TE Bvwg Erkenntnis 2017/12/12 I404 2166430-1

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Veröffentlicht am 12.12.2017
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Entscheidungsdatum

12.12.2017

Norm

ASVG §113 Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I404 2166430-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch den RA Mag. Roland Reisch, gegen den Bescheid der Tiroler Gebietskrankenkasse vom 20.04.2017, Bezugszeichen:

18-2017-BW-MS2BG-001H8, betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlages in der Höhe von € 1.440,00 gemäß § 113 Abs. 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Tiroler Gebietskrankenkasse (in der Folge: belangte Behörde) vom 20.04.2017 wurde über XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) gemäß § 113 Abs. 4 ASVG ein Beitragszuschlag in Höhe von € 1.440,00 verhängt.

Begründend wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer die Lohnzettel für 72 namentlich aufgezählte Dienstnehmer verspätet übermittelt habe.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass die Vorschreibung weder gerechtfertigt noch begründet sei. Darüber hinaus stehe die Höhe des verhängten Beitragszuschlages in keinem Verhältnis zum Sachverhalt. Aufgrund eines offensichtlichen Programmierungsfehlers im Programm, sei für geringfügig Beschäftigte eine Übermittlung der Lohnzettel zu keiner Zeit möglich gewesen. Bei Ergehen des Bescheides seien die Lohnzettel zumindest nach Angaben des Computerprogrammes aber ohnehin bereits übermittelt gewesen.

3. Mit Schreiben vom 09.05.2017 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, alle Umstände, die zur verspäteten Übermittlung der Meldung geführt hätten und die wirtschaftlichen Verhältnisse, soweit dieser zur Begleichung des Beitragszuschlages nicht in der Lage sei bzw. dadurch in wirtschaftliche Bedrängnis gerate, darzulegen.

4. Mit Schreiben vom 19.05.2017 führte der Beschwerdeführer aus, dass die Übermittlung der Lohnzettel grundsätzlich automatisch durch das Lohnverrechnungssystem vorgenommen werde. Warum dies in diesem Fall verspätet erfolgt sei, könne nicht nachvollzogen werden. Darüber hinaus sei eine Übermittlung bei geringfügig Beschäftigten aufgrund des Lohnverrechnungssystems nicht erfolgt. Eine Übermittlung habe erst durch Umgehung des Programms erfolgen können. Des Weiteren sei die Festsetzung eines Beitragszuschlages vor allem im Verhältnis zum Vergehen nicht gerechtfertigt. Dem Schreiben legte der Beschwerdeführer ein E-Mail der Softwarefirma vom 14.04.2017 bei, in welchem eine detaillierte Anleitung für die Erstellung der Lohnzettel im EDV-Programm dargestellt ist.

5. Mit Bescheid vom 28.06.2017 wies die belangte Behörde die Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung ab. Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Rechtfertigungsgründe für die verspätete Übermittlung der gegenständlichen Meldungen ergeben würden. Als besonders erschwerend wirke, dass der Beschwerdeführer bereits 24 Mal die Übermittlung eines Beitragsgrundlagennachweises unterlassen habe und erscheine deshalb ein gänzlicher Verzicht auf die Verhängung eines Beitragszuschlages als nicht gerechtfertigt. Als erschwerend zu berücksichtigen sei zudem, dass der Beschwerdeführer die gegenständlichen Beitragsgrundlagennachweise nicht von sich aus, sondern erst nach zweimaliger Aufforderung durch die belangte Behörde übermittelt habe. Darüber hinaus sei als erschwerend zu berücksichtigen, dass bis dato neun Beitragsgrundlagennachweise bei der belangten Behörde nicht eingelangt seien. Mildernd sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer die gegenständliche Meldung nicht vorsätzlich verspätet übermittelt habe. Unter Abwägung der Erschwernis- und Milderungsgründe sowie des Verspätungszeitraumes würde der verhängte Beitragszuschläge jedenfalls als gerechtfertigt erscheinen und sei dieser mangels anderslautender Darstellung den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers angemessen.

6. In der Folge beantragte der Beschwerdeführer die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Begründend führte der Beschwerdeführer insbesondere aus, dass ihm nicht vorgehalten werden könne, dass aufgrund unrichtiger Angaben, oder Fehler im Computersystem, eine Übermittlung der Beitragsnachweise nicht fristgerecht erfolgt sei. Hier werde auf die bereits vorgelegten Unterlagen verwiesen. Nachdem es sich aber lediglich um einer Übertretung der Vorlagepflichten handle, die hauptsächlich auf EDV-Fehler zurückzuführen seien, sei sowohl die Höhe als auch der Grund des verhängten Beitragszuschlages in keiner Weise gerechtfertigt. Die Höhe des Beitragszuschlages stehe auch in keinem Verhältnis zu den Gegenleistungen der Lohnsummen oder Sonstigem. Im vergangenen Zeitraum hätten sich bereits mehrmalig Meldeverstöße ergeben, sodass es sich hier um ein und denselben Vorfall handle und daher auch eine mehrmalige Ahndung und Verhängung von Beitragszuschlägen, die ohnehin nicht gerechtfertigt seien, allein aus dem Grundsatz "ne bis in idem" nicht gerechtfertigt wäre. Hier werde auch auf das Verfahren zu Bezugszeichen 18-2017-BW-MS2BG-0024X der belangten Behörde verwiesen, dem im Wesentlichen derselbe Sachverhalt zu Grunde gelegen sei, in dem aber, aufgrund der eingebrachten Beschwerde und Stellungnahme der Beitragszuschlag mit dem Beschwerdevorentscheidung vom 03.07.2017 aufgehoben worden sei.

7. Am 31.07.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Im Rahmen einer ergänzenden Stellungnahme führte die belangte Behörde aus, dass mit Bescheid vom 20.04.2017 und in weiterer Folge durch Beschwerdevorentscheidung vom 28.06.2017 die gegenständlichen Meldeverstöße sanktioniert worden seien. Mit Bescheid vom 04.05.2017 seien diese Meldeverstöße noch mal sanktioniert worden. Eine zweimalig Sanktionierung derselben Meldeverstöße sei unzulässig gewesen und sei sohin von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 03.07.2017 auf die Verhängung des Beitragszuschlages in Höhe von € 1.040,00 verzichtet worden. Dieser Sachverhalt ändere jedoch nichts an der rechtmäßigen Sanktionierung der gegenständlichen Meldeverstöße und werde diesbezüglich auf die Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung vom 28.06.2017 verwiesen.

8. Mit Schreiben vom 09.08.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer die Stellungnahme vom 31.07.2017 und räumte dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme ein.

Von der ihm eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme machte der Beschwerdeführer in der Folge keinen Gebrauch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer hat als Dienstgeber die Lohnzettel für 63 Dienstnehmer, deren Beschäftigungsverhältnisse im Jänner 2017 beendet wurden, der belangten Behörde erst am 17.04.2017 übermittelt sowie die Lohnzettel für 9 weitere Dienstnehmer, deren Beschäftigungsverhältnisse ebenfalls im Jänner 2017 beendet wurden, jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Beschwerdevorentscheidung nicht mit gültiger Versicherungsnummer der belangten Behörde übermittelt.

1.2. Mit Schreiben vom 08.03.2017 und 10.04.2017 hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass die Lohnzettel der 72 namentlich angeführten Dienstnehmer trotz Ende der Beschäftigung im Jänner, noch nicht bei der belangten Behörde eingelangt sind.

1.2. Im Zeitraum 20.04.2016 bis 19.04.2017 wurden bereits für 24 Dienstnehmer des Beschwerdeführers verspätet Meldungen erstattet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die festgestellte verspätete sowie unterlassene Übermittlung der Lohnzettel folgt aus dem Akteninhalt und ist unstrittig.

2.2. Dass die belangte Behörde bereits zweimal die Übermittlung der Lohnzettel urgiert hat, wurde den im Akt einliegenden Schreiben entnommen und blieb unbestritten.

2.3. Dass der Beschwerdeführer im Zeitraum 20.04.2016 bis 19.04.2017 bereits mehrere Meldeverstöße begangen hat, ergibt sich aus der Beschwerdevorentscheidung samt Versicherungsakt und wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anwendbares Recht

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch EinzelrichterInnen, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und überdies nur im Fall eines (hier nicht gestellten) Antrags einer Partei durch einen Senat. Der Beschwerdefall unterliegt daher der Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten (§ 15 Abs. 1 VwGVG).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A) - Abweisung der Beschwerde

3.2.1. § 34 Abs. 2 ASVG normiert, dass, wenn die Abrechnung der Beiträge nach dem Lohnsummenverfahren (§ 58 Abs. 4) erfolgt, der Dienstgeber nach Ablauf eines jedes Beitragszeitraumes mittels elektronischer Datenfernübertragung (§ 41 Abs. 1 und 4) die Gesamtsumme der in diesem Zeitraum gebührenden und darüber hinaus gezahlten Entgelte zu melden hat (Beitragsnachweisung). Die Frist für die Vorlage der Beitragsnachweisung endet mit dem 15. des Folgemonats. Der beim zuständigen Krankenversicherungsträger oder beim Finanzamt der Betriebsstätte (§ 81 EStG 1988) einzubringende Lohnzettel (§ 84 EStG 1988) hat auch die Summe der allgemeinen Beitragsgrundlagen sowie der Sonderzahlungen und die Adresse der Arbeitsstätte am 31. Dezember bzw. am letzten Beschäftigungstag innerhalb eines Jahres zu enthalten. Die Übermittlung der Lohnzettel hat elektronisch bis Ende Februar des folgenden Kalenderjahres zu erfolgen. Ist dem Dienstgeber bzw. der auszahlenden Stelle die elektronische Übermittlung der Lohnzettel mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar, so hat die Übermittlung der Lohnzettel auf dem amtlichen Vordruck bis Ende Jänner des folgenden Kalenderjahres zu erfolgen. Wird das Dienstverhältnis beendet, so hat die Übermittlung des Lohnzettels bis zum Ende des Folgemonats zu erfolgen.

Gemäß § 113 Abs. 4 ASVG kann ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage vorgeschrieben werden, wenn gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für die Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten werden.

3.2.2. Da in der Beschwerdevorentscheidung die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, ist Gegenstand die Verhängung eines Beitragszuschlages in der Höhe von € 1.440,00.

3.2.3. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes steht fest, dass der Beschwerdeführer die Lohnzettel für Dienstnehmer anstatt am 28.02.2017 erst am 17.04.2017 der belangten Behörde übermittelt hat. Die Lohnzettel für neun weitere Dienstnehmer waren zum Zeitpunkt der Beschwerdevorentscheidung noch nicht an die belangte Behörde übermittelt.

Nach dem Wortlaut des § 113 Abs. 4 ASVG kann die belangte Behörde in diesen Fällen einen Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1 ASVG) vorschreiben, somit für das Jahr 2017 € 1.660.

Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 4 ASVG liegt sowohl dem Grunde (arg "kann") also auch der Höhe nach (bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage) im Ermessen der Behörde (vgl. VwGH 30.05.2001, 96/08/0261; 17.10.2012, 2009/08/0232).

Kriterien für die Ausübung des Ermessens gibt das Gesetz selbst keine an.

Im Zusammenhang mit der Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 ASVG idF BGBl. I Nr.145/2003 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass bei der Ermessensübung gemäß § 113 Abs. 1 ASVG nicht nur auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners und auf die Art des Meldeverstoßes, sondern auch auf das Ausmaß der Verspätung sowie auf den Umstand Bedacht zu nehmen ist, inwieweit der Dienstgeber bisher seinen Meldeverpflichtungen nachgekommen ist (vgl. Erk. des VwGH vom 20.02.2008, Zl. 2006/08/0285 mit Verweis auf das Erk. vom 26. Jänner 2005, Zl. 2004/08/0141)

Für die Vorschreibung eines Beitragszuschlages kommt es nicht auf das subjektive Verschulden des Dienstgebers (bzw. des vertretungsbefugten Organs), sondern nur darauf an, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. das Erkenntnis vom 10. Juli 2013, Zl. 2013/08/0117, mwN).

3.2.4. Vorauszuschicken ist, dass gemäß Art. 130 Abs. 3 B-VG Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat. Es ist demnach Aufgabe des Verwaltungsgerichtes zu überprüfen, ob sich die Entscheidung der Behörde als Ermessensübung im Sinne des Gesetzes erweist, und zwar - mangels Indizien für eine Abweichung von Fällen mit "gebundener" Entscheidung - vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage. Bejahendenfalls ist die Beschwerde - ohne dass das VwG befugt wäre, in eine eigene Ermessenentscheidung einzutreten - abzuweisen. Erst wenn sich die behördliche Ermessensübung im Ergebnis als nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt erweist - was insbesondere auch der Fall wäre, wenn die für die Übung des Ermessens maßgeblichen Umstände nicht frei von Verfahrensmängeln oder unvollständig festgestellt wurden - wäre das Verwaltungsgericht befugt, bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 28 Abs. 2 VwGVG 2014), gegebenenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eigenes Ermessen zu üben (vgl. dazu VwGH vom 26.04.2016, Zl. Ro 2014/03/0084).

Wendet man die oben angeführten Kriterien für die Ermessensausübung auf das vorliegende Verfahren an, so ist eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides, mit welchem ein Beitragszuschlag von €

1.440,00 verhängt wurde, nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer hat die Lohnzettel für 72 Dienstnehmer zumindest um ca. eineinhalb Monate verspätet an die belangte Behörde übermittelt und dies erst nachdem die Behörde bereits zweimal die Übermittlung urgiert hat. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer im Zeitraum 20.04.2016 bis 19.04.2017 für 24 Dienstnehmer Meldungen verspätet erstattet.

Hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Verhältnisse hat der Beschwerdeführer – trotz Aufforderung durch die belangte Behörde – kein Vorbringen erstattet und geht das erkennende Gericht davon aus, dass die Höhe des Beitragszuschlages den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers angemessen ist.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass aufgrund eines offensichtlichen Programmierungsfehlers im Programm für geringfügig Beschäftigte eine Übermittlung der Lohnzettel nicht möglich gewesen sei und somit offensichtlich ein fehlendes Verschulden des Beschwerdeführers ins Treffen führen möchte, so ist darauf hinzuweisen, dass es sich – der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend – bei Beitragszuschlägen nicht um eine Verwaltungsstrafe handelt, und zwar ungeachtet dessen, dass § 113 ASVG in der Systematik des ASVG im Abschnitt betreffend "Strafbestimmungen" eingereiht ist. Vielmehr soll durch den Beitragszuschlag der dem Versicherungsträger entstandene Mehraufwand abgegolten werden (vgl VwGH vom 20.11.2002, 2000/08/0186). Die Qualifikation der Beitragszuschläge als Maßnahme des sozialversicherungsrechtlichen Verfahrens (und nicht als Verwaltungsstrafe) hat zur Folge, dass es bei der Frage, ob ein Beitragszuschlag eingehoben wird, auf ein Verschulden des Verpflichteten nicht ankommt (siehe VwGH 20.11.2002, 2000/08/0186; VwGH 15.9.2010, 2010/08/0146).

Auch ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die ordnungsgemäße Übermittlung aufgrund eines Programmierungsfehlers nicht möglich gewesen sei, Folgendes entgegenzuhalten:

Die Alleinverantwortung für das Meldewesen hat der Dienstgeber zu tragen. Dieser hat sich über die Meldevorschriften zu informieren und durch organisatorische Maßnahmen für eine fristgerechte Meldeübermittlung zu sorgen, um Meldeversäumnisse hintanhalten zu können. Im vorliegenden Fall wäre die unstrittig festgestellte verspätete Vorlage der Lohnzettel bei entsprechender Sorgfalt vermeidbar gewesen. Die belangte Behörde darf vom Beschwerdeführer als Dienstgeber somit zu Recht die Einrichtung einer Organisationsstruktur samt einem wirksamen Kontrollsystem zur Fehlervermeidung erwarten. Die Meldeverspätungen sind der Sphäre des Beschwerdeführers zuzurechnen.

Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass es zur mehrmaligen Ahndung desselben Vorfalls gekommen sei, ist anzumerken, dass dieser Umstand bereits durch die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 03.07.2017, mit welcher auf die Verhängung eines weiteren Beitragszuschlages in Höhe von € 1.040,00 verzichtet wurde, beseitigt wurde.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war abzuweisen.

3.2.5. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Wurde – wie im vorliegenden Fall – kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße – und zu begründende – Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG Hengstschläger/Leeb, AVG, § 67d Rz 17 und 29, mwH).

Aus dem Blickwinkel von Art. 6 EMRK (Art. 47 GRC) ist im Beschwerdefall auf den Umstand hinzuweisen, dass die Beschwerde von einem Rechtsanwalt und daher einem rechtskundigen Vertreter, erhoben wurde. Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat ein Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung bereits in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Ein solcher Antrag wurde im vorliegenden Beschwerdefall nicht gestellt. Zu den einen Entfall der Verhandlung nach Art. 6 EMRK rechtfertigenden Umständen gehört auch der (ausdrückliche oder schlüssige) Verzicht auf die mündliche Verhandlung. Nach der Rechtsprechung wird die Unterlassung eines darauf abzielenden Antrages von der Rechtsordnung unter bestimmten Umständen als (schlüssiger) Verzicht auf eine Verhandlung gewertet. Ein solcher Verzicht liegt zwar dann nicht vor, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. VfSlg. 16.894/2003 und 17.121/2004; VwGH 26.04.2010, 2004/10/0024; VwGH 12.08.2010, 2008/10/0315; VwGH 30.01.2014, 2012/10/0193). Dies ist hier aber angesichts des eingangs erwähnten Umstands eines rechtskundigen Vertreters und vor dem Hintergrund, dass der Sachverhalt unstrittig ist, nicht der Fall, so dass die unterbliebene Antragstellung im Beschwerdefall als schlüssiger Verzicht im Sinne der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK gewertet werden kann.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall war die zu § 113 ASVG ergangene Rechtsprechung heranzuziehen. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 113 ASVG ab. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Beitragszuschlag, Meldeverstoß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I404.2166430.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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