TE Vwgh Erkenntnis 2000/8/17 2000/12/0140

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Veröffentlicht am 17.08.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
64/03 Landeslehrer;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
AVG §73;
LDG 1984 §106 Abs1;
NGZG 1971 §5 Abs2;
PG 1965 §4 Abs3 idF 1996/201;
PG 1965 §4 Abs3 idF 1997/I/138;
PG 1965 §4 Abs4 Z3 idF 1997/I/138;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/12/0143

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde der W in F, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen 1. den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 20. März 2000, Zl. 20202-L/3133121/0087-2000, betreffend Ruhegenussbemessung nach dem Pensionsgesetz 1965 und

2. den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 20. März 2000, Zl. 20202-L/3133121/0085-2000, betreffend Bemessung der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss nach dem Nebengebührenzulagengesetz zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im November 1947 geborene Beschwerdeführerin steht als Volkschuloberlehrerin in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Salzburg.

Sie befand sich ab 31. Oktober 1998 bis zu ihrer Ruhestandsversetzung im "Krankenstand". Mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 beantragte sie nach § 12 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984) ihre vorzeitige Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen. In Ergänzung dieses Antrages ersuchte sie mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 um Hinzurechnung von Zeiten nach § 9 des Pensionsgesetzes 1965 (PG) und von der Kürzung ihres Ruhegenusses Abstand zu nehmen, weil sie höchstwahrscheinlich erwerbsunfähig sei.

Nach Durchführung mehrerer Untersuchungen versetzte die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. März 2000 die Beschwerdeführerin mit 31. März 2000 in den Ruhestand und sprach aus, dass die Aktivbezüge mit diesem Tag eingestellt werden. Die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin stütze sich auf das fachärztliche Gutachten des Institutes für forensische Neuropsychiatrie vom 17. Februar 2000.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 20. März 2000 nahm die belangte Behörde die Bemessung des Ruhegenusses der Beschwerdeführerin vor. Der Spruch dieses Bescheides lautet (auszugsweise):

"Mit Bescheid vom 20.03.2000, Zl. ..., wurden Sie mit 31.03.2000 in den Ruhestand versetzt. Ihre Aktivbezüge werden daher mit 31.03.2000 eingestellt. Der Bemessung des Ruhegenusses ist eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 28 Jahren und 3 Monaten zugrundezulegen. Über eine Hinzurechnung von Jahren sowie über einen allfälligen Entfall der Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage kann erst nach Einlangen eines berufskundlichen Gutachtens entscheiden werden. Es gebührt Ihnen ab 01.04.2000 ein Ruhegenuss von 21.291,21 öS (1.547,29 Euro) monatlich brutto."

In der Begründung legte die belangte Behörde näher die Ermittlung der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit (ohne Anrechnung nach § 9 Abs. 1 PG), die besoldungsrechtliche Stellung der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Ruhestandsversetzung sowie das Kürzungsausmaß nach § 4 Abs. 3 PG dar.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 20. März 2000 nahm die belangte Behörde die Bemessung der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss vor. Der Spruch dieses angefochtenen Bescheides lautet (auszugsweise):

"Die Summe Ihrer Nebengebührenwerte beträgt 371,694 Punkte. Es gebührt Ihnen daher ab 01.04.2000 eine Nebengebührenzulage von 210,40 öS (15,29 Euro) monatlich brutto. Die gesetzlichen Abzüge werden einbehalten."

In der Begründung verwies die belangte Behörde darauf, dass dem Ruhegenuss der Beschwerdeführerin eine gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage zu Grunde liege. Es sei daher die Nebengebührenzulage in jenem Ausmaß zu kürzen gewesen, das dem Verhältnis der gekürzten zur vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage entspreche (64,66 % : 80 %).

Gegen beide Bescheide richtet sich die in einem Schriftsatz erhobene Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Rechtslage

1. Gemäß § 12 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984 (LDG 1984), BGBl. Nr. 302, ist der Landeslehrer von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Landeslehrer dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monates, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, oder mit Ablauf des darin festgesetzten späteren Monatsletzten wirksam (§ 14 Abs. 6 LDG 1984 in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201).

Nach § 106 Abs. 1 LDG 1984 gelten für das Besoldungs- und Pensionsrecht mit bestimmten Abänderungen, die jedoch im Beschwerdefall ohne Bedeutung sind, das Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340 (Z. 2) und das Nebengebührenzulagengesetz, BGBl. Nr. 485/1971 (Z. 5).

2. Nach § 4 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 (Stammfassung), wird der Ruhegenuss auf der Grundlage des ruhegenussfähigen Monatsbezuges und der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ermittelt.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung bilden 80 v.H. des ruhegenussfähigen Monatsbezuges die Ruhegenussbemessungsgrundlage.

Abs. 3 dieser Bestimmung in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, der am 1. Mai 1996 in Kraft getreten ist, lautet:

"(3) Für jeden Monat, der zwischen dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand und dem Ablauf des Monates liegt, in dem der Beamte sein 60. Lebensjahres vollendet haben wird, ist die Ruhegenussbemessungsgrundlage von 80 % um 0,1667 Prozentpunkte zu kürzen. Das sich aus dieser Kürzung ergebende Prozentausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage ist auf zwei Kommastellen zu runden."

Gemäß § 4 Abs. 4 Z. 3 PG 1965 in der am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fassung des Art. 4 Z. 1 des 1. Budgetbegleitgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 138, findet eine Kürzung nicht statt, wenn der Beamte zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung dauernd erwerbsunfähig ist.

Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. in der obgenannten Fassung gilt ein Beamter nur dann als dauernd erwerbsunfähig im Sinne des Abs. 4 Z. 3, wenn er infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außer Stande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.

3. Gemäß § 4 Abs. 1 des Nebengebührenzulagengesetzes (NGZG), BGBl. Nr. 485/1971, gebührt dem Beamten, der anspruchsbegründende Nebengebühren bezogen hat, eine monatliche Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss.

Sie ist nach dem ersten Satz des § 5 Abs. 1 NGZG auf der Grundlage der in der Zeit vom 1. Jänner 1972 bis zum Ausscheiden aus dem Dienststand im Beamtendienstverhältnis festgehaltenen Summe der Nebengebührenwerte zu bemessen.

Liegt dem Ruhegenuss eine gemäß § 4 Abs. 3 und 6 des Pensionsgesetzes 1965 gekürzte Ruhegenussbemessungsgrundlage zu Grunde, so ist die Nebengebührenzulage in jenem Ausmaß zu kürzen, das dem Verhältnis der gekürzten zur vollen Ruhegenussbemessungsgrundlage entspricht.

II. Beschwerdeausführungen

1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den erstangefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Ruhegenuss in gesetzlicher Höhe, durch den zweitangefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf eine dem Gesetz entsprechend bemessene Nebengebührenzulage, durch beide Bescheide in ihrem Recht auf richtige Anwendung der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt.

2.1. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, beide Bescheide gingen nicht auf die für Zurechnung von Zeiten nach § 9 Abs. 1 PG erforderliche Erwerbsunfähigkeit bzw. auf die für den Entfall der Kürzungsbestimmung nach § 4 Abs. 4 Z. 3 PG (bzw. § 5 Abs. 2 NGZG) geforderte dauernde Erwerbsunfähigkeit ein. Lediglich aus dem Spruch des erstangefochtenen Bescheides lasse sich die Auffassung der belangten Behörde ableiten, dass darüber erst nach Einholung eines berufskundlichen Gutachtens entschieden werden könne. Diese Rechtsauffassung sei verfehlt. Aus der Systematik der Abs. 1 bis 4 des § 4 PG ergebe sich, dass - anders als im Fall nach § 9 Abs. 1 PG - eine einheitliche Regelung betreffend die Ermittlung des monatlichen Ruhegenusses vorliege. Es sei daher unzulässig, einen Teil dieser Gesamtregelung (hier: § 4 Abs. 3 PG) herauszugreifen, und die Anwendung der übrigen Regelung zu unterlassen bzw. aufzuschieben. Die Abschlagsregelung nach Abs. 3 dürfe nämlich nicht angewendet werden, wenn ein Tatbestand nach § 4 Abs. 4 leg. cit. (hier: nach Z. 3) die Kürzung ausschließe. Werde der Ruhegenuss unter Anwendung der Abschlagsregelung bemessen und setze sich die Partei dagegen nicht zur Wehr, habe sie wegen § 68 AVG keinen Rechtsanspruch auf Abänderung der rechtskräftigen Bemessung und neuerliche Entscheidung. Aus diesem Grund sei die Beschwerdeführerin zur Beschwerdeerhebung genötigt gewesen. Dies gelte auch für den erstangefochtenen Bescheid. Der Hinweis in dessen Spruch auf eine spätere Entscheidung zur Frage, ob eine Ausnahme von der (angewandten) Abschlagsreglung nach § 4 Abs. 3 PG vorliege, begründe ihrer Auffassung nach keinen Rechtsanspruch auf eine spätere neuerliche Entscheidung, der von Gesetzes wegen nicht gegeben sei.

2.2. Dem ist Folgendes zu erwidern:

2.2.1. Der nur im erstangefochtenen Bescheid enthaltene Satz ("Über eine Hinzurechnung von Jahren sowie über einen allfälligen Entfall der Kürzung der Ruhegenussbemessungsgrundlage kann erst nach Einlangen eines berufskundlichen Gutachtens entschieden werden") ist seinem Inhalt nach als Entscheidungsvorbehalt über die endgültige Bemessung des der Beschwerdeführerin zustehenden Ruhegenusses zu werten, der diesem Bescheid im Ergebnis bloß den Charakter einer "vorläufigen" Entscheidung verleiht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin begründet ein rechtskräftiger Bescheid mit einem derartigen Inhalt - und zwar unabhängig davon, ob eine solche Verfügung gesetzmäßig ist oder nicht - einen Rechtsanspruch auf Entscheidung über die vorbehaltenen Fragen, dessen Geltendmachung daher nicht der Einwand der "entschiedenen Sache" (im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG) entgegengehalten werden kann.

Unabhängig davon ist ein derartiger Entscheidungsvorbehalt - soweit er das Verhältnis § 4 Abs. 3 zu § 4 Abs. 4 (hier: Z. 3) PG betrifft (nur dieser Teil des Vorbehaltes ist strittig) - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht schlechthin unzulässig, wenn man das Gesamtsystem des PG hinreichend berücksichtigt.

Nach dem bisherigen System des PG ist nämlich davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch den Aufbau dieses Gesetzes im Regelfall eine relativ schematische Ermittlung der Ruhegenussbemessung ermöglichen wollte, die - ausgehend von bestimmten "Eckdaten", die im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung (des Todes) des Beamten typischerweise bereits vorliegen oder ohne Aufwand zu ermitteln sind - vergleichsweise rasch erfolgen kann. Dies dient u.a. offenbar dem Ziel, dass die bescheidmäßig vorzunehmende Ruhegenussbemessung, die im Regelfall nur (bereits feststehende) gesetzliche Ansprüche feststellt, solche aber nicht begründet, möglichst in zeitlicher Nähe zur Ruhestandsversetzung erfolgen kann. Von diesem üblicherweise relativ einfachen Verfahrensablauf der Ruhegenussbemessung weicht § 4 Abs. 4 Z. 3 PG insofern ab, als der Entfall der Kürzung wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit im Streitfall in einem relativ komplexen Ermittlungsverfahren (in dem in der Regel jedenfalls ärztliche Sachverständige, allenfalls auch berufskundliche Sachverständige beizuziehen sind), das unter Einhaltung eines dem Gesetz entsprechenden Verwaltungsverfahrens länger dauern kann, von der Dienstbehörde im Ruhegenussbemessungsverfahren zu klären ist. Zwar kann die Dienstbehörde dazu auf bereits im Ruhestandsversetzungsverfahren angestellte Ermittlungen (insbesondere ärztliche Gutachten) zurückgreifen, soweit dort dazu Untersuchungen angestellt wurden (was insbesondere für den hier nicht vorliegenden Fall bedeutsam ist, dass - wie im Bundesbereich der Regelfall - die für die Ruhestandsversetzung zuständige (Aktiv)Dienstbehörde und die für die Ruhegenussbemessung zuständige (Pensions) Dienstbehörde zwei verschiedene Behörden (aus verschiedenen Ressorts) sind). Zu beachten ist aber, dass sich der Begriff der (dauernden) Dienstunfähigkeit im Sinn des § 12 Abs. 3 LDG 1984 - nur dieser ist für den Ausgang des Ruhestandsversetzungsverfahrens von entscheidender Bedeutung - nicht mit dem der dauernden Erwerbsunfähigkeit im Sinn des § 4 Abs. 4 Z. 3 PG deckt. Der letztgenannte Begriff ist daher im Streitfall nicht im Ruhestandsversetzungsverfahren, sondern im Ruhegenussbemessungsverfahren zu klären, für dessen Ausgang er rechtserheblich ist. Der Gesetzgeber geht im Fall der "Frühpensionierung" eines Landeslehrers bzw. Beamten (das heißt - derzeit - vor Vollendung des 60. Lebensjahres) offenbar davon aus, dass die (relativ einfach und schematisch zu handhabende) Kürzung der Ruhegenussbemessung der Regelfall, deren Entfall nach § 4 Abs. 4 (hier: nach Z. 3) PG der Ausnahmefall ist. Berücksichtigt man dies, so ist vor dem Hintergrund des oben dargelegten Grundsatzes der Einfachheit und Raschheit des Ruhegenussbemessungsverfahrens davon auszugehen, dass die (zuständige) Dienstbehörde im Fall der "Frühpensionierung" nur dann endgültig über den Ruhegenuss abzusprechen hat, wenn nach der Lage des Falles das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Ausnahmetatbeständen von der Kürzung unstrittig ist. Ist dies nicht der Fall und daher mit einem längeren Verfahren zur Klärung des dafür maßgebenden Sachverhaltes zu rechnen, hält es der Verwaltungsgerichtshof für zulässig, unter Anwendung der Kürzungsbestimmung den Ruhegenuss nur vorläufig zu bemessen und die Entscheidung über den möglichen Entfall der Kürzungsbestimmung einer gesonderten Entscheidung vorzubehalten (die im Fall der aus der Sicht des Betroffenen späteren positiven Entscheidung zu einem höheren Ruhegenuss und einer entsprechenden Pflicht der Behörde zur Nachzahlung führt). Freilich gelten auch für dieses vorbehaltene Verfahren die Entscheidungsfristen des nach dem DVG anzuwendenden § 73 AVG (in diesem Sinn bereits das zur - mit dem PG in dieser Beziehung übereinstimmenden - Wiener Pensionsordnung 1995 ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2000, 2000/12/0032). Eine rasche vorläufige Bemessung des Ruhegenusses, die in zeitlicher Nähe zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ruhestandsversetzung erfolgt, stellt auch sicher, dass dem Ruhestandsbeamten der Ruhegenuss rechtmäßig laufend ausbezahlt werden kann.

Dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für einen (an sich zulässigen) Entscheidungsvorbehalt nicht vorliegen, hat die Beschwerdeführerin nicht vorgebracht. Dass solche Gründe vorlägen, lässt sich auch den vorgelegten Verwaltungsakten nicht entnehmen, zumal im ärztlichen Sachverständigengutachten, das die belangte Behörde im Ruhestandsversetzungsverfahren herangezogen hat, der Beschwerdeführerin (aus medizinischer Sicht) attestiert wurde, fähig zu sein, einfache Tätigkeiten weiterhin auszuführen und daher (in diesem Sinn) erwerbsfähig zu sein, während die Beschwerdeführerin den gegenteiligen Standpunkt eingenommen hat (vgl. dazu ihr Ergänzungsschreiben vom 20. Oktober 1999), ohne dass erkennbar wäre, dass sie diesen in der Zwischenzeit im Ruhegenussbemessungsverfahren aufgegeben hätte. Es ist daher (unbeschadet des Ausgangs eines Verfahrens nach § 9 Abs. 1 PG) die in diesem Verfahren entscheidende Rechtsfrage, ob eine dauernde Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 4 Z. 3 in Verbindung mit dem Abs. 7 PG vorliegt, die zum Entfall der Kürzung zu führen hat, strittig und - allenfalls nach weiteren Ermittlungen - zu klären und zu entscheiden.

2.2.2. Was den zweitangefochtenen Bescheid betrifft, ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass er in seinem Spruch keinen ausdrücklichen Hinweis enthält, der als Entscheidungsvorbehalt zu werten ist. Er baut aber in seiner Begründung in Verbindung mit dem zweiten Satz des § 5 Abs. 2 NGZG erkennbar auf dem erstangefochtenen Bescheid (Bemessung des Ruhegenusses der Beschwerdeführerin) auf und übernimmt das Ausmaß der Kürzung auch für die Ermittlung der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss. Ist aber der Ruhegenuss der Beschwerdeführerin - wie oben unter 2.2.1. gezeigt - bloß vorläufig bemessen worden, dann gilt dies im Hinblick auf diese in der Begründung des zweitangefochtenen Bescheides vorgenommene Verknüpfung auch für die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss nach dem NGZG, auch wenn ein deutlichere Klarstellung im zweitangefochtenen Bescheid angezeigt gewesen wäre (vgl. zur Frage, ob ein pensionsrechtlicher Bemessungsbescheid als endgültige oder als bloß vorläufige Entscheidung auszulegen ist, und welche Rechtsfolgen dies hat, das obzitierte zur Wr. PO 1995 ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2000).

Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde gegen den erst- und zweitangefochtenen Bescheid als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2, 49 und 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. August 2000

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter Abspruch Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000120140.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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