TE Vwgh Erkenntnis 2000/6/30 2000/02/0130

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Veröffentlicht am 30.06.2000
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §45 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/02/0131 2000/02/0132 2000/02/0133

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerden der I-Handelsges.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien I, Spiegelgasse 19, gegen die Bescheide 1. und 2. des Berufungssenates der Stadt Wien jeweils vom 17. März 2000, Zl. MA 65-PB/43/2000 (protokolliert zur hg. Zl. 2000/02/0130) und Zl. MA 65-PB/41/2000 (protokolliert zur hg. Zl. 2000/02/0133) sowie 3. und 4. der Wiener Landesregierung jeweils vom 17. März 2000, Zl. MA 65-PB/44/2000 (protokolliert zur hg. Zl. 2000/02/0131) und Zl. MA 65-PB/42/2000 (protokolliert zur hg. Zl. 2000/02/0132), betreffend Ausnahmebewilligungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheiden vom 17. Jänner 2000 hat der Magistrat der Stadt Wien die Anträge der Beschwerdeführerin vom 5. November 1999 und vom 25. November 1999 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960 von der im 3. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone dieses Bezirkes für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr geltenden Parkdauer von 2 Stunden für zwei dem Kennzeichen nach näher bestimmte Kraftfahrzeuge abgewiesen. Auf Grund der dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführerin erließen die belangten Behörden die angefochtenen Bescheide, jeweils datiert mit 17. März 2000 (hinsichtlich der sich auf Bundesstraßen beziehenden Bescheide protokolliert zur hg. Zl. 2000/02/0131 und Zl. 2000/02/0132 sowie hinsichtlich jener betreffend Gemeindestraßen protokolliert zur hg. Zl. 2000/02/0130 und Zl. 2000/02/0133). Darin wiesen die belangten Behörden die Berufungen jeweils gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab und bestätigten die erstinstanzlichen Bescheide.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin jeweils Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof hat die (vier) Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.

Das Beschwerdevorbringen lässt sich dahin zusammenfassen, dass das wirtschaftliche Interesse an der Erteilung von Ausnahmebewilligungen darin liege, dass die Beschwerdeführerin einen äußerst umfangreichen Betriebsgegenstand besitze, welcher von ihr auch tatsächlich ausgeübt werde. Da sie für die Filmproduktion, jederzeit Geräte benötige, diese Geräte auch jederzeit zur Verfügung stehen müssten, sie mit Japan in regster Geschäftsverbindung stehe und die japanischen Auftraggeber von ihr auch den Einsatz von japanischen Aufnahmepersonal ausdrücklich verlange, sei es für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes der Beschwerdeführerin lebensnotwendig, dass das Aufnahmematerial und die für die Ausarbeitung weiters notwendigen Anlagen und Geräte jederzeit griffbereit zur Verfügung stehen müssten und das japanische Aufnahmepersonal für 24 Stunden in der Lage sein müsse, vom Geschäftssitz weg mit dem Aufnahmegerät zum Auftragsort zu gelangen. Auf Grund des Wertes des Aufnahmegerätes sei dessen Lagerung in dritter Hand unvertretbar. Da diese Geräte in der benötigten Ausstattung in Europa überhaupt nicht zu bekommen seien, sei eine andere Lagerung und jederzeitige Verfügbarkeit als am Geschäftssitz der Beschwerdeführerin undenkbar und unmöglich. Für den Verweis auf gebührenpflichtige Parkgaragen könne sie "nicht das geringste Interesse" aufbringen, weil sie dadurch eine Mehrbelastung erleide.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der ständigen hg. Rechtsprechung § 45 Abs. 2 StVO zwei unterschiedliche Kategorien von Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme vorsieht, von denen eine nur alternativ zu erfüllen ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind nämlich einerseits, wie aus dem Worte "oder" hervorgeht, insofern alternativ erfasst, als eine Ausnahme zu bewilligen ist, wenn ein erhebliches persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen, andererseits darf aber in allen Fällen u. a. keine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu erwarten sein. Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung ist demnach bereits dann abzuweisen, wenn sich bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen ergibt, dass schon das Vorliegen eines erheblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1991, Zl. 90/03/0215 und vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279). Weiters entspricht es der hg. Rechtsprechung, dass bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche daher nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist (vgl. hiezu ebenfalls das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1994, Zl. 93/02/0279).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, so war es nicht rechtswidrig, der Beschwerdeführerin die angestrebte Ausnahmebewilligung zu versagen. Wie der Verwaltungsgerichtshof insbesondere in dem zuletzt zitierten Erkenntnis ausgesprochen hat, muss unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung geforderten "strengen Maßstabes" die Möglichkeit, in angemessener Entfernung zum Sitz des Unternehmens einen Abstellplatz zu mieten, jedenfalls ausgeschöpft werden.

Wenn die Beschwerdeführerin Verfahrensvorschriften dadurch verletzt sieht, dass die jeweils belangte Behörde es unterlassen habe, Feststellungen darüber zu treffen, ob die Ring-Garage überhaupt 24 Stunden benützbar sei und sie auch nicht den Versuch unternommen habe, die Höhe der Gebühren für die Benützung dieser Garage zu ermitteln, gelingt es ihr auch mit diesem Vorbringen nicht, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen: Hinweise darauf, dass die Kosten für die Anmietung eines Garagenplatzes für die Beschwerdeführerin einen "ruinösen" Geldaufwand darstellen könnten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1994, Zl. 93/02/0278, in dem damals monatliche Kosten für einen Garagenplatz von S 3.000,-- als wirtschaftlich zumutbar angesehen wurden) oder dass der Zutritt zur oben genannten Garage im Geltungszeitraum der Kurzparkzone nicht möglich wäre, lassen sich den Beschwerdeausführungen nicht entnehmen, sodass der Verwaltungsgerichtshof die Wesentlichkeit der behaupteten Verfahrensmängel nicht zu erkennen vermag.

Konnte die jeweils belangte Behörde sohin mit Recht davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin imstande sei, in angemessener Entfernung zu ihrem Standort einen Abstellplatz zu mieten, dann ist einer Reihe ihrer Argumente wie etwa, dass sie jederzeit über ihre Fahrzeuge verfügen können müsse, von vornherein der Boden entzogen.

Soweit die Beschwerdeführerin zu den zur hg. Zl. 2000/02/0130 und. Zl. 2000/02/0133 protokollierten Beschwerdefällen aus "Gründen prozessualer Vorsicht" rügt, dass die angefochtenen Bescheide des Berufungssenates der Stadt Wien nicht ausreichend schlüssig die tatsächliche personelle Zusammensetzung wiedergebe, sohin nicht ausschließbar sei, dass der Berufungssenat nicht dem Gesetz gemäß zusammengesetzt gewesen sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach § 58 Abs. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 AVG jede schriftliche Erledigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum und den Namen des Genehmigenden zu enthalten hat. Ist die Behörde eine Kollegialbehörde, so ist dem erstgenannten Erfordernis (Bezeichnung der Behörde) durch ihre Bezeichnung im Bescheid Rechnung getragen; der Anführung der Mitglieder der Kollegialbehörde bedarf es mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage nicht (siehe zur diesbezüglich vergleichbaren Rechtslage vor der AVG-Novelle BGBl. Nr. 158/1998 u. a. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1988, Zl. 87/12/0047, und vom 7. Juli 1992, Zl. 92/08/0018). Die Beschwerdeführerin wurde dadurch auch nicht in ihren Parteirechten verkürzt. Denn als Partei des Verfahrens hatte sie einen (von ihr allerdings geltend zu machenden) Anspruch auf Bekanntgabe der Mitglieder der über ihre Berufung entscheidenden belangten Behörde und es stand ihr dementsprechend die Möglichkeit offen, allfällige in diesem Zusammenhang wahrgenommene Mängel konkret darzulegen (vgl. auch dazu das oben zitierte Erkenntnis vom 20. September 1988, Zl. 87/12/0047).

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren die Beschwerden ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 28. April 1998, Zl. 97/07/0501, unter Hinweis auf Vorjudikatur ausgeführt hat, besteht in jenen Fällen, in denen der Gerichtshof eine Beschwerde nach § 35 Abs. 1 VwGG abweist, keine Bindung an einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

Wien, am 30. Juni 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000020130.X00

Im RIS seit

08.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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