TE Lvwg Erkenntnis 2017/11/2 VGW-151/023/10497/2017

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Veröffentlicht am 02.11.2017
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Entscheidungsdatum

02.11.2017

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
72/01 Hochschulorganisation
60/04 Arbeitsrecht allgemein
62 Arbeitsmarktverwaltung
E2D Assoziierung Türkei
E2D E02401013
E2D E05204000
E2D E11401020

Norm

NAG §8 Abs1 Z12
NAG §19 Abs2
NAG §19 Abs3
NAG §24 Abs1
NAG §64 Abs1
NAG §64 Abs3
UniversitätsG 2002 §52 Abs1
UniversitätsG 2002 §74 Abs6
NAG-DV §7 Abs1
NAG-DV §8 Z7
AuslBG §3 Abs3
ARB 1/80 Art. 6 Abs1
ARB 1/80 Art. 6 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fischer über die Beschwerde des Herrn Ö. A., geb.: ...1983, STA: Türkei, Wien, T.-gasse, vertreten durch Rechtsanwältin, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien, Magistratsabteilung 35, vom 08.06.2017, Zahl MA35-9/2317942-12, mit welchem der Antrag vom 11.10.2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 und 3 NAG, § 8 Z 7 lit. b NAG-DV, § 75 Abs. 6 Universitätsgesetz und § 19 Abs. 3 NAG abgewiesen wurde,

zu Recht e r k a n n t:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit Bescheid vom 8. Juni 2017 wies die belangte Behörde den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf Verlängerung des Aufenthaltstitels „Studierender“ ab und führte begründend im Wesentlichen aus, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer bislang keinen Studienerfolgsnachweis für das vorangegangene Studienjahr Oktober 2015 bis September 2016 vorgelegt habe. Seine als Begründung hierfür ins Treffen geführte Spielsucht stelle keine Ereignis im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG dar, weswegen mangels Vorliegens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung das gegenständliche Ansuchen abzuweisen gewesen wäre.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der nunmehrige Rechtsmittelwerber auszugsweise Nachstehendes aus:

„1. Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall außer Acht gelassen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen türkischen Staatsangehörigen handelt, der dem Assoziierungsabkommen EWG-Türkei unterliegt, zumal er bereits in der Vergangenheit regulär erwerbstätig war und dies auch weiterhin beabsichtigt. Auf ihn ist somit die sg. „Stillhalteklausel“ anzuwenden.

Auf die Stillhalteklausel kann sich nur berufen, wer die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats auf dem Gebiet der Einreise, des Aufenthalts und gegebenenfalls der Beschäftigung beachtet hat (vgl. Urteil EuGH Abatay ua).

Wie der EuGH in der Rechtssache C-294/06 klargestellt hat, kann der Umstand, dass einem türkischen Staatsangehörigen gestattet worden ist, als Student in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einzureisen, ihm nicht die Eigenschaft als „Arbeitnehmer“ nehmen und ihn auch nicht von der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt im Sinne von Art 6 Abs 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats ausschließen. Dieser Umstand hindert den betreffenden Staatsangehörigen daher nicht daran, sich auf die Vorschrift zu berufen, um eine Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis zu erhalten und in den Genuss eines dementsprechenden Aufenthaltsrechts zu kommen.

Der Verwaltungsgerichtshof judizierte zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der Stillhalteklausel in ständiger Rechtsprechung überdies, dass die Stillhalteklausel nach Art. 13 des ARB 1/80 nicht nur auf die schon in den Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats integrierten türkischen Staatsangehörigen anzuwenden ist (vgl. Urteile EuGH 21. Oktober 2003, C 317/01 - Abatay ua; und C 369/01 - N. Sahin; sowie Urteil EuGH 9. Dezember 2010, C- 300/09 - Toprak; und C-301/09 - Oguz); allerdings muss die Absicht vorhanden sein, sich in den Arbeitsmarkt des betreffenden Mitgliedstaates zu integrieren (vgl. Urteil EuGH Abatay; sowie Urteil EuGH 29. April 2010, C-92/07 - Kommission gegen Niederlande; wonach Art. 13 ARB 1/80 der Einführung neuer Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit einschließlich solchen entgegensteht, die die materiell- und/oder verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die erstmalige Aufnahme jener türkischen Staatsangehörigen im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats betreffen, die dort von dieser Freiheit Gebrauch machen wollen). Ferner kann sich auf die Stillhalteklausel nur berufen, wer die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats auf dem Gebiet der Einreise, des Aufenthalts und gegebenenfalls der Beschäftigung beachtet hat. Sie steht hingegen nicht einer Verstärkung der Maßnahmen entgegen, die gegenüber türkischen Staatsangehörigen getroffen werden können, die sich in einer nicht ordnungsgemäßen Situation befinden (vgl. VwGH, 21. Februar 2012, 2011/23/0671, zuletzt etwa 19. Mai 2014, Ro 2014/09/0016).

Das alles trifft auch auf den Beschwerdeführer zu. Er hat weiterhin die Absicht, wieder einer - erlaubten - Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen und sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Er ist überdies auch rechtmäßig aufhältig.

Die Stillhalteklausel des Art. 13 des ARB 1/80 entfaltet unmittelbare Wirkung und schließt bezüglich der in ihren Geltungsbereich fallenden türkischen Staatsangehörigen die Anwendbarkeit aller neu eingeführten Beschränkungen aus (vgl. E 13. Dezember 2011, 2008/22/0180; E 19. Jänner 2012, 2011/22/0313; E 23. Mai 2012, 2011/22/0216; E 14. Juni 2012, 2010/21/0440; EuGH Urteil 15. November 2011, C-256/11 - Dereci).

§ 64 NAG stellt eine Verschlechterung der Rechtslage für den Beschwerdeführer dar, da die besondere Erteilungsvoraussetzung eines Mindeststudienerfolgsnachweises, wie sie im NAG für die Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ vorgesehen ist, weder im Aufenthaltsgesetz noch im FrG 1997 enthalten war. Auch eine strenge Zweckbindung, wie sie erstmals mit dem FrG 1997 eingeführt wurde, war nach dem AufG nicht vorgesehen. Die Angabe eines Aufenthaltszwecks war nur antragsbegründend, hatte aber nicht zur Folge, dass der Aufenthalt ausschließlich zu diesem Zweck zulässig war. Auch die Unterscheidung zwischen Aufenthaltstiteln, die nur zum vorübergehenden Aufenthalt und solchen, die zur Niederlassung berechtigten, war dem AufG fremd.

Durch die nunmehr im NAG vorgesehene, strenge Bindung an einen Erfolgsnachweis, aber auch an einen bestimmten Aufenthaltszweck läuft der Beschwerdeführer - obwohl er seit 2001 in Österreich lebt - viel eher Gefahr, den Aufenthaltsstatus zu verlieren, als nach dem Aufenthaltsgesetz, was wiederum nachteilige Auswirkungen auf den Zugang zum Arbeitsmarkt für ihn hat. Somit handelt es sich um neue Beschränkungen, die nicht anzuwenden sind.

Dies hat die belangte Behörde verkannt, da sie von der uneingeschränkten Anwendbarkeit des NAG ausgegangen ist, und den bekämpften Bescheid bereits dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet.

Beweis:

     • PV

     • Versicherungsdaten

     • AMS-Bescheide vom 11.08.2015 und 13.05.2015

     •weitere Beweise vorbehalten

2. Der angefochtene Bescheid leidet auch deshalb an Rechtswidrigkeit, weil die belangte Behörde das Verfahren nach § 23 Abs 1 NAG nicht eingehalten hat.

Ist im Hinblick auf das Vorbringen nicht von vornherein von der Hand zu weisen, dass der Fremde für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen als den beantragten Aufenthaltstitel benötigt, ist jedenfalls vor einer anfälligen Antragsabweisung auch das in § 23 Abs. 1 NAG 2005 vorgesehene Verfahren einzuhalten (vgl VwGH vom 3.4.2009, Zl 2008/22/0880).

Wie schon ausgeführt, unterliegt der Beschwerdeführer der sog. „Stillhalteklausel“. Daraus ergibt sich, dass auf ihn die günstigeren Bestimmungen des AufG - bzw allenfalls des FrG 1997 - anzuwenden sind und er daher einen Aufenthaltstitel benötigt, der dieser Rechtslage entspricht. Auf die Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ trifft das - aus den schon unter 1. angeführten Gründen - nicht zu. Der Beschwerdeführer benötigt vielmehr einen Aufenthaltstitel, der ihn nicht auf einen bestimmten Aufenthaltszweck beschränkt und ihn auch zur Niederlassung berechtigt. Unter Berücksichtigung der aktuellen Systematik von Aufenthaltstiteln im NAG würde der Beschwerdeführer daher eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ oder zumindest eine „Niederlassungsbewilligung“ benötigen.

Somit wäre die belangte Behörde jedoch dazu angehalten gewesen, das in § 23 Abs 1 NAG vorgesehene Verfahren einzuhalten. Die belangte Behörde hat das jedoch unterlassen und den angefochtenen Bescheid auch dadurch mit Rechtswidrigkeit belastet.

Beweis:

     • wie bisher

     • weitere Beweise vorbehalten

3. Gem. § 64 Abs 3 2. Satz NAG kann eine Aufenthaltsbewilligung trotz Fehlen des Studienerfolgsnachweises verlängert werden, wenn Gründe vorliegen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind.

Solche Gründe liegen im Fall des Beschwerdeführers vor. Aus der Therapiebestätigung vom 12.01.2017 ergibt sich zwar tatsächlich, dass er erstmalig am 22.11.2013 Kontakt zur Spielsuchthilfe aufnehmen musste. Aus der Bestätigung geht aber auch hervor, dass die Behandlung zwischenzeitig abgebrochen war und im Jänner 2017 neu begonnen wurde.

Seither absolviert der Beschwerdeführer wieder erfolgreich eine Therapie, konnte sich entsprechend stabilisieren und wird auch wieder in der Lage sein, seinem Studium nachzugehen. Sohin lag sehrwohl ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis vor, welches den Beschwerdeführer daran gehindert hat, den notwendigen Studienerfolg zu zielen. Auch deshalb leidet der angefochtene Bescheid an Rechtswidrigkeit des Inhaltes.“

Auf Grund des Beschwerdevorbringens und zur weiteren Abklärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes wurde am 9. Oktober 2017 vor dem Verwaltungsgericht Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu welcher der Beschwerdeführer sowie ein informierter Vertreter der belangten Behörde geladen waren. Der Landeshauptmann von Wien hat auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung mit Eingabe vom 3. Oktober 2017 ausdrücklich verzichtet.

In seiner Einlassung zur Sache brachte der Beschwerdeführer Nachstehendes vor:

„Ich lebe seit dem Jahr 2001 in Österreich. Ich habe immer aufgrund von Studententiteln in Österreich gelebt. Derzeit gehe ich in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach. Ich habe zuletzt bis 22. März 2016 in Österreich gearbeitet. Ich habe jedoch nie zumindest ein Jahr durchgehend in Österreich gearbeitet. Meine Eltern leben in Österreich, auch mein Großvater, der reich ist und in der Türkei lebt, finanziert mich. Wenn ich dazu befragt werde, warum trotz Fehlens regelmäßiger Einzahlungen auf mein Konto, am 5. Oktober dieses Jahres plötzlich ein Betrag von insgesamt 11.000,- Euro auf mein Konto überwiesen wurde, gebe ich an, dass es sich um Geld von Familienangehörigen handelt, die meinen Großvater in der Türkei besucht haben. Der Großvater hat ihnen das Geld für mich gegeben, sie haben es in bar aus der Türkei mitgenommen.

Meine Wohnung verfügt über 35m². Ich zahle 143,- Euro an Miete. In dieser Wohnung leben meine Verlobte und ich.

Wenn ich dazu befragt werde, warum ich einen Studienerfolgsnachweis nicht erbringen konnte, gebe ich an, dass ich im Jahr 2013 spielsüchtig wurde, nunmehr habe ich die Sache aber wieder im Griff. Letztes Jahr habe ich beschlossen in Therapie zu gehen. Ich besuche die Spielsuchthilfe. Wenn ich dazu befragt werde, warum ich mein Studium trotz der Spielsucht nicht absolvieren konnte, gebe ich an, dass ich mich immer nur mit dem Spielen und allfälligen Verlusten beschäftigt habe. Deswegen konnte ich mich nicht entsprechend konzentrieren. Ich möchte näher befragt festhalten, dass ich aufgrund meiner Spielsucht oft nicht schlafen konnte, wenn ich geschlafen habe, wollte ich nicht mehr aufstehen. Ich hatte sogar Selbstmordgedanken. Ich war in dieser Spielsucht komplett verfangen, konnte nur mehr Verluste und Gewinne gegenüberstellen, deswegen konnte ich auch keine Studienerfolge bringen. Ich hatte keine Hoffnungen an die Zukunft. Weitere Gründe für die Nichterbringung des Studienerfolges kann ich nicht angeben.

Meine Mutter und mein Vater sowie meine Schwester leben in Österreich. In der Türkei lebt meine Schwester. Sie ist dort verheiratet. Auch die Großeltern leben in der Türkei. In den letzten 2 Jahren war ich sozial nicht engagiert, ich habe die meiste Zeit im Wettbüro verbracht.

Früher habe ich jedoch meine Freizeit mit Freunden verbracht, wir gingen spazieren. Ich habe eine Freundin, mit der ich meine Zeit verbringe und ich gehe sehr gerne wandern. Wir waren öfters im Wienerwald wandern. Ich habe sehr engen Kontakt zu meinen Eltern. Sie leben im selben Gebäude. Ich habe keine Unterhaltspflichten. Ich habe keine Schulden und keinen Kredit. Für die Krankenversicherung zahle ich 102,- Euro im Monat. Für Energie zahle ich 120,- Euro im Quartal.

Ich habe mich für mehrere Lehrveranstaltungen angemeldet, morgen beginnen diese. Ich habe jetzt eine Freundin und habe mich entschieden, mein Studium weiter zu führen. Ich bin mir sicher, dass ich es schaffen werde. Früher habe ich meine gesamte Zeit im Wettbüro verbracht, jetzt nicht mehr, obwohl ich noch zeitweise spiele. Meine Verlobte arbeitet.“

Abschließend verwies der Einschreiter auf sein schriftliches Vorbringen und hielt fest, dass die allgemeinen Voraussetzungen zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels als erfüllt erschienen. Er habe weiters glaubhaft dargetan, dass das vorübergehende Hindernis der Spielsucht weggefallen sei und er sich wieder im vollen Umfang um das Studium kümmern könne, sodass die Voraussetzungen für die Verlängerung des beantragen Aufenthaltstitels – sofern das Assoziierungsabkommen nicht anwendbar sein sollte, was der Beschwerdeführer aber sehr wohl annehme – vorlägen.

Abschließend wurde zur Bescheinigung der Mittelherkunft die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn Y. M., Wien, F.-gasse, beantragt, dies zum Beweis dafür, dass der am 5. Oktober 2017 in mehreren Teilbeträgen eingezahlte Betrag von insgesamt 11.000,- Euro dem Beschwerdeführer in vollem Umfang zur Verfügung steht und von diesem zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes verwendet werden kann sowie zum Beweis dafür, dass die Geldmittel vom Großvater des Beschwerdeführers in der Türkei stammen.

Das die Beschwerde abweisende Erkenntnis wurde in der durchgeführten mündlichen Verhandlung mündlich verkündet und wurde dem Einschreiter im Anschluss eine Ausfertigung der Verhandlungsschrift beinhaltend dieses Erkenntnis unmittelbar ausgefolgt. Mit rechtzeitiger Eingabe, welche beim Verwaltungsgericht Wien am 25. Oktober 2017 einlangte, beantragte der Einschreiter die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

Es ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, welcher als erwiesen festgestellt wird:

Der am ... 1983 geborene Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und brachte mit Eingabe vom 11. Oktober 2016 einen Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ beim Landeshauptmann von Wien ein.

Der Beschwerdeführer lebt seit 25. Oktober 2001 in Österreich und hält sich seit damals auf Grundlage einer erstmals im Jahre 2001 erteilten Aufenthaltsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck Student im Bundesgebiet auf. Diese Aufenthaltsbewilligung wurde seit damals antragsgemäß jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, zuletzt wurde ihm auf Grund eines Verlängerungsansuchens vom 15. Oktober 2015 eine „Aufenthaltsbewilligung – Studierender“ befristet bis 17. Oktober 2016 erteilt.

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2016, bei der Behörde eingelangt am 23. November 2016, legte der Beschwerdeführer nach erfolgter behördlicher Aufforderung zur Vorlage eines Studienerfolgsnachweises diesbezüglich zusammengefasst sinngemäß dar, seine Spielsucht sei in den letzten Jahren immer stärker geworden, wobei er sich anfänglich durch das Glücksspiel von familiären Problemen ablenken habe wollen. Er habe sodann immer mehr gespielt und sei aus diesem Grunde nicht mehr in der Lage gewesen, Prüfungen abzulegen. Er sei nur noch auf das Glücksspiel fokussiert gewesen und habe der Druck durch seine Familie zu immer größeren psychologischen Problemen geführt. Aus diesen Gründen sei sein Studium im letzten Jahr auch nicht erfolgreich gewesen, allerdings werde er sich jetzt auf sein Studium konzentrieren und sich bemühen, dieses so schnell als möglich abzuschließen.

Im Anschluss wurde durch den Beschwerdeführer nebst weiteren Unterlagen eine Therapiebestätigung der ambulanten Behandlungseinrichtung Spielsuchthilfe vom 12. Jänner 2017 vorgelegt, aus welcher hervorgeht, dass der Einschreiter seine abgebrochene Behandlung mit 12. Jänner 2017 wieder begonnen habe.

Der Beschwerdeführer ist aktuell an der Universität Wien für das Masterstudium ..., das Masterstudium ... jeweils seit 30. April 2014 und seit dem Wintersemester 2017 auch für das Diplomstudium ... gemeldet. Zuvor war er für insgesamt fünf Studienrichtungen seit März 2004 inskribiert. Er hat zuletzt im Studienjahr 2013/2014 keinen Studienerfolg, im Studienjahr 2014/2015 keinen Studienerfolg, im Studienjahr 2015/2016 einen Studienerfolg im Ausmaß von acht ECTS -Punkten bzw. sechs Semesterstunden und im Studienjahr 2016/2017 keinen Studienerfolg erzielt.

Der Beschwerdeführer unterzog sich erstmalig am 22. November 2013 und in weiterer Folge nach zumindest einer Unterbrechung wieder seit 12. Jänner 2017 einer Behandlung seiner Spielsucht und befindet sich in regelmäßiger Einzelpsychotherapie.

Der Beschwerdeführer geht aktuell in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach. Zuletzt war er im Zeitraum zwischen 8. Jänner 2016 und 22. März 2016 als Arbeiter rechtmäßig unselbständig erwerbstätig. Er war bislang in keinem Fall zumindest ein Jahr hindurch bei einem Arbeitgeber unselbständig erwerbstätig. Er verfügte zuletzt über arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit befristet bis 11. August 2016.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein Konto bei der Erste Bank, welches per 5. Oktober 2017 ein Guthaben in der Höhe von EUR 11.220,-- aufwies. Am 5. Oktober 2017, sohin am Tag der Ausfertigung des im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegten Kontoauszuges, wurde in insgesamt 4 Tranchen diesem Konto ein Betrag von EUR 11.000,-- gutgeschrieben. Den Ausführungen des Beschwerdeführers zufolge handelt es sich hierbei um eine Unterstützungszahlung eines reichen Großvaters aus der Türkei.

Der Einschreiter ist weiters Mieter einer Wohnung in Wien, T.-gasse, wobei für diese Wohnung ein Bruttomietzins in der Höhe von EUR 143,22 monatlich anfällt. Weiters hat der Einschreiter monatliche Kosten für die Krankenversicherung in der Höhe von EUR 102,-- sowie Energiekosten in der Höhe von EUR 40,-- monatlich zu tragen.

Er ist in Österreich krankenversichert. Seine Eltern sowie seine Schwester leben in Österreich, eine weitere Schwester und die Großeltern des Einschreiters leben in der Türkei. Er hat eine Verlobte, eine weitere soziale Vernetzung des Einschreiters in Österreich konnte nicht festgestellt werden.

Diese Feststellungen gründen sich auf nachstehende Beweiswürdigung:

Die getätigten Feststellungen gründen sich auf den unbestritten gebliebenen und unbedenklichen Akteninhalt sowie insbesondere auf die Ausführungen des Beschwerdeführers im Zuge der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz NAG sind Verlängerungsanträge (§ 2 Abs. 1 Z 11) vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt.

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 12 NAG können Aufenthaltsbewilligungen für einen Vorübergehenden befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu einem bestimmten Zweck ausgestellt werden.

Gemäß § 64 Abs. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung für Studierende ausgestellt werden, wenn sie

1. die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

2. ein ordentliches oder außerordentliches Studium an einer Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule, anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule oder einen anerkannten privaten Studiengang oder anerkannten privaten Hochschullehrgang absolvieren und im Fall eines Universitätslehrganges dieser nicht ausschließlich der Vermittlung einer Sprache dient.

Eine Haftungserklärung ist zulässig.

Dient der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums, ist gemäß § 64 Abs. 3 NAG die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für diesen Zweck nur zulässig, wenn dieser nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule, akkreditierten Privatuniversität, Pädagogischen Hochschule oder anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule erbringt. Gleiches gilt beim Besuch eines anerkannten privaten Studienganges oder anerkannten privaten Hochschullehrganges. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

Gemäß § 52 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 besteht das Studienjahr aus dem Wintersemester, dem Sommersemester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit. Es beginnt am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Der Senat hat nähere Bestimmungen über Beginn und Ende der Semester und der lehrveranstaltungsfreien Zeit zu erlassen.

Gemäß § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 hat die Universität einer oder einem ausländischen Studierenden ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag der oder des Studierenden einen Studienerfolgsnachweis auszustellen, sofern sie oder er im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten (8 Semesterstunden) abgelegt hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 NAG ist im Antrag der Grund des Aufenthalts bekannt zu geben; dieser ist genau zu bezeichnen. Nicht zulässig ist ein Antrag, aus dem sich verschiedene Aufenthaltszwecke ergeben, das gleichzeitige Stellen mehrerer Anträge und das Stellen weiterer Anträge während eines anhängigen Verfahrens nach diesem Bundesgesetz einschließlich jener bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts. Die für einen bestimmten Aufenthaltszweck erforderlichen Berechtigungen sind vor der Erteilung nachzuweisen. Besteht der Aufenthaltszweck in der Ausübung eines Gewerbes, so gilt die von der Gewerbebehörde ausgestellte Bescheinigung, dass die Voraussetzungen für die Gewerbeausübung mit Ausnahme des entsprechenden Aufenthaltstitels vorliegen, als Nachweis der erforderlichen Berechtigung. Der Fremde hat der Behörde die für die zweifelsfreie Feststellung seiner Identität und des Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel vorzulegen.

Nach § 19 Abs. 3 NAG ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise für den jeweiligen Aufenthaltszweck (Abs. 2) dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.

Die Verordnung der Bundesministerin für Inneres zur Durchführung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung – NAG-DV), legt in § 7 Abs. 1 fest, welche Urkunden und Nachweise dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den §§ 8 und 9 – anzuschließen sind.

Gemäß § 7 Abs. 1 NAG-DV sind dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 1) – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den §§ 8 und 9 – folgende Urkunden und Nachweise anzuschließen:

1. gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);

2. Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (nur bei Erstanträgen);

3. Lichtbild des Antragstellers gemäß § 2a;

4. erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde;

5. Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise;

6. Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht (§ 11 Abs. 2 Z 3 NAG);

7. Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung.

Gemäß § 8 Z 7 NAG-DV sind zusätzlich zu diesen Urkunden dem Antrag zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung Studierender nachstehende Urkunden und Nachweise anzuschließen:

a) Aufnahmebestätigung der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule, der anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule, des anerkannten privaten Studienganges oder des anerkannten privaten Hochschullehrganges;

b) im Fall eines Verlängerungsantrages ein schriftlicher Nachweis der Universität, der Fachhochschule, der akkreditierten Privatuniversität, der Pädagogischen Hochschule, der anerkannten privaten Pädagogischen Hochschule, des anerkannten privaten Studienganges oder des anerkannten privaten Hochschullehrganges über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr, insbesondere ein Studienerfolgsnachweis gemäß § 75 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 131/2015 sowie ein aktuelles Studienblatt und eine Studienbestätigung gemäß § 62 Abs. 4 UG;

Gemäß § 3 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darf ein Ausländer, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.

Gemäß Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) hat ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat

    -   nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

    -   nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedsstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

    -   nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

Gemäß Art. 6 Abs. 2 des ARB 1/80 werden der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeiten erworbenen Ansprüche.

Voraussetzung der Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Studierender“ ist somit nach § 64 Abs. 3 NAG die Erbringung eines Studienerfolgsnachweises nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften. § 74 Abs. 6 des Universitätsgesetzes 2002 sieht die Ausstellung eines Studienerfolgsnachweises dann vor, wenn der Studierende im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Anrechnungspunkten bzw. 8 Semesterstunden abgelegt hat.

Da gemäß § 24 Abs. 1 NAG Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, ist das „vorausgegangene Studienjahr“ im vorgenannten Sinn bei Antragstellung grundsätzlich dasjenige, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt (vgl. VwGH vom 13. September 2011, Zl. 2010/22/0036). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. August 2013, Zl. 2012/22/0028, ausgesprochen hat, hat die Behörde weiters darauf Bedacht zu nehmen, wenn bis zu ihrer Entscheidung auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen ist. In einem solchen Fall ist es dem Fremden auch möglich, die Verlängerungsvoraussetzung dadurch nachzuweisen, dass er einen Erfolgsnachweis für das jüngst abgelaufene Studienjahr erbringt. Das Studienjahr beginnt dabei gemäß § 52 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres.

Im gegenständlichen Fall verfügte der Beschwerdeführer zuletzt über einen Aufenthaltstitel für den Zweck „Studierender“, der bis zum 17. Oktober 2016 gültig war. Das maßgebliche Studienjahr zur Beurteilung, ob der Beschwerdeführer den gesetzlich vorgesehenen Studienerfolg erzielt hat, ist somit das Studienjahr 2015/2016. In diesem Zeitraum hat der Beschwerdeführer insgesamt drei Prüfungen positiv abgelegt, womit er einen Studienerfolg im Ausmaß von 8 ECTS-Punkten bzw. sechs Semesterstunden nachweisen konnte.

Da bereits auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens ein weiteres Studienjahr verstrichen ist, wäre es dem Beschwerdeführer auch möglich gewesen, die Verlängerungsvoraussetzung dadurch nachzuweisen, dass er einen Erfolgsnachweis für das jüngst abgelaufene Studienjahr 2016/2017 erbringt. Während dieses Studienjahres konnte der Beschwerdeführer jedoch keinerlei Studiennachweis erbringen. Feststeht nur, dass er seit 30. April 2014 für zwei Masterstudien und jüngst auch für das Diplomstudium ... inskribiert ist.

Somit hat der Beschwerdeführer den Studienerfolgsnachweis gemäß § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 in beiden hier relevanten Studienjahren nicht erbracht, weshalb im gegenständlichen Verfahren die besondere Voraussetzung des § 64 Abs. 3 NAG zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für Studierende nicht vorliegt.

Soweit der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang darlegt, ihm sei die Ablegung von Prüfungen auf Grund seiner Spielsucht nicht möglich gewesen, weil er sich wegen ebendieser Erkrankung auf sein Studium nicht mehr habe konzentrieren können, ist auf die diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende an den Nachweis eines bestimmten Studienerfolges gebunden ist (vgl. VwGH, 3. Juli 2008, Zl. 2008/18/0477). Zwar sieht § 64 Abs. 3 NAG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit vor, auch im Falle des Fehlens eines Studienerfolges die Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Studierender“ zu verlängern. Die soeben genannte Bestimmung fordert das Vorliegen von Gründen, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, um trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängern zu können. Von einem unabwendbaren oder unvorhersehbaren Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG kann aber dann nicht die Rede sein, wenn der Hinderungsgrund dauerhaft ist (vgl. VwGH vom 13. September 2011, Zl. 2010/22/0036). Weiters sprach der Gerichtshof aus, dass etwa in Fällen, in welchen wegen einer Krankheit in zwei Studienjahren kein ausreichender Studienerfolg erbracht werden konnte, von einem bloß vorübergehenden Hindernis im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG nicht die Rede sein kann. Ein "unabwendbarer oder unvorhersehbarer" Hinderungsgrund darf nicht dauerhaft sein (vgl. VwGH, 13. Oktober 2011, 2009/22/0305, VwGH, 3. Oktober 2013, Zl. 2012/22/0048). Der Beschwerdeführer legte diesbezüglich zusammengefasst dar, er habe anfänglich Entspannung und Ablenkung im Glücksspiel gesucht, wobei sich hernach eine Sucht entwickelt habe. bereits im Jahre 2013 sei er erstmals in Behandlung gewesen, seit Jänner 2017 werde diese fortgeführt. Somit steht jedoch zweifelsfrei fest, dass die Erkrankung des Einschreiters bereits seit zumindest vier Jahren – er begab sich bereits im November 2013 in professionelle Behandlung – persistiert und er seit zumindest vier Studienjahren keinen ausreichenden Studienerfolg mehr nachweisen konnte. Somit kann jedoch in Anwendung der oben wiedergegebenen Judikatur keinesfalls davon gesprochen werden, die ins Treffen geführte Spielsucht stelle einen unabwendbaren oder unvorhersehbaren Hinderungsgrund im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG dar, welcher von der Obliegenheit zum Nachweis eines ausreichenden Studienerfolges dispensieren würde.

Weiters legte der Beschwerdeführer zusammengefasst sinngemäß dar, er unterliege als türkischer Staatsangehöriger dem Assoziationsabkommen mit der Türkei, zumal er bereits in Österreich unselbständig erwerbstätig war. Aus diesen Erwägungen heraus käme für ihn auch die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 zur Anwendung, womit das Erfordernis des Nachweises eines Studienerfolges gemäß § 64 Abs. 3 NAG für den Beschwerdeführer nicht zur Anwendung komme, weil die im Zeitpunkt des Beitrittes Österreichs zur Europäischen Union in Geltung befindlichen Rechtsvorschriften dieses Erfordernis noch nicht kannten.

Somit war zu prüfen, ob der Beschwerdeführer Rechte aus dem zitierten ARB 1/80 und damit ein aus dem Unionsrecht ableitbares, unmittelbare Wirkung entfaltendes Recht auf Zugang zur Beschäftigung im Aufnahmemitgliedstaat – und somit zur Erteilung eines wie auch immer gearteten Aufenthaltsrechtes nach innerstaatlichen Normen - erworben hat. Die praktische Wirksamkeit dieses Rechts setzt nämlich zwangsläufig die Existenz eines entsprechenden Aufenthaltsrechts voraus, das ebenfalls auf dem Gemeinschaftsrecht beruht und vom Fortbestehen der Voraussetzungen für den Zugang zu diesen Rechten unabhängig ist. Denn das in Art. 7 Satz 1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehene, durch keine Voraussetzungen - nicht einmal durch einen Vorrang der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten - eingeschränkte Recht des Betroffenen, eine frei von ihm gewählte Beschäftigung aufzunehmen, würde ausgehöhlt, wenn die zuständigen nationalen Behörden die Möglichkeit hätten, die Ausübung der dem türkischen Migranten unmittelbar durch den Beschluss Nr. 1/80 verliehenen, genau bestimmten Rechte an Bedingungen zu knüpfen oder in irgendeiner Weise einzuschränken (vgl. VwGH vom 8. November 2001, Zl. 97/21/0111 mit Hinweisen auf die Judikatur des EuGH).

 

Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 regelt nunmehr die Voraussetzungen unter denen ein türkischer Arbeitnehmer, der rechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist ist und dort die Erlaubnis erhalten hat, eine Beschäftigung auszuüben, seine Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausüben kann. Danach darf der türkische Arbeitnehmer nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung weiterhin bei demselben Arbeitgeber arbeiten (erster Spiegelstrich) und nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung kann er sich - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten einzuräumenden Vorrangs - für den gleichen Beruf auf ein Stellenangebot eines anderen Arbeitgebers bewerben (zweiter Spiegelstrich). Im Gegensatz dazu verleiht Abs. 1 dritter Spiegelstrich nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung dem türkischen Arbeitnehmer nicht nur das Recht, sich auf ein vorliegendes Stellenangebot zu bewerben, sondern auch uneingeschränkten Zugang zu jeder von ihm frei gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis (vgl. EuGH Urteil vom 7. Juli 2005, Rs C-383/03, Dogan; EuGH Urteil vom 10. Jänner 2006, Rs C-230/03, Sedef).

  

Des Weiteren kommt türkischen Staatsangehörigen, die dem Anwendungsbereich des Assoziationsabkommens unterliegen, nach der Rechtsprechung ein unmittelbar aus dem Assoziationsrecht herrührendes Aufenthaltsrecht zu, zumal aus der unmittelbaren Wirkung des Art. 6 ARB 1/80 nicht nur folgt, dass der Betroffene hinsichtlich der Beschäftigung ein individuelles Recht unmittelbar daraus herleiten kann, sondern dass die praktische Wirksamkeit dieses Rechts außerdem zwangsläufig die Existenz eines entsprechenden Aufenthaltsrechts voraussetzt (vgl. etwa VwGH vom 15. März 2012, Zl. 2009/01/0036 mwN und unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH vom 7. Juli 2005, Rs C-383/03, Dogan, vom 29. Oktober 2006, Rs-4/05, Güzeli und vom 29. September 2011, Rs C-187/10, Unal). Im Fall des Bestehens einer aus Art. 6 ARB 1/80 erfließenden Rechtsposition kommt einer Aufenthaltsberechtigung bloß deklaratorische Bedeutung zu.

 

Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt ist dabei die Ausübung einer tatsächlichen und echten Tätigkeit in der Eigenschaft als Arbeitnehmer, wobei solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die wegen ihres geringen Umfanges völlig untergeordnet und unwesentlich sind. Dabei besteht das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH vom 24. Jänner 2008, Rs C-294/06, Payir et. al, EuGH vom 19. November 2002, Rs C-188/00, Bülent Kurz, geb. Yüce).

 

Eine Berechtigung nach Art. 6 ARB 1/80 kommt somit nur solchen türkischen Arbeitnehmern zu, die während bestimmter Zeiträume eine gesicherte und nicht nur eine vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt innehaben. Während dieser Zeiträume muss sowohl die Beschäftigung des betroffenen türkischen Arbeitnehmers im Einklang mit den arbeitsrechtlichen, als auch sein Aufenthalt mit den nicht nur eine vorübergehende Position sichernden aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates gestanden sein (VwGH vom 24. Februar 2009, Zl 2008/22/0410 mwN, EuGH vom 19. November 2002, Rs C-188/00, Bülent Kurz, geb. Yüce).

 

Aus der soeben wiedergegebenen Judikatur folgt somit, dass nicht jeder Student, der türkischer Staatsangehöriger ist und während seines Studiums einer Erwerbstätigkeit nachgeht, sich auf Art. 6 Abs 1 ARB 1/80 berufen kann. Vielmehr müssen die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen in einer Form erfüllt sein, wie sie vom Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 24. Jänner 2008, C 294/06 (Rs. Payir ua), in den Rz 27 ff näher dargestellt wurden (vgl. VwGH vom 18. Juni 2009, Zl. 2008/22/0796). Danach wird die Zugehörigkeit zum „regulären Arbeitsmarkt“ aufgrund einer „gesicherten“ und nicht nur „vorläufigen Position“ sowie die Ausübung einer „tatsächlichen und echten“ und nicht nur „wegen ihres geringen Umfanges völlig untergeordneten und unwesentlichen Tätigkeit“ im erforderlichen zeitlichen Ausmaß gefordert (vgl. auch VwGH vom 25. Februar 2010, Zl. 2007/21/0429).

Dass der Beschwerdeführer eine derartige Rechtsposition auch nur ansatzweise erworben haben könnte, erschließt sich dem Verwaltungsgericht Wien jedoch nicht. Vielmehr steht fest, dass der Beschwerdeführer bislang in keinem Fall zumindest ein Jahr lang durchgehend und überhaupt bei einem Arbeitgeber erwerbstätig war. Vielmehr steht fest, dass er seine letzte rechtmäßige Erwerbstätigkeit im März 2016 – sohin vor mehr als anderthalb Jahren – beendete und aktuell auch nicht über eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit verfügt. Somit steht es für das Verwaltungsgericht Wien jedoch ohne jeden Zweifel fest, dass sich der Beschwerdeführer keinesfalls auf die Regelungen des Assoziationsrechtes berufen kann und die diesbezüglichen Ausführungen im eingebrachten Rechtsmittel daher seinen Rechtsstandpunkt nicht stützen können.

Nur der Vollständigkeit halber ist zu den Ausführungen in der eingebrachten Beschwerde, wonach auf den Beschwerdeführer als Studenten die Stillhalteklausel insoweit anwendbar sei, als er als türkischer Staatsangehöriger einen Leistungsnachweis nach § 64 Abs. 3 NAG nicht erbringen müsse, anzumerken, dass durch das Assoziationsrecht die Stellung von türkischen Arbeitnehmern, sohin unselbständig erwerbstätigen Personen, in der Europäischen Union geregelt wird und nicht etwa deren Möglichkeiten, hier eine Ausbildung welcher Art auch immer zu absolvieren. Zwar steht fest, dass Drittstaatsangehörige auch mit einem Aufenthaltstitel „Aufenthaltsbewilligung Studierender“ zumindest eingeschränkt einer Erwerbstätigkeit nachgehen können und diskutiert werden kann, ob und inwieweit ein solcher Aufenthaltstitel zur Dokumentation des unionsrechtlich erworbenen Aufenthaltsrechtes ausreicht, allerdings ist hieraus nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes Wien nicht zwingend ableitbar, dass die für die Verlängerung eines derartigen Aufenthaltstitels normierten Voraussetzungen innerstaatlichen Rechtes damit außer Kraft gesetzt wären. Es wäre somit am Beschwerdeführer gelegen gewesen, im Falle der seines Erachtens nach bestehenden Erfüllung der oben ausführlich wiedergegebenen Voraussetzungen für den Erwerb eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes basierend auf dem Assoziationsrecht einen entsprechenden Zweckänderungsantrag einzubringen. Wenn er jedoch in diesem Zusammenhang anführt, er hätte durch die belangte Behörde in Anwendung des § 23 Abs. 1 NAG hierzu angeleitet werden müssen, ist ausdrücklich festzuhalten, dass eine derartige Anleitungspflicht wegen der offenkundig fehlenden Anwendbarkeit der Bestimmungen des Assoziationsvertrages keinesfalls Bestand hatte und die Behörde weiters auch nicht verpflichtet ist, den Beschwerdeführer dahingehend anzuleiten, welcher Aufenthaltstitel für diesen allenfalls als „vorteilhafter“ erscheint.

Es steht somit fest, dass der Beschwerdeführer weder im Studienjahr 2015/2016 noch im Studienjahr 2016/2017, das mittlerweile auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens abgelaufen ist, den in § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 festgelegten und für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung für den Zweck „Studierender“ erforderlichen Studienerfolg erbracht hat. Seine vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Spielsucht stellt außerdem keinen unabwendbaren oder unvorhergesehenen Hinderungsgrund im Sinne des § 64 Abs. 3 NAG dar und war daher auch im vorliegenden Verfahren betreffend die weitere Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ nicht weiter zu berücksichtigen.

Letztlich ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass der Beschwerdeführer aus der wiederholten Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung trotz fehlenden Studienerfolgs kein Recht auf eine weitere Verlängerung abzuleiten vermag (VwGH vom 13. Oktober 2011, Zl. 2010/22/0076).

Mangels Vorliegens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung für den begehrten Aufenthaltstitel konnte weiters die Überprüfung des Vorliegens der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen sowie eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG entfallen (vgl. dazu etwa VwGH, 19. Februar 2014, Zl. 2013/22/0177).

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Studienerfolgsnachweis, unabwendbarer Hinderungsgrund, unvorhersehbarer Hinderungsgrund, Assoziierungsrecht, Stillhalteklausel, Aufenthaltsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.151.023.10497.2017

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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