TE Bvwg Beschluss 2017/12/1 I415 2145367-2

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Veröffentlicht am 01.12.2017
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Entscheidungsdatum

01.12.2017

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §16 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I415 2145367-2/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2017, ZI. 15-1051109504/150118799, beschlossen:

A)

Der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2017, Zl. 15-1051109504/150118799, wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der volljährige Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, stellte am 01.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16.12.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.). Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 19.12.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig eine Rechtsberatungsorganisation zur Seite gestellt. Der Bescheid und die Verfahrensanordnung des BFA wurden dem Beschwerdeführer laut Rückschein durch Hinterlegung am 20.12.2016 zugestellt.

2. Mittels E-Mail vom 17.01.2017 an das BFA wurde eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wurde, gegen den oben angeführten Bescheid erhoben und in eventu ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG wegen Versäumung der Beschwerdefrist gestellt. Am 24.01.2017 wurde die Beschwerde samt Wiedereinsetzungsantrag dem Bundesverwaltungsgericht unerledigt vorgelegt. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017, I415 2145367-1/2E, wurde die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mittels verfahrensleitendem Beschluss vom 25.01.2017, I415 2145367-1/3E, mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes an das BFA rückübermittelt.

3. Mit Bescheid des BFA vom 28.02.2017, ZI. 15-1051109504/150118799, wurde unter Spruchpunkt I der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen und unter Spruchpunkt II. die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

4. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26.09.2017, G 134/2017-12, G 207/2017-8, wurden die Wortfolge "2, 4 und" sowie der Satz "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist." in § 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 24/2016, als verfassungswidrig aufgehoben, wobei frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind.

5. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11.10.2017, E 698/2017-17, wurde zu Recht erkannt, dass der Beschwerdeführer durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017, I415 2145367-1/2E, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017, I415 2145367-1/2E, wurde aufgehoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 01.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid des BFA vom 16.12.2016, 15-1051109504/150118799, wurde unter Spruchpunkt I. der Antrag des BF auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchpunkt II. der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen, unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie eine Rückkehrentscheidung getroffen sowie unter Spruchpunkt IV. die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage ab Rechtskraft normiert.

1.3. Die Rechtsmittelfrist betrug zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung 2 Wochen.

1.4. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 20.12.2016 durch Hinterlegung zugestellt.

1.5. Mit E-Mail vom 17.01.2017, somit außerhalb der Rechtsmittelfrist, erhob der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie Beschwerde gegen den oben erstgenannten Bescheid.

1.6. Mit Bescheid des BFA vom 28.02.2017, Zl. 15-1051109504/150118799, wurde unter Spruchpunkt I der Antrag des BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen und unter Spruchpunkt II. die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

1.7. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom Verfassungsgerichtshof vom 26.09.2017, G 134/2017-12, G 207/2017-8, wurden die Wortfolge "2, 4 und" sowie der Satz "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist." in § 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundes-amt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 24/2016, als verfassungswidrig aufgehoben.

1.8. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11.10.2017, E 698/2017-17, wurde zu Recht erkannt, dass der Beschwerdeführer durch den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017, I415 2145367-1/2E, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.01.2017, I415 2145367-1/2E, wurde aufgehoben.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26.09.2017, G 134/2017 und G 207/2017, wurden Teile des § 16 Abs. 1 BFA-VG zur Verkürzung der Beschwerdefrist bei Bescheidbeschwerden aufgehoben. Die Aufhebung betrifft die die Wortfolgen "2, 4 und" im 1. Satz sowie den 2. Satz: "Dies gilt auch in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1, sofern die Entscheidung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist". Weiters sprach der VfGH aus, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind ("rückwirkende" Aufhebung). Die Kundmachung im BGBl erfolgte am 16.10.2017 (BGBl. I Nr. 140/2017). Als Konsequenz dieses Erkenntnisses des VfGH fiel im gegenständlichen Fall der Grund für den Antrag auf Wiedereinsetzung, nämlich die Versäumung der Beschwerdefrist, (nachträglich und rückwirkend) weg. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 16.12.2016, 15-1051109504/150118799, wurde daher nach nunmehriger Prüfung rechtzeitig innerhalb der noch offenen Beschwerdefrist eingebracht. Da also keine Versäumung der Rechtsmittelfrist vorliegt, muss der Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Fristversäumnis ins Leere gehen, und fehlt es demnach dem Bescheid der belangten Behörde vom 28.02.2017, 15-1051109504/150118799, mit dem der Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen wurde, an der notwendigen gesetzlichen Grundlage. Der gegenständliche Bescheid ist daher ersatzlos zu beheben.

Das Verfahren bezüglich der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2016, Zl. 15-1051109504/150118799, wird beim Bundesverwaltungsgericht zu I415 2145367-1, fortgeführt.

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision: Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0140). Auf Grund dieser Rechtslage wäre eine Revision ohne Aussicht auf Erfolg.

Schlagworte

Beschwerdefrist, ersatzlose Behebung, Rechtsanschauung des VfGH,
Rechtsmittelfrist, Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:I415.2145367.2.00

Zuletzt aktualisiert am

07.12.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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