TE Vwgh Erkenntnis 2017/11/21 Ra 2016/12/0116

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Veröffentlicht am 21.11.2017
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10 Verfassungsrecht;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
30/01 Finanzverfassung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
64/03 Landeslehrer;

Norm

AVG §56;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
LDG 1984 §12 Abs6;
LDG 1984 §12 Abs7 idF 2013/I/151;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Zens und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision der E P in K, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 6. September 2016, KLVwG- 398/12/2016, betreffend Versetzung in den Ruhestand gemäß § 12 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Begründung

1 Die Revisionswerberin steht als Volksschuloberlehrerin aufgrund des angefochtenen Erkenntnisses in einem öffentlichrechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Kärnten.

2 Mit Bescheid vom 8. Jänner 2016 sprach die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde aus (Wiedergabe ohne die im Original vorhandenen Hervorhebungen):

"Sie werden aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 2. September 2015 sowie des fachärztlichen Gutachtens vom 5. Februar 2015 und den fachärztlichen Ergänzungsgutachten vom 26. Juli 2015 und 27. Oktober 2015 gemäß § 12 Abs. 1 und 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 i.d.g.F., wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2016 in den Ruhestand versetzt. Ihre Bezüge werden daher mit 31. Jänner 2016 eingestellt.

Der Ihnen ab 1. Februar 2016 gebührende Ruhebezug wird von der Besoldung bemessen und Ihnen gesondert durch Bescheid bekannt gegeben.

Gemäß § 55 Abs. 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 i.d.g.F., sind Sie zur Führung des Amtstitels Volksschuloberlehrerin i.R. berechtigt.

Gemäß § 42 Abs. 2 iVm § 40 Abs. 3 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 i.d.g.F., sind Landeslehrer des Ruhestandes, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, verpflichtet, jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung unverzüglich zu melden."

3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde, in der sie im Wesentlichen dahingehend argumentierte, dass bei ihr keine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. September 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.), und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig (Spruchpunkt II.).

5 Das Verwaltungsgericht kam in der Begründung seines Erkenntnisses zum Ergebnis, dass die Revisionswerberin dauerhaft dienstunfähig sei und stützte sich dabei auf den Inhalt der vorliegenden fachärztlichen Gutachten.

6 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision macht die Revisionswerberin eine Verletzung in ihrem Recht, dass ihre Ruhestandsversetzung nicht zu einem früheren Zeitpunkt als nach Rechtskraft des behördlichen Bescheids wirksam werde, geltend. Sie führt zur Zulässigkeit der Revision aus, dass die Behörde die Ruhestandsversetzung mit 1. Februar 2016 verfügt habe. Die Abweisung der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht sei ohne dahingehende Berichtigung des Spruchs des Bescheids, dass die Ruhestandsversetzung erst mit Rechtskraft des behördlichen Bescheids bzw. mit Ablauf des 30. September 2016 wirksam werde, erfolgt. Damit habe das Landesverwaltungsgericht gegen die - näher zitierte - ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und die explizite Gesetzesnorm verstoßen.

7 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde beantragte in der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortung die Revision für unzulässig zu erklären. Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, dass mit der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses vom 6. September 2016 der Bescheid, mit dem die Revisionswerberin in den Ruhestand versetzt worden sei, in Rechtskraft erwachsen sei. Seitens der Dienstbehörde seien die Aktivbezüge daher mit 30. September 2016 eingestellt bzw. sei die Pensionsberechnung mit Wirksamkeit ab 1. Oktober 2016 durchgeführt worden. Es sei nicht ersichtlich, wodurch die Revisionswerberin beschwert sein könne, sei doch zu ihren Gunsten von einer Rechtskraft des Bescheids ab Zustellung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts ausgegangen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

8 Die Revision ist aus den von der Revisionswerberin ausgeführten Gründen zulässig; sie ist auch berechtigt.

9 Gemäß § 12 Abs. 6 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG 1984) wird die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, oder mit Ablauf des darin festgesetzten späteren Monatsletzten wirksam. Nach § 12 Abs. 7 LDG 1984 in der Fassung BGBl. I Nr. 151/2013 gilt der Landeslehrer als beurlaubt, solange über eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden ist.

10 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festhält, folgt aus dem unzweideutigen Wortlaut der Bestimmung des § 12 Abs. 6 LDG 1984, dass eine rückwirkende Ruhestandsversetzung mit einem Wirksamkeitsbeginn vor der Rechtskraft des angefochtenen Bescheids nicht möglich ist. Die Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand an einem vor der Rechtskraft des Bescheids liegenden Tag wird durch § 12 Abs. 6 LDG 1984 nämlich deshalb eindeutig ausgeschlossen, weil darin neben der Rechtskraft des Bescheids als einziger weiterer möglicher Termin ein im Bescheid selbst festgesetzter späterer Tag ausdrücklich genannt wird (siehe VwGH 16.3.2005, 2004/12/0223, sowie zu § 14 Abs. 5 BDG 1979 ausführlich etwa VwGH 25.8.2010, 2010/12/0088, je mwN).

11 An dieser Rechtslage änderte sich auch durch die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz nichts. So normiert etwa § 12 Abs. 7 LDG 1984 seither, dass die Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung durch eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde hinausgeschoben wird.

12 Weist nun das Verwaltungsgericht die gegen einen verwaltungsbehördlichen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet ab und lässt den Bescheid unverändert, ist dieses Erkenntnis derart zu werten, dass das Verwaltungsgericht ein mit dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheids übereinstimmendes Erkenntnis erlässt. Ein solches Erkenntnis tritt - wie jede andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts, welche die Angelegenheit erledigt, die zunächst von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war - an die Stelle des beim Verwaltungsgericht bekämpften Bescheids (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0106).

13 Indem das Landesverwaltungsgericht Kärnten im vorliegenden Fall die Beschwerde der Revisionswerberin bloß als unbegründet abwies, übernahm es den Spruch des bei ihm bekämpften Bescheids. Es erließ damit am 6. September 2016 ein Erkenntnis, mit dem die Ruhestandsversetzung der Revisionswerberin mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2016 ausgesprochen wurde. Mit dem angefochtenen Erkenntnis erfolgte daher eine solche - unzulässige - rückwirkende Ruhestandsversetzung.

14 Am normativen Gehalt des angefochtenen Erkenntnisses, nämlich einer rückwirkenden Ruhestandsversetzung der Revisionswerberin, ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem Vorbringen in der Revisionsbeantwortung die Aktivbezüge erst mit 30. September 2016 faktisch eingestellt wurden (siehe auch dazu VwGH 25.8.2010, 2010/12/0088).

15 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 21. November 2017

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteRechtsnatur und Rechtswirkung der BerufungsentscheidungRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2016120116.L00

Im RIS seit

22.12.2017

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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