TE Vwgh Erkenntnis 2000/5/19 99/21/0099

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Veröffentlicht am 19.05.2000
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §19;
AVG §66 Abs4;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §57 Abs1;
FrG 1993 §57 Abs2;
FrG 1993 §75 Abs2;
FrG 1993 §75 Abs4;
FrG 1997 §29;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2000/21/0121 E 25. April 2002 98/21/0390 E 16. Juni 2000 99/21/0118 E 16. Juni 2000 99/21/0119 E 16. Juni 2000 99/21/0172 E 16. Juni 2000 99/21/0207 E 16. Juni 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des R in Wien, geboren am 5. Jänner 1977, vertreten durch Dr. Hermann Rieger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Krugerstraße 17, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 19. Jänner 1999, Zl. Fr 2389/98, betreffend Feststellung gemäß § 75 Abs. 1 des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsbürger, war am 10. September 1997 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist. In dem in der Folge eingeleiteten Ausweisungsverfahren stellte er bezogen auf sein Heimatland einen Antrag nach § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992.

Mit Bescheid vom 17. September 1997 wies die Bezirkshauptmannschaft Baden den Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 aus. Mit Bescheid vom 30. April 1998 stellte sie gemäß § 75 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, fest, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer in Jugoslawien gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

Der Ausweisungsbescheid blieb unbekämpft, gegen den Bescheid vom 30. April 1998 erhob der Beschwerdeführer hingegen Berufung. Dieser Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 19. Jänner 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge.

Gegen den letztgenannten Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß einem im Verwaltungsakt erliegenden Ausdruck aus der Fremdeninformationsdatei des Bundesministeriums für Inneres kam dem Beschwerdeführer vom 12. August 1998 bis (zumindest) 12. Februar 1999 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 zu.

Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes aus 1992 gegenstandslos wird, wenn dem Fremden nach Erlassung des Bescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt, somit sein Aufenthalt nachträglich legalisiert wird. In diesem Fall kann die Ausweisung auf Grund des inzwischen rechtmäßigen Aufenthaltes nicht mehr vollzogen werden. Sollte der Aufenthalt des Fremden zu einem späteren Zeitpunkt (wieder) unrechtmäßig werden, so könnte er nicht in Vollziehung der ursprünglichen, auf Grund eines früheren illegalen Aufenthaltes erlassenen Ausweisung beendet werden, sondern müsste die Frage, ob sich der Fremde neuerlich illegal im Bundesgebiet aufhält, in einem weiteren Ausweisungsverfahren geklärt werden. Wodurch die nachträgliche Legalisierung bewirkt wird, spielt keine Rolle. Auch im Fall der Zuerkennung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 wird eine vor Eintritt dieses Umstandes erlassene Ausweisung wirkungslos (vgl. den hg. Beschluss vom 12. Jänner 2000, Zl. 97/21/0760, m. w.N.).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies zunächst, dass die gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 17. September 1997 erlassene Ausweisung mit 12. August 1998 ihre Rechtswirkungen verlor. Damit stand dem Beschwerdeführer aber auch nicht mehr konkret eine Abschiebung in seinen Heimatstaat bevor, zumal - siehe oben - die Ausweisung selbst dann, wenn der Aufenthalt des Beschwerdeführers wieder rechtswidrig werden sollte, nicht mehr vollzogen werden könnte.

Aus § 75 Abs. 2 FrG ist ersichtlich, dass ein Fremder nur dann ein subjektives Recht auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung hat, wenn bereits - auf Grund eines anhängigen Ausweisungs- oder Aufenthaltsverbotsverfahrens - eine konkrete Aussicht besteht, dass der Fremde in einen Staat abgeschoben werde, in dem er behauptet, im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG gefährdet zu sein. Da eine derartige Aussicht nach Abschiebung des Fremden in einen Drittstaat nicht mehr besteht, ist das Feststellungsverfahren in einem solchen Fall gemäß § 75 Abs. 4 zweiter Satz FrG einzustellen. Für eine Konstellation, bei der wie im gegenständlichen Fall die Ausweisung, auf Grund der die Abschiebung des Beschwerdeführers zu erwarten gewesen wäre, infolge Legalisierung des Aufenthaltes gegenstandslos geworden ist, kann nichts anderes gelten (vgl. zur insoweit gleich gelagerten Rechtslage nach dem Fremdengesetz aus 1992 den hg. Beschluss vom 26. März 1999, Zl. 94/18/0770, m.w.N.). Auch in diesem Fall ist das Feststellungsverfahren daher - in analoger Anwendung der zuletzt zitierten Bestimmung - einzustellen, was vorliegend bezüglich des im Zeitpunkt der Legalisierung am 12. August 1998 (durch Erteilung einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung an den Beschwerdeführer) im Stadium der Berufung befindlichen Feststellungsverfahrens in Verbindung mit einer Kassation des erstinstanzlichen Bescheides zu erfolgen gehabt hätte. Indem die belangte Behörde stattdessen den erstinstanzlichen Bescheid bestätigte, hat sie die Rechtslage verkannt. Die von ihr getroffene meritorische Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer ungeachtet dessen, dass ihm nunmehr konkret keine Abschiebung droht, aber auch in Rechten, weil die Rechtskraftwirkung dieser Entscheidung infolge ihrer Erlassung erst nach Legalisierung des Aufenthalts des Beschwerdeführers in zeitlicher Hinsicht nicht auf die Wirksamkeit der zugrunde liegenden Ausweisung beschränkt sein kann.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Mai 2000

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999210099.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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