjährigen Asylberechtigten sei somit nicht der seitens des VwGH zitierte Art. 4 Abs. 2 lit. a anzuwenden, sondern Art. 10 Abs. 3 lit. a, welcher den Nachzug der Eltern zwingend vorsehe. Dies stehe im Einklang mit Art. 5 Abs. 5 der RL, welcher vorschreibe, dass das Kindeswohl in allen Fällen berücksichtigt werden müsse, sowie mit der Judikatur des EuGH, wonach die erfolgreiche Familienzusammenführung den Regelfall darstellen solle und die Mitgliedstaaten ihren Spielraum nicht in einer Weise nützen dürften, der dem Zweck der RL widerspreche. In Anbetracht dieser unionsrechtlichen Vorschriften erscheine eine Auslegung, wonach die Gestattung der Familienzusammenführung alleine von der Bearbeitungsdauer durch die Behörden abhängig sei, unzulässig.

Verwiesen wurde zudem auf ein beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsverfahren, welches sich mit derselben Thematik wie im vorliegenden Fall beschäftige. In der Rechtssache C-550/16, A und S, habe die Rechtsbank Den Haag den EuGH zur Beantwortung der Frage ersucht, ob unter den Begriff "unbegleiteter Minderjähriger" iSd Art. 2 lit. f der RL 2003/86/EG auch ein Drittstaatsangehöriger falle, der als Minderjähriger einreise, Asyl beantrage, während des Asylverfahrens 18 Jahre alt werde, Asyl erhalte und anschließend eine Familienzusammenführung beantrage. Der Ausspruch des EuGH zur Auslegung des Begriffes "unbegleiteter Minderjähriger" iSd RL 2003/86/EG sei auch für den vorliegenden Fall bindend und das gegenständliche Verfahren müsse demnach bis zur Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchen ausgesetzt oder seinerseits dem EuGH vorgelegt werden.

Zudem wurde in der Stellungnahme die Verletzung des Rechts auf Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK geltend gemacht. Die Rechtsprechung des EGMR besage, dass aus Art. 8 EMRK zwar keine generelle Verpflichtung eines Staates abgeleitet werden könne, die Wahl des ehelichen Wohnsitzes zu respektieren oder eine Familienzusammenführung auf seinem Gebiet zu gestatten, dass aber bei außergewöhnlichen Umständen eine positive Verpflichtung zur Gestattung der Einreise bzw. der Legalisierung des Aufenthaltes bestehe. Der Familienzusammenführung von Flüchtlingen werde hierbei besonderes Augenmerk geschenkt, sodass regelmäßig vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände gesprochen werden könne. Insbesondere stelle der EGMR fest, dass die Familienzusammenführung ein essentielles Recht von Flüchtlingen und ein fundamentales Element zur Fortführung eines normalen Lebens darstelle. Im gegenständlichen Fall sei seitens der Behörde nicht geprüft worden, ob eine Einreise nach Art. 8 EMRK geboten erscheinen könnte. Es habe jedoch eine konkrete und individuelle Prüfung nach Art. 8 EMRK stattzufinden und diese sei mit den Antragstellern zu erörtern; eine allfällige Abweisung des Antrages sei entsprechend zu begründen.

Weiters wurde in der Stellungnahme auf das Recht des Kindes auf Familie und auf das mögliche Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses trotz Volljährigkeit hingewiesen. Ob die Bezugsperson 17 Jahre oder 18 Jahre alt sei, habe nichts mit einer reellen Unabhängigkeit zu tun. Im vom UNHCR herausgegebenen "Handbuch und Richtlinien über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaften" heiße es, dass auch von ihren Eltern verlassene Kinder als soziale Gruppe aufgefasst werden könnten, und dass die Zugehörigkeit zu dieser sozialen Gruppe nicht unbedingt und automatisch mit dem Erwachsenwerden enden müsse. Es könne somit nicht davon ausgegangen werden, dass das Recht auf Familie mit dem 18. Geburtstag abrupt ende. Im gegenständlichen Fall sei vom BFA in keiner Weise geprüft worden, ob ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe.

Zum Vorwurf der gefälschten Dokumente wurde in der Stellungnahme unter anderem festgehalten, dass es das BFA und die Botschaft verabsäumt hätten, der Aufforderung zur Stellungnahme den Bericht des Dokumentenberaters beizulegen oder dessen Ergebnisse zu konkretisieren. Somit lasse sich nicht nachvollziehen, wer der Dokumentenberater sei, über welche Qualifikation er verfüge und anhand welcher Anhaltspunkte die Dokumente als gefälscht erachtet würden. Das stelle eine schwerwiegende Verletzung des Rechts auf Parteiengehör dar. Die Prognoseentscheidung müsse ausreichend begründet sein, um den Antragstellern die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. Den Parteien seien die Ergebnisse der Beweisaufnahme ungeschmälert zur Kenntnis zu bringen. In Bezug auf Gutachten gehöre dazu nicht nur der Befund und die darauf beruhenden Schlussfolgerungen, sondern auch sämtliche herangezogenen Hilfsbefunde und die Bekanntgabe des Namens und der Fachrichtung des Sachverständigen.

Die vom BFA am 25.10.2016 durchgeführte Einvernahme der Bezugsperson, bei der ihr mitgeteilt worden sei, dass die Dokumente gefälscht seien, könne diesem Erfordernis nicht genügen, da auch hier nicht konkretisiert worden sei, auf welche Anhaltspunkte sich der Fälschungsvorwurf stütze.

Selbst wenn die eingereichten Dokumente nicht ausreichend seien, um die Familieneigenschaft nachzuweisen, sei das für sich kein tauglicher Grund, den Antrag abzuweisen, sondern es seien sonstige Beweismittel zu prüfen. Verwiesen wurde auf § 13 Abs. 4 BFA-VG und auf die Möglichkeit der Vornahme einer DNA-Analyse; über diese Möglichkeit seien Fremde zu belehren. Im vorliegenden Fall habe die Bezugsperson bereits im Schreiben vom 21.12.2016 zu verstehen gegeben, dass die Eltern zur Durchführung einer DNA-Analyse bereit seien, was seitens der Behörde nicht berücksichtigt worden sei.

Der Stellungnahme beigefügt waren folgende Schreiben:

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Schreiben der Bezugsperson vom 21.12.2016

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Schreiben der Bezugsperson vom 21.04.2017

Aus dem Schreiben der Bezugsperson an das BFA vom 21.12.2016 lässt sich Folgendes entnehmen: In der Einvernahme am 25.10.2016 sei der Bezugsperson vom BFA mitgeteilt worden, dass das BFA der Ansicht sei, die Familie der Bezugsperson habe im gegenständlichen Verfahren verfälschte Dokumente vorgelegt. Die Bezugsperson habe diesbezüglich mit dem Vater Kontakt aufgenommen. Dieser habe mitgeteilt, dass er die Ausfolgung der Dokumente erst kürzlich beantragt habe und dass es sich um echte Dokumente handle. Aufgrund der derzeitigen Ausnahmesituation in Syrien könne es jedoch sein, dass die Dokumentenerstellung und Beurkundung nicht mehr so ablaufe wie in den vergangenen Jahren und somit die Beschaffenheit der Dokumente nicht mehr dieselbe sei. Aus diesem Grund sei es nicht möglich, andere Dokumente beizubringen. Falls das Verwandtschaftsverhältnis der Bezugsperson zu den Eltern angezweifelt werde, wolle die Bezugsperson im Namen der Eltern anregen, gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen.

Im Schreiben der Bezugsperson vom 21.04.2017 legt diese dar, aus welchen Überlegungen die Eltern ursprünglich gezögert hätten, unmittelbar nach der Asylgewährung einen Antrag auf Familiennachzug zu stellen. Maßgeblich sei der Gedanke gewesen, die bereits volljährige Schwester, welche alleinstehend sei und keine sonstigen Angehörigen habe, nicht alleine in Syrien zurückzulassen. Ein von der Schwester damals beantragtes Schülervisum sei von der MA35 letztlich abgelehnt worden. Auch die Beschaffung der nötigen Dokumente und der Umstand, dass die Terminvergabe für die Antragstellung mit einer langen Wartezeit verbunden gewesen sei, habe eine Zeitverzögerung bei der Antragstellung auf Familiennachzug mit sich gebracht. Trotz alledem sei es gelungen, den Antrag noch deutlich vor dem 18. Geburtstag der Bezugsperson zu stellen.

4. Nach Übermittlung der Stellungnahme der Beschwerdeführer an das BFA teilte dieses in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.05.2017 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. In seiner Begründung stützte sich das BFA auf die bereits in der Stellungnahme vom 12.12.2016 angeführte Argumentation:

Es legte abermals dar, dass aufgrund des Umstandes, dass die Antragstellung nur wenige Tage vor dem 18. Geburtstag der Bezugsperson erfolgt sei, selbst bei sofortiger Bearbeitung der Anträge eine rechtzeitige Entscheidung mit einem anderslautenden Ergebnis nicht erfolgen hätte können; dies im Hinblick auf die Entscheidung des VwGH vom 28.01.2016, Ra 2015/21/0230, in der erkannt worden sei, dass es auf die Minderjährigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag des Elternteiles auf Erteilung des Einreisetitels ankomme.

Zusätzlich dazu führte das BFA erneut aus, dass durch den Dokumentenberater an den vorgelegten Dokumenten Fälschungsmerkmale vorgefunden worden seien und der Bezugsperson dieser Sachverhalt zur Kenntnis gebracht worden sei. Es seien jedoch keine Dokumente nachgereicht worden, die die Familieneigenschaft für eine Antragsberechtigung nachgewiesen hätten.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.05.2017 wies die ÖB Damaskus die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 30.06.2017, in welcher inhaltlich auf das in der Stellungnahme vom 27.04.2017 erstattete Vorbringen verwiesen wurde; die darin angeführte Argumentation bleibe vollinhaltlich aufrecht.

Verwiesen wurde ausdrücklich nochmals auf das beim EuGH anhängige Vorabentscheidungsverfahren. Dieses stelle eine Vorfrage iSd § 38 AVG dar, sodass das gegenständliche Verfahren bis zur Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens ausgesetzt werden müsse. Die belangte Behörde habe von einer Aussetzung abgesehen und sich in keiner Weise damit auseinandergesetzt, ob das Vorabentscheidungsersuchen auf die Umstände des vorliegenden Falls zutreffe; sie habe den Bescheid damit mit Rechtswidrigkeit belastet.

Des Weiteren wurde abermals gerügt, dass den Beschwerdeführern der Bericht des Dokumentenberaters nicht ausgehändigt worden sei, sodass sie keine Möglichkeit gehabt hätten, dazu Stellung zu nehmen. Auch dem Antrag, der Familie die Möglichkeit zu geben, die Familieneigenschaft durch die Durchführung einer DNA-Analyse zweifelsfrei zu belegen, sei ohne nähere Begründung seitens der belangten Behörde nicht stattgegeben worden.

7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29.08.2017 wies die ÖB Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden seien. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des BFA durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht (vgl. VwGH vom 17.10.2013, 2013/21/0152).

Daran, dass die Vertretungsbehörden an die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA gebunden seien und damit keinen eigenen Ermessensspielraum hätten, habe der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst im Erkenntnis vom 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, festgehalten. Danach unterliege die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung des BFA im Rahmen des § 27 VwGVG einer Überprüfung nur durch das Bundesverwaltungsgericht, wenn gegen einen Bescheid nach § 35 AsylG 2005 Beschwerde erhoben werde.

Unabhängig von der oben angeführten Bindungswirkung vertrete auch die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass § 35 Abs. 5 AsylG 2005 dahingehend klar sei, dass volljährige Kinder nicht unter den Familienbegriff des Asylgesetzes fallen würden.

Wie der VwGH in seiner Entscheidung vom 28.01.2016, Ra 2015/21/0230, ausgeführt habe, komme es hinsichtlich der Volljährigkeit der Bezugsperson nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung sondern auf den Entscheidungszeitpunkt an. An dieser Rechtsprechung habe der VwGH mit den Entscheidungen vom 26.01.2017, Ra 2016/20/0231, und vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253 bis 0254, festgehalten.

Soweit die Beschwerdeführer dem VwGH eine Verkennung der Rechtslage zum Vorwurf mache, weil er auf den nur optional anzuwendenden Art. 4 Abs. 2 lit. a der RL 2003/86/EG - und nicht dessen Art. 10 Abs. 3 lit. a - abgestellt habe, so sei dem schon deshalb nicht zu folgen, weil die RL 2003/86/EG keine Aussage darüber treffe, auf welchen Zeitpunkt - der Antragstellung oder der Entscheidung - abzustellen sei.

Auch sei auf den Beschluss des VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253 bis 0254, zu verweisen, aus dem im Wesentlichen hervorgehe, dass der Zweck der Ausstellung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 darin bestehe, den Nachziehenden die Einreise zu ermöglichen und ihnen denselben Schutz zu gewähren wie der Bezugsperson in Österreich. Diesem Zweck werde aber nicht entsprochen, wenn die Eltern eines im Laufe des Verfahrens gemäß § 35 AsylG 2005 volljährig gewordene Asylberechtigten die Einreise gestattet werde, weil sie bei Antragstellung nicht mehr dem Familienverfahren gemäß § 34 AsylG 2005 unterliegen würden.

Der Einreisetitel gemäß § 35 AsylG 2005 erweise sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen der Beschwerdeführer auf Familienzusammenführung mit der bereits volljährigen Bezugsperson zu entsprechen. Wie im Beschluss des VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253 bis 0254, ausgeführt, seien sie vielmehr auf die anderen - nach NAG und FPG eröffneten - Möglichkeiten zu verweisen.

Soweit in der Beschwerde eine Aussetzung nach § 38 Abs. 2 AVG angesprochen werde, sei dafür im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung kein Raum. Davon abgesehen sei der Beschwerdefall entscheidungsreif und stelle die Frage im Vorabentscheidungsersuchen EuGH-C-550/16 für das vorliegende Beschwerdeverfahren - wegen der anders gelagerten Fallgestaltung - keine Vorfrage zur Klärung der Hauptfrage dar.

Ebenso sei eine behauptete Verletzung des Parteiengehörs nicht nachvollziehbar. In der Beschwerde werde nämlich verkannt, dass nach der Rechtsprechung des VwGH zu Fragen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung kein Parteiengehör gewährt werden müsse (vgl. Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht 188, und die dort angegebene Rechtsprechung).

Zudem hätten sich laut Bericht des Dokumentenberaters des Bundesministeriums für Inneres vom 08.01.2016 massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden ergeben. Es handle sich dabei um einen besonders geschulten Experten, dessen fachkundige Bewertung nicht in Frage gestellt werde.

Soweit in der Beschwerde auf die Notwendigkeit einer DNA-Analyse verwiesen werde, bleibe es unerfindlich, wieso eine solche im vorliegenden Beschwerdefall überhaupt relevant sein sollte. Abgesehen davon beziehe sich die Anordnung des § 13 Abs. 4 BFA-VG nur auf ein Verfahren des BFA selbst und nicht auf ein solches der Vertretungsbehörde. Behörde in einem Verfahren nach § 35 AsylG 2005 iVm § 26 FPG sei aber nur die jeweilige Vertretungsbehörde.

8. Am 05.09.2017 wurde bei der ÖB Damaskus ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 14.09.2017, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt, wo er am 19.09.2017 einlangte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Syriens und stellten am 07.01.2016 bei der ÖB Damaskus unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, genannt, die der Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sowie der Bruder des minderjährigen Drittbeschwerdeführers sei. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des BFA vom 10.04.2015, Zl. XXXX , rechtskräftig seit 29.04.2015, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Die Bezugsperson XXXX wurde am XXXX .2016 volljährig.

Das BFA teilte nach Prüfung des Sachverhaltes mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da es sich bei den Antragstellern nicht um Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 handle. Die Bezugsperson sei volljährig und es seien in Verfahren verfälschte Dokumente vorgelegt worden.

Den Beschwerdeführern wurde die Stellungnahme des BFA vom 12.12.2016 mitgeteilt und ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Die Beschwerdeführer gaben am 27.04.2017 eine Stellungnahme ab. Das BFA hielt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22.05.2017 an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose fest.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen, insbesondere das Alter der Bezugsperson, ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der ÖB Damaskus und wurden von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

§ 34 AsylG 2005 idgF lautet:

"§ 34 (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

Die dem Verfahren zu Grunde liegenden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln wurden am 07.01.2016 und somit vor Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 gestellt. Gemäß den Übergangsbestimmungen des § 75 Abs. 24 AsylG ist daher § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Die Bestimmungen lauten:

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat."

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[...]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[...]

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

[...]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a. (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[....]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl, BFA) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des BFA noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem Ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1 ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des BFA nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 28.01.2016, Ra 2015/21/0230 bis 0231, ausführlich unter Einbeziehung der diesbezüglichen Materialien mit der Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 auseinandergesetzt Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die von den revisionswerbenden Parteien angesprochene Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie), Bedacht genommen. Weiters hat er darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof infolge eines anlässlich an ihn herangetragenen Falles offenkundig keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gehegt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof ist im genannten Erkenntnis vom 28.01.2016 zum Ergebnis gekommen, dass bei der Beurteilung, ob ein Einreisetitel zu den in § 35 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Zwecken an einen Elternteil eines minderjährigen Kindes auszustellen ist, - vor dem Hintergrund, dass gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 (sowohl in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 24/2016 als auch danach) nur "Familienangehörige gemäß Abs. 5" den maßgeblichen Antrag stellen "können" - an der Relevanz der in § 35 Abs. 5 AsylG 2005 enthaltenen Definition des "Familienangehörigen" kein Zweifel bestehen kann, und dass ein Verständnis dahingehend, dass bei antragstellenden Eltern bezüglich des Kriteriums der Minderjährigkeit ihres in Österreich Asyl oder subsidiären Schutz erhalten habenden Kindes auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. insbesondere Pkt. 3 der Entscheidungsgründe des angeführten Erkenntnisses vom 28.01.2016). Insbesondere hat der Verwaltungsgerichtshof auch mit näherer Begründung darauf hingewiesen, dass eine erweiternde Auslegung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 - sofern man sie überhaupt für möglich erachten würde - dergestalt, dass es im Verfahren nach § 35 AsylG 2005 auch bei antragstellenden Eltern eines minderjährigen Kindes für die Eigenschaft als "Familienangehöriger" hinsichtlich der Minderjährigkeit auf den Antragszeitpunkt ankomme, nicht in Betracht gezogen werden könne.

Diese Judikatur wurde vom VwGH auch in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017 (Ra 2016/20/0231-0234) und vom 21.02.2017 (Ra 2016/18/0253-0254) bestätigt.

Im vorliegenden Fall wurden Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, als Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin und Bruder des minderjährigen Drittbeschwerdeführers genannt.

Es ergibt sich aus den vorliegenden Akten zweifelsfrei, dass die angegebene Bezugsperson im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits volljährig war. Die Bezugsperson wurde noch im selben Monat der Antragstellung durch die Beschwerdeführer am 07.01.2016, nämlich am 20.01.2016, volljährig, womit der Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 bezüglich des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin nicht erfüllt ist.

Was den minderjährigen Drittbeschwerdeführer betrifft, so kommt diesem als Bruder der Bezugsperson angesichts des Wortlauts des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens schon von vornherein die Eigenschaft als Familienangehörigen der Bezugsperson nicht zu.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in Ra 2016/18/0253-0254 vom 21.02.2017 zudem ausführte, stellt die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 zu eröffnen. Diesem Zweck wird aber nicht entsprochen, wenn - wie im gegenständliche Fall - den Eltern eines im Laufe des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig gewordenen Asylberechtigten bzw. dem Bruder des Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, da sie bei der Beantragung des internationalen Schutzes nach Einreise nicht mehr bzw. von vornherein nicht dem Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 unterliegen würden.

Der Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 erweist sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen der Beschwerdeführer auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen (bereits volljährig gewordenen) Sohn bzw. Bruder zu entsprechen. Sie sind vielmehr auf die anderen - im NAG und FPG eröffneten - Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Ausstellung von entsprechenden Einreisetiteln zu verweisen.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein jeweils mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, wonach die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Beschwerdeführer in Bezug auf die in Österreich befindliche Bezugsperson nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

In Hinblick auf das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK ist auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen.

Es kann zudem im gegenständlichen Fall auch vor dem Hintergrund von Art. 8 EMRK keine besondere Abhängigkeit zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson erkannt werden, zumal es sich hier um keine schwerwiegend erkrankten oder besonders pflegebedürftigen Personen handelt, die notwendiger Weise auf ihre Angehörigen angewiesen wären; auch sonst kann nicht erkannt werden kann, weshalb die Beschwerdeführer zwingend von der volljährigen Bezugsperson abhängig sein sollten.

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa Asylberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z.B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Soweit von der Vertretung der Beschwerdeführer die Meinung vertreten wird, das beim EuGH zur Zl. C-550/16 anhängige niederländische Vorabentscheidungsersuchen stelle eine Vorfrage iSd § 38 AVG dar, weshalb das gegenständliche Verfahren bis zur Beantwortung des Ersuchens ausgesetzt werden müsse, ist Folgendes zu entgegnen:

Das erkennende Gericht geht davon aus, dass die seitens der Rechtbank Den Haag (Niederlande) an den EuGH gerichtete Vorlagefrage für das vorliegende Beschwerdeverfahren keine Relevanz hat. Dies aus nachfolgenden Gründen:

Die Vorlagefrage der Rechtbank Den Haag (Niederlande) an den EuGH vom 31.10.2016 (Rechtssache C-550/16) lautet:

"Ist im Rahmen der Familienzusammenführung bei Flüchtlingen als "unbegleiteter Minderjähriger" im Sinne von Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2003/86 auch ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser unter 18 Jahren anzusehen, der ohne Begleitung eines für ihn nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen in einen Mitgliedstaat einreist und der

-

Asyl beantragt,

-

während des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat 18 Jahre alt wird,

-

Asyl rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung erhält und

-

anschließend Familienzusammenführung beantragt?"

Dieses Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH betrifft somit die Frage, ob die Eigenschaft als "unbegleiteter Minderjähriger" iSd der RL 2003/86/EG auch nach Erreichen der Volljährigkeit erhalten bleibt und zwar in jener Fallkonstellation, in der ein zum Zeitpunkt der Antragstellung in einem Mitgliedstaat minderjähriger Asylwerber im Laufe seines Asylverfahrens die Volljährigkeit erreicht und danach rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung Asyl erhält sowie in der Folge (ebenfalls nach Erreichen der Volljährigkeit) eine Familienzusammenführung beantragt.

Demgegenüber liegt dem gegenständlichen Verfahren eine andere Fallkonstellation zugrunde: Die Bezugsperson war zwar wie in dem genannten Vorabentscheidungsverfahren zum Zeitpunkt seiner Antragstellung in Österreich noch minderjährig, wurde jedoch nicht bereits während des laufenden Asylverfahrens volljährig, sondern erst nach Zuerkennung des Status des Asylberechtigten. Auch zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Erteilung der Einreisetitel gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 war die Bezugsperson anders als im Vorabentscheidungsverfahren zur Rechtssache C-550/16 jedenfalls noch minderjährig.

Aus diesen Erwägungen folgt, dass dem erwähnten Vorabentscheidungsverfahren kein identer oder gleichgelagerter Sachverhalt wie den gegenständlichen Verfahren zugrunde liegt und ist dieses daher auch nicht im vorliegenden Fall einschlägig, weshalb keine Aussetzung der Verfahren zu erfolgen hat.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017 (Ra 2016/20/0231-0234) und vom 21.02.2017 (Ra 2016/18/0253-0254), denen gleichgelagerte Sachverhalte wie der gegenständliche zugrunde lagen, keine Veranlassung gesehen hat, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten.

Soweit von der Vertretung auch die Auffassung vertreten wird, das gegenständliche Verfahren sei mangelhaft, da den Beschwerdeführer der Bericht des Dokumentenberaters nicht vorgehalten worden sei bzw. ihnen die Durchführung einer DNA-Analyse nicht ermöglicht worden sei, ist festzuhalten, dass die diesbezüglichen Rügen im konkreten Fall ins Leere gehen, zumal sowohl die vorgelegten Dokumente als auch eine etwaige DNA-Analyse nur den Zweck haben können, darzulegen, dass die Beschwerdeführer tatsächlich mit der Bezugsperson leiblich verwandt sind. Geht man von der bestehenden leiblichen Verwandtschaft der Beteiligten aus, steht einer positiven Entscheidung über die vorliegenden Anträge dennoch der Umstand entgegen, da

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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