Entscheidungsdatum
29.01.2018Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W241 2160285-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HAFNER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 09.05.2017, Zl. Addis Abeba-OB/RECHT/0008/2017, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Somalia, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 20.02.2017, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013
als unbegründet abgewiesen.
B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht
zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Am 31.03.2016 stellte die Beschwerdeführerin (in der Folge BF), eine Staatsangehörige Somalias, bei der österreichischen Botschaft Addis Abeba (in der Folge ÖB Addis Abeba) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 (in der Folge AsylG). Begründend führte sie aus, dass ihrem Ehemann XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) vom 08.09.2014 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde mit Bescheid vom 31.08.2015 verlängert.
Dem Antrag wurden eine Heiratsurkunde sowie eine Geburtsurkunde, jeweils in somalischer und englischer Sprache, angeschlossen.
1.2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG vom 29.12.2016 führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) aus, dass betreffend die antragstellenden Parteien die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder einer subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die BF keine Familienangehörige im Sinne des AsylG sei. Aufgrund der Länderinformationen sei es nicht möglich, die Dokumente als echt zu qualifizieren, dies umso mehr, als die somalische Heiratsurkunde am Tag der Eheschließung in Kenia ausgestellt worden sei. Weder die Ehe noch ein Familienleben hätten im Heimatland bestanden, da die Bezugsperson nie mit der BF in Somalia gelebt habe.
1.3. Mit Schreiben vom 02.01.2017, zugestellt am selben Tag, wurde der BF die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die BF keine Familienangehörige im Sinne des AsylG sei. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
1.3. In ihrer Stellungnahme vom 23.01.2017 brachte die BF im Wesentlichen vor, dass die Bezugsperson und die BF einander in Kenia kennengelernt hätten. Am 15.04.2012 sei die Ehe im kleinen Kreis geschlossen worden, am 20.03.2013 habe die Hochzeitsfeier stattgefunden. Die Eheschließung durch den Sheikh sei handschriftlich dokumentiert worden. Dieses Dokument sei später mit demselben Datum maschinschriftlich und gestempelt ausgestellt worden. Es sei nur das Datum der Heirat angeführt, nicht aber, wann die Ausstellung erfolgt sei. Dies sei in Somalia üblich, und es könne daraus nicht geschlossen werden, dass die Beurkundung in Somalia am selben Tag wie die Eheschließung in Kenia erfolgt sei. Das Paar habe in Nairobi etwa neun Monate zusammen gelebt. Aufgrund bestehender Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Unterlagen sei die Behörde verpflichtet, andere Nachweise für das Bestehen der familiären Bindungen zu prüfen. Dass es in Somalia generell möglich sei, Dokumente unwahren Inhalts ausstellen zu lassen, könne nicht als alleiniger Ablehnungsgrund gelten, da es dadurch somalischen Staatsbürgern generell unmöglich gemacht werde, Ehepartner im Rahmen des Familienverfahrens nachzuholen, was unvereinbar mit Art. 8 EMRK sei. Als weitere Beweismittel könnten sämtliche Einvernahmeprotokolle der Bezugsperson herangezogen werden. Der BF sei Parteiengehör zu gewähren. Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liege die Beweisschwelle bei einem Einreiseverfahren erheblich niedriger als bei einem Familienverfahren im Inland, sodass bei bloßer Wahrscheinlichkeit ein Einreisetitel erteilt werden müsse. Die Ehe habe nicht bereits im Herkunftsland bestanden, sondern erst in Kenia. Wenn das Bundesamt jedoch diese Tatsache für die Abweisung des Antrages heranziehe, lege sie § 35 Abs. 5 AsylG in verfassungs- und unionsrechtwidriger Weise aus. Sämtliche Personen seien somit ausgeschlossen, die ihren Herkunftsstaat schon vor der Eheschließung aufgrund von Verfolgung hätten verlassen müssen. Mit der Ausstellung der Heiratsurkunde gelte das Paar in Somalia als verheiratet. Das Einreiseverfahren folge der Richtlinie 2003/86/EG, die keine örtliche Einschränkung kenne. Die unionsrechts- und verfassungskonforme Interpretation könne somit nur darin bestehen, dass die Ehe im Herkunftsstaat rechtlich bestanden habe, was der Fall sei. Mit dem FRÄG 2017 werde § 35 Abs. 5 neu gefasst. Künftig reiche es aus, wenn die Ehe vor Einreise der Bezugsperson geschlossen worden sei. Ohne dem FRÄG vorgreifen zu wollen, mache es Sinn, diese Bestimmung analog anzuwenden.
Der BF werde im Zuge einer persönlichen Vorsprache die Möglichkeit einzuräumen sein, die Umstände ihrer Identität, ihrer Eheschließung und ihres Familienlebens zu erläutern. Der Stellungnahme lagen Kopien der Niederschrift der Erstbefragung der Bezugsperson, des erstinstanzlichen Bescheids der Bezugsperson sowie eines handschriftlich verfassten Dokuments in somalischer Sprache bei.
1.4. Nach Übermittlung der Stellungnahme an das BFA teilte dieses am 16.02.2017 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe.
1.5. Mit Bescheid der ÖB Addis Abeba vom 20.02.2017 wurde der Einreiseantrag gemäß § 35 AsylG abgewiesen und angeführt, dass das BFA mitgeteilt habe, dass eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten im zugrunde liegenden Fall nicht wahrscheinlich sei, da die BF keine Familienangehörige im Sinne des AsylG sei.
1.6. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 18.03.2017 Beschwerde erhoben, wobei das Vorbringen der Stellungnahme vom 23.01.2017 wiederholt wurde.
1.7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 09.05.2017 wies die ÖB Addis Abeba die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Unabhängig von der Bindungswirkung teile die Botschaft die Ansicht des BFA, dass die Beschwerdeführerin nicht Familienangehörige iSd AsylG sei. § 35 Abs, 5 AsylG stelle nämlich ausdrücklich darauf ab, dass die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Da die Ehe erst in Kenia geschlossen worden sei, könne dem gegenständlichen Antrag kein Erfolg beschieden sein.
I.7. Am 22.05.2017 wurde bei der ÖB Addis Abeba ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
1.8. Mit einem am 02.06.2017 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt vorgelegt.
1.9. Am 10.08.2017 erging ein Verbesserungsauftrag durch das Bundesverwaltungsgericht, da nicht sämtliche im Verfahren vorgelegten Unterlagen in die deutsche Sprache übersetzt worden waren.
1.10. Die Übersetzungen wurden am 06.09.2017 nachgereicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF stellte am 31.03.2016 bei der ÖB Addis Abeba den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG.
Als Bezugsperson wurde ein somalischer Staatsangehöriger bezeichnet, welcher der Ehemann der BF sei. Mit Bescheid des BFA vom 08.09.2014 wurde der Bezugsperson der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde mit Bescheid vom 31.08.2015 verlängert. Die Bezugsperson hatte am 11.05.2014 einen Asylantrag in Österreich gestellt.
Eine in Somalia oder Kenia rechtsgültig geschlossene Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson konnte nicht festgestellt werden.
Das BFA teilte nach Prüfung des Sachverhaltes mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der BF und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die BF keine Familienangehörige im Sinn des vierten Hauptstücks des AsylG sei.
2. Beweiswürdigung:
Die BF legte im Verfahren eine vom somalischen Ministerium für Justiz und Religiöse Angelegenheiten ausgestellte Heiratsurkunde vor. Das Original in somalischer Sprache sowie die deutsche Übersetzung weisen kein Ausstellungsdatum auf, auf der englischen Übersetzung ist hingegen das Datum 15.04.2012 vermerkt.
Bei diesem Dokument handelt es sich um eine Abschrift eines handschriftlich verfassten Dokuments in somalischer Sprache, welches laut Angaben der BF vom Sheikh zum Beweis der traditionellen Eheschließung in Kenia am 15.04.2012 verfasst worden sei. Ein handschriftliches Schreiben in somalischer Sprache ist nicht geeignet, eine rechtsgültige Eheschließung in Kenia, dessen Amtssprachen Englisch und Swahili sind, nachzuweisen. Hinzu kommt, dass die Bezugsperson in ihrem Asylverfahren selbst angegeben hatte, lediglich traditionell verheiratet zu sein. Die Ehe sei nicht registriert worden. Nach ihrer Ausreise aus Somalia im Jahr 2007 sei sie nie mehr dorthin zurückgekehrt.
Da somit der Nachweis einer in Kenia gültigen Eheschließung nicht erbracht wurde, ist die vorgelegte Heiratsurkunde, bei der es sich wie gesagt nur um eine Abschrift des handschriftlichen, von einem Sheikh in Kenia verfassten Dokuments handelt, nicht geeignet, eine auch in Somalia gültige Eheschließung nachzuweisen. Auch die Namen der Zeugen und des Ausstellers, der in der englischen Übersetzung als "judge of the court" bezeichnet wird, wurden unverändert von dem handschriftlichen, angeblich in Kenia ausgestellten Dokument übernommen, sodass der Eindruck entsteht, es handle sich bei dem unterzeichnenden Richter um einen Angestellten des somalischen Justizministeriums, wenn dieser die Eheschließung doch tatsächlich in Kenia vorgenommen haben soll. Da ein Ausstellungsdatum fehlt, ist auch nicht ersichtlich, wann die durch dieses Dokument angeblich vorgenommene Anerkennung einer im Ausland geschlossenen Ehe in Somalia erfolgt sein soll, und ob dies noch vor Einreise der Bezugsperson in Österreich geschah.
Die vorgelegten Dokumente sind daher nicht geeignet, eine in Kenia oder Somalia gültig geschlossene Ehe nachzuweisen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. § 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017:
"(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 68/2013 lautet:
"(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat."
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
"(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter."
§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.
Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG vom 12.01.2016, W184 2112510-1 ua.).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX als Ehemann der BF genannt.
Der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels wurde am 31.03.2016 und somit vor Inkrafttreten des § 35 AsylG idF BGBl. I Nr. 24/2016 am 01.06.2016 eingebracht. Gemäß der Übergangsbestimmung § 75 Abs. 24 AsylG war daher § 35 AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 anzuwenden. Gemäß § 35 Abs. 5 AsylG idF BGBl. I Nr. 68/2013 ist der Ehegatte nur dann Familienangehöriger, wenn die Ehe bereits im Herkunftsstaat bestanden hat. Der Nachweis, dass eine rechtsgültige Ehe zwischen einem Antragsteller und seiner Bezugsperson bereits vor der Flucht in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit die Bezugsperson besitzt, bestanden hat, ist daher zwingend geboten.
Wie schon in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist es der BF jedoch nicht gelungen, das Bestehen einer in Kenia oder Somalia gültigen Ehe durch Vorlage unbedenklicher Urkunden nachzuweisen.
Die Ehe wurde laut Angaben der BF und der Bezugsperson traditionell in Kenia geschlossen. Auch bei Wahrunterstellung des Vorbringens der BF wäre diese daher aus rechtlichen Gründen keine Familienangehörige im Sinn der Legaldefinition des § 35 Abs. 5 AsylG, weil die Ehe nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Die Behörde hat im Verfahren auch nicht Bestimmungen der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung verletzt, da dieser Rechtsakt auf Verfahren betreffend den Nachzug von Familienangehörigen subsidiär Schutzberechtigter nach seinem Art. 3 Abs. 2 keine Anwendung findet.
Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des BFA, dass die Zuerkennung des eines Antrages auf internationalen Schutz oder des Status einer subsidiär Schutzberechtigten an die BF in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.
Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).
Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Die Vertretungsbehörden im Ausland wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff).
Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Ehe, Einreisetitel, Familienzusammenführung, Gültigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W241.2160285.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.02.2018