TE OGH 2017/12/21 4Ob238/17d

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Veröffentlicht am 21.12.2017
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der betroffenen Person A***** S*****, geboren am ***** 1935, verstorben am ***** 2014, zuletzt *****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller und Erben 1.F***** T*****, 2. M***** M*****, beide vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 15. November 2017, GZ 23 R 442/17y-29, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 23. Oktober 2017, GZ 8 P 66/14y-26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass den Antragstellern die Akteneinsicht in den Sachwalterschaftsakt 8 P 66/14y des Bezirksgerichts Melk bewilligt wird.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind die Kinder und die eingeantworteten Miterben des A***** S*****. Der Erstantragsteller regte am 10. 6. 2014 die Einleitung eines Verfahrens zur Bestellung eines Sachwalters für seinen Vater an. Ihm sei zu Ohren gekommen, dass man diesem dessen Grundstücke „abluchsen“ wolle. Er könne nicht sagen, ob sein Vater an Demenz leide, er befürchte aber schon, dass eine psychische Krankheit bestehe. Das Erstgericht holte beim Verein für Sachwalterschaft einen Clearingbericht ein und führte die Erstanhörung durch. Mit Beschluss vom 29. 9. 2014 bestellte das Erstgericht den Rechtsanwalt Mag. H***** H***** zum einstweiligen Sachwalter (Vermögensverwaltung, Abschluss und Auflösung von Rechtsgeschäften) und als Verfahrenssachwalter nach § 119 AußStrG. Nach Bestellung eines medizinischen Gutachtens durch das Erstgericht, aber noch vor der Erstattung dieses Gutachtens verstarb der Betroffene am ***** 2014. Das Sachwalterschaftsverfahren wurde am 27. 11. 2014 eingestellt. Der Sachwalter erstattete im Jänner 2015 einen Abschlussbericht mit Rechnungslegung.

Mit Schriftsatz vom 7. 3. 2016 beantragte der Erstantragsteller (nur) unter Berufung auf seine Stellung als eingeantworteter Erbe nach der betroffenen Person die Akteneinsicht. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach auch einem Alleinerben Akteneinsicht im Sachwalterschaftsverfahren nur bei Geltendmachung eines berechtigten Interesses gewährt werden könne, trug das Erstgericht dem Erstantragsteller mit Beschluss vom 16. 3. 2016 auf, die Gründe für die Akteneinsicht binnen zwei Wochen darzulegen.

Innerhalb dieser Frist führte der Erstantragsteller aus, dass der Verstorbene mit Kaufvertrag vom 8. 5. 2014 eine Liegenschaft um 50.000 EUR veräußert habe. Es sei davon auszugehen, dass die Geschäftsfähigkeit des Verstorbenen bereits zum Zeitpunkt der Veräußerung eingeschränkt sei, weil die Bestellung eines vorläufigen Sachwalters bereits im September 2014 erfolgt sei, zumal der Liegenschaftswert ein Mehrfaches des Kaufpreises ausgemacht habe. Der Erstantragsteller beabsichtige als Erbe, den Kaufvertrag anzufechten. In diesem Zusammenhang könne der Sachwalterschaftsakt (insbesondere das Ergebnis der Erstanhörung) der Beurteilung der seinerzeitigen Geschäftsfähigkeit des Verstorbenen dienen. Die Akteneinsicht liege im hypothetischen Interesse des Verstorbenen, weil nur der Erstantragsteller als Erbe die Nichtigkeit der Liegenschaftsveräußerung aufzeigen und so einer (vom Verstorbenen auch nicht gewollten) Vermögens- und Nachlassschmälerung nachträglich entgegenwirken könne. Der Erstantragsteller habe daher ein berechtigtes Interesse auf Einsicht in den Akt.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluss vom 14. 4. 2016 wies das Erstgericht den Antrag des Erstantragstellers auf Akteneinsicht ab. Es begründete seine Entscheidung mit einem Größenschluss aus § 141 AußStrG. Diese Bestimmung sei auch nach dem Tod des Betroffenen anzuwenden. Auf die Stellung als Erbe könne sich der Antragsteller nur in Bezug auf jene Teile des Sachwalterschaftsakts berufen, die vermögensrechtliche Belange betreffen. Darauf sei der Antrag aber nicht ausgerichtet gewesen.

Mit ihrer vor dem Erstgericht gegen die Käufer der Liegenschaft zu 12 C 346/17m erhobenen Klage begehrten die Antragsteller die Aufhebung des Kaufvertrags wegen Geschäftsunfähigkeit des Verstorbenen bzw Verkürzung über die Hälfte. Im Rahmen dieses Verfahrens beantragten beide Antragsteller mit Schriftsatz vom 13. 9. 2017 „nochmals die Einsicht in den Akt des Pflegschaftsverfahrens vor dem BG Melk zu 8 P 66/14y“. Das Pflegschaftsgericht müsse zumindest „den Namen des Sachverständigen, welcher damals im Rahmen dieses Pflegschaftsaktes die Befundung des Betroffenen durchgeführt hat, … herausgeben“. Dieser Sachverständige solle dann auch im Zivilprozess bestellt werden. Die gewünschten Informationen seien weder sensible Daten, noch werde dadurch gegen den Schutzzweck des § 141 AußStrG verstoßen. Die Information, ob der Verstorbene zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Kaufvertrags geschäftsfähig gewesen sei, könne den Erben nicht mit dem pauschalen Hinweis auf § 141 AußStrG verwehrt werden. Auch der Name des Sachverständigen sei keine Information im Sinne des § 141 AußStrG. Bei Erteilung der Information, ob der Betroffene geschäftsunfähig gewesen sei, würde sich eine darüber hinausgehende Gutachtenserstellung erübrigen. Zudem könne der Gutachter als Zeuge vernommen werden. Schließlich geschehe die Einsicht im ausschließlichen Interesse des Verstorbenen bzw seiner Rechtsnachfolger. Die Antragsteller benötigten im Zivilprozess die Information über die Geschäftsfähigkeit, um die Durchsetzung seines letzten Willens zu fördern.

Die für das streitige Verfahren zuständige Richterin übermittelte den Antrag auf Akteneinsicht der Pflegschaftsabteilung des Erstgerichts zuständigkeitshalber.

Das Erstgericht wies den Akteneinsichtsantrag der Zweitantragstellerin als unbegründet ab, hinsichtlich des Erstantragstellers hingegen wegen entschiedener Rechtssache als unzulässig zurück. Einem Erben sei nur in jene Aktenbestandteile Einsicht zu gewähren, die das Einkommen und das Vermögen betreffen. Auch ein Erbe sei aber in Bezug auf jene Aktenbestandteile, die sich auf den höchstpersönlichen Lebensbereich der betroffenen Person beziehen, wie ein verfahrensfremder Dritter zu behandeln. Es bestehe daher auch kein Recht, den Namen des vom Pflegschaftsgericht bestellten Sachverständigen zu erfahren, umso mehr als dieser dann im Rahmen seiner Einvernahme als Zeuge Angaben zu einer allenfalls bestehenden psychischen Krankheit des Betroffenen machen sollte.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs beider Antragsteller nicht Folge, wobei es die bezüglich des Erstantragstellers erfolgte Zurückweisung mit der Maßgabe bestätigte, dass auch dessen Antrag abgewiesen werde. Es schloss sich der Argumentation des Erstgerichts an und stützte seine Entscheidung auf § 141 AußStrG und die dazu ergangene Rechtsprechung. Der Schutzbereich dieser Norm umfasse auch die Informationen über den Gesundheitsbereich des Betroffenen. Lediglich dann, wenn die Akteneinsicht in höchstpersönliche Bereiche dazu dienen könnte, bei widersprechenden Erbsantrittserklärungen den wahren letzten Willen des verstorbenen Betroffenen zu erforschen, könne die Akteneinsicht gewährt werden. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Die Antragsteller hätten nur ein Akteneinsichtsrecht in die die Einkommens- und Vermögensangelegenheiten betreffenden Aktenbestandteile (Abschlussbericht mit Rechnungslegung). Ein solcher Antrag sei bisher nicht gestellt worden.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zur Frage zulässig sei, ob die von der Rechtsprechung zu § 141 AußStrG vertretenen Ausnahmen über die Fälle widersprechender Erbserklärungen hinaus zu erweitern seien.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs beider Antragsteller mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im stattgebenden Sinn abzuändern.

Der Revisionsrekurs ist zur Präzisierung der Rechtslage zulässig. Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1 Die von den Vorinstanzen herangezogene Bestimmung des § 141 AußStrG lautet wie folgt:

Vertraulichkeit der Einkommens- und Vermögensverhältnisse

§ 141. Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse dürfen vom Gericht nur dem betroffenen Pflegebefohlenen und seinen gesetzlichen Vertretern, nicht aber sonstigen Personen oder Stellen erteilt werden.

1.2 Ungeachtet des Umstands, dass diese Bestimmung ausdrücklich nur die Erteilung von Auskünften verbietet, wird damit auch die Frage der Aktensicht geregelt (RIS-Justiz RS0117566), was auch im Sachwalterverfahren gilt (7 Ob 48/03i). Dieses Verbot darf nämlich nicht durch die Gewährung von Akteneinsicht umgangen werden (Beck in Gitschthaler/Höllwerth § 141 AußStrG Rz 9; Rechberger in Rechberger2 § 22 AußStrG Rz 3; Rassi in Fasching/Konecny3 § 219 ZPO Rz 62).

2.1 Die herrschende Rechtsprechung (8 Ob 71/03d; 7 Ob 69/04d; 4 Ob 38/13m) und das Schrifttum (dazu Rassi in Fasching/Konecny3 § 219 ZPO Rz 62 ff) leiten aus einem Größenschluss ab, dass einem Dritten über Aktenbestandteile hinaus, die die Einkommens- und Vermögensverhältnisse betreffen (zB hinsichtlich Gesundheitsdaten), keine Einsicht in Pflegschafts- und Sachwalterschaftsakten zusteht, selbst wenn ein rechtliches Interesse vorliegt. § 141 AußStrG steht demnach in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich dem Begehren eines Dritten auf Akteneinsicht in einem Sachwalterschaftsverfahren auch dann entgegen, wenn er ein berechtigtes (rechtliches) Interesse daran geltend machen kann (5 Ob 121/15b, 3 Ob 257/15p).

2.2 Die von der herrschender Ansicht vertretene Einschränkung der Akteneinsicht Dritter soll dann nicht gelten, wenn die Akteneinsicht ausschließlich im Interesse des Pflegebefohlenen erfolgte (1 Ob 98/12m, 4 Ob 38/13m). Eine weitere Ausnahme ist auch für den Fall anerkannt, dass alle Parteien der Akteneinsicht zustimmen (Peer, Die Akteneinsicht, ÖJZ 2008/96, 917).

3.1 Einem Erben des Betroffenen ist nach gesicherter Rechtsprechung jedenfalls ein Recht auf Akteneinsicht in den Sachwalterschaftsakt zu gewähren, soweit dieser Einkommens- und Vermögensangelegenheiten betrifft. Der Erbe ist in vermögensrechtlichen Belangen nicht „Dritter“, vielmehr ist er in die Rechte des Betroffenen im Sachwalterschaftsverfahren eingetreten und Universalsukzessor. Damit besteht ihm gegenüber kein Bedürfnis auf Geheimhaltung (4 Ob 2316/96h; 4 Ob 125/97d; 3 Ob 17/10m; 1 Ob 98/12m; RIS-Justiz RS0106077, RS0125886).

3.2 Nach der Entscheidung 4 Ob 38/13m wird allerdings das Recht des Erben zur Einsicht in Aktenteile des Sachwalterakts verneint, die sich auf den Geisteszustand des Betroffenen beziehen. Auch ein (sonst) als „rechtlich“ zu wertendes Interesse an der Beschaffung von Beweismitteln für eine Testamentsanfechtung verschafft dem Erben nicht ein solches Recht. Diese Einschränkung des Akteneinsichtsrechts wurde mit der Entscheidung 5 Ob 187/16k bekräftigt. Auch nach dieser Entscheidung kann sich ein Erbe und Rechtsnachfolger eines Betroffenen als Partei des Sachwalterschaftsverfahrens nur in Bezug auf jene Teile des Sachwalterschaftsakts berufen, die vermögensrechtliche Belange betreffen; nur insofern tritt er in die Rechte des Betroffenen ein. In Bezug auf die Einsicht in jene Aktenbestandteile, die sich auf den höchstpersönlichen Lebensbereich der Betroffenen beziehen, ist er wie jeder andere verfahrensfremde Dritte zu behandeln.

3.3 Die Entscheidung 2 Ob 194/14i (SZ 2015/54) hat die referierten Beschränkungen für den Fall relativiert, dass in einem Verlassenschaftsverfahren einander widersprechende Erbantrittserklärungen abgegeben werden, ohne dass ein Einigungsversuch durch den Gerichtskommissär gemäß § 160 AußStrG gelingt, und daher das Verfahren in das Stadium der Entscheidung über das Erbrecht eingetreten ist. Auch unter dem Gesichtspunkt des Zwecks des Sachwalterschaftsverfahrens erscheint es in einem solchen Fall sinnvoll, auch einem Erbansprecher in bestimmt und einzeln oder zumindest nach Gattungsmerkmalen zu bezeichnende (zB den Gesundheitszustand des Erblassers betreffende), relevante Teile des Sachwalterschaftsakts Einsicht zu gewähren. Um dem besonderen Schutzgedanken des Sachwalterschaftsverfahrens Rechnung zu tragen, ist aber zu verlangen, dass jeweils konkret dargelegt wird, warum die jeweiligen Aktenteile geeignet sind, die Erforschung des wahren letzten Willens des Erblassers substantiell zu verbessern. Damit soll letztlich sichergestellt werden, dass bei der Entscheidung über das Erbrecht sämtliche relevanten Erkenntnisquellen genutzt werden, die den wahren Willen des Erblassers zutage fördern können.

4. Unter Heranziehung und Präzisierung der referierten Grundsätze steht den Antragstellern im Anlassfall das Recht auf Akteneinsicht in den (gesamten) Sachwalterschaftsakt zu.

4.1 Die Antragsteller haben zum einen beantragt, ihnen (umfassend) Akteneinsicht in den Sachwalterakt zu gewähren. Zum anderen ist aus ihrem Antrag abzuleiten, dass sie („zumindest“) Auskunft bzw Akteneinsicht über jene Teile des Sachwalterschaftsakts begehren, die den Gesundheitszustand des Erblassers betreffen (Name des Sachverständigen, Information über Befundung und ein allfälliges Gutachten, sonstige Hinweise für die Geschäftsunfähigkeit).

4.2 Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass ein Antrag über die das Einkommen und Vermögen betreffenden Aktenteile nicht vorliegt, erweist sich als aktenwidrig. Der Antrag auf umfassende Akteneinsicht trägt als Minus eine Bewilligung bezüglich der das Einkommen und Vermögen betreffenden Aktenteile. Dem liegt die gesicherte Rechtsprechung zugrunde, dass die Akteneinsicht auf bestimmte Teile der Akten beschränkt werden kann (2 Ob 194/14i; 2 Ob 9/17p; 2 Ob 41/17v; Rassi, Fragen zum Datenschutz im Zivilverfahren, in FS Schneider [2013] 403 [420]). Der pauschale Antrag der Antragsteller stützt jedenfalls die Bewilligung der Akteneinsicht bezüglich der vermögensrechtlichen Belange. Wie ausgeführt, ist das Einsichtsrecht der Antragsteller als Universalsukzessoren des Betroffenen in diesem Umfang nicht durch § 141 AußStrG beschränkt.

4.3 Von diesem „unproblematischen“ Teil der Akteneinsicht (vgl auch den Hinweis des Rekursgerichts, dass diesbezüglich „jedenfalls“ eine Akteneinsicht bestehe) ist die begehrte Einsicht in jene Aktenteile zu unterscheiden, die den höchstpersönlichen Lebensbereich des Betroffenen betreffen. Für den hier zu beurteilenden Fall kommen dabei nur solche Aktenteile in Betracht, die den Gesundheitszustand des Erblassers betreffen. Einer Einsicht in den gesamten Sachwalterschaftsakt steht somit dann nichts im Wege, wenn die Antragsteller im Anlassfall auch Anspruch haben, in die den Gesundheitszustand des Erblassers betreffenden Aktenteile Einsicht zu nehmen.

4.4 Letzteres ist zu bejahen. Die in der Entscheidung 2 Ob 194/14i vorgenommenen Wertungen sind auch auf die hier vorliegende Konstellation übertragbar. Die Gewährung der Akteneinsicht im Zusammenhang mit einem Erbrechtsstreit zur Erforschung des wahren letzten Willens des Erblassers soll die vom Erblasser erwünschte Zuordnung von Nachlassgegenständen nach seinem Tod gewährleisten. Verschenkt oder „verschleudert“ eine geschäftsunfähige Person große Teile ihres Vermögens aber bereits zu Lebzeiten, kann dies zur Folge haben, dass ihr (potentieller) Nachlass massiv reduziert wird, was ihren letzten Willen stark relativiert. Wollen die Erben nun aufzeigen, dass die zu Lebzeiten des Betroffenen gesetzten Handlungen seinem wahren (nicht durch eine allfällige Erkrankung beeinflussten) Willen widersprechen, ist das mit jener Konstellation durchaus vergleichbar, die der Entscheidung 2 Ob 194/14i zugrundelag.

4.5 Hinzukommt, dass der zu § 141 AußStrG aus dem Verbot der Auskunftserteilung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gezogene Größenschluss bezüglich der (noch) sensibleren Daten bei einem Erben insoweit relativiert ist, weil gerade dort das genannte Verbot nicht gilt (vgl RIS-Justiz RS0106077, RS0125886).

5. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher im stattgebenden Sinn abzuändern, zumal die Antragsteller auch konkret dargelegt haben, warum die jeweiligen Aktenteile geeignet sind, den wahren Willen des Betroffenen beim angefochtenen Liegenschaftsverkauf zu erforschen.

6. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die von der herrschender Ansicht vertretene grundsätzliche Ablehnung einer Akteneinsicht für Dritte den Vorgaben der EMRK entspricht, zumal das hier von widerstreitenden Interessen (Informations- bzw Geheimhaltungsinteresse) geprägte Spannungsfeld den Schutzbereich mehrerer Grundrechte (Justizgewährung, effektiver Rechtsschutz, rechtliches Gehör, Eigentumsrecht, Recht auf Privatleben, Grundrecht auf Datenschutz) tangiert, denen jeweils kein unbedingter Vorrang zukommt (vgl dazu Rassi in Fasching/Konecny3 § 219 ZPO Rz 65), kann daher dahinstehen.

Textnummer

E120549

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00238.17D.1221.000

Im RIS seit

07.02.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.01.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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