TE Dok 2017/5/29 01081_9_DK_16

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Veröffentlicht am 29.05.2017
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Norm

BDG §43 Abs2
StGB §127

Schlagworte

Dienstpflichtverletzung, Diebstahl in der Dienstzeit

Text

SPRUCH

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat I, hat nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am XX.2017 durch HR Mag. Wolfgang Puchleitner als Senatsvorsitzenden sowie HR Mag. Anna Holper und AD Wolfgang Tatzgern als weitere Mitglieder des Disziplinarsenats gegen Amtsdirektor (AD) Beschuldigter (B), Beamter des Zollamtes XY, in Abwesenheit des Disziplinarbeschuldigten sowie im Beisein des Disziplinaranwaltes HR Mag. Werner Hofmann und des Schriftführers Mag. Markus Knechtl sowie nach Ablauf der AD B eingeräumten Frist zur Abgabe einer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahmen, in Ihrer Sitzung am XX.2017 zu Recht erkannt: AD B, Beamter des Zollamtes XY, ist schuldig, durch sein Verhalten im Hinblick auf die Verwirklichung des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB, wie in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft X unter 00 BAZ 000/00 vom XX.2016 dargelegt, seine Dienstpflichten gem. § 43 Abs. 2 BDG 1979 schuldhaft verletzt dadurch eine Dienstpflichtverletzung gem. § 91 BDG 1979 begangen zu haben. Es wird daher über Amtsdirektor B gem. § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 300,00 (in Worten: Euro dreihundert) verhängt.

Begründung

I Abkürzungen:

AS = Aktenseite des Disziplinaraktes

BMF = Bundesministerium für Finanzen

LPD = Landespolizeidirektion

StA = Staatsanwaltschaft

VS = Vorstand des Zollamtes

ZA = Zollamt

II Beweismittel:

? Disziplinaranzeige vom XX.2016 (AS 2-3)

? Bericht der LPD YX vom XX.2016 (AS 4-5)

? Eingabe des AD B an den Vorstand des ZA (AS 5a)

? Mitteilung der StA X an den Beschuldigten vom möglichen Rücktritt von der Verfolgung nach Zahlung eines Geldbetrages vom XX.2016 (AS 11)

? StA X: Verständigung des Beschuldigten vom Rücktritt von der Verfolgung nach Zahlung eines Geldbetrages vom XX.2016 (AS 51)

? Verhandlungsschrift vom XX.2017 (AS 35-37)

? Schriftliche Stellungnahme des AD B vom XX.2017 (AS 43)

? Vergleichsausfertigung des BG YX vom XX.2009 (AS 44-46)

? Tilgungsplan der Bank XY (AS 47-49)

III Verfahrensrechtliche Entscheidungen:

AD B wurde mittels Schriftsatz vom XX.2017 als Beschuldigter zur mündlichen Verhandlung vor der Disziplinarkommission für XX.2017 geladen. In dieser Ladung wurde er darauf hingewiesen, dass gemäß § 125a BDG 1979 die mündliche Verhandlung auch in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt werden kann (AS 30). Am XX.2017 wurde der Senat I der DK beim BMF durch die Dienstbehörde verständigt, dass der Disziplinarbeschuldigte in der Zeit zwischen XX.2017 und XX.2017 urlaubsbedingt vom Dienst abwesend ist.

Rechtslage zum Verfahrensablauf:

§ 125a Abs. 1 BDG 1979: Die mündliche Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt werden, wenn der Beschuldigte trotz ordnungsgemäß zugestellter Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, sofern er nachweislich auf diese Säumnisfolge hingewiesen worden ist.

§ 125a Abs. 4 BDG 1979: In den Fällen des Abs. 1 ist vor schriftlicher Erlassung des Disziplinarerkenntnisses dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, von dem Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen

Der Disziplinarsenat hat am XX.2017 beschlossen, die mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten durchzuführen. Im Hinblick auf die Rechtsfolgen des
§ 125a BDG 1979 war aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Verfahrensbeschleunigung, im Rahmen des freien Ermessens, der Durchführung der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit des Disziplinarbeschuldigten der Vorrang, vor der Abberaumung der mündlichen Verhandlung und deren Neuausschreibung, einzuräumen.

Diese Verfahrensanordnung war aus folgenden Gründen zu treffen:

? Ob die Zustellung der Ladung an AD B bewirkt wurde konnte bis zum XX.2017 nicht festgestellt werden, da der Rücklauf des Zustellnachweises nicht festzustellen war.

? Eine längerfristige Ortsabwesenheit des AD B war nicht feststellbar, da diese der Post nicht gemeldet war;

? ein Disziplinarbeschuldigter kann nicht verpflichtet werden, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen;

? AD B hat von seinem Recht gem. § 107 BDG 1979 nicht Gebrauch gemacht, einen Verteidiger zu bestellen;

? die verfahrensgegenständlichen Beweismittel (Disziplinaranzeige samt Beilagen) wurden AD B bereits vor der mündlichen Verhandlung bekannt gemacht;

? AD B hat eine Stellungnahme (AS 5a) schriftlich eingereicht, in welcher der vorliegende Sachverhalt nicht bestritten wird und in der eine schuldeinsichtige Verantwortung zum Ausdruck gebracht wird;

? dem abwesenden Beschuldigten ist das Ergebnis der Beweisaufnahme vor der Entscheidung des Senates zur Stellungnahme gem. § 125a Abs. 4 BDG 1979 zuzuleiten;

Der Disziplinarsenat hat AD B über das Ergebnis der Beweisaufnahmen mit Schriftsatz vom XX.2017 in Kenntnis gesetzt und hat die Beweismittel in Ablichtung übermittelt (AS 39-40). AD B hat sich mit Eingabe vom XX.2017 (Eingangsdatum, AS 57a) schriftlich geäußert und Beilagen über seine Vermögenssituation angeschlossen (AS 44-53).

IV Sachverhalt:

AD B hat in einer schriftlichen Stellungnahme an seinen Vorstand HR F. dargelegt, dass er am XX.2016 seine Dienststelle ohne Abmeldung verlassen hat und sich um ca. 10:45 Uhr in einem Baumarkt in S befunden hat. Dort wurde er von einem Sicherheitsorgan des Baumarktes nach dem Verlassen des Kassenbereiches angehalten und es wurde dabei festgestellt, dass er Waren im Gegenwert von Euro 19,99 (Schwimmbadzubehör) ohne Bezahlung mitgenommen hatte. Es folgte daran anschließend eine Beschuldigteneinvernahme in der Polizeidienststelle S. Am XX.2016 hat die Staatsanwaltschaft X dem Beschuldigten den möglichen Rücktritt von der Verfolgung wegen des Vergehens nach §§ 15, 127 StGB schriftlich mitgeteilt, wenn AD B innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung einen Geldbetrag von Euro 1.500,00 bezahlt (Diversion). Am XX.2016 hat die Staatsanwaltschaft X den Beschuldigten schriftlich verständigt, dass sie von der Verfolgung nach Zahlung des Geldbetrages zurücktritt. AD B hat in seiner undatierten Eingabe an den Vorstand des ZA erklärt, dass er sein Verhalten als Fehlverhalten erkennt, dass er sich dafür entschuldige und dass er sein Verhalten aufrichtig bedauere. In seiner Eingabe an den Disziplinarsenat vom XX.2017 teilt AD B mit, dass er sein unbesonnenes Verhalten als Fehlverhalten erkenne und sich für seine Pflichtverletzung entschuldige.

Rechtslage:

§ 43 Abs. 2 BDG 1979: Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Würdigung:

Aus der Darstellung des Sachverhaltes ist als erwiesen festzustellen, dass AD B am XX.2016 in der Dienstzeit, ohne sich abzumelden, in einem Baumarkt in S ein Verhalten gesetzt hat, wodurch er den Verdachtes des versuchten Diebstahl begründet hat. Dieses Verhalten hatte eine strafrechtliche Verfolgung durch die StA X zur Folge. Die StA X hat die gesetzlichen Voraussetzungen erkannt, AD B einen außergerichtlichen Tatausgleich gem. § 200 Abs. 4 StPO anzubieten, und von einer Anklage zurückzutreten. AD B hat durch Zahlung des Geldbetrages von € 1.500,00 die Voraussetzungen geschaffen, dass die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung zurückgetreten ist. Somit ist festzuhalten, dass AD B zwar ein Verhalten gesetzt hat, dass eine strafrechtliche Folge nach sich gezogen hat, jedoch strafrechtlich nicht verurteilt ist. Dieses Verhalten ist disziplinarrechtlich mit Bezug auf § 43 Abs. 2 BDG 1979 zu würdigen. § 43 Abs. 2 BDG 1979 verpflichtet den Beamten in seinem gesamten Verhalten darauf zu achten, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben (Vollziehung der Gesetze) erhalten bleibt. Das Vertrauen der Allgemeinheit ist nach Ansicht des Disziplinarsenates dann gefährdet, wenn der Beamte Verhaltensweisen setzt, aus denen erkennbar ist, dass er selbst Rechtsvorschriften nicht einhält. Da es sich beim gegenständlichen Sachverhalt um den Verstoß gegen Rechtsgüter handelt, die von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung sind und die deshalb durch das Strafrecht sanktioniert sind, ist auch die Rechtsverletzung schwerwiegend und daher geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit negativ zu beeinträchtigen. Dieser Umstand war AD B auch bewusst, wie aus seinem weiteren Verhalten nach der Entdeckung der Tat zu schließen ist. Er hat sein Fehlverhalten erkannt, den Dienstgeber umgehend informiert und sich mehrmals entschuldigt. Somit ist die Dienstpflichtverletzung gem. § 43 Abs. 2 BDG 1979 als erwiesen festzustellen.

Strafbemessung:

§ 93 Abs. 1 BDG 1979: Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

§ 92. Abs. 1 BDG 1979 (Disziplinarstrafen)

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen

4. die Entlassung.

Abs. 2: In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

In Interpretation des § 93 BDG 1979 hat der VwGH zuletzt am 12.11.2013 unter VwGH Zl. 2013/09/0045 wörtlich ausgeführt: „Gem. § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung als Maß für die Höhe der Strafe festgelegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der Strafbemessungsschuld des Strafrechts. Für die Strafbemessung ist daher sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 Blg. Nr. 14 GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der Unrechtsgehalt) wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB – wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt.“ Der Disziplinarsenat billigt dem objektiven Unrechtsgehalt der Dienstpflichtverletzung erhebliches Gewicht zu. Hinsichtlich der subjektiven Schwere der Tat ist darauf zu verweisen, dass AD B bewusst sein musste, durch sein Verhalten rechtswidrig zu handeln. Von den gem. § 92 Abs. 1 BDG 1979 möglichen Disziplinarstrafen erachtet der Disziplinarsenat die Festsetzung einer Geldbuße als zutreffende Sanktion. Ein Verweis erscheint schon nach der objektiven Schwere der Tat nicht angemessen, die Verhängung einer bedeutenderen Disziplinarstrafe aber in Anbetracht der Tatumstände andererseits als überschießend. Bei der Ausmessung der Geldbuße sind die Gebote der Spezialprävention und der Generalprävention gem. § 93 Abs. 1 BDG 1979 zu beachten. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Dazu hat der Disziplinarsenat erwogen, dass dem Gebot der Spezialprävention kein erhöhtes Gewicht beizumessen ist, da AD B seine Fehler eingesehen hat, und sein Geständnis reumütig und glaubwürdig und wiederholt dargelegt hat. Im Weiteren ist im Sinne des § 93 Abs. 1 BDG 1979 der generalpräventive Aspekt bei der Festsetzung der Strafe im gleichen Ausmaß zu berücksichtigen wie die Spezialprävention. Mit Bezug auf dieses gesetzliche Erfordernis erachtet es der Disziplinarsenat als erforderlich, durch die Festsetzung einer Disziplinarstrafe und durch die Höhe ihrer Ausmessung ein Signal zu setzen, dass Beamtinnen und Beamte ihr gesamtes Verhalten auch tatsächlich nach jenen Erfordernissen ausrichten, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben gewährleisten. Dies ist aber bei der Verwirklichung strafrechtlich relevanter Tatbestände nicht der Fall. Unter Berücksichtigung der Tatumstände und der vorliegenden Milderungsgründe war eine besondere Ausmessung der Höhe der Geldbuße nicht geboten. Unter Bezugnahme auf § 92 Absatz 1 Ziffer 2 BDG 1979 ist der Strafrahmen für die Geldbuße mit einem halben Monatsbezug (Grundbezug, Wahrungszulage, Funktionszulage = 0.000 € durch 2 = 0.000 €) zu errechnen. Bei der Ausmessung der Geldbuße hat der Disziplinarsenat die bisherige disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis und das Wohlverhalten nach der Tat als mildernd berücksichtigt. Erschwerend wurde nichts gewertet. Auf die aktenkundigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde Bedacht genommen.

-END-

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2017
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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