TE Vfgh Erkenntnis 2017/11/30 G183/2017 (G183/2017-11)

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Veröffentlicht am 30.11.2017
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
EStG 1988 §20 Abs2, §30 Abs7, §30a Abs1, Abs2

Leitsatz

Keine Unsachlichkeit der Beschränkung des Verlustausgleichs bei der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung angesichts verfassungskonformer Interpretation der Regelung; Gleichheitswidrigkeit des Abzugsverbotes für Finanzierungsaufwendungen im Fall einer ausgeübten Regelbesteuerungsoption

Spruch

I. Die Wortfolge "oder §30a Abs1" in §20 Abs2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 – EStG 1988), BGBl Nr 400 idF BGBl I Nr 22/2012 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2018 in Kraft.

III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

V. §30 Abs7 EStG 1988 idF BGBl I Nr 112/2012, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1.       Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E1156/2016 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1.    Der Beschwerdeführer erwarb gemeinsam mit seinen drei Geschwistern im Jahr 1996 im Wege der kridamäßigen Versteigerung aus der Verlassenschaft nach seinem Vater eine Liegenschaft (samt Miteigentumsrecht an einem Hofraum) um ATS 1.452.500,– (€ 105.557,29). Der Übernahmsantrag wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 27. November 1996 genehmigt. Mit Kaufvertrag vom 29. Jänner 2013 veräußerten der Beschwerdeführer und seine Geschwister die Liegenschaft (samt Miteigentumsrecht) um € 100.000,– (auf den Beschwerdeführer entfiel ein Viertel des Veräußerungserlöses).

In seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2013 vom 16. Oktober 2014 erklärte der Beschwerdeführer Einkünfte aus selbständiger Arbeit iHv € 34.521,80. Aus Anlass eines Ergänzungsersuchens des Finanzamtes Innsbruck teilte der Beschwerdeführer mit, dass ihm aus der Grundstücksveräußerung – auf Grund der aliquoten Nebenkosten, der Finanzierungskosten sowie unter Einrechnung eines Inflationsabschlages – ein (anteiliger) Verlust iHv € 12.348,25 erwachsen sei. Zur Berücksichtigung dieses Verlustes stellte er einen Antrag auf Regelbesteuerung gemäß §30a Abs2 EStG 1988.

1.2.    Mit Bescheid vom 11. März 2015 setzte das Finanzamt Innsbruck die Einkommensteuer für das Jahr 2013 fest, wobei der Verlust ohne die vom Beschwerdeführer bei der Ermittlung des Verlustes aus der Grundstücksveräußerung angesetzten anteiligen Finanzierungskosten iHv € 7.947,58 ermittelt wurde. Begründend führte das Finanzamt Innsbruck aus, dass ein Abzug von Werbungskosten bei Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß §20 Abs2 EStG 1988 nicht zulässig sei. Der dem Beschwerdeführer entstandene Verlust sei – unter Anwendung eines Inflationsabschlages von 14% – mit € 3.288,01 zu beziffern, wobei dieser Verlust gemäß §30 Abs7 EStG 1988 nicht ausgleichsfähig sei.

1.3.    Die dagegen erhobene Beschwerde wurde – auf Grund des vom Beschwerdeführer in Folge der abweisenden Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Innsbruck gestellten Vorlageantrages – mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 25. April 2016 als unbegründet abgewiesen und eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art133 Abs4 B-VG für unzulässig erklärt.

1.3.1.  Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes seien die Finanzierungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus der privaten Grundstücksveräußerung als Werbungskosten nicht abzugsfähig und könne der Verlust aus der Grundstücksveräußerung mit dem Gewinn aus selbständiger Arbeit im Wege der Regelbesteuerung nicht ausgeglichen werden.

1.3.2.  Das vom Beschwerdeführer im Jahr 1996 (anteilig) erworbene Grundstück sei am 31. März 2012 nicht mehr steuerverfangen gewesen (Altvermögen). Die Einkünfte des Beschwerdeführers aus der im Jahr 2013 erfolgten privaten Grundstücksveräußerung seien über dessen Antrag nach §30 Abs3 EStG 1988 zu ermitteln. §20 Abs2 EStG 1988 idF BGBl I 22/2012 (1. Stabilitätsgesetz 2012) iVm §30 Abs3 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 (Abgabenänderungsgesetz 2012) normiere für den außerbetrieblichen Bereich ein grundsätzliches Abzugsverbot für Werbungskosten iZm mit der Veräußerung von Grundstücken. Als Werbungskosten könnten nach §30 Abs3 EStG 1988 lediglich die für die Mitteilung oder Selbstberechnung der Immobilienertragsteuer anfallenden Kosten, anlässlich der Veräußerung entstehende Minderbeträge aus Vorsteuerberichtigungen sowie ein Inflationsabschlag abgezogen werden. Die vom Beschwerdeführer als Werbungskosten geltend gemachten Finanzierungskosten (iHv € 7.947,58) seien dagegen nicht absetzbar. Der (vom Finanzamt Innsbruck mit € 3.288,01 bezifferte) Verlust aus der privaten Grundstücksveräußerung sei im Übrigen gemäß §30 Abs7 EStG 1988 auch im Fall der Ausübung der Regelbesteuerungsoption nicht mit Einkünften aus selbständiger Arbeit ausgleichsfähig.

1.3.3.  Den vom Beschwerdeführer gegen §20 Abs2 EStG 1988 idF BGBl I 22/2012 vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken tritt das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis mit folgender Begründung entgegen:

Der Beschwerdeführer vertrete die Ansicht, dass das in §20 Abs2 EStG 1988 normierte Abzugsverbot für Werbungskosten nicht dem objektiven Nettoprinzip entspreche, da das Abzugsverbot an den besonderen Steuersatz des §30a Abs1 EStG 1988 von 25% anknüpfe und dieser durch die Option zur Regelbesteuerung nach §30a Abs2 EStG 1988 wegfalle. §20 Abs2 EStG 1988 sei im Beschwerdefall jedoch nicht präjudiziell: Während in dem dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 2014, G137/2014 ua., zugrunde liegenden Fall ein (anteiliger) Gewinn aus einer privaten Grundstücksveräußerung gemäß §30a Abs1 EStG 1988 dem besonderen Steuersatz von 25% unterzogen worden sei, habe der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall – unter Ausübung der Regelbesteuerungsoption des §30a Abs2 EStG 1988 – einen (anteiligen) Verlust dem allgemeinen Steuertarif unterzogen. Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen seien jedoch ohnehin gemäß §30 Abs7 EStG 1988 nicht ausgleichsfähig, sodass dahingestellt bleiben könne, ob die geltend gemachten Aufwendungen dem Abzugsverbot unterliegen würden.

1.3.4.  Den vom Beschwerdeführer ob der Verfassungsmäßigkeit des §30 Abs7 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 vorgebrachten Bedenken tritt das Bundesfinanzgericht wie folgt entgegen:

1.3.5.  Die eingeschränkte Verrechnung von Verlusten aus privaten Grundstücksveräußerungen (§30 Abs7 EStG 1988 idF vor dem Abgabenänderungsgesetz 2012) basiere auf der – vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform erachteten (VfGH 9.6.1998, B822/98) – eingeschränkten Verlustverrechnung von Spekulationseinkünften nach der vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 geltenden Rechtslage (§30 Abs4 letzter Satz EStG 1988 idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012). Nach der alten Rechtslage sei die Beschränkung des Verlustausgleichs auf die Verrechnung von positiven und negativen Spekulationseinkünften verfassungsrechtlich unbedenklich gewesen, weil dadurch vermieden worden sei, dass negative Einkünfte aus Spekulationsgeschäften – um die aus den übrigen Einkunftsarten resultierende Steuerbelastung zu senken – innerhalb, positive Einkünfte hingegen erst nach Ablauf der Spekulationsfrist realisiert worden seien. Der Beschwerdeführer habe sich nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes selbst jeder steuerlichen Gestaltungsmöglichkeit begeben, indem er die Veräußerung der im Jahr 1996 angeschafften Liegenschaft erst im Jahr 2013 und damit nach Ablauf der (zehnjährigen) Spekulationsfrist vorgenommen habe, weshalb er nicht in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt sein könne.

2.       Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "oder §30a Abs1" in §20 Abs2 EStG 1988 idF BGBl I 22/2012 und des §30 Abs7 idF BGBl I 112/2012 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 14. Juni 2017 beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3.       Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"3.1. Mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 hat der Gesetzgeber die bis zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens lediglich im Rahmen des Spekulationstatbestandes (§30 Abs1 EStG 1988 idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012) erfassten Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen umfassend in die Einkommensbesteuerung einbezogen. Diese Einkünfte unterliegen seit dem 1. April 2012 unabhängig vom Ablauf einer Frist einem besonderen Steuersatz und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen zu berücksichtigen (§30a Abs1 EStG 1988). Mit der Entrichtung der selbstberechneten Immobilienertragsteuer gilt die Einkommensteuer für diese Einkünfte als abgegolten (§30b Abs1 EStG 1988).

Für die Ermittlung der Einkünfte bestimmt §20 Abs2 EStG 1988 idF BGBl I 22/2012, dass Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden dürfen, soweit sie mit Einkünften, auf die der besondere Steuersatz gemäß §27a Abs1 oder §30a Abs1 EStG 1988 anwendbar ist, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ferner sieht §30 Abs7 EStG 1988 idF BGBl I 112/2012 für Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen, auf die der besondere Steuersatz anwendbar ist, Einschränkungen hinsichtlich des Verlustausgleichs vor. Danach ist der Verlust aus privaten Grundstücksveräußerungen zur Hälfte ausschließlich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen.

3.2. Damit hat der Gesetzgeber für diese Einkünfte – vergleichbar den Einkünften aus Kapitalvermögen – ein Sonderregime nach Art einer Schedulenbesteuerung geschaffen: Derartige Einkünfte werden nicht nach dem System einer synthetischen Einkommensteuer, dem das Einkommensteuergesetz 1988 im Grundsatz folgt (vgl. §2 Abs2 und §33 EStG 1988), in den Gesamtbetrag der Einkünfte einbezogen und dem allgemeinen progressiven Steuertarif unterworfen; vielmehr werden diese nach besonderen Vorschriften ermittelt und unterliegen einem besonderen, linearen Steuersatz.

Der Gesetzgeber sieht dabei in §30a Abs2 EStG 1988 auch vor, dass anstelle des besonderen Steuersatzes auf Antrag der allgemeine Steuertarif angewendet werden kann (Regelbesteuerungsoption). Die Regelbesteuerungsoption kann nur für sämtliche Einkünfte, die dem besonderen Steuersatz für private Grundstücksveräußerungen unterliegen, angewendet werden. Nach den Materialien (vgl. die Erläut. zur RV 1680 BlgNR 24. GP, 10) ist auch in solchen Fällen der Regel-besteuerung das Abzugsverbot des §20 Abs2 EStG 1988 zu beachten. Hinsichtlich der Einschränkungen beim Verlustausgleich bestimmt §30 Abs7 letzter Satz EStG 1988, dass diese auch im Fall der Ausübung der Regelbesteuerungsoption gelten.

Ferner sieht §30b Abs3 EStG 1988 vor, dass Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen, für die eine selbstberechnete Immobilienertragsteuer entrichtet wurde, auf Antrag mit dem besonderen Steuersatz zu veranlagen sind. Dabei ist die Immobilienertragsteuer auf die zu erhebende Einkommensteuer anzurechnen und mit dem übersteigenden Betrag zu erstatten.

3.3. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber nicht verbietet, für Einkünfte wie solche aus privaten Grundstücksveräußerungen im Rahmen der Einkommensbesteuerung ein besonderes Besteuerungssystem vorzusehen, zumal diese Einkünfte sich von laufend bezogenen Erwerbseinkünften in vielfacher Hinsicht (wie zB durch ihr sporadisches Anfallen und die Schlagartigkeit des Aufdeckens meist hoher, über einen längeren Zeitraum aufgebauter stiller Reserven) unterscheiden.

3.4. Bedenken sind beim Verfassungsgerichtshof anlässlich der Beschwerde allerdings hinsichtlich der in §30 Abs7 EStG 1988 idF BGBl 112/2012 vorgesehenen Beschränkung des Verlustausgleichs entstanden:

3.4.1. §30 Abs7 EStG 1988 bestimmte in seiner Stammfassung (1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl I 22/2012), dass Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen nur mit positiven Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen auszugleichen sind. Ein Verlustausgleich war somit nur für jene – seltenen – Fälle vorgesehen, in denen der Steuerpflichtige in jenem Jahr, in dem er ein Grundstück mit Verlust veräußerte, ein weiteres Grundstück mit Gewinn veräußerte. Der Gesetzgeber des Abgabenänderungsgesetzes 2012 hat diese Einschränkung des Verlustausgleiches insoweit gelockert, als er vorgesehen hat, dass ein im Kalenderjahr aus privaten Grundstücksveräußerungen insgesamt erwachsender Verlust zur Hälfte ausschließlich mit im selben Jahr erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen ist. Damit wollte der Gesetzgeber den Verlustausgleich an jenen von Substanzverlusten aus Kapitalvermögen angleichen, die unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls mit Früchten aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden können (vgl. die Erläut. zur RV 1960 BlgNR 24. GP, 25).

Erzielt somit ein Steuerpflichtiger aus einer privaten Grundstücksveräußerung einen Verlust, so ist dieser nach der für den Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage in einem ersten Schritt mit positiven Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen auszugleichen; in einem zweiten Schritt ist ein verbleibender negativer Betrag zu halbieren und mit einem allfälligen positiven Saldo der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auszugleichen. Ein verbleibender Verlustüberhang bleibt unberücksichtigt, zumal für negative Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen kein Verlustvortrag vorgesehen ist.

3.4.2. Vor Einführung der neuen Immobilienbesteuerung war die Verrechnung von Verlusten aus privaten Grundstücksveräußerungen derart eingeschränkt, dass nur Verluste, die innerhalb der Spekulationsfrist realisiert wurden und diese ausschließlich mit Gewinnen aus anderen Spekulationsgeschäften (und nicht auch mit anderen Einkünften im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte) ausgeglichen werden konnten (vgl. §30 Abs4 EStG 1988 idF vor dem 1. Stabilitätsgesetz 2012). Dass Verluste aus Spekulationsgeschäften nur eingeschränkt ausgeglichen werden konnten, begegnet keinen Bedenken, verfolgte die Regelung doch den Zweck, gezielten Gestaltungen (Verlustrealisation knapp vor Ablauf der Spekulationsfrist, Gewinnrealisation hingegen nach Ablauf der Frist) entgegenzuwirken.

3.4.3. Auch wenn diese Begründung für die Einschränkung des Verlustausgleichs angesichts einer nunmehr bestehenden generellen, vom Ablauf einer Frist unabhängigen Steuerpflicht von privaten Grundstücksveräußerungen auf die Rechtslage nach dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 nicht übertragbar ist, geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass es der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber dem Grunde nach nicht verbietet, Einschränkungen des Verlustausgleichs für Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen auch im neuen System vorzusehen:

Da positive Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen einem besonderen Steuersatz unterliegen und für diese Einkünfte die Einkommensteuer mit der Entrichtung der selbstberechneten Immobilienertragsteuer abgegolten ist (§30a Abs1 iVm §30b Abs2 EStG 1988), begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass Verluste aus solchen Einkünften nicht im Rahmen der Ermittlung des Einkommens gemäß §2 Abs2 EStG 1988 ausgleichsfähig sind. Das Rechtsinstitut des Verlustausgleichs gemäß §2 Abs2 EStG 1988 ist Kennzeichen einer synthetischen Ermittlung des Einkommens (Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11, 2013, Tz 24, 590) und erfordert somit nicht die Einbeziehung von Einkünften, die weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch bei der Ermittlung des Einkommens zu berücksichtigen sind.

Der Gleichheitssatz verbietet daher dem Gesetzgeber nicht, Einschränkungen des Verlustausgleichs auch für den Fall der Ausübung eines Regelbesteuerungsantrages vorzusehen: Mit dem Regelbesteuerungsantrag soll dem Steuerpflichtigen lediglich die Möglichkeit eröffnet werden, die Besteuerung positiver Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen an die progressive Tarifsteuer anzupassen, wenn diese niedriger als der von diesen Einkünften erhobene besondere Steuersatz ist (vgl. die Erläut. zur RV 1680 BlgNR 24. GP, 10). Der Verfassungsgerichtshof hegt daher keine Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber bei Vorliegen negativer Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen die Regelbesteuerung – und damit einen Ausgleich mit anderen, der Progression unterliegenden Einkünften – ausschließt.

Vor diesem Hintergrund handelt der Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes, wenn er für Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen einen Ausgleich mit Gewinnen aus privaten Grundstücksveräußerungen zulässt. Auch bestehen keine Bedenken, Einkünfte aus einem weiteren Grundstück, die nicht dem besonderen Steuersatz unterliegen, wie jene aus Vermietung und Verpachtung, zum Ausgleich zuzulassen, treten doch Verluste und Gewinne aus privaten Grundstücksveräußerungen eher selten in derselben Periode auf und blieben somit Verluste aus privaten Grundstücksveräußerungen ohne weitergehende Verrechnungsmöglichkeit mit anderen Einkünften aus Grundstücken steuerlich im Regelfall unberücksichtigt. Insofern steht die Einbeziehung von Vermietungseinkünften auch in einem sachlichen Zusammenhang mit der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen, als die Vorschrift einen Verlustausgleich nicht nur erlaubt, wenn aus einem weiteren im Privatvermögen befindlichen Grundstück positive Einkünfte aus dessen Veräußerung erzielt werden, sondern auch, wenn in derselben Periode, in der der Verlust aus der Veräußerung eines privaten Grundstückes erzielt wird, aus einem weiteren privaten Grundstück Einkünfte aus dessen Nutzung im Rahmen einer als Vermietung und Verpachtung zu qualifizierenden Überlassung erzielt werden.

§30 Abs7 EStG 1988 dürfte aber seinem Wortlaut nach nicht nur den Ausgleich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken erlauben: Die ohne Bezugnahme auf Grundstücke erfolgende Anknüpfung in §30 Abs7 EStG 1988 an 'Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung' bedingt anscheinend, dass auch solche Einkünfte zum Ausgleich berechtigen, die nach §28 EStG 1988 zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören, ohne dass sie in einem sachlichen Zusammenhang mit einem privaten Grundstück stünden. Dies dürfte auf die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen gemäß §28 Abs1 Z2 EStG 1988 (worunter etwa Betriebsverpachtungen fallen können) und die Überlassung oder Verwertung von Rechten gemäß §28 Abs1 Z3 EStG 1988 (worunter u.a. die Einräumung von Werknutzungen iSd Urheberrechtsgesetzes und die Überlassung gewerblicher Schutzrechte fällt) zutreffen.

Ferner dürften Einkünfte aus Nutzungen von privaten Grundstücken, die nicht zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen (wie zB Einkünfte für die Einräumung eines Vorkaufsrechts oder für den Verzicht ein Grundstück zu bebauen), vom Verlustausgleich ausgeschlossen sein, obgleich sie unbestreitbar auf Grund von Leistungen erzielt werden, die zu außerbetrieblichen Einkünften führen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit Grundstücken stehen, der jenem in den zum Verlustausgleich zugelassenen Fällen der Vermietung eines Grundstückes vergleichbar zu sein scheint.

Die Vorschrift des §30 Abs7 EStG 1988 dürfte somit insofern zu unsachlichen Differenzierungen führen, als sie einerseits den Ausgleich von Verlusten mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzulassen scheint, die in keinem sachlichen Zusammenhang mit privaten Grundstücken stehen und andererseits Einkünfte vom Ausgleich auszuschließen scheint, die in einem sachlichen Zusammenhang mit privaten Grundstücken stehen, wenn diese nicht als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren sind. Inwieweit diesen Bedenken im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung des Begriffs der Vermietung und Verpachtung in §30 Abs7 EStG 1988 Rechnung getragen werden kann, wird im Gesetzesprüfungsverfahren zu klären sein.

3.4.4. Hingegen hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken dagegen, dass dem allgemeinen Tarif unterliegende Einkünfte wie jene aus Vermietung und Verpachtung nur mit der Hälfte der negativen Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen ausgeglichen werden können, unterliegen diese Einkünfte doch nicht einem besonderen Satz, sondern dem allgemeinen, progressiven Tarif, womit bei voller Berücksichtigung der negativen Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen eine unsystematische 'Verrechnungsschieflage' eintreten würde (vgl. die Erläut. zur RV 1960 BlgNR 24. GP, 25).

3.5. Bedenken sind beim Verfassungsgerichtshof anlässlich der Beschwerde aber auch hinsichtlich des Abzugsverbotes gemäß §20 Abs2 zweiter Teilstrich EStG 1988 idF BGBl I 22/2012 entstanden:

3.5.1. Mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 hat der Gesetzgeber in §20 Abs2 EStG 1988 das Abzugsverbot für Aufwendungen und Ausgaben verankert, soweit sie in unmittelbaren wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einkünften stehen, auf die der besondere Steuersatz gemäß §30a Abs1 EStG 1988 anwendbar ist. Die Vorschrift schließt somit – sieht man von den in §30 Abs3 EStG 1988 explizit zum Abzug zugelassenen, für die Mitteilung oder Selbstberechnung gemäß §30c EStG 1988 angefallenen Kosten ab – sämtliche Aufwendungen vom Abzug aus, die nach allgemeinen Grundsätzen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von den Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen abzusetzen wären (vgl. VfGH 29.11.2014, G137/2014 ua.). Dies soll auch dann gelten, wenn die Einkünfte auf Grund der Regelbesteuerungsoption des §30a Abs2 EStG 1988 mit dem allgemeinen Steuertarif besteuert werden (vgl. die Erläut. zur RV 1680 BlgNR 24. GP, 10).

3.5.2. Unter das Abzugsverbot fallen etwa Kosten für Inserate, Verkäuferprovisionen an den Makler, vom Verkäufer übernommene Vertragserrichtungskosten, Kosten für Bewertungsgutachten sowie Fremdfinanzierungsaufwendungen, sofern das Grundstück nicht zur Einkünfteerzielung verwendet wird und die Veräußerung auch nicht von der Besteuerung ausgenommen ist. Hingegen fallen nach der hA Aufwendungen dann nicht unter das Abzugsverbot, wenn sie zu den Anschaffungsnebenkosten des Grundstücks rechnen: Der Umstand, dass solche Aufwendungen die Anschaffungskosten erhöhen, bedingt ihre Abzugsfähigkeit im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte (vgl. Doralt/Ruppe, Steuerrecht I11, 2013, Tz 123). Dies gilt etwa für die entrichtete Grunderwerbsteuer, Aufschließungskosten sowie die vom Käufer übernommenen Maklerprovisionen und Vertragserrichtungskosten.

Soweit Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer Veräußerung anfallen, jenen wirtschaftlich gleichwertig sind, die im Zuge einer Anschaffung anfallen können, scheint deren unterschiedliche Behandlung hinsichtlich ihrer Abzugsfähigkeit den Gleichheitssatz zu verletzen (vgl. VfGH 14.6.2017, G336/2016). Der Verfassungsgerichtshof vermag vorderhand keinen sachlichen Grund zu erkennen, der es rechtfertigen könnte, Aufwendungen, die in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer privaten Grundstücksveräußerung stehen, vom Abzug auszuschließen, wenn wirtschaftlich vergleichbare Aufwendungen im Rahmen von Anschaffungsnebenkosten abzugsfähig zu sein scheinen.

Soweit §20 Abs2 EStG 1988 eine Abzugsfähigkeit von Fremdenkapitalaufwendungen ausschließt, dürfte das Abzugsverbot überdies dazu führen, dass ein Veräußerer, der das Wirtschaftsgut mit Fremdkapital angeschafft hat, insofern unsachlich benachteiligt wird, als er ungeachtet des größeren Aufwandes im Rahmen der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungen ebenso belastet wird, wie ein Veräußerer, der das Grundstück eigenfinanziert angeschafft hat (vgl. VfSlg 13.724/1994).

3.5.4. Anders als für die den besonderen Steuersätzen des §27a EStG 1988 unterliegenden Kapitaleinkünfte ist das Abzugsverbot für Aufwendungen im Zusammenhang mit privaten Grundstücksveräußerungen nicht verfassungsrechtlich unangreifbar (vgl. VfSlg 18.783/2009). Der Verfassungsgerichtshof übersieht hiebei nicht, dass für ein solches Abzugsverbot in einem Sonderregime, in dem Einkünfte einem besonderen Steuersatz unterliegen und nicht zum Gesamtbetrag der Einkünfte rechnen, sachliche Gründe bestehen können. Selbst wenn solche Gründe bestehen sollten, hat der Gesetzgeber das Abzugsverbot jedoch in einer dem Gleichheitssatz entsprechenden Weise auszugestalten. Hievon kann nach der vorläufigen Annahme des Verfassungsgerichtshofes nicht ausgegangen werden, wenn für Aufwendungen, die im Rahmen der Anschaffungskosten anzusetzen sind, ein Abzugsverbot besteht, wenn sie im Rahmen einer Veräußerung anfallen, oder wenn Finanzierungsaufwendungen vom Abzug ausgeschlossen sind.

Gründe der Steuererhebung dürften eine solche Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, sieht doch §30b Abs3 EStG 1988 die Möglichkeit eines Antrages auf Veranlagung unter Anwendung des besonderen Steuersatzes vor. Aufwendungen, die im Zuge der Selbstberechnung nicht berücksichtigt worden sind, können somit im Zuge einer Veranlagung unter Anwendung des besonderen Steuersatzes geltend gemacht werden.

3.5.5. Sollte das Abzugsverbot gemäß §20 Abs2 EStG 1988 für Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen, die einem besonderen Steuersatz unterliegen, hingegen sachlich begründet sein, wird im Gesetzesprüfungsverfahren ferner der Frage nachzugehen sein, ob diese Gründe das Abzugsverbot auch im Fall einer ausgeübten Regelbesteuerungsoption zu rechtfertigen vermögen. Dabei wird auch zu prüfen sein, inwieweit allfälligen Bedenken im Rahmen einer verfassungskonformen Interpretation (in diesem Sinn etwa Ehrke-Rabel, Verfassungsrechtliche Aspekte der Immobilienbesteuerung, in Ehrke-Rabel/Niemann (Hrsg.), Spezialfragen zur Immobilienbesteuerung, 2014, 101 [111 f.] mwN) Rechnung getragen werden kann."

4.       Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken wie folgt entgegengetreten wird:

"1.1. Abzugsverbot im Schedulensystem

Wie bereits im Schriftsatz des Bundesministeriums für Finanzen im zugrundeliegenden Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof E1156/2016 näher ausgeführt wird, hat der Gesetzgeber mit dem 1. Stabilitätsabgabegesetz 2012, BGBl I Nr 22/2012 (im Folgenden: 1. StabG 2012) ein Sonderregime nach Art einer Schedulenbesteuerung für private Grundstücksveräußerungen vorgesehen; dieses wird vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss auch grundsätzlich als verfassungskonform erachtet. [FN 1 Vgl. VfGH E1156/2016 Rz. 36.]

Dieses Sonderregime sieht eine analytische Besteuerung (Schedulensystem) vor. Dh. Einerseits werden Einkünfte aus der Veräußerung von privaten Grundstücken mit einem besonderen Steuersatz besteuert und anderseits wirken solche Einkünfte nicht progressionserhöhend für das übrige Einkommen. [FN 2 Vgl. Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18, §33 Tz. 4.] Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen stellen somit eine gesonderte Schedule dar, die nicht in die Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte gemäß §2 Abs2 EStG 1988 einfließen. [FN 3 Vgl. Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, §30a Tz. 4 ff.] Als Ausgleich zum niedrigen Steuersatz sowie der nicht progressionserhöhenden Wirkung wird die Steuerbemessungsgrundlage breit angelegt (Quasi-Bruttobesteuerung). Anzusetzen ist somit der Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungskosten, wobei lediglich eine Berücksichtigung der Kosten für die Mitteilung oder Selbstberechnung gemäß §30c EStG 1988 zu erfolgen hat. [FN 4 Vgl. §30 Abs3 EStG 1988.]

Im Gegensatz dazu sind im synthetischen (tarifbesteuerten) Einkommensteuersystem, Werbungskosten aufgrund des sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Leistungsfähigkeitsprinzips grundsätzlich zu berücksichtigten. [FN 5 Vgl. etwa VfSlg 13.724/1994.] Für das besondere (analytische) Besteuerungssystem der Einkünfte aus privater Grundstücksveräußerung hat der Gesetzgeber einen solchen Werbungskostenabzug nicht für geboten erachtet. Vielmehr hätte das Vorsehen eines Werbungskostenabzuges zu einer unsachlichen Gleichbehandlung mit jenen dem synthetischen Einkommensteuersystem unterliegenden Einkünften geführt, weil letztere weder von einem besonderen Steuersatz noch einer nicht progressionserhöhenden Wirkung profitieren können.

In einem analytischen Besteuerungssystem wird daher jenes im synthetischen Einkommensteuersystem vorherrschende Leistungsfähigkeitsprinzip weitgehend zurückgedrängt; auf der einen Seite durch die begünstigte, nicht progressionswirksame Besteuerung, auf der anderen Seite durch das Verbot des Werbungskostenabzugs. Die Bundesregierung erachtet es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum gelegen, als Ausgleich zu den Vorteilen eines analytischen Besteuerungssystems eine Quasi-Bruttobesteuerung vorzusehen, um insgesamt ein ausgewogenes System zu schaffen. Eine daraus resultierende Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Grundstücksveräußerung zu tragen haben, mit jenen Steuerpflichtigen, die keine oder weniger Aufwendungen tätigen, ist einem solchen analytischen Besteuerungssystem wesensimmanent und aus Sicht der Bundesregierung verfassungsrechtlich zulässig. [FN 6 So auch Ehrke-Rabel/Niemann (Hrsg.), Spezialfragen zur Immobilienbesteuerung, 2014, 101 [107]; Mechtler, SteuerreformG 2015: Neufassung des Abzugsverbots bei der ImmoESt, RdW 2015/519 (594); Staringer in Jachmann (Hrsg), Erneuerung des Steuerrechts, DStJG 37 (2014) 137 (150); Urtz, Verfassungsrechtliche Probleme der neuen Immobilienbesteuerung, in Urtz (Hrsg.), ÖStZ Spezial 2013 – Die neue Immobiliensteuer Update 2013 (2013) 489 (493); anders lediglich Marchgraber, Schuldzinsenabzug bei der Veräußerung fremdfinanzierter Immobilien, ÖStZ 2013, 383 (386).]

Im Übrigen fallen die mit Immobilientransaktionen zusammenhängenden Aufwendungen regelmäßig bei sämtlichen Immobilienverkäufen gleichermaßen an (zB Grunderwerbssteuer, Vertragserrichtungskosten, Eintragungsgebühr ins Grundbuch, Energieausweis, Inserate und/oder Maklerkosten) und werden dabei im Wesentlichen prozentuell vom Kaufpreis bemessen. In einer Durchschnittsbetrachtung kann somit davon ausgegangen werden, dass bei jedem Erwerber eines Grundstückes annähernd die gleichen Kosten (prozentuell vom Kaufpreis bemessen) anfallen, wodurch in der Regel keine unterschiedlichen Sachverhalte vorliegen, die eine unterschiedliche Besteuerung erfordern würden. Eine pauschale Nichtberücksichtigung solcher Werbungskosten nach §20 Abs2 EStG 1988 im Rahmen einer analytischen Besteuerung erscheint daher nach Ansicht de[r] Bundesregierung gerechtfertigt zu sein. Zu den Schuldzinsen siehe unten Punkt 1.5.

Eine ähnliche Thematik ergibt sich etwa bei Pauschalierungsregelungen, die den Ansatz eines Durchschnittssatzes vorsehen. Auch bei derartigen Pauschalierungsregelungen sind systemimmanent jene Steuerpflichtigen, die tatsächlich weniger bis gar keine Aufwendungen zu tragen haben, im Vergleich zu Steuerpflichtigen, die Aufwendungen bis zum Pauschalierungssatz tätigen, durch pauschale Abzugsposten begünstigt. Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat pauschalierende Regelungen als zulässig anerkannt, wenn für die Pauschalierung sachliche Gründe gegeben waren. [FN 7 VfSlg 4930/1965, 5022/1965, 7136/1973, 7286/1974.] Dass für ein analytisches Besteuerungssystem im Rahmen der Grundstücksveräußerungen grundsätzlich sachlich rechtfertigende Gründe vorliegen, hat der Verfassungsgerichtshof im diesem Verfahren zugrundeliegenden Prüfungsbeschluss bereits bestätigt (vgl. wiederum Rz. 36 des Beschlusses).

1.2. Abzugsverbot bei Regelbesteuerungsantrag

Nach der im gegenständlichen Verfahren maßgebenden Rechtslage war das in §20 Abs2 EStG 1988 normierte Werbungskostenabzugsverbot auch bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption [FN 8 Vgl. §30a Abs2 EStG 1988 (Regelbesteuerungsoption).] beachtlich. Da – wie bereits ausgeführt – das analytische Besteuerungssystem im Fall privater Grundstücksveräußerungen zahlreiche Vorteile für den Steuerpflichtigen (besonderer Steuersatz, keine progressionserhöhende Wirkung, vereinfachte Handhabe) sowie für die Finanzverwaltung (verwaltungsökonomische Erleichterungen) bringt, wollte der Gesetzgeber einer Abkehr von diesem geschlossenen System aufgrund bloß steueroptimierender Gestaltungen entgegenwirken. Die Intention des Gesetzgebers für die Beachtlichkeit des Werbungskostenabzugsverbotes nach §20 Abs2 EStG 1988 auch bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption war somit die bloß steueroptimierende Attraktivität der Regelbesteuerung einzudämmen, um zu verhindern, dass die dem analytischen Besteuerungssystem wesensimmanente Quasi-Brutto-besteuerung ins Leere läuft. Dies sind nach Ansicht der Bundesregierung sachliche Gründe, die ein solches auch bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption geltendes Abzugsverbot rechtfertigen könnten.

Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass mit dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl I Nr 118/2015, eine Berücksichtigung von Werbungskosten eingeführt wurde, sofern die Anwendung des besonderen Steuersatzes gemäß §30a Abs1 EStG 1988 unterbleibt, sohin bei einem Regelbesteuerungsantrag. [FN 9 Siehe EBRV 684 BlgNr 25. GP 16: 'Anders als bisher soll bei Immobilienveräußerungen jedoch künftig der Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei Ausübung der Regelbesteuerungsoption nicht durch §20 Abs2 ausgeschlossen werden: Aus diesem Grund soll das Abzugsverbot nur mehr dann Anwendung finden, wenn der besondere Steuersatz des §30a Abs1 auch tatsächlich angewendet wird.'] Damit hat der Gesetzgeber nach Ansicht der Bundesregierung nunmehr jedenfalls eine sachlich gerechtfertigte Ausgestaltung vorgenommen, wonach jedem Steuerpflichtigen, der Einkünfte aus privater Grundstücksveräußerung erzielt, die Anwendung des allgemeinen Steuersatzes sowie die Einbeziehung in die synthetisch ermittelte Bemessungsgrundlage der übrigen Einkünfte ermöglicht wird. [FN 10 Vgl. Ehrke-Rabel/Niemann (Hrsg.), Spezialfragen zur Immobilienbesteuerung, 2014, 101 [107 ff].]

Sollte der Verfassungsgerichtshof es als verfassungswidrig erachten, dass Werbungskosten nach im gegenständlichen Verfahren maßgebender Rechtslage trotz Regelbesteuerungsantrag dennoch nicht geltend gemacht werden konnten, könnte diese Verfassungswidrigkeit nach Ansicht der Bundesregierung nicht durch eine verfassungskonforme Interpretation des §20 Abs2 EStG 1988, sondern nur durch eine Aufhebung der Wortfolge 'oder §30a Abs1' (bzw. den Ausspruch, dass diese Wortfolge verfassungswidrig war) beseitigt werden.

[…]

Das Werbungskostenabzugsverbot im Zusammenhang mit Einkünften gemäß §27a Abs1 EStG 1988 ist durch das Endbesteuerungsgesetz – auch im Falle eines Regelbesteuerungsantrages [FN 11 Siehe dazu VfSlg 18.783/2009.] – vorgegeben. Legt man nun, wie dies Ehrke-Rabel vorschlägt, [FN 12 Siehe Ehrke-Rabel/Niemann (Hrsg.), Spezialfragen zur Immobilienbesteuerung, 2014, 101 [107 ff].] die Wortfolge 'anwendbar ist' in §20 Abs2 zweiter TS EStG 1988 so aus, dass damit die konkrete Anwendung des besonderen Steuersatzes gemeint ist, müsste dies nach Ansicht der Bundesregierung auch für Kapitaleinkünfte gelten, weil diese im selben Teilstrich genannt sind. Dies würde allerdings in Konflikt zu den in Verfassungsrang stehenden Regelungen des Endbesteuerungsgesetzes stehen und somit den klaren Intentionen des Gesetzgebers widersprechen. Bestärkt wird diese Sichtweise in der nunmehrigen Formulierung des Abzugsverbotes in §20 Abs2 EStG 1988 idF Steuerreformgesetz 2015/2016, wonach der Gesetzgeber zwischen 'anwendbar ist' und 'angewendet wird' unterscheidet, um die unterschiedlichen Rechtsfolgen zu verdeutlichen.

Die Bundesregierung erachtet somit aus den oben genannten Gründen ein Abzugsverbot gemäß §20 Abs2 EStG 1988 dem Grunde nach jedenfalls im Schedulensystem als verfassungsrechtlich zulässig, um eine sachliche Ausgestaltung des besonderen Besteuerungssystems für private Grundstücksveräußerungen zu schaffen. Im Folgenden wird näher auf die vom Verfassungsgerichtshof geäußerten Bedenken hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung von Werbungskosten und Anschaffungsnebenkosten eingegangen.

1.3. Unterschiede hinsichtlich der Funktion der Anschaffungsnebenkosten und Werbungskosten

 

Der Verfassungsgerichtshof hat jüngst in einem Erkenntnis zur Kapitalertragsbesteuerung festgehalten, dass der einfache Gesetzgeber berechtigt sei, das Abzugsverbot für Werbungskosten im Zusammenhang mit Kapitalvermögen auf Anschaffungsnebenkosten auszudehnen, da es sich bei den beiden Ausgabenkategorien um wirtschaftlich vergleichbare Fälle handle. [FN 13 VfGH 14.6.2017, G336/2016, Rz. 39.] Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings nicht ausgesprochen, dass der einfache Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen dazu verpflichtet wäre oder dass so eine Ausweitung verfassungsrechtlich geboten wäre. Die Bundesregierung geht daher davon aus, dass der Gesetzgeber dazu berechtigt ist, es aber grundsätzlich nicht verfassungsrechtlich zwingend erforderlich ist, Werbungskosten und Anschaffungsnebenkosten gleich zu behandeln, zumal sich auch Unterschiede im Tatsächlichen ergeben, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können, wie im Folgenden gezeigt werden soll.

Den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts entsprechend sind Aufwendungen – sofern sie nicht geeignet sind den Nutzwert oder die Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes wesentlich zu erhöhen – im außerbetrieblichen Bereich grundsätzlich sofort als Werbungskosten abzugsfähig und wirken sich damit im Jahr der Verausgabung zur Gänze aus. [FN 14 Vgl. §16 EStG 1988.] Wird hingegen ein Aufwand getätigt, der mit der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes im Zusammenhang steht, dann ist ein solcher Aufwand nicht sofort abzugsfähig, sondern werterhöhend auf dieses Wirtschaftsgut zu 'aktivieren': Es handelt sich dabei um Anschaffungs(-neben)kosten. Diesen steuersystematischen Grundsätzen folgend wirken sich im Falle einer laufenden Vermietung und Verpachtung eines Gebäudes Anschaffungs(-neben)kosten über die Geltendmachung der Absetzung für Abnutzung (im Folgenden: AfA) gemäß §16 Abs1 Z8 EStG 1988 lediglich sehr langfristig aus. Schon im allgemeinen Steuersystem werden daher diese beiden Aufwandskategorien steuersystematisch unterschiedlich behandelt.

Wie bereits in der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen im zugrundeliegenden Verfahren E1156/2016 ausgeführt, werden im privaten Bereich typischerweise drei Fälle von Grundstücksveräußerungen unterschieden:

1. Fälle mit Hauptwohnsitzbefreiung;

2. Fälle, bei denen Vermietungsobjekte verkauft werden;

3. Fälle, bei denen weder vermietete noch selbst bewohnte Immobilien veräußert werden.

Die ersten beiden Fälle betreffen den Großteil aller Grundstücksveräußerungen.

?    Im Falle der Nutzung des Grundstückes für eigene private Zwecke und Veräußerung im Rahmen der Hauptwohnsitzbefreiung wirken sich – mangels steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnes – weder die Anschaffungsnebenkosten des Käufers noch ein nach §20 Abs2 EStG 1988 geltendes Abzugsverbot aus.

?    Bei Erzielung von Vermietungs- oder Verpachtungseinkünften stehen die Anschaffungsnebenkosten allerdings im Zusammenhang mit der Erzielung von tarifbesteuerten Einkünften (synthetisches Einkommensteuersystem). Da im synthetischen Einkommensteuersystem – wie bereits oben unter Punkt 1.1. ausgeführt – das Leistungsfähigkeitsprinzip grundsätzlich maßgebend ist, erachtete der Gesetzgeber die steuerliche Wirksamkeit von mit tarifbesteuerten Einkünften im Zusammenhang stehenden Aufwendungen als geboten. Im Gegensatz dazu stehen die nach §20 Abs2 EStG 1988 vom Gesetzgeber als nicht abzugsfähig vorgesehenen Aufwendungen bzw. Kosten – von nicht steuerpflichtigen Einnahmen abgesehen – ausschließlich mit Einkünften im Zusammenhang, für die ein besonderes analytisches Besteuerungssystem vorgesehen ist, in dem die Nichtabzugsfähigkeit gerechtfertigt ist.

Bei der Schaffung des neuen Systems der Grundstücksbesteuerung sah sich folglich der Gesetzgeber einerseits damit konfrontiert, dass Immobilien in der Regel über einen längeren Zeitraum gehalten werden, anderseits, dass in sehr vielen Fällen, bei denen überhaupt eine Steuer im Rahmen eines Grundstückverkaufs anfällt, zumindest über einen gewissen Zeitraum – wenn nicht sogar dauerhaft – mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Nutzung der Immobilie erfolgt, die zu tarifbesteuerten Einkünften führt. Da im Zusammenhang mit tarifbesteuerten Einkünften das Leistungsfähigkeitsprinzip beachtlich ist, um den allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen Rechnung zu tragen, war es geboten, grundsätzlich die Anschaffungsnebenkosten bereits bei der Anschaffung zum Ansatz zuzulassen.

?    Dass diese sich in der eher seltenen dritten Fallkonstellation auch bei der Veräußerung von Immobilien auswirken können, die schlussendlich nie für tarifbesteuerte Einkünfte genutzt wurden, kann nach Ansicht der Bundesregierung angesichts der regelmäßig sehr langen Behaltedauer aus verwaltungsökonomischen Gründen hingenommen werden. In vielen Fällen, in denen Immobilien über Jahre oder sogar Jahrzehnte gehalten werden (wobei es hier auch zum Wechsel von Steuerpflichtigen kommen kann), wäre es sonst nur mit sehr hohem Aufwand sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung möglich, bei Veräußerung jene Anschaffungsnebenkosten zu ermitteln, die noch nicht über die laufende Abschreibung im Rahmen tarifbesteuerter Einkünfte abgesetzt wurden und für diese dann ein partielles Abzugsverbot vorzusehen.

Angesichts dessen, dass der Großteil aller Grundstückstransaktionen entweder zu keiner Steuerpflicht (Hauptwohnsitzbefreiung) führt oder Grundstücke betrifft, die zur Erzielung tarifbesteuerter Einkünfte verwendet werden, wurde aus steuersystematischen Überlegungen [FN 15 Steuersystematischer Gleichklang der Definition von Anschaffungskosten im außerbetrieblichen Bereich.] der Ansatz von Anschaffungsnebenkosten zugelassen, um dem Leistungsfähigkeitsprinzip Rechnung zu tragen.

Der – gerade in diesem Zusammenhang wesentliche – Unterschied zum Kapitalvermögen besteht somit darin, dass die Früchte und die Substanz aus Grundstücken verschiedenen Besteuerungssystemen unterliegen. [FN 16 Im Gegensatz dazu unterliegen sowohl Substanzkapitaleinkünfte als auch Einkünfte aus der Nutzung von Kapital dem besonderen Besteuerungsregime gemäß den §§27 f. EStG 1988.] Aus Sachlichkeitsüberlegungen ist es daher geboten, Kapitalvermögen und Grundstücksvermögen getrennt zu betrachten und die Wertungen im Bereich des Kapitalvermögens nicht undifferenziert auf Einkünfte aus Grundstücken zu übertragen.

Nach Ansicht der Bundesregierung bewegt sich der Gesetzgeber in seinem rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, wenn er im Bereich der Grundstücke Anschaffungsnebenkosten und Werbungskosten unterschiedlich behandelt, da einerseits ein steuersystematischer Unterschied zwischen diesen beiden Ausgabenkategorien besteht, anderseits die Anschaffungsnebenkosten häufig einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit tarifbesteuerten Einkünften aufweisen.

Im Bereich des Kapitalvermögens wirken sich Anschaffungsnebenkosten zudem nicht über eine AfA aus, weil eine solche nicht vorgesehen ist. Stattdessen kann in einer Durchschnittsbetrachtung davon ausgegangen werden, dass die Umschlagshäufigkeit von Kapitalvermögen über jener von Immobilienvermögen liegt, sodass es durch kürzere Realisierungsspannen zu einer im Vergleich zur AfA schnelleren Auswirkung der Anschaffungsnebenkosten kommen würde. Eine wesentliche Unterscheidung zwischen Kapitalvermögen und Immobilienvermögen betrifft auch die anteilige Höhe der Nebenkosten. Während nämlich im Bereich des Kapitalvermögens die Höhe der anfallenden Transaktionsgebühren zwischen 1% und 3% des Kaufpreises liegt, liegt diese im Zusammenhang mit Grundstücksveräußerungen im Durchschnitt bei 8-10% des Kaufpreises, wobei der Großteil der Kosten in der Regel vom Käufer getragen wird und damit Anschaffungsnebenkosten darstellt (siehe oben Kapitel 1.6.). Damit erscheint nach Ansicht der Bundesregierung in letzterem Fall eine Berücksichtigung der Anschaffungsnebenkosten aus Sachlichkeitsüberlegungen jedenfalls zulässig oder allenfalls sogar geboten, zumal, wie bereits oben dargelegt, ein unmittelbarer Zusammenhang mit tarifbesteuerten Einkünften wahrscheinlich ist.

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass Anschaffungsnebenkosten bei Grundstückstransaktionen – wie im allgemeinen Ertragsteuerrecht grundsätzlich systematisch geboten – angesetzt werden sollen. Da im Bereich der Grundstücke Unterschiede im Tatsächlichen zwischen Anschaffungsnebenkosten und Werbungskosten bestehen, steht dem nach Ansicht der Bundesregierung auch der Gleichheitssatz nicht entgegen.

Keine Gleichwertigkeit von Werbungskosten und Anschaffungsnebenkosten bei Grundstücksveräußerungen und Kapitalvermögen

Bei Einkünften aus Grundstücksveräußerungen bestehen andere rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen als im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Einerseits fehlt bei Grundstücksveräußerungen eine dem Endbesteuerungsgesetz vergleichbare verfassungsrechtliche Regelung; die Motivation des einfachen Gesetzgebers, die Wertungen des Verfassungsgesetzgebers auf wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte auszudehnen, kann daher unmittelbar nur beim Kapitalvermögen zum Tragen kommen. Anderseits besteht bei Grundstückstransaktionen keine entsprechende Gefahr, dass Umgehungen des Werbungskostenabzugsverbotes institutionalisiert werden, weil Grundstückstransaktionen, – anders als bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß §27 EStG 1988 – nicht als Kommissions- oder Vermittlungsgeschäfte abgewickelt werden. Diese Umgehungsgefahr zu verhindern, war ein wesentliches Motiv, im Bereich des Kapitalvermögens das Abzugsverbot für Werbungskosten auf Anschaffungsnebenkosten auszudehnen. [FN 17 Zur Gefahr der Umgehung des Werbungskostenabzugsverbots bei Einkünften aus Kapitalvermögen siehe auch die im Erkenntnis G336/2016 zitierte Stellungnahme der Bundesregierung.]

Anders als beim Kapitalvermögen stellt sich hingegen die Situation bei Grundstücksveräußerungen dar: Ein steuerlich motivierter Anreiz, die als Werbungskosten einzustufenden typischen Aufwendungen des Veräußerers, die im Rahmen dieser Transaktionen anfallen, in den Bereich der Anschaffungsnebenkosten zu verschieben, ist nicht vorhanden. Dies liegt schon daran, dass diese Aufwendungen bereits vor Einführung der neuen Grundstücksbesteuerung mit dem 1. StabG 2012 in aller Regel durch die Käufer getragen wurden und damit ohnehin als Anschaffungsnebenkosten zu qualifizieren waren. Dies trifft sowohl auf die Kosten und Gebühren der Parteienvertreter, als auch für die anfallende Grunderwerbsteuer oder für die Grundbuchseintragungsgebühr zu. Ebenso wenig ist eine Verschiebung laufender Kosten in den Bereich der Anschaffungsnebenkosten denkbar, weil es bei Grundstückstransaktionen – aus der Natur der Sache heraus – keine derartigen laufenden Kosten gibt. Anders stellt sich die Situation bei Kapitalvermögen dar, bei dem es eine laufende Kundenbeziehung zur depotführenden Bank gibt.

Auch der Verfassungsgerichtshof dürfte im Verfahren G336/2016 relevante Unterschiede zwischen Kapitalvermögen und Grundstücksveräußerungen angenommen haben. Zu den vom Bundesfinanzgericht im Verfahren vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der unterschiedlichen Behandlung von Anschaffungsnebenkosten und Werbungskosten bei Grundstücksveräußerungen einerseits und Einkünften aus Kapitalvermögen anderseits beschränkte sich der Verfassungsgerichtshof darauf hinzuweisen, dass 'für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Vorschrift des §27a Abs4 Z2 EStG 1988 auch die Regelungen des Endbesteuerungsgesetzes in den Blick zu nehmen sind.' Für den Verfassungsgerichtshof dürfte daher die Tatsache, dass der Verfassungsgesetzgeber im Endbesteuerungsgesetz ganz bestimmte Wertungen getroffen hat, die der einfache Gesetzgeber auf vergleichbare Sachverhalte im Bereich des Kapitalvermögens übertragen wollte, eine wesentliche Rolle gespielt haben. Derartige Vorgaben des Endbesteuerungsgesetzes gelten für Grundstücksveräußerungen allerdings nicht. Der einfache Gesetzgeber hat sich bei der Grundstücksbesteuerung zwar am System der Besteuerung von Kapitalerträgen orientiert, das Konzept aber nicht undifferenziert übernommen, was daran liegt, dass Früchte und Substanz in diesen beiden Schedulensystemen unterschiedlichen steuerlichen Regelungen unterliegen. Nach Ansicht der Bundesregierung erscheint somit eine Gleichbehandlung von Werbungskosten und Anschaffungskosten im Rahmen von privaten Grundstücksveräußerungen verfassungsrechtlich nicht geboten.

1.5. Zum Abzugsverbot für Schuldzinsen

Wie bereits unter Punkt 1.1. erläutert, erachtet es die Bundesregierung für zulässig, in einem Schedulensystem eine Bruttobesteuerung vorzusehen. Dies gilt für Schuldzinsen genauso wie für alle anderen Werbungskosten. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass die bisherige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen einem derartigen Werbungskostenabzugsverbot bei der analytischen Besteuerung nicht entgegensteht.

1.5.1. Bisherige Judikatur

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in der Vergangenheit bereits mehrmals mit einem Abzugsverbot für Schuldzinsen auseinandergesetzt. Die Bundesregierung erachtet diese Judikate allerdings für die Frage, ob bei begünstigt besteuerten Einkünften in einem Schedulensystem ein Schuldzinsenabzug aus verfassungsrechtlicher Sicht zulässig sein muss, aus den im Folgenden dargelegten Gründen nicht übertragbar:

Der Verfassungsgerichtshof hegt mit Verweis auf sein zu fremdfinanzierten Wirtschaftsgütern ergangenes Judikat VfSlg 13.724/1994 verfassungsrechtliche Bedenken, soweit §20 Abs2 EStG 1988 die Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalaufwendungen ausschließe. Diesem Verfahren lag eine nach der damaligen Rechtslage zu einem steuerpflichtigen Spekulationsgewinn führende Veräußerung von Eigentumswohnungen zu Grunde. Dabei blieben im Zusammenhang mit der Anschaffung dieser Immobilen stehende Fremdfinanzierungskosten unberücksichtigt. Der Beschwerdeführer hatte damals die Hälfte eines Mietwohnhauses erworben und noch im selben Jahr drei Wohnungen als Eigentumswohnungen weiterveräußert; dafür wurde ein Spekulationsgewinn festgesetzt. Der Spekulationsgewinn unterlag einer tarifmäßigen Einkommensteuer. Ferner führte der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 13.724/1994 aus, dass die Nichtberücksichtigung von Zinsen für aufgenommene Fremdmittel bei der Ermittlung der Einkommensteuer für Einkünfte aus einem Spekulationsgeschäft gemäß §30 Abs4 EStG idF BGBl Nr 400/1988 (im Folgenden: alte Fassung) nicht zu rechtfertigen sei. Diesfalls würde nämlich 'ein Veräußerer, der das Wirtschaftsgut mit Fremdkapital angeschafft hat, ungeachtet des größeren Aufwandes, der nötig war, den Veräußerungserlös zu erzielen, ebenso besteuert, wie ein Veräußerer, der dazu eigenes Vermögen verwenden konnte'. [FN 18 VfSlg 13.724/1994.]

Nach Ansicht der Bundesregierung erscheint die Judikatur zu §30 Abs4 EStG 1988 alte Fassung nur bedingt auf die Neuregelung der privaten Grundstücksbesteuerung gemäß §30 EStG 1988 idF nach dem 1. StabG 2012 übertragbar.

Die wesentlichste Unterscheidung besteht dabei darin, dass der Gesetzgeber mit dem 1. StabG 2012 ein Sonderregime nach Art einer Schedulenbesteuerung für private Grundstücksveräußerungen vorgesehen hat. Da sich Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken in vielfacher Hinsicht von laufend bezogenen Erwerbseinkünften unterscheiden, hält der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss [FN 19 VfGH 14.06.2017, E1156/2016&SkipToDocu">

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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