TE Vwgh Erkenntnis 2017/9/26 Fe 2016/05/0001

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Veröffentlicht am 26.09.2017
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/13 Amtshaftung Organhaftpflicht Polizeibefugnis-Entschädigung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AHG 1949 §11;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BauO OÖ 1994 §48 Abs1;
BauO OÖ 1994 §48 Abs2;
BauO OÖ 1994 §49 Abs1;
BauO OÖ 1994 §49 Abs2;
BauRallg;
VVG §1 Abs1;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 idF 2012/I/050;
VVG §10 Abs2 idF 2013/I/033;
VVG §10;
VVG §2 Abs1;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4;
VVG;
VwGG §41;
VwGG §65 Abs1;
VwGG §70;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über den Antrag des Landesgerichtes Wels vom 24. März 2016, Zl. 3 Cg 3/16z, auf Überprüfung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 28. April 2015, Zl. LVwG-150425/7/EW/CJ - 150426/7, betreffend Ersatzvornahme (weitere Parteien gemäß § 64 VwGG: 1. I KG in G, vertreten durch Dr. Klaus-Dieter Strobach und Dr. Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in 4710 Grieskirchen, Stadtplatz 5, und 2. Land Oberösterreich, vertreten durch Dr. Thomas Langer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 84), zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 67 VwGG wird die Rechtswidrigkeit des oben genannten Erkenntnisses im Umfang dessen Spruchpunktes I. festgestellt.

Die in diesem Verfahren erwachsenen Kosten sind Kosten des Rechtsstreites vor dem antragstellenden Gericht.

Begründung

I.

1 Beim antragstellenden Landesgericht ist aufgrund der von der I. KG (im Folgenden: Klägerin) erhobenen Klage ein Rechtsstreit anhängig, mit der die Klägerin vom Land Oberösterreich nach dem Amtshaftungsgesetz (AHG) den Ersatz des Schadens fordert, der ihr aufgrund des Abbruches des auf ihrer (näher bezeichneten) Liegenschaft errichteten, durch einen Brand beschädigten Hotelgebäudes im Wege eines verwaltungsbehördlichen Exekutionsverfahrens entstanden ist. Diesem Abbruch ist folgendes Verfahren vorangegangen:

2 Da dieses Gebäude nach dem genannten Brandereignis nicht instandgesetzt worden war, wurde der Klägerin mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde G. (im Folgenden: Bürgermeister) vom 17. November 2008 (unter Spruchpunkt I.) gemäß § 48 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 (im Folgenden: BO) die "Instandsetzung oder Abtragung" des Baues (ehemaliges Hotel M.) auf einem näher bezeichneten Grundstück bis spätestens 30. Juni 2009 aufgetragen, dies unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen (Punkte 1. bis 12.), und gemäß § 48 Abs. 7 leg. cit. die Benützung der baulichen Anlage bis zur Behebung des Baugebrechens untersagt. Ferner wurde der Klägerin in diesem Bescheid (unter Spruchpunkt II.) gemäß § 48 Abs. 2 und 5 leg. cit. als Sicherungsmaßnahmen aufgetragen, das Grundstück gegen den Zugang von unbefugten Personen abzusichern und mit einem mindestens 1,5 m hohen Zaun einzufrieden sowie mit der Aufschrift "Betreten Verboten" zu versehen, wobei einer etwaigen Berufung gegen diese aufgetragenen Sicherungsmaßnahmen gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

3 Dazu führte der Bürgermeister (u.a.) aus, dass sich der bauliche Zustand des Objektes M. (Brandruine) in den letzten Jahren so verschlechtert habe, dass eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit und die körperliche Sicherheit von Menschen bestehe sowie das Orts- und Landschaftsbild durch die teilweise begonnenen Abbrucharbeiten verunstaltet werde. Durch den Brand seien auch die tragenden Bauteile in Mitleidenschaft gezogen worden und die statische Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Da eine Instandsetzung der baulichen Anlage nur mehr unter hohen Kosten möglich sei, welche einer Erneuerung einer baulichen Anlage gleichkäme, sei der Klägerin die Abtragung aufzutragen. Sollte der Eigentümer das Gebäude trotz der hohen Kosten lieber instand setzen wollen, so habe er die Art und Weise der Baubehörde vorher mitzuteilen.

4 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 30. Juni 2009 wurde aufgrund des Ansuchens der Klägerin vom 26. Juni 2009 die im Bescheid vom 17. November 2008 festgesetzte Erfüllungsfrist bis 30. September 2009 verlängert.

5 Die Klägerin beantragte mit ihrer Eingabe vom 29. September 2009 eine neuerliche Fristerstreckung. Mit Schreiben vom 17. November 2009 teilte der Bürgermeister der Klägerin in Bezug auf diesen Antrag (u.a.) mit, dass keine weitere bescheidmäßige Fristerstreckung erfolgen könne und der Gemeindevorstand der Marktgemeinde G. beschlossen habe, den Akt zur Vollstreckung, welcher an die Bezirkshauptmannschaft vorzulegen sei, erst am 31. März 2010 weiterzuleiten. Das Gebäude sei daher bis zu diesem Zeitpunkt zu sanieren oder abzutragen.

6 In weiterer Folge ersuchte der Bürgermeister mit Schreiben vom 30. März 2010 die Bezirkshauptmannschaft G. (im Folgenden: BH), den genannten Bescheid vom 17. November 2008 zu vollstrecken.

7 Mit Schreiben vom 13. April 2010 drohte die BH der Klägerin unter Einräumung einer Nachfrist bis 1. Juni 2010 die Ersatzvornahme des Abbruches des ehemaligen Hotels M durch eine von der BH zu beauftragende Unternehmung an.

8 Mit der am 29. April 2011 bei der Baubehörde eingelangten, mit 30. August 2010 datierten Eingabe suchte die Klägerin um die Erteilung der Baubewilligung für ein im näher bezeichneten Bauplan vom 30. August 2010 dargestelltes und beschriebenes Bauvorhaben an.

9 In der über dieses Bauvorhaben ("Umbau des bestehenden Gebäudes, Errichtung von Wohneinheiten") am 30. Mai 2011 durchgeführten Bauverhandlung erstattete der bautechnische Amtssachverständige Ing. L. Befund und Gutachten. Darin führte er (u.a.) Folgendes aus:

"... Der Bestand ist ein 3-geschossiges Gebäude mit Unterkellerung und nicht ausgebautem Dachraum. Die Bauausführung ist in massivbauweise erfolgt. Durch ein Brandereignis ist der ursprünglich vorhandener Veranstaltungssaal abgebrannt und mittlerweile abgebrochen. Vom Brandereignis wurde im Hauptgebäude hauptsächlich das Erdgeschoss betroffen. Besonders im KG sind zusätzlichen Beschädigungen infolge Löschwassereinwirkung am tragenden System erkennbar. Durch das Offen stehen wegen zerborstener Fensterscheiben und fehlender Türabschlüsse ins Freie sind zusätzliche Schäden (wie zB Frost) eingetreten.

Im Zuge der geplanten Umbaumaßnahmen wird auch am tragenden System eine Veränderung entstehen wobei allerdings die Notwendigen Sanierungs- u. Instandsetzungsarbeiten im Bereich der Kellerdecke ausgeführt werden. Ein Zubau an der Südwestseite, welcher unmittelbar der Nachbargrundgrenze errichtet wurde wird abgebrochen. Weiters werden die an der Südwestseite vorhanden Balkon und Terrassenflächen abgebrochen und erneuert. Sowohl an der westlichen als auch an der östlichen Giebelwand werden im Bereich der geplanten Sanitärräume Flächenerweiterungen in Form von Erkern angebaut. In südlicher Richtung wird der Bestand um einen Vorbau mit einer Fläche von ca. 2,16 x ca. 4,0 m erweitert.

Im Übrigen beliebt die äußere Gebäudehülle erhalten. Es wird jedoch der Satteldachstuhl erneuert.

Wie bereits erwähnt werden an den bestehenden Wänden Teilabbrüche zur Schaffung einer neuen Raumeinteilung erfolgen. Gleichzeitig mit der neuen Zwischenwänden werden im Gebäude insgesamt 14 Wohnungen entstehen. ..."

10 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 6. Juni 2011 wurde der Klägerin aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der am 30. Mai 2011 durchgeführten Verhandlung, die Baubewilligung für den "Umbau des bestehenden Gebäudes, Errichtung von Wohneinheiten" auf ihrem Grundstück erteilt. Auch dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

11 Da mit den Umbauarbeiten am ehemaligen Hotel M. nicht begonnen worden war, drohte die BH der Klägerin mit Schreiben vom 12. Februar 2013 erneut die Ersatzvornahme unter Setzung einer Paritionsfrist bis 1. April 2013 an.

12 Mit Schriftsatz vom 2. April 2013 beantragte die Klägerin bei der BH unter Hinweis darauf, dass der Bescheid vom 17. November 2008 u.a. infolge der mit Bescheid vom 6. Juni 2011 erteilten Baubewilligung nicht mehr vollstreckbar sei, die Einstellung des Vollstreckungsverfahrens, woraufhin die BH mit Schreiben vom 3. April 2013 der Klägerin (u.a.) unter Hinweis auf die Rechtskraft des Bescheides vom 17. November 2008 erneut die Ersatzvornahme androhte und mitteilte, ihr eine neuerliche, letztmalige Nachfrist zur Erfüllung des baubehördlichen Auftrages bis zum 15. Mai 2013 einzuräumen, anderenfalls von jemand anderem die Leistung auf Gefahr und Kosten der Klägerin erbracht werde.

13 Mit Bescheid der BH vom 21. Mai 2013 wurde gemäß § 4 VVG die Erfüllung des Bescheides des Bürgermeisters vom 17. November 2008 im Wege der Ersatzvornahme durch Abtragung des verfahrensgegenständlichen Bauwerkes angeordnet und der Antrag der Klägerin vom 2. April 2013, das Vollstreckungsverfahren einzustellen, als unbegründet abgewiesen. Ferner trug die BH der Klägerin mit Bescheid vom 22. Mai 2013 die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme auf.

14 Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 teilte die BH der Klägerin (u.a.) mit, dass in Vollziehung der Vollstreckungsverfügung vom 21. Mai 2013 das mit der Ausführung beauftragte Unternehmen am 3. Juni 2013 mit den Arbeiten beginnen werde.

15 Laut dem Aktenvermerk der BH vom 2. Juli 2013 war an diesem Tag das Gebäude (ehemalige Hotel M.) abgetragen.

16 Die von der Klägerin gegen die oben genannten Bescheide vom 21. Mai 2013 und 22. Mai 2013 erhobenen Berufungen (vom 6. Juni 2013) wurden mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 28. November 2013 als unbegründet abgewiesen. In den vorgelegten Akten findet sich kein Nachweis über die Zustellung dieses Bescheides an die Klägerin. Diese stellte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2014 an die BH den Antrag, das nunmehr zuständige Landesverwaltungsgericht an die Erledigung ihrer Berufungen vom 6. Juni 2013 zu erinnern.

17 Mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 legte die BH diese Berufungen mit den Verwaltungsakten dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) unter Hinweis (u.a.) darauf, dass nach der Aktenlage davon auszugehen sei, dass der genannte Berufungsbescheid vom 28. November 2013 der Klägerin nicht zugestellt worden sei, vor.

18 Mit dem nunmehr antragsgegenständlichen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 28. April 2015 wurde unter Spruchpunkt I. die als Beschwerde zu behandelnde Berufung der Klägerin gegen den oben genannten Bescheid vom 21. Mai 2013 als unbegründet abgewiesen. (Die Spruchpunkte II. und III. des Erkenntnisses betreffen andere Erledigungen der Baubehörde). Unter Spruchpunkt IV. des Erkenntnisses wurde (u.a. betreffend Spruchpunkt I.) eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.

19 In Bezug auf Spruchpunkt I. führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Klägerin sei dem mit rechtskräftigem Bescheid vom 17. November 2008 erteilten baubehördlichen Auftrag bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens (Schreiben der BH vom 13. April 2010) und zu dessen Fortsetzung (Schreiben der BH vom 12. Februar 2013) nicht nachgekommen und habe von ihrer rechtskräftigen Baugenehmigung für den Umbau des ehemaligen Hotels nicht Gebrauch gemacht, weshalb die Voraussetzungen für die Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens erfüllt seien. Gemäß § 10 Abs. 2 VVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 habe die Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung nur aus bestimmten (näher angeführten) Gründen ergriffen werden können. Das Verwaltungsgericht vertrete die Auffassung, dass die Beschränkungen des § 10 Abs. 2 VVG aF und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf die vorliegende Beschwerde übertragbar seien.

20 Wenn die Klägerin vorbringe, dass der Titelbescheid aufgrund des Auftrages von Instandsetzungsmaßnahmen ohne Anführung der konkreten Maßnahmen und aufgrund der Wahlmöglichkeit zwischen Instandsetzung und Abtragung zu unbestimmt und somit nicht vollzugstauglich sei, so habe der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner bisherigen Judikatur eine dem Verpflichteten in einem Bauauftrag eingeräumte Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Methoden der Behebung eines Baugebrechens für zulässig erkannt. Dies gelte jedoch seiner Ansicht nach nicht für den Vollstreckungsbescheid, in dem konkretisiert werden müsse, in welcher Weise die Vollstreckung durchzuführen sei. Die BH habe im angefochtenen Bescheid die Erfüllung des Titelbescheides im Wege der Ersatzvornahme durch eine Abtragung des ehemaligen Hotels angeordnet. Zur Abtragung fänden sich im Spruch des Titelbescheides vom 17. November 2008 auch die Auflagen (Punkte 2. bis 12.). Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe die BH ihren Auftrag konkretisiert, und eine Wahlmöglichkeit bestehe im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nicht mehr. Dass die Anordnung des Abbruches zu unbestimmt sei, könne nicht erkannt werden.

21 Der Berufungsgrund gemäß § 10 Abs. 2 lit. a VVG aF könne auch in einer seit Zustellung des Titelbescheides eingetretenen Änderung des Sachverhaltes verwirklicht sein, aber nur dann, wenn diese Änderung wesentlich sei, das heiße, wenn bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Bescheid erlassen werden könne. Das Argument, dass für den Umbau des ehemaligen Hotels und die Errichtung von Wohnungen der Bestand belassen werde könne, führe zu keiner Änderung des Sachverhaltes, weil der Titelbescheid die Möglichkeit der Instandsetzung vorsehe und der Klägerin bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides die Wahlmöglichkeit zwischen Instandsetzung und Abbruch offen gestanden sei. Auch aus den bloßen "Bemühungen" der Klägerin um eine Instandsetzung des Hauses sei keine so wesentliche Änderung des Sachverhaltes abzuleiten, dass die Vollstreckung wegen Erfüllung des im Titelbescheid ausgesprochenen baupolizeilichen Auftrages gemäß § 10 Abs. 2 lit. a VVG aF unzulässig sein könnte. Darüber hinaus sei der Titelbescheid nicht nur wegen des baulichen Zustandes des ehemaligen Hotels erlassen worden, sondern auch, weil das Orts- und Landschaftsbild durch die teilweise begonnenen Abbrucharbeiten erheblich verunstaltet worden sei. Diesbezüglich werde jedoch keine Änderung des Sachverhaltes behauptet. Eine wesentliche Sachverhaltsänderung liege somit nicht vor.

22 Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens könne ein rechtskräftiger Titelbescheid nicht bekämpft werden. Das Schreiben des Bürgermeisters vom 1. März 2011 werde vom Verwaltungsgericht nicht als genereller Verzicht auf die Durchführung eines Vollstreckungsverfahrens gewertet. Die Aussage des Bürgermeisters, dass für ihn kein Abbruch in Frage komme, sei so zu verstehen, dass im Falle der fachmännischen Sanierung des Objektes von der Vollstreckung des baupolizeilichen Auftrages abgesehen werde. Da bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides jedoch keine Sanierung des Objektes vorgenommen worden sei, sei die Vollstreckung zulässig gewesen.

23 Mit Schreiben vom 24. März 2016 (vgl. darin Seite 2) stellte das Landesgericht Wels gemäß § 11 Abs. 1 AHG iVm Art. 133 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof den Antrag, die Rechtswidrigkeit des oben genannten Erkenntnisses "(Bescheid erster Instanz der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen 21. Mai 2013, BauRO1-4-2010)" festzustellen. Somit wird vom Landesgericht Wels die Überprüfung dieses Erkenntnisses nur im Umfang dessen Spruchpunktes I. beantragt.

24 Zu diesem Antrag führt das Landesgericht (u.a.) aus, es stelle sich die Frage, ob während einer aufrechten Baubewilligung ein zuvor erlassener Abbruchbescheid vollstreckt werden dürfe und ein Bescheid, der dem Adressaten "Instandsetzung oder Abbruch" auftrage, ausreichend bestimmt und vollstreckungstauglich sei.

25 Die Klägerin, das Land Oberösterreich und das Verwaltungsgericht haben jeweils eine schriftliche Äußerung erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

26 Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides bzw. eines Erkenntnisses oder Beschlusses im Sinne des § 65 Abs. 1 erster Satz VwGG die bei Erlassung der zu überprüfenden Entscheidung zu beachtende Sach- und Rechtslage zu Grunde zu legen hat (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 13. September 2016, Fe 2016/01/0001, mwH auf die insoweit übertragbare hg. Judikatur zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, und die gemäß § 70 VwGG anzuwendende Bestimmung des § 41 erster Satz VwGG) und das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall sein Erkenntnis an der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt dessen Erlassung auszurichten hatte (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 23. Mai 2017, Ro 2015/05/0021, mwN).

27 § 48 BO, LGBl Nr. 66/1994, in der im Zeitpunkt der Erlassung des Bauauftragsbescheides vom 17. November 2008 geltenden Fassung LGBl. Nr. 70/1998 lautet auszugsweise:

     "§ 48

     Baugebrechen

     (1) Hat sich der Zustand einer baulichen Anlage so

verschlechtert, daß

1.        eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit, die Hygiene

oder die körperliche Sicherheit von Menschen oder für fremde

Sachwerte entsteht,

2.        das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet wird oder

3.        schädliche Umwelteinwirkungen entstehen,

     liegt, gleichgültig worauf die Verschlechterung

zurückzuführen ist, ein Baugebrechen vor.

(2) Erlangt die Baubehörde Kenntnis vom Vorliegen eines Baugebrechens, hat sie die allenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen anzuordnen und dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung des festgestellten Baugebrechens durch Instandsetzung oder, wenn eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist oder so weitgehend wäre, daß sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen würde, die Abtragung aufzutragen. Ein Instandsetzungsauftrag steht der Erteilung einer Abbruchbewilligung nicht entgegen.

...

(4) Wenn die Behebung der Baugebrechen durch Instandsetzung auf verschiedene Art und Weise möglich ist, hat die Baubehörde dem Eigentümer Gelegenheit zu geben, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist mitzuteilen, wie er die Instandsetzung durchzuführen beabsichtigt. Kann erwartet werden, daß auf eine solche Art und Weise das Baugebrechen behoben wird, hat die Baubehörde den Instandsetzungsauftrag darauf abzustellen.

...

(6) Bei Gefahr im Verzug kann die Baubehörde ohne weiteres Verfahren und ohne Anhörung des Eigentümers die notwendigen Sicherungsmaßnahmen einschließlich der Räumung des Gebäudes oder der Gebäudeteile auf Gefahr und Kosten des Eigentümers durch Mandatsbescheid (§ 57 AVG) verfügen.

(7) Hat sich der Zustand einer baulichen Anlage oder eines Teiles davon so verschlechtert, daß eine Gefahr für das Leben oder die körperliche Sicherheit der Benützer dieser baulichen Anlage oder eines Teiles davon nicht auszuschließen ist, hat die Baubehörde die weitere Benützung der baulichen Anlage oder eines Teiles davon mit Bescheid bis zur Behebung des Baugebrechens zu untersagen. Abs. 6 gilt sinngemäß."

28 Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 - VVG, BGBl. Nr. 53/1991, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 hat in § 2 (auszugsweise), § 4 und § 10 den folgenden Wortlaut:

"§ 2. (1) Bei der Handhabung der in diesem Bundesgesetz geregelten Zwangsbefugnisse haben die Vollstreckungsbehörden an dem Grundsatz festzuhalten, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden ist.

..."

"a) Ersatzvornahme

§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."

"Verfahren

§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung."

29 Bei der Anordnung der Ersatzvornahme handelt es sich um eine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG.

30 Während nach der bis zum Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl. I Nr. 33, geltenden Rechtslage die Gründe für eine Berufung gegen eine Vollstreckungsverfügung auf den Rahmen des § 10 Abs. 2 VVG idF vor Inkrafttreten dieser Novelle (im Folgenden: § 10 Abs. 2 VVG aF) beschränkt waren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. März 2004, Zl. 2003/07/0062, mwN), ist im VVG in der im vorliegenden Fall anzuwendenden, oben angeführten Fassung in Bezug auf Vollstreckungsverfügungen keine Beschränkung der Beschwerdegründe normiert (vgl. zum Ganzen etwa Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 1293).

31 Soweit sich eine gegen die bescheidmäßige Anordnung der Ersatzvornahme erhobene Beschwerde auf Gründe stützt, die inhaltlich Berufungsgründe im Sinne § 10 Abs. 2 VVG aF darstellen, kann auf die zu dieser Gesetzesbestimmung ergangene hg. Judikatur zurückgegriffen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. April 2017, Ro 2015/07/0037).

32 Danach ist die Vollstreckung etwa unzulässig (§ 10 Abs. 2 Z 1 VVG aF), wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, wenn ein solcher dem Verpflichteten gegenüber nicht wirksam ist oder wenn der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist oder doch bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. November 2014, Zl. 2013/05/0035, mwN). Unzulässig ist eine Vollstreckung auch dann, wenn die im Titelbescheid auferlegte Verpflichtung zu unbestimmt ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. März 2008, Zl. 2007/05/0068, mwN, sowie zum Ganzen Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 1294).

33 Das Landesgericht Wels vertritt im vorliegenden Überprüfungsantrag die Auffassung, dass die Behörde gemäß § 48 Abs. 2 BO dem Eigentümer bei Vorliegen eines Baugebrechens entweder dessen Behebung durch Instandsetzung oder die Abtragung im Sinne eines "entweder/oder", nicht jedoch alternativ beides auftragen dürfe. Die alternative Auferlegung von einander ausschließenden Pflichten (Instandsetzung oder Abtragung) sei derart unbestimmt, dass der Bescheid in seiner Gesamtheit vollzugsuntauglich sei. Anders läge der Fall dann, wenn die Behörde für die Instandsetzung eine Frist gesetzt und für den Fall des fruchtlosen Verstreichens die Abbruchpflicht ausgesprochen hätte (z.B. "Instandsetzung bis ..., widrigenfalls der Abbruch aufgetragen wird"); diesfalls wäre die Leistungspflicht des Adressaten bestimmt gewesen.

34 Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 48 Abs. 2 BO hat die Baubehörde bei Kenntnis vom Vorliegen eines Baugebrechens die allenfalls erforderlichen Sicherungsmaßnahmen anzuordnen und dem Eigentümer unter Gewährung einer angemessenen Frist die Behebung des festgestellten Baugebrechens durch Instandsetzung oder, wenn eine Instandsetzung nicht mehr möglich ist oder so weitgehend wäre, dass sie einer Erneuerung der baulichen Anlage gleichkommen würde, die Abtragung aufzutragen, wobei ein Instandsetzungsauftrag der Erteilung einer Abbruchbewilligung nicht entgegensteht.

35 Ist also eine Instandsetzung der baulichen Anlage nicht mehr möglich oder wäre sie so weitgehend, dass sie einer Erneuerung der Anlage gleichkommen würde, dann ist nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung zwingend ein Abtragungsauftrag zu erteilen. In diesen Fällen kommt daher ein Instandsetzungsauftrag nicht in Betracht. Liegt hingegen keine dieser beiden Fälle vor (Instandsetzung möglich oder nicht zu weitgehend), so ist gemäß § 48 Abs. 2 BO ein Instandsetzungsauftrag und nicht (auch) ein Abtragungsauftrag zur Behebung des Baugebrechens zu erteilen.

36 Aus der genannten Bestimmung ergibt sich somit, dass es unzulässig ist, zur Behebung desselben Baugebrechens alternativ die Instandsetzung der baulichen Anlage oder deren Abtragung aufzutragen. Dies hat der Bürgermeister als Baubehörde verkannt, indem er der Klägerin mit Bescheid vom 17. November 2008 die "Instandsetzung oder Abtragung" des ehemaligen Hotels M. (bis spätestens 30. Juni 2009) aufgetragen hat. Wenn auch dieser Bescheid im Hinblick darauf mit § 48 Abs. 2 BO nicht in Einklang steht und insoweit einen rechtswidrigen Inhalt aufweist, so ist er mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen. Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 23. Mai 2017, Ro 2014/05/0041, mwN) kann jedoch im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden, in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides nicht mehr aufgeworfen werden. Die Vollstreckungsbehörde ist auch nicht berechtigt, im Wege einer "nachfolgenden Kontrolle" Rechtswidrigkeiten in vollstreckbaren Bescheiden durch teilweisen Nichtvollzug zu beseitigen (vgl. dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, zu § 1 VVG E 155 zitierte hg. Judikatur). Im Übrigen kommt es bei Fragen der Vollstreckung eines Titelbescheides nicht darauf an, was eine Behörde vorschreiben wollte, sondern darauf, was sie ausdrücklich vorgeschrieben hat (vgl. etwa Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, zu § 1 VVG E 70). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es bei Beurteilung des Inhaltes eines - entsprechend dem AVG - in Spruch und Begründung gegliederten Bescheides entscheidend auf den Abspruch ankommt, wie er im Spruch gefasst wird, kann doch nur der Bescheidspruch, nicht jedoch auch die Bescheidbegründung in Rechtskraft erwachsen und sind für die Beurteilung des Bescheidspruches, wenn dieser für sich keine Zweifel an seinem Inhalt offen lässt, Begründungselemente nicht etwa als Auslegungsbehelf heranzuziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1999, Zl. 99/03/0042).

37 Der BH, der als Bezirksverwaltungsbehörde (u.a.), soweit durch besondere Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Vollstreckung der von Gemeindebehörden - ausgenommen die Behörden der Städte mit eigenem Statut - erlassenen Bescheide auf Ersuchen dieser Behörden obliegt (§ 1 Abs. 1 Z 2 lit. b VVG) und die mit gemeindebehördlichem Schreiben vom 30. März 2010 ersucht worden war, den Bescheid vom 17. November 2008 zu vollstrecken, lag somit ein rechtskräftiger Bauauftragsbescheid als Vollstreckungstitel zur Vollstreckung vor. Ist nun in einem baupolizeilichen Auftrag die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Methoden der Behebung eines Baugebrechens eingeräumt, so muss nach der hg. Judikatur (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 27. Februar 1996, Zl. 95/05/0138, und vom 9. Oktober 2001, Zl. 2001/05/0123, mwN) im Vollstreckungsbescheid konkretisiert werden, in welcher Weise die Vollstreckung durchzuführen ist. Der Ausspruch dieser Wahlmöglichkeit im Bauauftragsbescheid bewirkte für sich allein somit - entgegen der im vorliegenden Antrag des Landesgerichtes Wels vertretenen Auffassung - noch keine Vollzugsuntauglichkeit dieses Bescheides.

38 Dennoch ist das hier zu beurteilende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes mit Rechtswidrigkeit belastet:

39 Nach dem bei der Vollstreckung (u.a.) von Bescheiden zu beachtenden, in § 2 VVG normierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ("Schonungsprinzip"; vgl. dazu auch Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 1301 f) ist von den Vollstreckungsbehörden bei der Handhabung der in diesem Bundesgesetz geregelten Zwangsbefugnisse jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden (§ 2 Abs. 1 leg. cit.). Wenn in einem baupolizeilichen Auftrag die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Methoden der Behebung eines Baugebrechens ausgesprochen wurde, so muss, wie bereits dargelegt, im Vollstreckungsbescheid festgelegt werden, in welcher der genannten Varianten die Vollstreckung durchzuführen ist, weil anders weder vom Verpflichteten noch in einem nachprüfenden Verfahren überprüft werden könnte, ob bei der von der Vollstreckungsbehörde vorgesehenen Vollstreckungsmaßnahme der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 2 VVG eingehalten wurde (vgl. dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, zu § 2 VVG E 8 zitierte hg. Judikatur).

40 Im Erkenntnis vom 14. April 1987, Zl. 86/05/0095, hat der Verwaltungsgerichtshof zu einem Fall, in dem die Behörde in Verkennung der Rechtslage anstatt eines Abbruchauftrages wegen Konsenswidrigkeit des Gebäudes einen Instandsetzungsauftrag erteilte, ausgeführt, dass dadurch Rechte des Verpflichteten nicht verletzt wurden, weil die Instandsetzung der mildere Eingriff war. Im vorliegenden Fall geht nun weder aus dem Vollstreckungsbescheid vom 21. Mai 2013 noch aus dem diesen bestätigenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes hervor, aus welchen Gründen im Wege der Ersatzvornahme die Abtragung und nicht die Instandsetzung der baulichen Anlage (konkret die Instandsetzung bzw. Beseitigung der festgestellten Baugebrechen - siehe dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1992, Zl. 91/05/0233) angeordnet wurde und dass es sich nach den Umständen des vorliegenden Falles bei der Anordnung der Abtragung gegenüber der Anordnung einer Instandsetzung um das gelindere zum Ziel führende Zwangsmittel (§ 2 Abs. 1 VVG) handelte. Es ergibt sich aus der Begründung aber auch nicht, dass die Abtragung nur deshalb angeordnet worden ist, weil die Behörde von der Vollzugsuntauglichkeit des Instandsetzungsauftrages ausgegangen ist.

41 Im Hinblick darauf hat das Verwaltungsgericht das zu überprüfende Erkenntnis mit einem wesentlichen Feststellungs- und Begründungsmangel belastet, sodass es sich in dieser Hinsicht als rechtswidrig erweist.

42 Demzufolge war gemäß § 67 VwGG die Rechtswidrigkeit dieses Erkenntnisses im Umfang dessen Spruchpunktes I. festzustellen.

43 Zu der im Antrag des Landesgerichtes angesprochenen Frage, ob die der Klägerin mit Bescheid des Bürgermeisters vom 6. Juni 2011 erteilte Baubewilligung eine Vollstreckung des Titelbescheides hinderte, ist Folgendes auszuführen:

44 Nach der hg. Judikatur ist die Vollstreckung eines Titelbescheides auch dann unzulässig, wenn sich nach der Entstehung des Exekutionstitels die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse in einem wesentlichen Punkt geändert haben und damit die objektiven Grenzen der Bescheidwirkungen andere geworden sind, wenn der Bescheid somit (auf Grund einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage) nicht mehr in derselben Form ergehen dürfte (vgl. das bereits genannte Erkenntnis, Zl. 2013/05/0035, mwN).

45 So wird ein Abtragungsauftrag gegenstandslos, wenn die erforderliche Baubewilligung für das ohne Baubewilligung errichtete, abzutragende Gebäude nachträglich rechtskräftig erteilt wird. Um die Vollstreckung eines solchen Auftrages zu hindern, muss die nachträgliche Bewilligung - nach dem Gesetz (ohne Baubewilligung ausgeführte bewilligungspflichtige bauliche Anlage, für die eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt wird; vgl. § 49 Abs. 1 und 2 BO) - jenes Bauwerk zum Gegenstand haben, dessen Vorschriftswidrigkeit im Titelverfahren festgestellt wurde (vgl. in diesem Zusammenhang nochmals das Erkenntnis, Zl. 2013/05/0035, mwN). Diese Judikatur bezieht sich auf Fälle ("Schwarzbauten"), in denen Bauwerke ohne den hiefür erforderlichen baurechtlichen Konsens ausgeführt wurden. In diesen Fällen ist, weil der Abtragungsauftrag mit der Erteilung dieser Baubewilligung wegen der Änderung des Sachverhaltes keine Rechtswirkungen mehr entfaltet, der auf dem Abtragungsbescheid fußende Vollstreckungsbescheid aufgrund eines dagegen erhobenen Rechtsmittels gemäß § 66 Abs. 4 AVG zu beheben (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. September 1992, Zl. 92/06/0121, und vom 29. April 1993, Zl. 93/06/0046, mwN).

46 Ist der Gegenstand eines baupolizeilichen Auftrages - wie im vorliegenden Fall - ein Bauwerk, an dem im Sinne des § 48 Abs. 1 Oö. BO Baugebrechen festgestellt wurden, deren Beseitigung angeordnet wurde, stellt eine etwa erteilte Baubewilligung für den Umbau dieses vorschriftswidrigen Bauwerkes keine Änderung des für die Erlassung des baupolizeilichen Auftrages maßgeblichen Sachverhaltes dar. Im Unterschied zu einem errichteten Schwarzbau, der nachträglich bewilligt wird, kommt für ein Gebäude mit festgestellten Baugebrechen die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung und damit seine nachträgliche Legalisierung in dieser Form nicht in Betracht. Die Erteilung einer Baubewilligung für den Umbau eines bewilligten Bauwerkes (an dem in einem baupolizeilichen Bescheid Baugebrechen festgestellt worden waren), im Zuge dessen die von einem Bauauftrag betroffenen Räumlichkeiten komplett umgebaut, saniert oder abgetragen würden, stellt somit keinen geänderten Umstand, der den Vollzug eines wegen Baugebrechen erteilten Abtragungsbescheides obsolet machen würde, dar. Die Behörde kann daher einen solchen Titelbescheid solange vollstrecken, als das Baugebrechen tatsächlich vorliegt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa Moritz, BauO Wien5, zu § 129 Abs. 4 BO, 355 zweiter Absatz, mwH auf die hg. Judikatur).

47 Die nach Erlassung des Titelbescheides mit dem (in Rechtskraft erwachsenen) Bescheid vom 6. Juni 2011 erteilte Baubewilligung für den "Umbau des bestehenden Gebäudes, Errichtung von Wohneinheiten" bewirkte somit keine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage im Vollstreckungsverfahren und keine Unzulässigkeit der Vollstreckung des Titelbescheides.

48 In dieser Hinsicht liegt daher - entgegen der vom Landesgericht Wels vertretenen Auffassung - keine Rechtswidrigkeit des hier zu beurteilenden Erkenntnisses vor.

49 Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 68 VwGG.

Wien, am 16. Oktober 2017

Schlagworte

Einhaltung der FormvorschriftenSpruch und BegründungInhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:FE2016050001.H00

Im RIS seit

21.11.2017

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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