TE Bvwg Beschluss 2017/12/22 W126 2106819-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.12.2017
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Entscheidungsdatum

22.12.2017

Norm

B-VG Art.133 Abs4
GSVG §2
GSVG §4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W126 2106819-1/17E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 08.11.2013, Zl. 6-SO-N5165/6-2013, betreffend die Pflichtversicherung von XXXX, SVNR XXXX, gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 und § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neues Bescheides an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: SVA) vom 06.06.2012 wurde festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Mitbeteiligte) vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 und § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung unterlag.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Mitbeteiligte im Jahr 2010 Kommanditistin der XXXX Gesellschaft m.b.H. & Co. KG (im Folgenden: KG), protokolliert zu FN XXXX des Firmenbuches beim Landesgericht Eisenstadt, sowie alleinige Geschäftsführerin des Komplementärs der KG, der XXXX Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden: GmbH), protokolliert zu FN XXXX v des Firmenbuches beim Landesgericht Eisenstadt, gewesen sei.

Laut Einkommensteuerbescheid 2010 des Finanzamtes Bruck, Eisenstadt, Oberwart, habe die Mitbeteiligte im Jahr 2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 23 EStG in der Höhe von EUR 18.071,95 erzielt.

Die Mitbeteiligte sei im Jahr 2010 als Angestellte der GmbH in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem ASVG pflichtversichert gewesen.

Die Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft als Kommanditistin sei dann als Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG anzusehen, wenn Geschäftsführungsbefugnisse bestehen würden. Dies sei im Erkenntnis des VwGH vom 11.09.2008, Zl. 2006/08/0041, der Fall gewesen, weil für einen Mehrheitsgesellschafter der Komplementär GmbH die Möglichkeit zur entscheidenden Beeinflussung der unternehmerischen Tätigkeit der GmbH & Co KG bestanden habe, dieser also unmittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen habe können und müsse umso mehr dann gelten, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Kommanditistin sogar die alleinige Geschäftsführung der Komplementär GmbH zukomme.

Die Geschäftsführung der GmbH durch die Mitbeteiligte im Rahmen eines Dienstverhältnisses und der daraus resultierenden Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 ASVG habe bewirkt, dass das Geschäftsführungsentgelt der Beitragspflicht nach dem ASVG unterlegen sei. Auf Grund der Einflussnahmemöglichkeit auf die Geschäftsführung der KG seien ihre zusätzlichen Einkünfte als Kommanditistin als unternehmerische Einkünfte zu werten (und nicht als bloß "kapitalistische" Kommanditeinkünfte) und würden daher der Beitragspflicht nach dem GSVG unterliegen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte, vertreten durch eine Steuerberatung, fristgerecht Einspruch und legte zusammengefasst dar, dass das zugrunde liegende VwGH-Erkenntnis einen anderen Sachverhalt aufweise. Sie sei Kommanditistin der KG und mit 35 % am Unternehmen beteiligt. Weitere Kommanditisten seien

XXXX und XXXX. Komplementär der KG sei die GmbH. An der GmbH sei sie mit 25 % beteiligt und auch als Geschäftsführerin tätig. Im Jahr 2010 sei der KG ein Gewinn aus dem Verkauf von Anlagevermögen entstanden. Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung habe das Finanzamt diese Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt.

Tatsächlich sei sie in ihrer Funktion als Kommanditistin nicht aktiv für die KG tätig gewesen. Sie habe ihre Dienste für die KG im Rahmen ihrer Geschäftsführungsbefugnisse der GmbH ausgeübt. Laut Gesellschaftsvertrag seien dem Komplementär sämtliche Kosten der Geschäftsführung zu vergüten. Bereits daraus gehe hervor, dass die aktive Tätigkeit der Geschäftsführung nicht durch Kommanditisten, sondern durch die GmbH ausgeübt werde.

Ergänzend wurde angeführt, dass ihr als Kommanditistin keine Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt worden seien. Aufgrund ihrer Minderheitsbeteiligung sei sie auch nicht in der Lage gewesen, in ihrer Funktion als Kommanditistin Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen. Die alleinige Berechtigung zur Geschäftsführung sei durch ihre Bestellung zur Geschäftsführerin in der GmbH entstanden. Nur in dieser Funktion habe sie ihre aktive Tätigkeit für die KG ausgeübt.

3. Mit Schreiben vom 28.06.2012 legte die SVA den Einspruch dem Landeshauptmann von Burgenland vor und ergänzte stellungnehmend, dass der der zitierten Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt so gewesen sei, dass für einen Mehrheitsgesellschafter der Komplementär GmbH die Möglichkeit zur entscheidenden Beeinflussung der unternehmerischen Tätigkeit der GmbH & Co KG bestanden habe, dieser also mittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH & Co KG nehmen habe können. Den Ausführungen der Mitbeteiligten sei entgegenzuhalten, dass ihr aufgrund ihrer Funktion als alleinige Geschäftsführerin der GmbH sogar der unmittelbare Einfluss (jedenfalls) auf die Geschäftsführung der GmbH zukomme, deren einziger Geschäftszweck die Geschäftsführung der KG darstelle, sodass jedenfalls gleichermaßen wie in dem zitierten Verfahren vor dem VwGH zu Grunde liegenden Sachverhalt ihr zumindest ein mittelbarer (sogar funktional stärker wirkender) Einfluss (auch) auf die Geschäftsführung der KG zukomme. Ihr komme sogar die alleinige Geschäftsführung der GmbH zu. Auf Grund der Einflussnahmemöglichkeit auf die Geschäftsführung der KG seien ihre zusätzlichen Einkünfte als Kommanditistin als unternehmerische Einkünfte zu werten (und nicht als bloß "kapitalistische" Kommanditeinkünfte) und würden daher der Beitragspflicht nach dem GSVG unterliegen.

4. Am 19.07.2012 übermittelte die Mitbeteiligte dem Landeshauptmann von Burgenland eine schriftliche Gegenäußerung und brachte vor, dass unbestritten sei, dass die Beteiligung an einer KG als Kommanditist dann als Erwerbstätigkeit im Sinn von § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG anzusehen sei, wenn dem Kommanditisten Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden. Dies sei aber gegenständlich nicht der Fall. Ihr seien als Kommanditistin keine Geschäftsführerbefugnisse eingeräumt worden. Sie habe keine aktive Leistung für die Gesellschaft erbracht. Dies gehe auch eindeutig aus der Gewinnverteilung des Unternehmens hervor. Der Gewinn sei von sämtlichen Gesellschaftern anhand ihrer Vermögensbeteiligung zugewiesen worden. Sie habe keinen Vorweggewinn erhalten.

Auch sei sie keine Mehrheitsgesellschafterin der GmbH, wie dies im angeführten Erkenntnis des VwGH der Fall gewesen sei. Sie sei in der GmbH nur mit 25 % beteiligt. Als Geschäftsführerin unterliege sie den Weisungen der Mehrheitsgesellschafter der GmbH und habe keinen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung der KG gehabt. Die Geschäftsführungsbefugnisse für die KG seien laut Vertrag und laut Gesetz von der Komplementär GmbH auszuüben und nicht von ihr persönlich.

Die Entlohnung der Geschäftsführerin sei aufgrund eines Angestelltenverhältnisses nach dem ASVG erfolgt. Als Kommanditistin habe sie keinen Anspruch auf zusätzliche Entlohnung für irgendwelche erbrachten Leistungen gehabt. In ihrer Funktion als Kommanditistin sei sie genauso viel wie die anderen Kommanditisten tätig gewesen. Wenn sie nun für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin bereits anderwärtig entlohnt werde, würden nicht die Einkünfte aus der KG zusätzlich als Erwerbseinkünfte gewertet werden können. Zusätzlich sei noch erwähnt, dass die Einkünfte nicht auf Grund einer laufenden aktiven Tätigkeit für die Gesellschaft, sondern ausschließlich durch Veräußerung von Anlagevermögen entstanden seien.

5. In der Gegenäußerung der SVA vom 21.08.2012 wurde ergänzend ausgeführt, dass der Mitbeteiligten aufgrund ihrer Funktion als alleinige Geschäftsführerin der GmbH sogar der unmittelbare Einfluss (jedenfalls) auf die Geschäftsführung der GmbH zukomme, deren einziger Geschäftszweck aber die Geschäftsführung der KG darstelle, so dass gleichermaßen wie in dem Sachverhalt, der dem Verfahren vor dem VwGH zu Grunde gelegen sei, ihr ein mehr als bloß mittelbarer (sogar funktional stärker wirkender) Einfluss (auch) auf die Geschäftsführung der KG zukomme.

Die Geschäftsführung der GmbH durch die Mitbeteiligte im Rahmen eines Dienstverhältnisses und der daraus resultierenden Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 ASVG bewirke lediglich, dass das Geschäftsführungsentgelt der Beitragspflicht nach dem ASVG und nicht nach dem GSVG unterliege.

Wäre die Geschäftsführung der KG nicht durch eine juristische Person, die GmbH, erfolgt und auch kein Angestelltenverhältnis (zur KG) begründet worden, wäre das gesamte Ergebnis der unternehmerischen Tätigkeit der Mitbeteiligten als Kommanditistin, die Einfluss auf die Geschäftsführung der KG nehme, im Rahmen ihrer Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugeflossen und in weiterer Folge nach dem GSVG beitragspflichtig geworden.

Folge man der Argumentation der Mitbeteiligten würden allein aus dem Umstand, dass die rechtliche Konstruktion der GmbH gewählt werde, bei ansonsten gleich gelagertem Sachverhalt wesentliche Teile des Ergebnisses der unternehmerischen Tätigkeit geschäftsführender Kommanditisten, nämlich deren Einkünfte aus Gewerbebetrieb der sozialversicherungsrechtlichen Beitragspflicht entzogen. Ein solches Ergebnis der Interpretation verbiete sich aber unter Bedachtnahme auf das verfassungsgesetzliche Gleichbehandlungsgebot.

6. Am 17.10.2012 erfolgte eine Gegenäußerung der Mitbeteiligten, in der sie im Wesentlichen geltend machte, es sei nicht richtig, dass die rechtliche Beurteilung des erwähnten VwGH-Erkenntnisses von ihr nicht anerkannt werde. Sie sei im Jahr 2010 alleinige Geschäftsführerin der GmbH und mit 25 % an der GmbH beteiligt gewesen. Unbestritten habe sie damit unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung der KG gehabt. Sie sei jedoch den Gesellschaftern der GmbH weisungsgebunden und daher von den Mehrheitsverhältnissen in der GmbH abhängig gewesen.

Im gegenständlichen Fall sei die Gestaltung derart gewählt worden, dass sämtlichen Kommanditisten in ihrer Funktion keine Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt worden seien. Wäre keine GmbH zur Geschäftsführung der KG berufen gewesen, wäre es wohl üblich, dem geschäftsführenden Kommanditisten eine gesonderte Entlohnung zukommen zu lassen. Auch dies sei gegenständlich nicht passiert, weil die Geschäftsführung über die GmbH entlohnt worden sei.

Da ihre Einkünfte nicht als mitarbeitende Gesellschafterin erzielt worden seien, sondern lediglich das Ergebnis kapitalistischer Einkünfte im Rahmen einer Vermögenseinlage darstellen, könne eine Pflichtversicherung nach dem GSVG nicht entstehen.

7. Mit Schreiben vom 24.04.2013 wurden dem Landeshauptmann von Burgenland der Gesellschaftsvertrag sowie einen Firmenbuchauszug der GmbH übermittelt.

8. Am 07.05.2013 erstattete die SVA erneut eine Gegenäußerung und brachte darin zusammengefasst vor, dass nicht übersehen werden dürfe, dass es bei der Feststellung der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG von Kommanditisten um die Frage der Erwerbstätigkeit dieser Kommanditisten gehe. Eine solche Erwerbstätigkeit liege auch bei einer Mittätigkeit des Kommanditisten und umso mehr bei der (alleinigen) Geschäftsführung der Komplementär GmbH vor. Auf die Mehrheitsverhältnisse der GmbH könne es nicht ankommen, was sich schon daraus ergebe, dass der Geschäftsführer auch für den Fall seiner Minderbeteiligung jedenfalls zur alleinigen Geschäftsführung in allen Angelegenheiten des Geschäftsbetriebes der Komplementär GmbH (und damit des Geschäftsbetriebes der KG) berechtigt sei.

9. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 08.11.2013, Zl. 6-SO-N5165/2013, wurde dem Einspruch der Mitbeteiligten Folge gegeben und festgestellt, dass sie vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 nicht der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 und § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG unterlag.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem Akt ergebe und unstrittig sei. Hinweise auf über die gesetzlichen Geschäftsführerbefugnisse hinausgehende Befugnisse seien im Gesellschaftsvertrag nicht enthalten. Auch hätten dem Akt keine Hinweise auf Scheinvereinbarungen entnommen werden können und seien nicht gegeben, da die Gesellschaftsverträge bereits in den 1990er Jahren zwischen den – auch noch im verfahrensgegenständlichen Zeitraum – handelnden Personen errichtet worden seien. Zur rechtlichen Beurteilung wurde zunächst auf die im Erkenntnis des VwGH vom 28.03.2012, 2009/08/0001, zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur 23. GSVG-Novelle hingewiesen. Im Erkenntnis des VwGH vom 11.07.2012, 2012/08/0123, verweise der VwGH zudem auf das Erkenntnis vom 09.09.2008, 2006/08/0041, in dem er sich mit der Pflichtversicherung von Kommanditisten nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG in der Fassung der 23. GSVG-Novelle auseinandergesetzt habe. Er habe darin ausgesprochen, dass Kommanditisten einer KG nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet sei, pflichtversichert sein sollen, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", d.h. sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätige, könne in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführerbefugnisse und zwar auf Grund rechtlicher – und nicht bloß faktischer – Gegebenheiten abhängen. Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen" seien jedenfalls jene, deren Rechtstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgehe.

Unbestritten sei, dass die Mitbeteiligte im Jahr 2010 Einkünfte aus betrieblicher Tätigkeit erzielt habe.

Strittig sei hingegen, ob sie sich "aktiv" im Unternehmen beteiligt habe. Aus dem Gesellschaftsvertrag der KG sei ersichtlich, dass ihr an der KG keine Geschäftsführungsbefugnisse zukommen würden und sie keine Verpflichtung zur Verlustabdeckung, die über die Hafteinlage hinausgehe, treffe. Auch sei für die KG keine sonstige Dienstleistung in ihrer Funktion als Kommanditistin erbracht worden. Die Geschäftsführung und selbständige Vertretung sei durch die GmbH als Komplementärin erfolgt und durch die Mitbeteilgte in ihrer Funktion als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Komplementärin wahrgenommen worden. Das der Entscheidung zugrunde gelegte Erkenntnis des VwGH vom 11.09.2008, 2006/08/0041, habe zur Grundlage, dass der Beschwerdeführer alleiniger Gesellschafter sowohl der GmbH als auch der GmbH & Co KG gewesen sei. Als alleiniger Gesellschafter der GmbH sei er Entscheidungsträger und am Gewinn und Verlust der KG beteiligt gewesen. Er habe somit maßgeblichen Einfluss auf beide Gesellschaften gehabt und sei in beiden Gesellschaften unternehmerisch tätig gewesen. Als alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH sei er für alle Geselleschafterangelegenheiten und somit auch Entscheidungsträger der GmbH zuständig gewesen. Er habe somit auf Grund seiner vertraglich gesicherten Einflussnahme auf die Geschäftsführung der KG eine unternehmerische Funktion ausgeübt.

Im zitierten Erkenntnis führe der Verwaltungsgerichtshof aus, dass im Hinblick auf das Fehlen einer Formpflicht für den Gesellschaftsvertrag (vgl. Krejci in: Krejci, RK UGB § 105, 60 mwN) es dabei aber nicht nur darauf ankomme, ob und welche weiter reichenden Geschäftsführungsbefugnisse dem Kommanditisten in einem schriftlichen Gesellschaftsvertrag ausdrücklich eingeräumt worden seien, sondern es – beim Vorliegen entsprechender Indizien – darüber hinaus zu untersuchen sei, ob der Kommanditist ohne Widerspruch durch den Komplementär de facto regelmäßig mehr Geschäftsführungsbefugnisse in Anspruch nehme, als ihm der schriftliche Vertrag einräume (der diesfalls als zumindest konkludent ergänzt bzw. geändert zu beurteilen ist), oder ob er kraft seiner sonstigen Rechtsstellung im Unternehmen, wie z.B. der Stellung als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter der Komplementär-GmbH, der Sache nach über ein – wenn auch im Wege eines Beschlusses der Generalversammlung ausübbares – Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführern der GmbH verfüge (vgl. § 20 Abs. 1 GmbH-Gesetz), die mittelbar zugleich solche der KG sind, und der Kommanditist damit einen maßgeblichen Einfluss auch auf die laufende Geschäftsführung der KG besitze. Den Geschäftsführern einer GesmbH stehe nämlich in diesem Zusammenhang gesetzlich kein weisungsfreier Mindestbereich zu (vgl. Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I, 2. Aufl 1997, Rz 2/259). (VwGH vom 11.09.2008, 2006/08/0041)

Im gegenständlichen Verfahren seien der Mitbeteiligten als Kommanditistin keinerlei Geschäftsführerbefugnisse der KG eingeräumt worden und aus der Minderheitsbeteiligung als Kommanditistin mit 35 % könne kein maßgeblicher Einfluss auf die geschäftsführende GmbH abgeleitet werden. Auch komme ihr kein weisungsfreier Bereich als Geschäftsführerin der GmbH zu, da sie mit 25 % nicht den maßgeblichen Einfluss besessen habe, einen Beschluss in der Generalversammlung der GmbH alleine herbeizuführen. Zusätzlich sei sie in der Funktion als Geschäftsführerin der Generalversammlung der GmbH, die sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt habe, als Dienstnehmerin einem Weisungs- und Kontrollrecht ihres Dienstgebers, der GmbH, unterlegen.

10. Am 27.11.2013 erhob die SVA Berufung an das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz. Begründend wurde dargelegt, dass Kommanditisten einer KG nach der Judikatur des VwGH nach Maßgabe einer aktiven Betätigung im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet sei, pflichtversichert sein sollen, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", d.h. sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die aktive Betätigung hänge in rechtlicher Hinsicht vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse, und zwar aufgrund rechtlicher – und nicht bloß faktischer – Gegebenheiten, ab. Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder stehe ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann sei es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht werde sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteilige oder im Unternehmen anwesend sei.

Die Mitbeteiligte sei mit Unterbrechungen bereits seit 1987 zuerst für XXXX und später für die GmbH als Arbeiterin bzw. Angestellte tätig gewesen. Seit April 2009 sei sie an Stelle von XXXX als alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH im Firmenbuch eingetragen und als solche zur alleinigen Vertretung der Gesellschaft berufen. Auf Grund dieser Funktion komme ihr ein unmittelbarer Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH, deren einziger Geschäftszweck die Geschäftsführung der KG sei, zu.

Entgegen den Feststellungen des angefochtenen Bescheides habe ein Dienstverhältnis zur GmbH nur bis 31.01.2010 bestanden. Diesbezüglich werde in der Beilage ein entsprechender Auszug aus der Zentralen Versicherungsdatei des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vorgelegt. Nicht aktenkundig sei, warum es seitens der GmbH zur Abmeldung von der Pflichtversicherung nach dem ASVG gekommen sei. Folglich sei aber spätestens zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass keine Tätigkeitsausübung im Rahmen eines unselbständigen Dienstverhältnisses mehr vorliege und sie zumindest ab Februar 2010 als alleinige Geschäftsführerin der GmbH als selbständig erwerbstätig anzusehen sei, da sie als solche auch die Geschäfte der KG führe und ihr somit jedenfalls über die ihr sonst nur nach § 164 UGB zustehenden Widerspruchsrechte hinausreichende Einflussmöglichkeiten (offensichtlich nicht mehr weisungsgebunden) auf die laufende Geschäftsführung der KG zukommen. Die gegenständlich bescheidmäßige getroffene Feststellung eines Dienstverhältnisses ohne entsprechende Meldung könne aber nicht ohne entsprechende Prüfung und Beweiserhebung erfolgen.

Aufgrund der Tatsache, dass die Mitbeteiligte ab Februar 2010 als Dienstnehmerin abgemeldet worden sei, und der Tatsache, dass sie ab Dezember 2012 den Betrieb nach Löschung der Gesellschaft als Einzelunternehmerin fortgeführt habe (Generalversammlungsbeschluss vom 13.12.2013), sei unter Umständen sogar fraglich, ob ihr entgegen dem Vorbringen der weisungsgebundenen Tätigkeitsausübung bereits mit Übernahme der Geschäftsführung entsprechende weiter reichende Geschäftsführungsbefugnisse zugekommen seien (ev. über eine Treuhandvereinbarung oder innergesellschaftliche Regelung), was auch eine Erklärung für die unterschiedlichen Anteile in der GmbH bzw. KG wäre, oder ihr z.B. im Anstellungsvertrag entsprechende Rechte eingeräumt gewesen seien. Für einen Wegfall der Dienstnehmereigenschaft mit Ende Jänner 2010 seien jedenfalls keine Gründe ersichtlich und sei – solange das Dienstverhältnis nicht bescheidmäßig festgestellt worden sei und dadurch Bindungswirkung für den Bereich der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG bestehe – eine Prüfung (auch in diese Richtung) möglich. Ein neben ihrer Kommanditbeteiligung festzustellenden Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 2 GSVG setze jedenfalls ein selbständiges Nebeneinanderbestehen von Dienst- und Gesellschaftsverhältnis samt deutlich abgrenzbaren Vereinbarungen in jeweils schriftlichen Verträgen voraus.

11. Am 10.12.2013 legte der Landeshauptmann von Burgenland dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz die Berufung zur Entscheidung vor. Mit Schreiben vom 11.12.2013 legte der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz dem Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensakt vor, welcher am 05.05.2015 der nunmehr zuständigen Gerichtabteilung zugeteilt wurde.

Zur Möglichkeit der Erörterung der rechtlichen Situation anberaumte Verhandlungen wurden wegen unzulässiger Beschwerderückziehung und Teilnahmeabsagen bzw Verhinderungen der Beteiligten jeweils wieder abberaumt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Mitbeteiligte war im Jahr 2010 mit 35 % als Kommanditistin an der XXXX GmbH & Co KG beteiligt.

Die Mitbeteiligte war im Jahr 2010 mit 25 % als Gesellschafterin an der XXXX GmbH beteiligt, Geschäftsführerin dieser GmbH und von 01.01. bis 31.01.2010 bei dieser angestellt, sodass sie der Versicherungspflicht nach dem ASVG unterlag.

In dem am 06.06.1991 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag, mit dem die XXXX GmbH & Co KG errichtet wurde, wurden der Mitbeteiligten keine über die Stellung einer Kommanditistin hinausgehenden Befugnisse eingeräumt.

In dem ebenfalls am 06.06.1991 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag, mit dem die XXXX GmbH errichtet wurde, wurde festgehalten, dass, wenn nur ein Geschäftsführer bestellt ist, dieser die Gesellschaft selbstständig vertritt.

Im Dezember 2012 wurde das Vermögen der XXXX GmbH & Co KG gemäß § 142 UGB und das Unternehmen der XXXX GmbH im Zuge einer Umwandlung gemäß §§ 2 ff UmwG auf die Mitbeteiligte übertragen, sowie diese beiden Gesellschaften aufgelöst und gelöscht.

1.2. Im Tatsachenbereich hat die belangte Behörde hinsichtlich der Voraussetzungen für die Einbeziehung in die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 und § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG im verfahrensrelevanten Zeitraum keinerlei Ermittlungen gepflogen. Zu den tatsächlichen Tätigkeiten der Mitbeteiligten im Verfahrenszeitraum (in den Gesellschaften und als Kommanditistin), zur tatsächlichen Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge, ob die Mitbeteiligte regelmäßig mehr Geschäftsführungsbefugnisse in Anspruch genommen hat, zum Firmenbetrieb bzw. zur Art und zum konkreten Umfang des Geschäftsbetriebes sowie zu den Betriebsgeschäften fehlen jegliche Tatsachenfeststellungen und Ermittlungen der Behörde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen unter 1.1. ergeben sich aus dem Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsverfahrensakten, insbesondere aus dem Versicherungsverlauf für das Jahr 2010, den Firmenbuchauszügen und den vorgelegten Gesellschaftsverträgen.

Die Feststellung unter 1.2., dass die Behörde jegliche Feststellungen und Ermittlungen im Tatsachenbereich unterlassen hat, konnte ebenso aufgrund des (übrigen) Akteninhalts getroffen werden, der keine entsprechenden Ermittlungen bzw. Ermittlungsergebnisse enthält.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückverweisung

3.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

In seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, 2014/03/0063, hat der VwGH ausgesprochen, dass - im Hinblick auf den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte - von der Möglichkeit der Zurückverweisung nach § 28 Abs 3 VwGVG nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden kann und eine Zurückverweisung zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nur dann in Betracht kommt, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. dazu auch die höchstgerichtlichen Erkenntnisse vom 16.10.2015, Ra 2015/08/0042, 12.01.2016, Ra 2014/08/0028).

Vorliegend ist von einem solchen Fall, der zu einem Vorgehen nach § 28 Abs. 3 VwGVG wegen unterlassener Sachverhaltsermittlung berechtigt, auszugehen:

3.2. Nach der Judikatur des VwGH ist bei der Frage, ob im gegenständlichen Fall aufgrund der Stellung als Kommanditistin Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vorliegt, auf Folgendes Bedacht zu nehmen:

Kommanditisten einer KG sollen nach Maßgabe einer "aktiven Betätigung" im Unternehmen, die auf Einkünfte gerichtet ist, pflichtversichert sein, nicht aber Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", das heißt, sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Stellung eines Kommanditisten beschränken. Die Beantwortung der Frage, ob sich der Kommanditist in einer für § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG relevanten Weise "aktiv" im Unternehmen betätigt, kann in rechtlicher Hinsicht nur vom Umfang seiner Geschäftsführungsbefugnisse, und zwar auf Grund rechtlicher - und nicht bloß faktischer - Gegebenheiten abhängen. Kommanditisten, die nur "ihr Kapital arbeiten lassen", und die daher nicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG pflichtversichert sein sollen, sind jedenfalls jene, deren Rechtsstellung über die gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung nicht hinausgeht (vgl. VwGH 11.09.2008, 2006/08/0041, VwGH 02.09.2015, 2013/08/0003 mwN, VwGH 17.12.2015, 2013/08/0154).

Wurden dem Kommanditisten entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt, welche über die Mitwirkung an außergewöhnlichen Geschäften hinausgehen, oder steht ihm ein derartiger rechtlicher Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zu, dann ist es unerheblich, in welcher Häufigkeit von diesen Befugnissen tatsächlich Gebrauch gemacht wird, sowie ob und in welcher Form sich der Kommanditist am "operativen Geschäft" beteiligt oder im Unternehmen anwesend ist (vgl. VwGH 28.01.2015, 2012/08/0235 mwN, VwGH 17.12.2015, 2013/08/0154).

Ob mehr Geschäftsführerbefugnisse eingeräumt wurden, richtet sich danach, ob sich Mitwirkungsrechte auch auf Angelegenheiten des gewöhnlichen Betriebes der Gesellschaft erstrecken (also über das Widerspruchsrecht nach § 164 UGB hinausgehen). Die Frage, ob ein Geschäft zu den gewöhnlichen Betriebsgeschäften gehört, ist jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Maßgebend sind dabei Gesellschaftsvertrag, Art und Umfang des Betriebes und Art, Größe und Bedeutung des Geschäftes für den Betrieb; außergewöhnliche Geschäfte sind solche, die nach Art und Inhalt (z.B. einschneidende Organisationsänderungen, Beteiligungen an anderen Unternehmen), Zweck (z.B. außerhalb des Unternehmensgegenstandes) oder Umfang und Risiko Ausnahmecharakter haben, d.h. jedenfalls in der betreffenden Gesellschaft nicht häufig vorkommen (vgl. VwGH 28.01.2015, 2012/08/0235, mwN, VwGH 09.09.2015, 2013/08/0168).

Zur Beantwortung der Frage nach der Versicherungspflicht des Kommanditisten gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ist - infolge der gebotenen Gesamtbetrachtung - nicht nur die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages, sondern (wären bei der Ermittlung der konkreten Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages) auch die tatsächliche Tätigkeit des Kommanditisten in Betracht zu ziehen (vgl. VwGH 11.09.2008, 2006/08/0243, VwGH 09.09.2015, 2013/08/0168).

Es kommt eben nicht nur darauf an, ob und welche weiter reichenden Geschäftsführungsbefugnisse dem Kommanditisten in einem schriftlichen Gesellschaftsvertrag ausdrücklich eingeräumt wurden, sondern es ist - beim Vorliegen entsprechender Indizien - darüber hinaus zu untersuchen, ob der Kommanditist ohne Widerspruch durch den Komplementär de facto regelmäßig mehr Geschäftsführungsbefugnisse in Anspruch nimmt, als ihm der schriftliche Vertrag einräumt, der diesfalls als zumindest konkludent ergänzt bzw. geändert zu beurteilen ist (vgl. VwGH 09.09.2015, 2013/08/0227 mwN).

Um die Einräumung der Geschäftsführerbefugnisse zu beurteilen sind brauchbare Tatsachenfeststellungen zum konkreten Umfang des Geschäftsbetriebes zu treffen. Um im Lichte der Judikatur bewerten zu können, ob - auch ausgehend von den Regelungen im Gesellschaftsvertrag - dem Kommanditisten im konkreten Fall tatsächlich mehr Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt wurden, als ihm nach § 164 UGB zustehen, ist es unabdingbar, relevante Umstände zum Geschäftsbetrieb, Art und Größe der Anlagen wie auch Angebote des Beherbungsbetriebes, Ausstattung, Zimmeranzahl, Anzahl der Dienstnehmer samt Gehälter, etc festzustellen. (vgl. VwGH 02.09.2015, 2013/08/0003)

Zusammengefasst kommt es nach der Judikatur des VwGH also darauf an, dass sich der Kommanditist aktiv im Unternehmen betätigt und nicht bloß sein Kapital arbeiten lassen. Bei der Beurteilung, ob eine aktive Betätigung im Unternehmen vorliegt, ist nicht nur auf die dem Kommanditisten in einem schriftlichen Gesellschaftsvertrag ausdrücklich eingeräumten Befugnisse abzustellen, sondern es ist – beim Vorliegen entsprechender Indizien – darüber hinaus zu untersuchen, ob der Kommanditist de facto regelmäßig mehr Geschäftsführungsbefugnisse in Anspruch nimmt, als ihm der schriftliche Vertrag einräumt und wie somit der Gesellschaftsvertrag tatsächlich ausgestaltet ist bzw. welche Tätigkeiten der Kommanditist tatsächlich ausübt.

3.3. Im gegenständlichen Einzelfall hat die Behörde – wie festgestellt - jegliche Feststellungen im Tatsachenbereich unterlassen und sich ausschließlich auf die rechtlichen Rahmenbedingungen beschränkt bzw. auf rechtliche Erwägungen gestützt. Im gesamten Verwaltungsakt finden sich keine Ermittlungsergebnisse, auf welche sich das Verwaltungsgericht als Sachverhaltsgrundlage stützen könnte, weder zum Firmenbetrieb oder zum Ablauf der Geschäfte noch zu den Tätigkeiten der Mitbeteiligten und anderer in den Gesellschaften beschäftigten Personen.

Insbesondere wurde nicht festgestellt, welche Tätigkeiten die Mitbeteiligte im Verfahrenszeitraum (als Kommanditistin) konkret ausgeführt hat und ob sie regelmäßig mehr Geschäftsführungsbefugnisse in Anspruch genommen hat, und wurden keine Ermittlungen zur Erhebung der tatsächlichen Gegebenheiten durchgeführt. Es wurden keine Tatsachenfeststellungen zur Art und zum konkreten Umfang des Geschäftsbetriebes sowie zu den Betriebsgeschäften getroffen, um die Einräumung der Geschäftsführerbefugnisse beurteilen zu können. Vielmehr hat die Behörde im Verfahren ausschließlich auf die vorgelegten Gesellschaftsverträge und die Firmenbuchauszüge abgestellt.

Dabei legt gerade die Wahl dieser Unternehmenskonstruktion als GmbH & Co KG für ein Familienunternehmen nahe, dass dasjenige Familienmitglied, das Geschäftsführer der GmbH ist, die eigentliche Leitung des Unternehmens innehat und sich daher aktiv im Unternehmen beteiligt. Auch der Umstand, dass die Mitbeteiligte mit 31.01.2010 von der Sozialversicherung nach dem ASVG abgemeldet wurde und ihr das Unternehmen im Dezember 2012 übertragen bzw. von ihr weitergeführt wurde, sind weitere Indizien dafür.

Die SVA hat darauf hingewiesen, dass der Mitbeteiligten zumindest ein mittelbarer (sogar funktional stärker wirkender) Einfluss (auch) auf die Geschäftsführung der KG zukomme und dass es bei der Feststellung der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG von Kommanditisten um die Frage der Erwerbstätigkeit dieser Kommanditisten gehe, eine solche Erwerbstätigkeit auch bei einer Mittätigkeit des Kommanditisten und umso mehr bei der (alleinigen) Geschäftsführung der Komplementär GmbH vorliege. Die Mitbeteiligte selbst hat sowohl in ihrem Einspruch als auch in ihren Stellungnahmen bzw. Gegenäußerungen wiederholt geltend gemacht, dass sie tatsächlich in ihrer Funktion als Kommanditistin nicht aktiv für die KG tätig gewesen sei, dass ihr als Kommanditistin keine Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt und sie keine aktive Leistung für die Gesellschaft erbracht habe.

Die Behörde hat sich mit diesen Einwendungen bzw. diesen strittigen Punkten nicht auseinandergesetzt und diese nicht in Bezug auf eine konkrete Ausgestaltung näher hinterfragt und, wie bereits dargelegt, keine Ermittlungen dazu im Tatsachenbereich durchgeführt, obwohl dies für die Beurteilung des Falles von zentraler Bedeutung ist und eine eingehende Überprüfung vor allem im Tatsachenbereich erfordert (vgl. dazu VwGH 30.03.2017, Ra 2014/08/0050; zur vertretbaren Rechtsansicht der nur ansatzweisen Ermittlung aufgrund ausschließlicher Verwendung von eingeholten (sich widersprechenden) Stellungnahmen und Arbeitsplatzbeschreibungen unter Unterlassung von niederschriftlichen Einvernahmen von Beweispersonen (insbesondere auch des Mitbeteiligten selbst) sowie von der Einschau in weitere relevante Unterlagen siehe auch VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109).

Es wäre also für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum insbesondere zu prüfen und durch geeignete Ermittlungen wie beispielsweise durch Einsicht in Firmenunterlagen, Befragungen von Beweispersonen, welche in der Gesellschaft bzw. in den Gesellschaften beschäftigt bzw. tätig waren wie insbesondere der Mitbeteiligten, festzustellen, wie sich der Firmenbetrieb bzw. der Umfang des Geschäftsbetriebes konkret gestaltet hat, welche Betriebsgeschäfte durch wen getätigt wurden, wie die Tätigkeiten der Mitbeteiligten für die Gesellschaften faktisch ausgesehen haben, auch und insbesondere auch bezogen auf ihre Funktion als Kommanditistin, und ob und welche Geschäftsführungsbefugnisse der Mitbeteiligten de facto auch in Bezug auf die KG zugekommen sind.

3.4. Gesamthaft ergibt sich, dass – wie schon ausgeführt - von der Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit in den entscheidenden Punkten unterlassen wurde, auf welche das Verwaltungsgericht aufbauen hätte können, und der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht beziehungsweise nur ansatzweise ermittelt wurde. Indem die belangte Behörde nur den schriftlich festgehaltenen Inhalt der bereits am 06.06.1991 abgeschlossenen Gesellschaftsverträge festgestellt hat, hat sie lediglich ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt. Im Hinblick darauf wird im Sinn der oben aufgezeigten Rechtsprechung des VwGH fallbezogen von krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken ausgegangen und die Möglichkeit für ein Vorgehen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG als gegeben erachtet.

Zudem ist festzuhalten, dass die in § 28 Abs. 2 VwGVG normierten Voraussetzungen, die eine Pflicht des Verwaltungsgerichtes zur "Entscheidung in der Sache selbst" nach sich ziehen, im Beschwerdefall angesichts der geschilderten erforderlichen Ermittlungstätigkeit nicht vorliegen. Weder steht – wie dargetan – der maßgebliche Sachverhalt fest (Z 1 leg.cit.), noch wäre die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden (Z 2 leg.cit.) – dies hier auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass – wie auch der bisherige Verfahrensgang am Gericht zeigt – in diesem speziellen Einzelfall angenommen werden muss, dass die belangte Behörde als Spezialbehörde besser und wesentlich rascher und effizienter unter Einbeziehung der Interessenslagen der Parteien ("Zurückziehung" der Beschwerde) und der Mitwirkungspflicht der Beteiligten die weiteren Verfahrensschritte setzen und die notwendigen Ermittlungen nachholen kann.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die unter 3.3 angesprochenen erforderlichen Ermittlungstätigkeiten unter Berücksichtigung der Anbringen der Mitbeteiligten durchzuführen und die daraus gewonnenen Ermittlungsergebnisse mit der Mitbeteiligten – im Rahmen des Parteiengehörs – zu erörtern haben.

Da der maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die SVA zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Sowohl zu den Voraussetzungen, unter denen das Verwaltungsgericht eine Sache zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen kann, als auch zu der Frage, unter welchen Umständen ein Kommanditist der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliegt, gibt es eine umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die unter A) angeführt wurde. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen

In der Beurteilung wurde umfassend dargelegt, dass im konkreten Fall im Verfahren vor der belangten Behörde notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im konkreten Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor (siehe dazu auch VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109, VwGH 30.03.2017, Ra 2017/08/0050), vielmehr erging die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Beurteilung der gegenständlich einzelfallbezogen vorgelegenen Verfahrenskonstellation in Anlehnung an die - insbesondere unter A) - zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Geschäftsführer, Gesellschaft, Kassation,
mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W126.2106819.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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