TE Bvwg Beschluss 2017/12/28 W246 1421635-2

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Veröffentlicht am 28.12.2017
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Entscheidungsdatum

28.12.2017

Norm

AsylG 2005 §24 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch

W246 1421635-2/13E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Heinz VERDINO als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (auch XXXX), geb. XXXX (alias XXXX), StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.09.2016, Zl. 810367503-1348714:

A) Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der - damals noch minderjährige - Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 16.04.2011 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Das - zum damaligen Zeitpunkt zuständige - Bundesasylamt wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 15.09.2011 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 38/2011, (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. (Spruchpunkt II.) ab. Weiters wies das Bundesasylamt den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 leg.cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus (Spruchpunkt III.).

3. Das Bundesverwaltungsgericht gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 18.09.2014 statt, behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück (§ 28 Abs. 3 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013).

4. In der Folge wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Durchführung einer Einvernahme den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit dem im Spruch genannten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 24/2016, und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. ab. Weiters wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit. erteilt, ihm gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016, erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt III.). Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 leg.cit. die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

5. Mit Verfahrensanordnung vom 16.09.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016, die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

6. Der Beschwerdeführer erhob gegen den im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl fristgerecht Beschwerde, welche am 03.10.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte und in der Folge dem Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet wurde.

7. Auf telefonische Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes teilte die Justizanstalt XXXX am 10.07.2017 mit, dass sich der Beschwerdeführer derzeit in der Justizanstalt XXXX in Haft befinden und voraussichtlich am 23.10.2017 entlassen werden würde.

8. Mit Schreiben vom 11.09.2017 wurden der Beschwerdeführer (Zustellung der Ladung an seinen damaligen Rechtsvertreter) sowie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 01.12.2017 geladen.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 01.12.2017 u.a. in Anwesenheit des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu welcher der Beschwerdeführer nicht erschien. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers teilte dabei mit, er sei davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer sich noch in Haft befinden würde und heute aus dieser vorgeführt werden würde. Der Beschwerdeführer sei kontaktiert und vom heutigen Verhandlungstermin in Kenntnis gesetzt worden, als er sich noch in Haft befunden habe.

10. Auf telefonische Anfrage des Bundesverwaltungsgerichtes teilte die Justizanstalt XXXX am 01.12.2017 mit, dass der Beschwerdeführer sich seit 23.10.2017 nicht mehr dort befinden würde.

11. Das Polizeianhaltezentrum XXXX teilte dem Bundesverwaltungsgericht nach telefonischer Anfrage am 01.12.2017 mit, dass der Beschwerdeführer bis 23.11.2017 im Polizeianhaltezentrum XXXX aufhältig gewesen sei und dort eine Verwaltungsstrafe verbüßt habe.

12. Mit Schreiben vom 21.12.2017 teilte die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass kein Kontakt mehr mit dem Beschwerdeführer bestehen würde; aus diesem Grund werde die zuvor erteilte Vollmacht zurückgelegt.

13. Aus der vom Bundesverwaltungsgericht am 21.12.2017 durchgeführten Abfrage im Zentralen Melderegister geht hervor, dass der Beschwerdeführer bis 23.11.2017 im Polizeianhaltezentrum XXXX gemeldet gewesen ist und seither über keine neue Meldeadresse verfügt.

14. Aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 28.12.2017 geht keine neue Wohnadresse des Beschwerdeführers hervor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer verfügt aktuell über keinen aufrechten Wohnsitz in Österreich. Er setzte weder das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch das Bundesverwaltungsgericht darüber in Kenntnis, wo er sich derzeit aufhält und wie seine aktuelle Adresse lautet.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus der Abfrage aus dem Zentralen Melderegister vom 21.12.2017, aus dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 28.12.2017 und aus den Verfahrensakten (Verwaltungs- und Gerichtsakt) des Beschwerdeführers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017, (in der Folge: VwGVG) hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Nach § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Einstellung des Verfahrens:

3.1. Nach § 15 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100 idF BGBl. I Nr. 145/2017, (in der Folge: AsylG 2005) hat ein Asylwerber am Verfahren nach dem AsylG 2005 mitzuwirken, indem er dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder dem Bundesverwaltungsgericht, auch nachdem er Österreich, aus welchem Grund auch immer, verlassen hat, seinen Aufenthaltsort und seine Anschrift sowie Änderungen dazu unverzüglich bekannt gibt. Hierzu genügt es, wenn ein in Österreich befindlicher Asylwerber seiner Meldepflicht nach dem MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992 idF BGBl. I Nr. 120/2016, nachkommt.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 entzieht sich ein Asylwerber dem Asylverfahren, wenn dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder dem Bundesverwaltungsgericht sein Aufenthaltsort wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten gemäß § 13 Abs. 2 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 145/2017, § 15 oder § 15a AsylG 2005 weder bekannt noch sonst durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl oder das Bundesverwaltungsgericht leicht feststellbar ist.

Nach § 24 Abs. 2 AsylG 2005 sind Asylverfahren einzustellen, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzogen hat (Abs. 1) und eine Entscheidung ohne eine allenfalls weitere Einvernahme oder Verhandlung nicht erfolgen kann. Ein eingestelltes Verfahren ist von Amts wegen fortzusetzen, sobald die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes möglich ist.

3.2. Im vorliegenden Fall besteht weder eine aufrechte Wohnsitzmeldung des Beschwerdeführers im Zentralen Melderegister, noch ist ein neuer Wohnsitz des Beschwerdeführers aus dem Betreuungsinformationssystem ersichtlich; der Beschwerdeführer brachte dem Bundesverwaltungsgericht seinen aktuellen Aufenthaltsort und seine neue Anschrift auch nicht zur Kenntnis.

Der gegenwärtige Aufenthaltsort des Beschwerdeführers ist dem Bundesverwaltungsgericht daher wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflichten nach § 15 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 nicht bekannt und zudem durch das Bundesverwaltungsgericht nicht leicht feststellbar (§ 24 Abs. 1 Z 1 leg.cit.). Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes ist jedoch die persönliche Mitwirkung des Beschwerdeführers, insbesondere im Rahmen einer mündlichen Beschwerdeverhandlung (s. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017-0018), erforderlich.

Da sich der Beschwerdeführer somit dem Verfahren entzogen hat und eine Entscheidung in Abwesenheit des Beschwerdeführers nicht erfolgen kann, ist das Verfahren gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 einzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Meldepflicht, Mitwirkungspflicht, Verfahrenseinstellung,
Verfahrensentziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W246.1421635.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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