TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/3 99/13/0245

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Veröffentlicht am 03.05.2000
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §108;
BAO §109;
BAO §110;
BAO §308 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der E-GmbH in W, vertreten durch Mag. Erich Stachl, Wirtschaftsprüfer in Wien VI, Marchettigasse 2-6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. Oktober 1999, Zl. RV/141 - 07/03/98, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides kann Folgendes entnommen werden:

Gegen einen Bescheid des Finanzamtes vom 11. März 1997 über die Festsetzung von Aussetzungszinsen hatte die Beschwerdeführerin eine Berufung erhoben, die mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 23. Mai 1997 als unbegründet abgewiesen worden war. Zugestellt worden war diese Berufungsvorentscheidung am 28. Mai 1997 an jenen Wirtschaftsprüfer, welcher die Beschwerdeführerin im nunmehrigen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vertritt (im Folgenden kurz: Wirtschaftsprüfer).

Mit einem am 16. Juli 1997 beim Finanzamt eingelangten Schreiben vom 15. Juli 1997 hatte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung von Aussetzungszinsen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrt, welcher Antrag vom Finanzamt mit Bescheid vom 28. August 1997 als verspätet zurückgewiesen worden war.

Mit Anbringen vom 6. Oktober 1997 brachte die Beschwerdeführerin gegenüber dem Finanzamt vor, es sei die Berufungsvorentscheidung vom 23. Mai 1997 dem Wirtschaftsprüfer als geschäftsführendem Gesellschafter einer näher genannten SteuerberatungsgmbH zufolge eines Auslandsaufenthaltes erst am 20. Juni 1997 zur Kenntnis gelangt. Die Berufungsvorentscheidung vom 23. Mai 1997 betreffe ein Unternehmen, das zum 1. Jänner 1996 mit der Beschwerdeführerin verschmolzen worden sei, was auch die Zustellvollmacht des Wirtschaftsprüfers zum Erlöschen gebracht habe. Zustellbevollmächtigt für die Beschwerdeführerin sei die SteuerberatungsgmbH, welcher die betroffene Berufungsvorentscheidung erst am 20. Juni 1997 zur Kenntnis gelangt sei. Es erweise sich damit der Vorlageantrag als zeitgerecht gestellt. Zwischen Zustellungen an den Wirtschaftsprüfer und an die SteuerberatungsgmbH müsse getrennt werden. Es werde deshalb der Antrag gestellt, "das Verfahren im Sinne der obigen Bestimmungen wieder aufzunehmen bzw. in den vorigen Stand einzusetzen".

Dieses als Wiedereinsetzungsantrag verstandene Anbringen der Beschwerdeführerin wurde im Instanzenzug von der belangten Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid mit der Begründung abgewiesen, dass nach der Aktenlage eine Zustellvollmacht des Wirtschaftsprüfers für die Beschwerdeführerin zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsvorentscheidung vorgelegen sei, sodass sich die Zustellung der Berufungsvorentscheidung an die Beschwerdeführerin am 28. Mai 1997 an den damals zustellungsbevollmächtigten Wirtschaftsprüfer als wirksam erweise. Auch im Falle einer an die SteuerberatungsgmbH erteilten Zustellvollmacht wäre die Zustellung des betroffenen Bescheides an den Wirtschaftsprüfer wirksam gewesen, da dieser deren Geschäftsführer gewesen sei. Da dem Wirtschaftsprüfer in seiner Eigenschaft als Organ sowie als steuerlichem Vertreter der Beschwerdeführerin, sei es als Einzelperson, sei es als Organ der SteuerberatungsgmbH, grobes Verschulden am Unterlassen der rechtzeitigen Erhebung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzuwerfen sei, habe dem Wiedereinsetzungsantrag kein Erfolg beschieden werden können.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde ihres undeutlichen Inhaltes wegen vom Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 14. Februar 2000, 99/13/0245-2, der Beschwerdeführerin gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung des ihr anhaftenden Mangels durch Anführung der Gründe zurückgestellt, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. In dieser Verfügung hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass es für eine gesetzmäßige Darstellung der Gründe der behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides einer Darlegung bedarf, welche Prozesshandlung die Beschwerdeführerin ihrer Auffassung nach versäumt hat, welcher im Wiedereinsetzungsantrag geltend gemachte Umstand von der belangten Behörde weshalb zu Unrecht nicht als Wiedereinsetzungsgrund angesehen oder weshalb in der Annahme eines Verschuldens zu Unrecht nicht von einem Versehen bloß geringfügigen Grades ausgegangen wurde.

Die Beschwerdeführerin ist dem ihr erteilten Mängelbehebungsauftrag mit einem Ergänzungsschriftsatz nachgekommen, in welchem sie teilweise ihr Beschwerdevorbringen wiederholt und vorgebracht hat, dass die Abgabenbehörde "die unrichtige Zustellung eines Bescheides durchgeführt" hat, sodass der Beschwerdeführerin der maßgebliche Bescheid erst am 20. Juni 1997 zugegangen und zur Kenntnis gelangt sei. Erst mit diesem Zeitpunkt habe die Frist für den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz zu laufen begonnen. Die Beschwerdeführerin habe die Prozesshandlung zeitgerecht durchgeführt, wobei "die unrichtige Zustellung durch die Abgabenbehörde verursacht wurde und dies somit einen Wiedereinsetzungsgrund darstellt".

Gemäß § 308 Abs. 1 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Die Beschwerdeführerin hat ungeachtet der ihr vom Verwaltungsgerichtshof im wiedergegebenen Mängelbehebungsauftrag erteilten rechtlichen Information in ihrem Ergänzungsschriftsatz den Grund der von ihr gesehenen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin als gelegen erklärt, dass die belangte Behörde die Unwirksamkeit der seinerzeitigen Zustellung der Berufungsvorentscheidung nicht erkannt und dementsprechend auch in Verkennung der Rechtslage den von ihr gestellten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz als verspätet eingebracht beurteilt habe.

Aus diesem von der Beschwerdeführerin genannten Grund kann der angefochtene Bescheid aber von vornherein nicht rechtswidrig sein. Wäre der Beurteilung der Beschwerdeführerin über die Unwirksamkeit der seinerzeitigen Zustellung der Berufungsvorentscheidung und der daraus resultierenden Rechtzeitigkeit der von ihr gesetzten Prozesshandlung beizupflichten, dann führte dies nämlich erst recht zum Ergebnis einer zwangsläufigen Abweisung ihres Wiedereinsetzungsantrages, weil primäre Voraussetzung des Erfolges eines Wiedereinsetzungsantrages - wie sich dies schon aus den ersten Worten des § 308 Abs 1 BAO ergibt - die Versäumung einer Frist ist. Hat der Wiedereinsetzungswerber eine Frist gar nicht versäumt, dann kommt schon nach den Denkgesetzen die Anwendung des Rechtsbehelfes gegen die Versäumung einer Frist nicht in Betracht, sodass ein Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung einer Frist, in welchem behauptet wird, die Frist gar nicht versäumt zu haben, allein gestützt auf ein solches Vorbringen jedenfalls abzuweisen ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. November 1999, 99/15/0118, und vom 23. Oktober 1997, 97/15/0160).

Der Streit über die Rechtzeitigkeit einer Prozesshandlung ist im Verfahren über die Erledigung dieser Prozesshandlung auszutragen und nicht im Wiedereinsetzungsverfahren, welches die Versäumung der Prozesshandlung zur denknotwendigen Voraussetzung hat.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Da das Beschwerdevorbringen die zu entscheidende Rechtsfrage besonders einfach gestaltet hatte, konnte der Verwaltungsgerichtshof diese Entscheidung in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat beschließen.

Wien, am 3. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999130245.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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