TE Bvwg Erkenntnis 2017/11/20 W137 2176358-2

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Veröffentlicht am 20.11.2017
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Entscheidungsdatum

20.11.2017

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
Dublin III-VO Art.28 Abs1
Dublin III-VO Art.28 Abs2
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §22
VwGVG §35

Spruch

W137 2176358-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.10.2017, Zl. 1171375809 - 171182767, sowie die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 17.10.2017 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß Art 28 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft ab 17.10.2017 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Antrag auf Ersatz der Eingabegebühr wird zurückgewiesen.

V. Der Antrag auf "Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung" wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehöriger von Nigeria. Am 16.10.2017 wurde ihr von den deutschen Behörden die Einreise verweigert. Die von ihr vorgelegten italienischen Dokumente wurden von der deutschen Polizei als gefälscht eingestuft. Es bestehe somit der Verdacht einer Urkundenfälschung. Nach ihrer Festnahme durch die österreichische Polizei erfolgte eine "Basisbefragung" durch diese, in der die Beschwerdeführerin zunächst erklärte über Libyen und Italien nach Frankreich gereist zu sein. Von dort sei sie am 12.10.2017 nach Ungarn gefahren und nunmehr wieder auf der Rückreise gewesen. Eine EURODAC-Anfrage ergab eine Asylantragstellung in Frankreich am 20.12.2016; einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte die Beschwerdeführerin nicht.

2. Mit Bescheid vom 17.10.2017 wurde über die Beschwerdeführerin die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass es der Beschwerdeführerin nicht möglich sei, das Bundesgebiet legal zu verlassen. Auch sei sie mit gefälschten Dokumenten durch Europa gereist und verfüge über keinerlei Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Insgesamt erweise sich die Schubhaft angesichts der vorliegenden "ultima-ratio-Situation" auch als verhältnismäßig. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am selben Tag durch persönliche Übergabe (gemeinsam mit der Verfahrensanordnung betreffend die Beigabe eines Rechtsberaters) zugestellt.

3. Ebenfalls am 17.10.2017 wurde der Beschwerdeführerin eine "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" – zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung – zugestellt. Einem Amtsvermerk vom 10.11.2017 ist zu entnehmen, dass das Konsultationsverfahren mit Frankreich eine Zuständigkeit Italiens ergeben habe, weshalb ein Konsultationsverfahren mit Italien eingeleitet worden sei. Italien habe noch bis 27.11.2017 Möglichkeit zur Antwort. Da von einer Zuständigkeit Italiens auszugehen sei, sei die Schubhaft auch weiterhin verhältnismäßig.

4. Am 13.11.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (samt Vollmacht vom 30.10.2017) ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass im Anwendungsbereich der Dublin-III-VO Schubhaft nur bei erheblicher Fluchtgefahr – also nur in Ausnahmefällen – zulässig sei. Es sei im Bescheid nicht ersichtlich, ob tatsächlich eine Einvernahme stattgefunden habe und es liege auch keine hinreichende Subsumtion der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG vor. Insgesamt gelinge es der Behörde nicht, eine Fluchtgefahr oder einen Sicherungsbedarf aufzuzeigen und es hätte jedenfalls mit der Anordnung des gelinderen Mittels das Auslangen gefunden werden können. Insbesondere zur diesbezüglichen Klärung werde zudem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Beantragt werde daher a) der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; b) eine mündliche Verhandlung durchzuführen; c) den Schubhaftbescheid zu beheben und diesen sowie die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären; d) auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen würden; e) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen sowie der Eingabegebühr aufzutragen.

5. Am 13.11.2017 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsbürgerin Nigerias, sie verfügt über einen keinen Reisepass und kann Österreich nicht aus Eigenem verlassen. Sie verfügt über keine Familienangehörigen und auch keine substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich. In Deutschland wies sie sich mit gefälschten italienischen Dokumenten (lautend auf eine falsche Identität) aus. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich nicht integriert. Sie ging in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nach.

Die Beschwerdeführerin reiste über Italien nach Frankreich, wo sie im Dezember 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Am 12.10.2017 reiste sie illegal nach Ungarn. Bei der Rückreise von Ungarn mit Zielstaat Luxemburg wurde ihr an der österreichisch-deutschen Grenze von den deutschen Behörden die Einreise verweigert. Aktuell läuft ein Konsultationsverfahren (im Rahmen der Dublin-III-VO) mit Italien; einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich hat die Beschwerdeführerin bisher nicht gestellt.

Die Beschwerdeführerin verfügt über lediglich minimale Barmittel. Die Beschwerdeführerin ist (und war zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung) grundsätzlich gesund und haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zl. 1171375809 – 171182767 sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Hinsichtlich der bisherigen (illegalen) Reisebewegungen der Beschwerdeführerin werden die Angaben der Beschwerdeführerin der Entscheidung zugrunde gelegt. Diese werden in der Beschwerde - "1. Sachverhalt (Kurzdarstellung)" – auch nochmals ausdrücklich bestätigt. Gleiches gilt für die gänzlich fehlenden sozialen, beruflichen und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich.

1.2. Hinsichtlich der Identität der Beschwerdeführerin wird die nigerianische Staatsangehörigkeit der Entscheidung zugrunde gelegt. Darüber hinaus kann angesichts der fehlenden persönlichen Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin – bewirkt durch die Nutzung gefälschter Urkunden und Dokumente – nur eine Verfahrensidentität der Entscheidung zugrunde gelegt werden. Dass die in Deutschland vorgelegten Dokumente gefälscht sind, wurde von der Beschwerdeführerin gegenüber den deutschen Behörden am 16.10.2017 ausdrücklich eingeräumt. Auch in der Beschwerde wird entsprechenden Feststellungen im Bescheid nicht entsprochen. Unstrittig ist zudem, dass sie über keinen Reisepass verfügt und daher Österreich aus Eigenem auch nicht legal verlassen kann.

1.3. Bereits vor Einbringung der gegenständlichen Beschwerde wurden die Konsultationen mit Frankreich beendet, weil diese eine Zuständigkeit Italiens ergeben hatten. Aus diesem Grund werden gegenwärtig Konsultationen mit Italien geführt. Die Feststellungen zur finanziellen Situation der Beschwerdeführerin ergeben sich ebenfalls aus der Aktenlage; gesundheitliche Probleme wurden nicht behauptet.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautete bei Anordnung der Schubhaft:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, der Festnahme und der Anhaltung in Schubhaft seit 17.10.2017:

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Mit der Feststellung der Zuständigkeit Italiens – angesichts der unstrittigen Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrem Reiseweg - sowie einer Abschiebung nach Italien ist im gegenständlichen Fall auch tatsächlich zu rechnen. Einschlägige Überstellungen werden regelmäßig erfolgreich durchgeführt werden.

3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte erhebliche Fluchtgefahr im Wesentlichen mit den illegalen erfolgten und beabsichtigten Reisebewegungen der Beschwerdeführerin, der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Dublin-III-VO sowie dem Fehlen jeglicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, einer Unterkunft und der Mittel zur Finanzierung des weiteren Aufenthalts in Österreich. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 6(Rumpfbestimmung), 6b und 6c des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte zudem den Grad sozialer Verankerung in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Dem Vorliegen dieser Kriterien konnte auch in der Beschwerde nicht substanziell entgegen getreten werden, zumal sich diese auch unter Einbeziehung des Inhalts der Beschwerde als unstrittig erweisen. Die Beschwerdeführerin plante zwar allenfalls eine illegale Durchreise bis Frankreich, verfügte aber bei ihrem Aufgriff nur über ein Ticket mit Endziel Luxemburg. Überdies ist Frankreich jedenfalls nicht der zuständige Mitgliedstaat, weshalb eine beabsichtigte Weiterreise dorthin jedenfalls den Tatbestand der Ziffer 6c erfüllen würde. Dass im Bescheid hinsichtlich der erfüllten Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG keine ziffernmäßige Zuordnung erfolgte ändert nichts daran, dass das Bundesamt eine nachvollziehbare und korrekte Subsumtion vorgenommen hat.

3.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübte, noch über hinreichende Barmittel oder über einen gesicherten Wohnsitz verfügt. Das Fehlen jeglicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet wurde in der Beschwerde ausdrücklich bestätigt.

Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass die Beschwerdeführerin über keine Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass sie sich bis zur Überstellung den Behörden nicht entziehen werde.

Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass im Falle der Beschwerdeführerin insgesamt erhebliche Fluchtgefahr bestand.

3.4. Auf Grund der erheblichen Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle der Beschwerdeführerin weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: die Beschwerdeführerin erweist sich als hochgradig mobil und diesbezüglich gut organisiert. So verschaffte sie sich in Frankreich illegal gefälschte Dokumente um sich mit diesen durch mindestens vier weitere EU-Staaten bewegen und Behörden über ihren rechtlichen Status zu täuschen. Deshalb kommt ihr auch keinerlei persönliche Vertrauenswürdigkeit (die aber im gelinderen Mittel grundsätzlich gegeben sein müsste) zu. Auf Grund der erheblichen Fluchtgefahr, die sich im bisherigen Verhalten der Beschwerdeführerin manifestiert, überwogen daher – wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und ist diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.

3.5. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen davon ausgehen, dass eine erneute Überstellung nach Italien in zumutbarer Frist möglich ist. Auch die Dauer der Schubhaft ist nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit der Beschwerdeführerin und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.

3.6. Die in der Beschwerde erhobene Behauptung einer fehlenden Einzelfallprüfung ist für den konkreten Fall nicht nachvollziehbar. Zudem liegen der Entscheidung Einvernahmen aus Deutschland und Österreich zugrunde – dies wäre bei Akteneinsicht auch problemlos zu erkennen gewesen. Unabhängig davon ist der gesamte entscheidungsrelevante Sachverhalt – soweit er die Beschwerdeführerin selbst betrifft - ohnehin unstrittig, weil ihm die Angaben der Beschwerdeführerin zu Grunde liegen.

3.7. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab 17.10.2017 abzuweisen.

4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:

4.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

4.2. Für die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit der Beschwerdeführerin erforderlich. Es ist angesichts ihres Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen oder illegale Weiterreise in einen dritten Staat entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Dies ergibt sich insbesondere aus dem bisherigen Verhalten der Beschwerdeführerin hinsichtlich Reisebewegungen unter Verwendung gefälschter Dokumente. Da sie zudem über keine feststellbaren familiären sowie keine beruflichen und auch keine substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte (oder substanzielle Geldmittel für einen auch nur mittelfristigen Aufenthalt) im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was die Beschwerdeführerin im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Dies umso mehr, als sie schon bisher keine Anstalten machte, in Italien zu bleiben oder dorthin zurückzukehren.

Im gegenständlichen Fall sind die – durch die jüngste Novelle nicht veränderten - Kriterien der Ziffern 6(Rumpf), 6b und 6c des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin gegeben. Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 leg. cit. sind wie dargelegt im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet). Hinsichtlich der Z 9 ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind aber genau diese Anknüpfungspunkte nachweislich nicht gegeben.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine erhebliche Fluchtgefahr seitens der Beschwerdeführerin sowie ein besonders hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung – somit ein erheblicher Sicherungsbedarf - zu bejahen ist. Das staatliche Interesse an einer Sicherstellung von Abschiebungen ist - auch angesichts der Entwicklungen der Antragszahlen betreffend internationalen Schutz – deutlich gewachsen.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig. Dies umso mehr angesichts der zu erwartenden dritten Überstellung nach Italien binnen knapp acht Monaten.

4.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Die darauf basierenden gerichtlichen Wertungen des Sicherungsbedarfs und der (Nicht-)Anwendung des gelinderen Mittels sind keine Sachverhaltselemente sondern Resultate einer rechtlichen Beurteilung die das Gericht nicht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtern muss. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

6. Kostenersatz

6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegene Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung zwar obsiegende Partei, hat jedoch keinen Kostenersatz beantragt.

6.3. Die Beschwerdeführerin stellt zudem den Antrag auf Befreiung von der Eingabegebühr. Dafür gibt es allerdings keine gesetzliche Grundlage. Über den zusätzlich gestellten Antrag auf Verfahrenshilfe (im Umfang der Eingabegebühr) wird im Übrigen gesondert entschieden. Die gegenständliche Entscheidung ist für die Beurteilung dieses Antrags im Übrigen ohne Bedeutung.

7. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die Behörde will den hier gegenständlichen "Schubhaftbescheid" nicht vollziehen, sondern hat das bereits getan. Durch die oben (Punkt 4) getroffenen Fortsetzungsentscheidung erhält die Schubhaft zudem eine neue Rechtsgrundlage. Überdies ist die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung im Rahmen von Beschwerden gemäß § 22a BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen.

Im Übrigen besteht in diesem Zusammenhang weder eine ungeklärte Rechtslage noch eine nicht einheitliche Judikatur.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor; auch die Beschwerde stellt in diesem Zusammenhang lediglich pauschale Behauptungen auf.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Eingabengebühr, Fluchtgefahr, Fortsetzung der
Schubhaft, gefälschtes Beweismittel, Kostentragung, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Verhältnismäßigkeit,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W137.2176358.2.00

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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