TE Dok 2017/8/14 42034-DK/2017

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Veröffentlicht am 14.08.2017
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Norm

BDG 1979 §43 Abs2

Schlagworte

VU Alko zivil

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat in der durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Beamte ist schuldig,

1.   er habe ein Kfz in zivil und außer Dienst in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht, wobei eine durchgeführte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt einen Wert von 0,98 mg/l ergeben hat. Dabei habe er in seinem gesamten Verhalten nicht darauf Bedacht genommen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibe,

2.   aufgrund des obigen Vorfalles wurde dem Beamten die Lenkberechtigung für 7 Monate entzogen und ist er daher in der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit beeinträchtigt, da ihm das Lenken eines Dienst Kfz in weiterer Folge untersagt wurde,

 

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 2 BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 i.d.g.F. begangen,

 

Über den Beschuldigten wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi. 3 BDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von € 6.000,- (in Worten: sechstausend) verhängt.

Dem Beschuldigten erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.

BEGRÜNDUNG

 

Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, ergibt sich aus der Disziplinarverfügung sowie des seitens der Disziplinaranwaltschaft fristgerecht eingebrachten Einspruchs gegen die Disziplinarverfügung.

Demnach steht der Beschuldigte als Exekutivbeamter der Landespolizeidirektion in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Der Beamte verursachte einen Verkehrsunfall, wobei 2 Personen verletzt wurden.

Durch die verständigte Funkwagenbesatzung konnten Merkmale einer Alkoholisierung (leichter Alkoholgeruch, schwankender Gang, veränderte Sprache), festgestellt werden.

Der Alkotest ergab Messwerte von 0,98 mg/l bzw. 1,02 mg/l. Die vorläufige Abnahme des Führerscheines konnte nicht erfolgen, da der Beamte diesen nicht mitführte.

Mit Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen § 99 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 5 Abs.1 StVO, § 14 Abs.1, Z.1, § 37 Abs. 1 und 2a FSG eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt € 1.630,00 verhängt .

Mit Bescheid wurde dem Beschuldigten der Führerschein für die Dauer von 7 Monaten entzogen.

Im Zuge des Gerichtsverfahren beim BG wurde der Beamte wegen § 88 Abs. 1 und 3 StGB zu einer Geldstrafe in einer Höhe von € 3.300,- rechtskräftig verurteilt.

Die Dienstbehörde hat erwogen:

Ein Beamter hat gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Das bedeutet nichts anderes, als die allgemeine Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt bzw. nach dem Willen des Gesetzgebers genießen soll. Bei einem Exekutivbediensteten muss diese Vertrauenswahrung der Allgemeinheit auch außerdienstlich erhalten bleiben (VwGH 16.10.2001, 2000/09/0012).

Durch die Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss wird die Gefahr wegen der damit verbundenen Minderung der Reaktionsfähigkeit und der zu größerer Rücksichtslosigkeit verführenden Steigerung des Selbstvertrauens sowie der Unbekümmertheit des Täters noch erheblich erhöht. Trunkenheit am Steuer wird in der Öffentlichkeit auch aus der Sicht eines unvoreingenommenen, sachlich urteilenden Betrachters wegen der Unverantwortlichkeit eines solchen Verhaltens und der damit verbundenen Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer keineswegs als ein lediglich minder schweres Vergehen, sondern als eine Straftat mit echtem kriminellen Gehalt angesehen.

Hieraus folgt, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges im Zustand einer die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigten Alkoholisierung durch einen Exekutivbeamten wegen des damit zwangsläufig verbundenen Achtungsverlustes geeignet ist, das Ansehen des Beamtentums im besonderen Maß zu schädigen und deshalb als eine nicht leicht zu nehmende Dienstpflichtverletzung gilt (VwGH 18.10.1990, 90/90/0110).

Zur Beurteilung der Schwere der Tat nach § 43 Abs. 2 BDG 1979 kommt es nicht auf die öffentliche Begehung der Tat oder drauf an, ob das Verhalten des Beamten in der Öffentlichkeit bekanntgeworden ist oder nicht (VwGH 14.01.2014, 2013/09/0149).

Im Verhalten des Beamten wird eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung in Richtung § 43 Abs. 2 BDG 1979 erblickt, da durch den Entzug der Lenkberechtigung seine Dienstfähigkeit insofern herabgesetzt wurde, dass er allenfalls in der Ausübung seiner dienstlichen Aufgaben beeinträchtigt –der Beamte konnte bzw., durfte nicht zum Lenken von Dienst-Kfz herangezogen werden- war.

Gegen diese von der Dienstbehörde verhängte Disziplinarverfügung wurde seitens der Disziplinaranwaltschaft fristgerecht ein Einspruch gemacht, sodass nunmehr das ordentliche Verfahren vor der Disziplinarkommission durchgeführt wird.

 

Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:

Rechtsgrundlagen:

 

§ 43 (2) BDG: Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens zu dem Erkenntnis gelangt, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen hat. Der Senat hat die Schuld des Beschuldigten aus folgenden Gründen angenommen:

Der Beamte wurde vom Bezirksgericht wegen § 88 Abs. 1 und 3 StGB i.V.m. § 81 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe von € 3.300,- verurteilt. Der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung liegt zugrunde, dass der Beschuldigte als PKW-Lenker die notwendige Aufmerksamkeit und Sorgfalt im Straßenverkehr außer Acht gelassen hat, wodurch 2 Personen verletzt wurden, nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuss von Alkohol (1,96 Promille) in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzte, obwohl er vorhersehen hätte können, dass ihm das Lenken eines KFZ und somit eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet ist.

Das Gericht hat weiters festgestellt, dass dadurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung begangen worden ist, wobei als mildernd der bisherige ordentliche Lebenswandel und das reumütige Geständnis, als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen und der hohe Grad der Alkoholisierung angeführt wurden.

An diese von Gericht vorgenommenenTatsachenfeststellungen und auch Beweisfeststellungen ist die Disziplinarkommission gemäß § 95 Abs. 2 BDG gebunden.

Zu prüfen bleibt in diesem Fall nur mehr, ob ein disziplinärer Überhang gegeben ist.

Dazu ist folgendes anzuführen:

Zum Vorliegen des disziplinären Überhanges wird ausgeführt, dass in den Fällen, in denen eine Ahndung gemäß § 43 Abs. 2 BDG in Betracht kommt, ein disziplinärer Überhang immer vorliegen wird. Gerade diese Bestimmung enthält nämlich mit ihrem Abstellen auf das „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ einen spezifisch dienstrechtlichen Aspekt, der von keinem Tatbestand eines anderen Strafrechtsbereiches wahrgenommen ist. Auch der VwGH vertritt diese Ansicht, dass der Gesichtspunkt der Vertrauenswahrung ein spezifisch dienstrechtlicher ist und daher auch bei einer gerichtlichen Verurteilung nicht berücksichtigt wird.

Ein Dienstbezug wird dann vorliegen, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist, Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben nicht in sachlicher Weise erfüllen, d.h. rechtmäßig und korrekt bei diversen Amtshandlungen vorgehen. Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen. Ob das vorliegende Verhalten an die Öffentlichkeit gelangt ist, ist unerheblich und spielt bei der Beurteilung des Dienstbezuges keine rechtserhebliche Rolle.

Eine Verletzung der Pflichten zur Vertrauenswahrung hat der VwGH daher in erster Linie dann angenommen, wenn der Beamte ein Rechtsgut verletzte mit dessen Schutz er im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben betraut war. Dies liegt hier vor, da der Beamte die Normen des StGB, die zu schützen zu seinen Kernaufgaben gehört, mit seinem Verhalten verletzte.

Seitens des Senates wurde auch auf die Bedeutung eines provisorischen Dienstverhältnisses eingegangen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verfolgt die Einrichtung des provisorischen Dienstverhältnisses den Zweck, den Beamten auf seine Eignung für den Dienst zu prüfen und nur Beamte in das definitive Dienstverhältnis zu übernehmen, die allen Anforderungen entsprechen, die an einen Beamten im allgemeinen wie in Anbetracht der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, gestellt werden müssen. Es ist die Zweckbestimmung des der Definitivstellung des öffentlich-rechtlichen Bediensteten vorgeschalteten provisorischen Dienstverhältnisses, den Beamtennachwuchs nochmals in der Weise sieben zu können, dass alle sich nicht voll bewährenden Amtsträger noch vor Erlangung einer unkündbaren Stellung von der Beamtenlaufbahn, für die sie sich nicht eignen, ausgeschlossen werden.

Bereits das außerdienstliche Lenken eines privaten KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand stellt einen Kündigungsgrund iSd § 10 Abs. 4 Zi 4 BDG dar. VwGH vom 23.9.1991, 91/12/0172.

Auch die einmalige Tat eines Beamten kann - und zwar ungeachtet eines sonstigen dienstlichen und außerdienstlichen Wohlverhaltens – derart schwer wiegend sein, dass die Auflösung des provisorischen Dienstverhältnisses gerechtfertigt ist. Auch dazu gibt es ein VwGH – Erkenntnis vom 20.2.2002, 2001/12/0094.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschuldigte im alkoholisierten Zustand einen VU mit Personenschaden verursacht. Aufgrund der sehr guten Dienstbeschreibung und auch des reumütigen Geständnisses des Beamten wurde vorliegendenfalls von einer Entlassung Abstand genommen.

Die Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe im Ausmaß von € 6.000,- ist sowohl aus spezial - als auch generalpräventiven Gründen gerechtfertigt, um künftige Dienstpflichtverletzungen des Beschuldigten hintan zu halten und der Begehung gleichartiger Delikte durch andere Beamte entgegen zu wirken.

Insgesamt dürfe aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die verhängte Disziplinarstrafe lediglich die Folge der seitens des Beschuldigten selbst zu verantwortenden Handlungen sei und eine noch größere vertretbare Milde der Disziplinarbehörde in der Öffentlichkeit und in der Kollegenschaft kein Verständnis fände.

Das Lenken eines KFZ unter einem hohen Grad einer Alkoholisierung – und bei fast 2 Promille ist von einer sehr starken Alkoholbeeinträchtigung auszugehen – auf einer Autobahn, auf der grundsätzlich mit höherer Geschwindigkeit gefahren wird, ist nicht nur für den Lenker lebensgefährlich, sondern auch für die anderen Verkehrsteilnehmer. Es war offenbar ausschließlich Glück, das vorliegender Verkehrsunfall derart glimpflich verlaufen ist, ohne eine Todesopfer beklagen zu müssen.

 

Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind außerdem die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistungen.

Nach der jüngsten Judikatur des VwGH hat sich der Senat zudem ein umfassendes Bild des Beschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaß eine Bestrafung notwendig erscheint.

Eine Bestrafung muss grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlungen stehen und muss spezial-und generalpräventiv erforderlich sein.

Der Beamte hat vorliegendenfalls in einem alkoholisierten Zustand ein KFZ gelenkt und einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht. Der Grad der Alkoholisierung war sehr hoch, was auch seitens des Gerichtes als erschwerend herangezogen worden ist.

 

Als mildernd konnte die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, die sehr gute Dienstbeschreibung, die Schadensgutmachung und das reumütige Geständnis gewertet werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2018
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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