TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/10 2000/18/0071

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Veröffentlicht am 10.05.2000
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
SMG 1997 §27 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des AP, (geboren am 25. Dezember 1980), in Neudörfl/Leitha, vertreten durch Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. Dezember 1999, Zl. SD 993/99, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 7. Dezember 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, seinen Behauptungen zufolge ein Staatsangehöriger von Nigeria, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei laut

seinen - unüberprüfbaren - Angaben zu einem ihm nicht erinnerlichen Zeitpunkt, vermutlich am 5. März 1999, illegal, in einem LKW versteckt, in das Bundesgebiet eingereist. Mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 4. Juni 1999, am selben Tag in Rechtskraft erwachsen, sei er wegen §§ 15, 269 Abs. 1 StGB; §§ 15 StGB, 27 Abs. 2 Z. 2 erster Deliktsfall SMG (Suchtmittelgesetz) zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden, deren Vollzug für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei. Diesem Urteil sei vorausgegangen, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit anderen Schwarzafrikanern dabei betreten worden sei, wie er an mehrere Süchtige Rauschgift verkauft habe. Zudem habe er bei seiner Festnahme noch den Tatbestand des Widerstandes gegen die Staatsgewalt gesetzt.

Mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 21. Juli 1999, rechtskräftig seit 27. Juli 1999, sei er wegen

§ 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Zudem sei die obgenannte bedingte Strafnachsicht widerrufen worden. Dieser weiteren Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass er unmittelbar nach seiner Enthaftung aus der Justizanstalt Wiener Neustadt fortgefahren habe, mit Drogen (Kokain) zu handeln. Bei seiner Festnahme am 28. Juni 1999 habe er an eine namentlich genannte Person und etwa acht unbekannte Suchtgiftkonsumenten Kokain verkauft. Dem Gerichtsurteil sei zu entnehmen, dass er selbst nicht suchtgiftabhängig sei und seinen Lebensunterhalt durch Suchtgifthandel finanziert habe.

Das auf Grund des Asylantrages des Beschwerdeführers vom 5. März 1999 eingeleitete erstinstanzliche Asylverfahren sei noch nicht abgeschlossen.

Auf Grund der vorliegenden Verurteilungen könne kein Zweifel bestehen, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei. Ebenso könne auch kein Zweifel daran bestehen, dass sein den Verurteilungen jeweils zu Grunde liegendes Fehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß gefährde. Der Beschwerdeführer habe unmittelbar nach der Haftentlassung wiederholt gegen dasselbe Rechtsgut verstoßen, indem er neuerlich gewerbsmäßig Suchtgifthandel betrieben habe. Darüber hinaus habe er durch sein zu seiner ersten Verurteilung führendes Verhalten seine krasse Missachtung der Staatsgewalt zum Ausdruck gebracht. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn sei daher im Grunde des § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt und auch dringend geboten.

Der Beschwerdeführer sei laut seinen Angaben ledig, habe keine Sorgepflichten, verfüge über keine familiären Bindungen im Bundesgebiet und befinde sich nach Umgehung der Grenzkontrolle nunmehr seit ca. neun Monaten illegal im Bundesgebiet. In Anbetracht aller Umstände liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in sein Privat- und/oder Familienleben nicht vor. Selbst wenn man jedoch von einem solchen Eingriff in sein Privatleben ausgehen wollte, wäre dessen ungeachtet die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 37 FrG dringend geboten. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und sein strafbares Verhalten gegen die Staatsgewalt sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Staatsgewalt und Gesundheit, als dringend geboten zu erachten. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche sehr augenfällig, dass er offenbar nicht in der Lage oder nicht gewillt sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Besonders falle ins Gewicht, dass er unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Haft erneut als Wiederholungstäter aufgetreten sei. Unter diesem Blickwinkel müsste auch die - bei Annahme eines Eingriffs - gemäß § 37 Abs. 2 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zu seinen Ungunsten ausfallen, zumal er sich nicht mit Erfolg auf einen relevanten Grad seiner Integration berufen könne.

Im Hinblick auf die Art und Schwere der ihm zur Last liegenden Straftaten und der damit - wie auch die Vergangenheit gezeigt habe - verbundenen Wiederholungsgefahr könne sein weiterer Aufenthalt auch nicht im Rahmen des der Behörde zukommenden Ermessens in Kauf genommen werden.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so könne in Anbetracht des aufgezeigten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers derzeit nicht vorhergesehen werden, wann der für die Erlassung dieser Maßnahme wesentliche Grund, nämlich die Gefährdung der obgenannten Rechtsgüter durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, weggefallen sein werde.

Bemerkt werde, dass das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen sei und ein Asylwerber in den Heimatstaat nicht abgeschoben werden dürfe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu den beiden rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers und wendet sich auch nicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 (erster und vierter Fall) FrG erfüllt sei. Gegen diese Beurteilung bestehen angesichts der mit dem Urteil vom 21. Juli 1999 verhängten Freiheitsstrafe, die überdies als einschlägig zu werten ist, keine Bedenken.

1.2. Die Beschwerde bringt indes vor, es sei im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt, inwieweit das Verhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ruhe gestört habe. Auch sei durch sein Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht in größerem Umfang beeinträchtigt worden als durch österreichische Suchtgifthändler, sodass die belangte Behörde zu Unrecht eine derartige Störung in höchstem Maße angenommen habe.

1.3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Den besagten Verurteilungen liegt zu Grunde, dass der Beschwerdeführer, der - unbestrittenermaßen - (vermutlich) am 5. März 1999 in einem LKW versteckt illegal nach Österreich eingereist war, jeweils gewerbsmäßig, d.h. in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der strafbaren Handlung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), mit Suchtgift handelte, indem er an mehrere Personen Suchtgift verkaufte. Schon im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und die dieser innewohnende Wiederholungsgefahr (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl., 98/21/0396, mwN) begegnet die Auffassung der belangte Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen unmittelbar nach seiner Enthaftung aus der Justizanstalt Wiener Neustadt fortfuhr, mit Drogen (Kokain) zu handeln, was im vorliegenden Fall die besagte Wiederholungsgefahr unterstreicht und deutlich macht, dass er offensichtlich nicht gewillt ist, die österreichischen strafrechtlichen Vorschriften zu respektieren. Vor diesem Hintergrund begegnet die Annahme der belangten Behörde, dass die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich in höchstem Maß gefährdet sei, keinen Bedenken, zumal die Beschwerde vorbringt, dass der Beschwerdeführer als "Asylant" keine Möglichkeit habe, durch Arbeit seinen Unterhalt zu verdienen, und er (daher) genötigt gewesen sei, seinen notdürftigen Unterhalt auf "irgendeine Weise" abzudecken.

2. Dass mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei, ergibt sich weder aus dem angefochtenen Bescheid, noch wird dies in der Beschwerde (konkretisiert) behauptet. Im Hinblick darauf steht der Erlassung dieser Maßnahme § 37 Abs. 1 und folglich auch Abs. 2 FrG nicht entgegen.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 10. Mai 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000180071.X00

Im RIS seit

21.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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