TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/1 W235 2169597-1

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Veröffentlicht am 01.12.2017
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Entscheidungsdatum

01.12.2017

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W235 2169594-1/3E

W235 2169597-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 18.08.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1809/2017, aufgrund der Vorlageanträge von 1. XXXX , geb. XXXX und 2. XXXX , geb. XXXX , beide StA. Syrien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 30.05.2017, Zl. Damaskus-ÖB/KONS/1498/2017, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und Staatsangehörige von Syrien. Beide Beschwerdeführer stellten am 19.08.2016 unter Verwendung der vorgesehenen Befragungsformulare bei der Österreichischen Botschaft Damaskus jeweils Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Diesbezüglich wurde vorgebracht, dass der Erstbeschwerdeführer der Vater und die Zweitbeschwerdeführerin die Mutter des syrischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX .04.1999, dem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .06.2016, Zl. XXXX , der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war (= Bezugsperson), sind.

Diesen Anträgen wurden folgende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie) beigelegt:

* Auszüge aus den syrischen Reisepässen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin, beide ausgestellt am XXXX .04.2013;

* Auszug aus dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .06.2016, mit dem der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde (Zl. XXXX );

* Karte für Asylberechtigte der Bezugsperson;

* Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom XXXX .08.2015 betreffend die Bezugsperson und

* Auszug aus dem Konventionspass der Bezugsperson, Nr. XXXX , ausgestellt am XXXX .07.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl

Dem Akteninhalt zufolge wurden nachstehende Unterlagen am 04.10.2016 in deutscher Übersetzung nachgereicht:

* Heiratsvertrag zwischen dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin;

* Auszug aus dem Familienstandesregister, dem der Erstbeschwerdeführer als Vater und die Zweitbeschwerdeführerin als Mutter folgender Kinder ausweist:

­ O XXXX , geb. XXXX .10.1980,

­ N XXXX , geb. XXXX .09.1982, gest. XXXX .03.1983,

­ E XXXX , geb. XXXX .07.1984,

­ Mo XXXX , geb. XXXX .10.1988,

­ M XXXX , geb. XXXX .07.1994 und

­ XXXX , geb. XXXX .04.1999 (= Bezugsperson);

* Geburtsurkunde des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin jeweils vom XXXX .08.2016;

* Geburtsurkunde der Bezugsperson vom XXXX .08.2016;

* Eheschließungsurkunde zwischen dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin vom XXXX .08.2016 mit dem "Datum des Vertrages XXXX .10.1979"

* Sterbeurkunde von N XXXX , geb. XXXX .09.1982, gest. XXXX .03.1983 und

* Sterbeurkunde von R XXXX , geb. XXXX .01.1986, gest. XXXX .07.2001

Einer im Akt befindlichen "Checkliste für Dokumente" des Dokumentenberaters der Österreichischen Botschaft in Beirut ist zu entnehmen, dass es sich bei dem Auszug aus dem Familienstandesregister und bei der Geburtsurkunde der Bezugsperson um Fälschungen handelt. Vermerkt wurde ferner, dass kein Familienbuch vorgelegt worden war. Betreffend das Familienstandesregister wurde ausgeführt, dass der Hintergrunddruck ein Laserdruck und der Aussteller unbekannt sei. Ferner hätten die Beschwerdeführer angegeben, zwei Töchter zu haben, die verstorben seien; hingegen sei im Familienstandesregister nur eine verstorbene Tochter angeführt. Zur Geburtsurkunde der Bezugsperson wurde darauf verwiesen, dass diese gefälscht sei und sohin der Verdacht vorliege, die Bezugsperson sei bereits volljährig.

1.2. Am 23.01.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG bekannt, dass in den gegenständlichen Fällen eine Gewährung des Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich ist und verwies auf die beiliegende Stellungnahme.

In dieser wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Bezugsperson am XXXX .04.1999 geboren und daher minderjährig sei. Die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden nicht vorliegen, da die Beschwerdeführer nicht in der Lage seien, die Familieneigenschaft durch unbedenkliche Urkunden zu belegen. Im vorliegenden Fall hätten sich gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten Familienverhältnisses ergeben, da aufgrund der Erkenntnisse über bedenkliche Urkunden aus dem Herkunftsstaat, wonach es möglich sei, jegliches Dokument mit jedem nur erdenklichen Inhalt, auch entgegen wahrer Tatsachen widerrechtlich zu erlangen, aus Sicht der Behörde nicht davon ausgegangen werden könne, dass das behauptete Familienverhältnis als erwiesen anzunehmen sei. Es habe sich ergeben, dass die zum Nachweis der Familieneigenschaft vorgelegten Unterlagen, vorort überprüft und für nicht echt befunden worden seien.

1.3. In der Folge langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 13.02.2017, eingebracht im Wege ihres damals ausgewiesenen Vertreters, bei der Österreichischen Botschaft Damaskus ein, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die Bezugsperson im Rahmen ihres eigenen Asylverfahrens als Vater den Erstbeschwerdeführer und als Mutter die Zweitbeschwerdeführerin angegeben habe. Auch seien im Asylverfahren das Militärbuch, der Personalausweis und der Reisepass als Beweismittel vorgelegt worden, aus denen ebenfalls die Namen der Beschwerdeführer als Namen der Eltern hervorgehen würden. Das Bundesamt habe verabsäumt, zu konkretisieren, aus welchem Grund den Dokumenten kein Glauben geschenkt werde. Es sei weder eine kriminaltechnologische Untersuchung durchgeführt noch fänden sich konkrete Hinweise darauf, welche Bedenken hinsichtlich der Dokumente bestünden. Generelle Bedenken hinsichtlich syrischer Dokumente würden jedenfalls nicht ausreichen, konkreten Dokumenten die Beweiskraft abzusprechen. Es wären sonstige Beweismittel zu prüfen, wie die Aussagen der Bezugsperson sowie seines mitgereisten Bruders M XXXX in ihren jeweiligen Asylverfahren samt der dort vorgelegten Dokumente. Ferner würden nunmehr Familienfotos vorgelegt, in welchen die Beschwerdeführer, die Bezugsperson und dessen Bruder M XXXX 17.04.1999 zweifelsfrei erkennbar seien. Ebenso müssten die Beschwerdeführer und die Bezugsperson zu ihrer Angehörigeneigenschaft befragt werden. Schlussendlich stehe dem Bundesamt auch noch das Mittel der DNA-Analyse zur Verfügung, wozu sich die Beschwerdeführer auch bereiterklären würden.

Neben der Vollmacht und dem bereits vorgelegten Auszug aus dem Familienstandesregister wurden der Stellungnahme zwölf schwarz-weiß Kopien von ausgedruckten Fotos vorgelegt. Ein Vorbringen, welche Personen auf welchen Fotos zu sehen sind und wie diese mit den Beschwerdeführern bzw. der Bezugsperson in Verbindung stehen, wurde nicht erstattet.

1.4. Auf Ersuchen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erfolgte eine Abklärung durch den Dokumentenberater der Österreichischen Botschaft Beirut vom 12.04.2017 betreffend die Geburtsurkunde der Bezugsperson sowie betreffend den Auszug aus dem Familienstandesregister. Zur Geburtsurkunde wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Übersetzung, alle offiziellen Stempel und alle Unterschriften im Tintenstrahldruck ausgeführt seien, obwohl die originalen Stempel Nassstempel seien. Die Unterschriften im Tintenstrahldruck seien mit einem Kugelschreiber nachgezogen worden, um den Anschein einer Originalunterschrift zu erwecken und sei die arabische Urkunde in derselben Drucktechnik wie die Übersetzung angefertigt worden, obwohl bei originalen arabischen Urkunden der Schutzmusterdruck immer im Offsetdruck erfolge. Auch hier seien die Stempel gedruckt und alle Unterschriften nachgezogen worden. Der Familienregisterauszug weise exakt die gleichen Merkmale wie die Geburtsurkunde auf. Hier sei sogar der handschriftliche Vermerk auf der Rückseite im Tintenstrahldruck angebracht und mit Kugelschreiber nachgezogen worden. Es komme zwar manchmal vor, dass Kopien vorgelegt würden, da man die Originale behalten wolle. Dies werde aber schnell geklärt und die Originale würden nachgereicht. Gegenständlich könne jedoch von Fälschungen ausgegangen werden, da die Unterschriften nachgezogen und nachträglich Stempelmarken angebracht worden seien, was auf eine eindeutige Täuschung hinweise.

1.5. Mit E-Mail vom 15.05.2017 erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine neuerliche Rückmeldung, in welcher abschließend festgehalten wurde, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe, zumal die im Botschaftsverfahren vorgelegten Unterlagen durch den Dokumentenberater eindeutig als Fälschungen identifiziert worden seien und die Familieneigenschaft der Beschwerdeführer zur Bezugsperson nicht habe nachgewiesen werden können.

2. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 30.05.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung der Stellungnahme der Beschwerdeführer zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose darauf verweise, dass durch das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht unter Beweis gestellt habe werden können, dass die Stattgebung des Antrags auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten entgegen der seinerzeit erfolgten Mitteilung wahrscheinlich sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihres nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreters Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführer seien die Eltern der zum Antragszeitpunkt minderjährigen Bezugsperson. Die Abweisung der Anträge auf Erteilung eines Einreistitels sei offenbar deshalb erfolgt, da gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten Familienverhältnisses bestünden. Wenn von der Behörde ein Dokument als gefälscht bezeichnet werde, habe sie die Verpflichtung dieses den zuständigen Stellen zu übermitteln und für eine entsprechende Untersuchung zu sorgen. Wenn das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Beschwerdeführern und der Bezugsperson nicht nachgewiesen werden könne, sei gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG eine DNA-Analyse durchzuführen, womit sich die Beschwerdeführer einverstanden erklären würden.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.08.2017, Zl. Damaskus-OB/KONS/1809/2017, wies die Österreichische Botschaft Damaskus die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG nach Wiederholung des Verfahrensganges im Wesentlichen mit Verweis auf die Bindungswirkung der Vertretungsbehörde an die Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als unbegründet ab. Ergänzend wurde angeführt, dass die Vertretungsbehörde unabhängig von der Bindungswirkung die Ansicht des Bundesamtes, dass es sich bei den Beschwerdeführern nicht um Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG handle, teile. Der Dokumentenberater habe die im Botschaftsverfahren vorgelegten Unterlagen eindeutig als Fälschungen identifiziert und habe die Familieneigenschaft sohin nicht nachgewiesen werden können. Bei den Dokumentenberatern handle es sich um ganz besonders geschulte Experten, deren fachkundige Bewertung nicht in Frage gestellt werde. Unerfindlich bleibe, weshalb eine Belehrung über die Möglichkeit einer DNA-Analyse im vorliegenden Beschwerdefall relevant sein solle, da es bereits an einer Grundvoraussetzung für die Erteilung eines Einreisetitels mangle. Die Bezugsperson sei unstrittig am XXXX .04.1999 geboren und mit Erlassung des bekämpften Bescheides volljährig. Gemäß Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es hinsichtlich der Volljährigkeit nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den Entscheidungszeitpunkt an. Der Zweck der Ausstellung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG bestehe nämlich darin, den Nachziehenden die Einreise zu ermöglichen und ihnen denselben Schutz zu gewähren wie der Bezugsperson in Österreich. Diesem Zweck werde jedoch nicht entsprochen, wenn den Eltern eines im Laufe des Verfahrens volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise gestattet werde, weil sie dann bei Antragstellung nicht mehr dem Familienverfahren gemäß § 34 Asyl unterliegen würden. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG erweise sich sohin von vornherein als ungeeignetes Mittel um eine Familienzusammenführung der Beschwerdeführer mit ihrem volljährigen Sohn zu ermöglichen. Sie seien vielmehr auf die nach dem NAG und dem FPG eröffneten Möglichkeiten zu verweisen.

5. Folglich stellten die Beschwerdeführer durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter gemäß § 15 VwGVG einen Vorlageantrag.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Syrien und stellten am 19.08.2016 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX .04.1999, StA. Syrien, genannt, welcher der (gemeinsame) Sohn der Beschwerdeführer ist. Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .06.2016 der Status eines Asylberechtigten in Österreich zuerkannt.

Die Bezugsperson XXXX wurde am XXXX .04.2017 volljährig.

Nach Prüfung des Sachverhaltes wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass eine Gewährung des Status der Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die vorgelegten Unterlagen nicht unbedenklich seien. Darüber hinaus war die Bezugsperson in Österreich im Entscheidungszeitpunkt über die Einreiseanträge bereits volljährig.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen, insbesondere das Alter bzw. das Vorliegen der Volljährigkeit der Bezugsperson zum Entscheidungszeitpunkt ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der Österreichischen Botschaft Damaskus. Das Vorliegen der Volljährigkeit der Bezugsperson zum Entscheidungszeitpunkt wurde darüber hinaus von den Beschwerdeführern nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gesetzliche Grundlagen:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG lauten:

§ 75 Abs. 24 Übergangsbestimmungen

[ ]§§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. [ ]

Da die Antragstellungen in den gegenständlichen Verfahren am 19.08.2016 erfolgten und diese sohin vor dem 01.06.2016 nicht anhängig waren, kommt die Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 24 AsylG nicht zu tragen und ist § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden.

§ 34. Familienverfahren im Inland

(1) Stellt ein Familienangehöriger von 1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist; 2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder 3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist; 2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und 3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist; 2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist; 3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und 4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind; 2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.

§ 35 Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden (AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016)

(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn 1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9), 2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und 3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten. Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

§ 26 Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung des subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im dortigen Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH vom 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH vom 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152 und VwGH vom 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Fall einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu diesen Ausführungen BVwG vom 12.01.2016, W184 2112510-1 u.a.).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (vgl. VwGH vom 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist. Dies aus folgenden Gründen:

3.3. Im vorliegenden Fall wurden Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG gestellt und als Bezugsperson wurde der in Österreich Asylberechtigte Mustafa MADINA, geb. 17.04.1999, StA. Syrien, als gemeinsamer Sohn der beiden Beschwerdeführer genannt.

Aus den vorliegenden Akten ergibt sich zweifelsfrei, dass die angegebene Bezugsperson im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits volljährig war. Die Bezugsperson wurde am 17.04.2017 volljährig und der Bescheid wurde am 30.05.2017 erlassen, womit der Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG bezüglich der Beschwerdeführer nicht mehr erfüllt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis, Ra 2015/21/0230, vom 28.01.2016, unter anderem mit dem Begriff "Familienangehöriger" nach § 35 Abs. 5 AsylG näher auseinandergesetzt und insbesondere dargelegt, dass aus den Erläuterungen zur Regierungsvereinbarung zum FNG-AnpassungsG 2014 eine restriktive Tendenz in Bezug auf den zu erfassenden Personenkreis zu erkennen ist. Auch sieht die Richtlinie 2003/86/EG den Nachzug von Aszendenten (insbesondere den Eltern) in ihrem Art. 4 Abs. 2 lit. a nur optional vor. Ferner führt der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis aus, dass in diesem Zusammenhang grundsätzlich die Verhältnisse im Entscheidungszeitpunkt maßgeblich sind. Dies entspricht allgemeinen Grundsätzen und ist etwa bezüglich des Status der Ankerperson schon deshalb unmittelbar einsichtig, weil ein im Verfahren eintretender Verlust von deren Asylberechtigung oder von deren subsidiärer Schutzberechtigung von vornherein den Zweck des Antrags nach § 35 AsylG hinfällig machen würde, da es für einen Antrag auf Gewährung desselben Schutzes dann keine Basis mehr gäbe. Für die Stellung als "Familienangehöriger" kann grundsätzlich nichts anderes gelten, auch sie muss im Entscheidungszeitpunkt noch gegeben sein.

Auch der Verfassungsgerichtshof sah in seiner Entscheidung vom 18.09.2015, E 360/2015-21, keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf eine im Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) vorliegende Eigenschaft des (dortigen) Beschwerdeführers im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG. Diese Judikatur wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch in seinen jüngsten Erkenntnissen vom 26.01.2017, Ra 2016/20/0231, und vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0253, bestätigt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung Ra 2016/18/0253, vom 21.02.2017 ausführt, stellt die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise ein Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG zu eröffnen und ihnen denselben Schutz wie dem bereits in Österreich aufhältigen Angehörigen zu gewähren. Diesem Zweck wird aber nicht entsprochen, wenn den Eltern eines im Laufe des Verfahrens nach § 35 AsylG volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet werden würde, da sie bei der Beantragung des internationalen Schutzes nach der Einreise nicht mehr dem Familienverfahren nach § 34 AsylG unterliegen würden. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG erweist sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen der Beschwerdeführer auf Familienzusammenführung mit ihrem in Österreich befindlichen, bereits volljährigen Sohn zu entsprechen. Sie sind vielmehr auf die anderen, im NAG und FPG eröffneten Möglichkeiten der Familienzusammenführung und der Ausstellung von entsprechenden Einreisetiteln zu verweisen.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten an die Beschwerdeführer in Bezug auf den in Österreich befindlichen Sohn nicht wahrscheinlich ist, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.

Abgesehen von der Volljährigkeit der Bezugsperson im Entscheidungszeitpunkt kommt im gegenständlichen Fall noch hinzu, dass die vorgelegten Unterlagen nicht unbedenklich sind. Diesbezüglich ist auf die im Akt befindlichen Ausführungen des Dokumentenberaters der Österreichischen Botschaft Beirut vom 12.04.2017 zu verweisen, dem zu entnehmen ist, dass insbesondere die Geburtsurkunde der Bezugsperson und der Auszug aus dem Familienstandesregister Fälschungen seien. Bei beiden Dokumenten seien die Stempel im Tintenstrahldruck ausgeführt, obwohl originale Stempel Nassstempel seien. Ferner seien auch die arabischen Urkunden in derselben Drucktechnik – nämlich im Tintenstrahldruck – wie die Übersetzungen erfolgt, obwohl bei originalen arabischen Urkunden der Schutzmusterdruck immer im Offsetdruck erfolge. Auch seien die Unterschriften im Tintenstrahldruck mit einem Kugelschreiben nachgezogen worden, um den Anschein einer Originalunterschrift zu erwecken. Der Dokumentenberater gehe von Fälschungen aus, da die Unterschriften nachgezogen und nachträglich Stempelmarken angebracht worden seien, was auf eine Täuschung hinweise. Betreffend den Auszug aus dem Familienstandesregister ist ergänzend darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführer Sterbeurkunden von zwei ihrer Töchter vorlegten, nämlich von N XXXX , geb. XXXX .09.1982, gest. XXXX .03.1983 und von R XXXX , geb. XXXX .01.1986, gest. XXXX .07.2001. Im vorgelegten Auszug aus dem Familienstandesregister findet sich jedoch nur eine verstorbene Tochter, nämlich N XXXX , geb. XXXX .09.1982, gest. XXXX .03.1983. Die 1986 geborene und im Jahr 2001 – sohin im Alter von ca. 14 oder 15 Jahren – verstorbene Tochter scheint jedoch im Familienstandesregister überhaupt nicht auf, was ebenfalls ein starkes Indiz für eine Fälschung ist und sohin die Einschätzung des Dokumentenberaters der Österreichischen Botschaft Beirut, es handle sich um Fälschungen, auch aufgrund des Inhaltes nachvollzogen werden kann. Da allerdings im gegenständlichen Fall aufgrund der Volljährigkeit der Bezugsperson im Entscheidungszeitpunkt die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren ohnehin nicht vorliegen, ist ein näheres Eingehen auf die Mängel bzw. Ungereimtheiten in den vorgelegten Dokumenten nicht erforderlich. Aus diesem Grund ist auch von der Ermöglichung der Vornahme einer DNA-Analyse Abstand zu nehmen.

3.4. Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat und, dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung in den gegenständlichen Fällen nicht vorliegen.

Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa einem Asylberechtigten und auch einem subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass der Europäische Gerichtshof in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen." Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Im gegenständlichen Verfahren ist das Vorliegen eines im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswerten Familienlebens weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer noch aus dem sonstigen Akteninhalt ableitbar und kann somit auch durch das Bundesverwaltungsgericht nicht als in diesem Sinne ergänzend als schützenswert erkannt werden.

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen der gegenständlichen Verfahren auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.5. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war diese Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Angehörigeneigenschaft, Beschwerdevorentscheidung, Einreisetitel,
Familienzusammenführung, Glaubwürdigkeit, österreichische
Vertretungsbehörde, Voraussetzungen, Vorlageantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W235.2169597.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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