TE Lvwg Erkenntnis 2017/10/3 LVwG-2017/25/1721-5

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Veröffentlicht am 03.10.2017
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Entscheidungsdatum

03.10.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §1 Abs2
GewO 1994 §74 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Alexander Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft Adresse 2, Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. BB, Adresse 1, Y, vom 08.20.17 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 14.06.2017, ****, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

1.       Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Im bekämpften Straferkenntnis wird Frau AA folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über sie verhängt:

„Sie haben es als Obfrau des Sport-Fördervereins W-Z zu verantworten, dass zumindest im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 13.06.2017 am Standort Z, T (Gp. ****.), eine bewilligungspflichtige Betriebsanlage mit Gewinnabsicht und regelmäßig betrieben wurde, ohne hierfür eine entsprechende gewerberechtliche Genehmigung eingeholt zu haben. Betrieben wurde die Anlage unter anderem, indem das Nächtigen von Bergsteigern ermöglicht wird oder dass Speisen zubereitet werden. Die Genehmigungspflicht ergibt sich bereits aufgrund ihrer abstrakten Eignung, die Schutzinteressen des § 74 Abs 2 Z 2 GewO 1994 zu beeinträchtigen, konkret das Leben oder die Gesundheit zB der Gewerbetreibenden oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen (zB bei einem Brand).

Dadurch haben Sie folgende Vorschriften verletzt:

§ 74 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 iVm § 366 Abs. 1 lit 2 . Fall Gewerbeordnung 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird üb e r Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in €          /falls diese uneinbringlich ist           gemäß

/Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 750,-                    180 Stunden                                      § 366 Gew0 1994

Die Bestrafte hat als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch € 10,00, also € 75,- zu zahlen

und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in der Frau AA durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass es sich beim gegenständlichen Verein um einen gemeinnützigen nicht auf Gewinn ausgerichteten Verein handle. Der Verein habe die Hütte als Bittleihe inne. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchzuführen, in dem sich ergeben hätte, dass die Beschuldigte bzw der Verein keine bewilligungspflichtige Betriebsanlage unter Umgehung der Gesetze betreibt. Die Feststellung, dass die Anlage abstrakt geeignet sei, die Schutzinteressen des § 74 Abs 2 Z 2 GewO zu beeinträchtigen, könne nicht anhand einer bloßen Internetrecherche getroffen werden. Es werde der Verjährungseinwand erhoben. Die erstbehördliche Feststellung, dass die Beschwerdeführerin einen auf Gewinn ausgerichteten Verein betreibe, beruhe auf einer bloßen Vermutung. Die Problematik der sogenannten Tagesmitgliedschaften könne nicht zum Nachteil der Beschuldigten gesehen werden, wenn es keine ausreichenden Normen dazu gibt, wie derartige Vereinsmitgliedschaften zu handhaben sind. Anlässlich einer Behördenvorsprache sei der Rechtsmittelwerberin vom damaligen Sachbearbeiter der Bezirkshauptmannschaft bestätigt worden, dass es keine konkrete Vorschrift hinsichtlich Tagesmitgliedschaften gebe. Damit sei die jedenfalls exkulpiert. Die Ausgabe von Getränken und Speisen sowie die Möglichkeit des Nächtigens sei auf Vereinsmitglieder beschränkt. Da nicht ausgeführt werde, welche konkreten Brandschutzbestimmungen verletzt worden wären, könne nicht festgestellt werden, dass das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden oder dessen Kunden zB bei einem Brand gefährdet wäre. Es werde deshalb Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung beantragt.

Beweis aufgenommen wurde in der mündlichen Verhandlung am 16.08.2017 durch die Einvernahme der Beschwerdeführerin und die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Z und des Landesverwaltungsgerichts Tirol.

Dabei gab die Beschuldigte Folgendes an:

„Ich schildere den Verhandlungsteilnehmern die Entstehungsgeschichte der Übernahme der Hütte, zu deren Zweck der Sport-Förderverein-W Z gegründet wurde.

Es hat sich früher um ein Ausbildungslager des Bundesheers gehandelt. Die Hütte war dem Verfall preisgegeben. So habe ich durch viel Engagement erreicht, dass unser Verein die Hütte vom Wirtschaftsministerium im Wege einer Bittleihe zur Verfügung gestellt bekommen hat. Es war anfangs überhaupt kein Inventar vorhanden und so habe ich von verschiedensten Seiten das nunmehr vorhandene Inventar „zusammengebettelt“ oder ganz billig zusammengekauft. Vom Bundesheer war nur ein Elektroherd übrig geblieben, der aufgrund der großen Plattendurchmesser für uns jedoch nicht nutzbar ist. Die Hütte verfügt über einen Stromanschluss und die Trinkwasserversorgung ist mittels einer UV-Desinfektionsanlage gewährleistet.

Der Sport-Förderverein W Z hat derzeit 28 Mitglieder. Die Hütte ist vom 01. Mai bis 31. Oktober geöffnet. Über den Winter ist die Hütte geschlossen. Zu Saisonbeginn wird die Hütte von den Vereinsmitgliedern wieder gereinigt und auf Vordermann gebracht. Die Widmung der Hütte lautet weiterhin „Militärischer Alpinstützpunkt“. Die Hütte ist über eine Interessentenstraße erschlossen, wobei das Bundesheer zehn Beitragsanteile hatte. Gegen eine andere Aufteilung der Beitragsanteile - dh eine Verringerung unseres Beitragsanteils von 10 % - sind die anderen Straßeninteressenten. Da die Hütte in einem Naturschutzgebiet gelegen ist, war für die Zufahrt auch noch eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich. Diese haben wir bekommen für zwei PKW und drei Lenker. Die Bewilligung ist somit auf zwei Fahrzeuge und diese drei Lenker eingeschränkt, nicht jedoch auf die Anzahl der Fahrten.

Mir werden die Beweismittel zur Kenntnis gebracht, die die belangte Behörde dem Verwaltungsgericht mit EMail vom 28.07.2017 übermittelt hat. Bezüglich des dort abfotografierten Aushangs bei der Hütte bzw des Internetauftritts führe ich aus, dass dies von meinem damaligen Stellvertreter, Herrn EE, ohne meine Kenntnis veranlasst wurde. Er hat den Aushang und den Internetauftritt durchgeführt, in der Absicht weitere Vereinsmitglieder auf diese Art anzuwerben. So wie dies von ihm ausgeführt wurde, war dies zum Scheitern verurteilt, weshalb der Inhalt des Schaukastens sowie der gesamte Schaukasten von mir im Jahr 2016 abgenommen wurden, ebenso wie der Internetauftritt.

Wenn mit der Verhandlungsleiter vorhält, dass bei diesem Internetauftritt meine persönlichen Daten, auch hinsichtlich Telefon und EMail-Adresse angeführt sind, so gebe ich an, dass Herr EE dies eigenmächtig ohne meine Genehmigung veranlasst hat. Die angeführten Telefonnummern sind meine, die EMail-Adresse ist von Herrn EE. Ich muss anführen, dass ich selbst über keinen Internetanschluss verfüge und deshalb mir dieser Internetauftritt auch gar nicht aufgefallen ist.

Wenn Bergwanderer bei der Hütte vorbeikommen und fragen, ob sie mit Essen bzw Getränken versorgt werden oder eventuell auch auf der Hütte nächtigen können, stellt es sich so dar, dass ihnen von uns eine Mitgliedschaft angeboten wird und sie dann entsprechende Leistungen in Anspruch nehmen können. Bis Mai 2016 hat es noch sogenannte Tagesmitgliedschaften für Euro 3,-- gegeben. Für die Leistungen auf der Hütte mussten die Tagemitglieder dann die normalen Preise bezahlen. Nachdem von der Erstbehörde mir im Frühjahr 2016 mitgeteilt wurde, dass diese Konstruktion mit Tagesmitgliedschaften gesetzwidrig wäre, wurde diese Praxis seither eingestellt. Ich glaube mich zu erinnern, dass 2005/2006 es war, als ich auf der Bezirkshauptmannschaft Z von einem Mitarbeiter des Gewerbereferates die Auskunft erhielt, dass die Konstruktion mit Tagesmitgliedschaften rechtlich unbedenklich wäre. Ich kann jedoch nicht mehr angeben, um welchen Organwalter es sich dabei gehandelt hat. Seither gibt es bei uns nur noch Jahresmitgliedschaften. Der Jahresmitgliedsbeitrag beträgt für Mitglieder, die auf der Hütte mitarbeiten Euro 70,--, für solche die dies nicht machen Euro 200,--. Der Satz mit Euro 200,-- gilt erst ab 01.01.2018; bis dorthin gilt für alle Mitglieder der Jahresmitgliedsbeitrag von Euro 70,--.

Eine Speise- oder Getränkekarte gibt es auf der Hütte nicht, die Mitglieder können zum Essen das bekommen, was von uns gerade gekocht wird und wir kochen das, was eben gerade vorrätig ist. Es gibt auf der Hütte keine Dienstnehmer, sämtliche Arbeiten werden von Vereinsmitgliedern ausgeübt. Speisekarte gibt es keine. Für die Vereinsmitglieder, die gerade auf der Hütte arbeiten, übernimmt der Verein die Kosten für Speisen und Getränke. Beispielsweise gibt es bei uns immer wieder Pressknödelsuppe um Euro 3,50, ein Kaffee kostet Euro 2,--, eine Limonade Euro 1,50, eine Flasche Bier kostet Euro 2,00, ein Gröstl kostet so um die Euro 4,50, weil wir schauen müssen, wie wir irgendwie unsere Betriebskosten abdecken. Die Preisgestaltung ist so, dass die Mitglieder auch dazu veranlasst werden sollen, auf die Hütte zu kommen. Der große Vorteil ist, dass ich unter den Vereinsmitgliedern verschiedene Handwerker habe, was dazu führt, dass die Arbeiten von denen dann kostenlos für den Verein durchgeführt werden können. Die Vereinsmitglieder können auf der Hütte kostenlos nächtigen. Nachdem es in verschiedenen Hütten ein Wanzenproblem gegeben hat bzw gibt, welches von den von den Leuten mitgebrachten eigenen Schlafsäcken herrührt, gibt es in der Whütte nur noch die Nächtigung in den Betten. Für das Wäschewaschen wird Euro 3,50 pro Person verlangt. Die Handtücher werden für dieses Geld auch unsererseits gestellt. Es gibt auch Nächtigungen für Euro 24,-- pro Person, aber nur dann, wenn es auf der Hütte ein Fest gibt. Diese Euro 24,-- gelten dann für Nichtvereinsmitglieder. Wir dürfen dreimal im Jahr ein Fest veranstalten, ohne dadurch eine Gewerbeberechtigung zu benötigen (vgl Zeltfeste). Für uns gilt die gleiche Regelung wie für andere Vereinsfeste. Solche Feste werden von den Vereinen eben zu dem Zweck veranstaltet, um Einnahmen für den Verein lukrieren zu können und die Vereinskosten abzudecken.

Wenn ich gefragt werde, ob eine Nächtigungsabgabe an den Tourismusverband abgeführt wird, so gebe ich an, dass ich dort die Auskunft erhalten habe, dass für Nächtigungen für Vereinsmitglieder keine Nächtigungsabgabe abzuführen ist. Meldungen nach dem Meldegesetz für die nächtigenden Mitglieder werden keine durchgeführt.

Die von mir beschriebenen Preise für die Vereinsmitglieder decken nicht mehr ab, als den Einkauf der Lebensmittel, die Kosten für den Hinauftransport zur Hütte und den Sachaufwand, der mit dem Kochen verbunden ist. Um für die Vereinskasse als solche Einnahmen zu lukrieren, gibt es dreimal im Jahr ein Vereinsfest. Ansonsten gibt es an Einnahmen nur die Mitgliedsbeiträge; wenn das Geld zu Ende ist, und weitere Ausgaben anstehen, bleibt den Vereinsmitgliedern nichts anderes übrig, als Geld nachzuschießen. Subventionen erhält der Verein keine. Das Ministerium hatte eine Ausschreibung gemacht, um die Hütte zu verkaufen bzw zu verpachten. Seitens der Stadtgemeinde Z gäbe es ein Interesse, dort ein Gasthaus zu errichten. Unser Verein ist der Stadtgemeinde somit im Wege und versucht die Gemeinde uns das Leben dort so ungemütlich wie möglich zu machen, in der Hoffnung, dass wir die Hütte aufgeben und ausziehen. Dann würde der Grund, auf dem die Hütte steht, in Freiland umgewidmet werden, was dazu führen würde, dass das Wirtschaftsministerium die Kosten des Abtrags der Hütte tragen müsste. Dann würde es wieder mit einer passenden Widmung für ein Berggasthaus versehen werden.

Der Verjährungseinwand wurde pauschal erhoben, da ein zwölfjähriger Tatzeitraum vorgehalten wird und es bedenklich erscheint, dass dies rechtlich gedeckt ist.

Das Haus war für 140 Mann errichtet. Die Wasserversorgung ist nämlich für 140 Personen ausgelegt. Die auf den Fotos im Akt zu ersehenden Zimmer stellen ehemalige Kaderzimmer des Bundesheeres dar, wo sich richtige Bettgestelle befinden. Die beiden Fotos mit dem Blaustich stellen Kaderzimmer dar, die im Erdgeschoß situiert sind. Ich stelle diese Aussage insofern richtig, als das Foto mit dem Doppelbett im Erdgeschoß gelegen ist und die beiden anderen im Obergeschoß. Betten mit den dargestellten Bettgestellen gibt es auf der Hütte neun an der Zahl. Das Foto mit dem hellbraunen Fliesenboden (Fußbodenheizung) stellt das sogenannte Matratzenlager dar. Dort sind auch Betten übergezogen. Derartige Schlafplätze gibt es etwa zwischen 30 und 35. Dieses Lager wird vielleicht einmal im Jahr benützt, bei einem Vereinsfest, wie Sonnwendfeier oder Ähnlichem.“

Mit E-Mail vom 09.09.2017 legte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die in der mündlichen Verhandlung zugesagten weiteren Unterlagen vor. Dabei handelt um das Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 07.06.2005 an die Beschwerdeführerin betreffend die unentgeltliche Weiternutzung der W-Hütte durch den Sport-Förderverein W-Z gegen jederzeitigen Widerruf; das Schreiben des Wirtschaftsministeriums vom 27.07.2015 an den Verein, dass mit dem jederzeitigen Widerruf des Prekariums zu rechnen wäre; den Vereinsregisterauszug zum Stichtag 21.12.2016 und jenen zum 06.09.2017; die Vereinsstatuten; die Einnahmen- und Ausgabenaufstellung für die Jahre 2014 bis 2017 sowie das Protokoll zur Jahreshauptversammlung 20.02.2016.

Zu diesen Unterlagen hat die belangte Behörde in ihrem Schreiben vom 20.09.2017 Stellung genommen und darin zusammengefasst damit argumentiert, dass eine Gewinnerzielungsabsicht daraus erkennbar sei, dass die erzielten Einnahmen unter anderem für die Begleichung von Stromkosten, Instanthaltungsarbeiten, Versicherungen, Büromaterial und dergleichen verwendet wurden. Damit handle es sich um eine bewilligungspflichtige Betriebsanlage im Sinn der Gewerbeordnung, weshalb die Beschwerdeabweisung beantragt werde.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat hierzu wie folgt erwogen:

Aufgrund des Akteninhaltes und der Erläuterungen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt fest:

Die Beschwerdeführerin ist bzw war im angelasteten Tatzeitraum Obfrau des Sport-Förderverein W-Z. In dieser Funktion vertritt sie den Verein nach außen. Der Verein ist gemäß § 2 seiner Statuten nicht auf Gewinn gerichtet. Nach § 3 sind die Mittel zur Erreichung des des Vereinszwecks durch Mitgliedsbeiträge, allfällige Einnahmen aus Veranstaltungen, Subventionen, Spenden, Vermächtnisse und Erträge aus nutzbringenden Anlagen eines allfälligen Vereinsvermögens zu erzielen. Gegenständlicher Verein hat vom Bund (Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft) den auf Grundparzelle **** KG Z bestehenden ehemaligen Alpinstützpunkt W des Bundesheers im Wege einer Bittleihe gegen jederzeitigen Widerruf zur Nutzung übertragen erhalten. Der Verein erwirtschaftete im Jahr 2014 einen Verlust von Euro 2.469,07, im Jahr 2015 einen Gewinn von Euro 2.611,48, im Jahr 2016 einen Gewinn von Euro 801,63 und im Jahr 2017 einen Verlust von Euro 4.416,84. Der Sportförderverein W-Z hat derzeit 28 Mitglieder. Die Hütte ist jeweils vom 01.05. bis zum 31.10. geöffnet und den Winter über geschlossen. Die verkehrsmäßige Erschließung ist über eine Interessentenstraße gegeben. Wasser- und Stromanschluss sind vorhanden. Bewirtung und Beherbergung steht ausschließlich Vereinsmitgliedern zu. Bis Mai 2016 hat es noch sogenannte Tagesmitgliedschaften für Euro 3,00 gegeben. Seither gibt es nur noch Jahresmitgliedschaften, wobei der Jahresmitgliedsbeitrag Euro 70,00 beträgt. Ab 01.01.2018 wird die Mitgliedschaft so geregelt sein, dass auf der Hütte mitarbeitende Mitglieder jährlich Euro 70,00 bezahlen, nicht Mitarbeitende Euro 200,00. Eine Speise- oder Getränkekarte gibt es auf der Hütte nicht, die Mitglieder können zum Essen das bekommen, was gerade gekocht wird bzw wird das gekocht, was an Lebensmitteln gerade vorrätig ist. Es gibt auf der Hütte keine Dienstnehmer, sämtliche Arbeiten werden von Vereinsmitgliedern ehrenamtlich ausgeübt. Für Vereinsmitglieder, die gerade auf der Hütte arbeiten, übernimmt der Verein die Kosten für Speisen und Getränke. Auf der Hütte gibt es beispielsweise immer wieder Pressknödelsuppe um Euro 3,50, ein Kaffee kostet Euro 2,00, eine Limonade Euro 1,50, eine Flasche Bier Euro 2,00, für ein Gröstl wird ungefähr Euro 4,50 verlangt. Für eine Nächtigung wird von den Vereinsmitgliedern für das Wäschewaschen pro Person Euro 3,50 verlangt. Bis zu dreimal im Jahr wird auf der Hütte ein Vereinsfest veranstaltet, wo auch Nichtvereinsmitglieder bewirtet bzw beherbergt werden. Nichtmitglieder bezahlen bei einem Vereinsfest Euro 24,00 die Nächtigung. Nächtigungsabgaben an den Tourismusverband werden keine abgeführt, nachdem es von dortiger Seite eine entsprechende Auskunft an die Obfrau gegeben hat. Ebenso werden keine Meldungen nach dem Meldegesetz für die nächtigenden Mitglieder durchgeführt.

Diese Feststellungen beruhen auf dem Akteninhalt und den Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht. Die Angaben der Rechtsmittelwerberin waren widerspruchsfrei und erweckten nicht den Eindruck, konstruiert gewesen zu sein, weshalb das Verwaltungsgericht ihnen Glauben schenkte und sie seinen Feststellungen zugrunde legte.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Wie sich bereits aus dem Wortlaut des Einleitungssatzes des § 74 Abs 2 GewO 1974 ergibt, begründet schon die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, die in den Ziffern 1 bis 5 dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen herbeizuführen, die Genehmigungspflicht. Ob solche Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen im konkreten Einzelfall tatsächlich von der Betriebsanlage ausgehen, ist sodann im Genehmigungsverfahren zu prüfen und je nach dem Ergebnis dieser Prüfungen – allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen - , die Genehmigung nach § 77 bzw 81 Abs 1 GewO zu erteilen. Bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage kommt es nicht darauf an, ob von der in Rede stehenden Betriebsanlage tatsächlich im Gesetz näher bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht ist vielmehr schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen auf bestimmte Personen iSd § 74 Abs 2 Z 1 und 2 GewO oder auf bestimmte Tätigkeits- oder Sachbereiche iSd § 74 Abs 2 Z 3 bis 5 GewO 1994 nicht auszuschließen sind.

Entgelt allein erweist noch nicht, dass mit der Betätigung ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Erfolg herbeigeführt werden solle, die Betätigung also in Gewinnabsicht unternommen werde; im Besonderen wird es dann nicht zutreffen, wenn durch das Entgelt nur die entstehenden Unkosten ganz oder lediglich zum Teil abgedeckt werden sollen. Ob die dieser Absicht der Kostendeckung dienende Gebarung eine kaufmännische ist, ist im gegebenen Zusammenhang bedeutungslos (vgl VwGH 27.04.1993, 92/04/0245). Wer von seinem Vertragspartner als Entgelt nur den Ersatz der entstandenen Unkosten verlangt, handelt damit in der Regel noch nicht mit der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen (OGH 21.09.1996, 4 Ob 1084/93). Mit der Frage, wann eine Betätigung in Gewinnabsicht unternommen wird, hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt befasst und bereits in seinem Erkenntnis VwSlg 9023 A/1976 festgehalten, dass Entgeltlichkeit allein noch nicht erweist, dass mit der Betätigung ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil herbeigeführt werden solle; im Besonderen wird es dann nicht zutreffen, wenn durch das Entgelt nur die bestehenden Unkosten ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen (VwGH 29.01.1991, 88/04/0218). Die Entgeltlichkeit einer Tätigkeit indiziert allerdings den äußeren Anschein der Gewinnerzielungsabsicht, sodass es Sache des Beschuldigten in einem Verwaltungsstrafverfahren wegen Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO ist, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht durch ein entsprechendes, mit Beweisen belegten Vorbringen die mangelnde Gewinnerzielungsabsicht trotzt Entgeltlichkeit darzutun (VwGH 11.11.1998, 98/04/0050).

Entgeltlichkeit allein ist noch nicht zwingend mit der Absicht verbunden, dass mit der Betätigung ein Ertrag oder sonstiger wirtschaftlicher Erfolg herbeigeführt werden soll. Im Besonderen wird dies nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (06.02.1990, 89/04/0186) dann nicht zutreffen, wenn durch das Entgelt nur die entstehenden Unkosten ganz oder lediglich zum Teil gedeckt werden sollen. Andererseits ist Unentgeltlichkeit von Leistungen oder Waren im Rahmen einer gewerbsmäßigen Tätigkeit allein nicht geeignet, das Element der Gewinnerzielungsabsicht und damit die Gewerbsmäßigkeit einer Leistung von vorne herein auszuschließen (VwGH 28.05.1991, 90/04/0153).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die von einem nach dem Vereinsgesetz 2002 konstituierten Verein entfaltete Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliegt, kommt es nicht darauf an, inwieweit der Verein nach dem Vereinsgesetz und nach seinen Statuten befugt ist, die Tätigkeit in der Absicht auszuüben, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, sondern darauf, inwieweit eine solche Absicht tatsächlich besteht (VwSlg 10.048 A/1980). Werden für die Tätigkeit eines Vereines von seinen Mitgliedern Geldleistungen verlangt, die nur zur Deckung der mit der Vereinstätigkeit zwangsläufig verbundenen Auslagen ausreichen, dann liegt deshalb allein Gewinnabsicht iSd § 1 Abs 2 nicht vor (VwGH 17.11.1976, 2049/75). Die Ertragsabsicht eines Vereines kann auch nicht anhand von aus Statuen des Vereines sich ergebenden Berechtigungen abgeleitet werden, es kommt vielmehr auf die tatsächliche Ertragsabsicht an. Im Falle einer Bewirtung darf, um der Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Gewinnerzielungsabsicht auszuschließen, nur die Deckung der Kosten der betreffenden Bewirtung angestrebt werden. Umfassen die für die Leistungen des Vereins eingenommenen Entgelte auch einen Kostenbeitrag für sonstige Tätigkeiten des Vereins und für die damit verbundenen Auslagen, so liegt Gewinnabsicht vor (VwGH 27.04.1993, 92/04/0245). Tätigkeiten, bei denen auf Dauer und absichtlich lediglich die damit verbundenen Unkosten hereingebracht werden sollen, die somit auch langfristig nicht auf Erzielung wirtschaftlicher Vorteile ausgerichtet sind, fehlt das Kriterium der Ertragserzielungsabsicht. Lässt sich anhand der Buchhaltung nachweisen, dass der Betrieb über zwei bis drei Jahre nicht auf Gewinn gerichtet war, muss der Betreiber keine Gewerbeberechtigung erlangen (Protokoll 1996, Punkt 1). Bei Zahlungen der Vereinsmitglieder und der übrigen die Vereinslokalitäten benutzenden Personen für die ihnen vom Verein dargebotenen Getränke- und Speisekonsumation, welche nicht nur die Auslagen für den Einkauf der konsumierten Lebensmittel abdecken, sondern auch zur vollständigen Abdeckung des Pachtzinses und der anfallenden Betriebskosten des Vereinslokals dienen, hat dieser Verein die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, und es ist damit Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs 2 anzunehmen (VwGH 23.10.1995, 93/04/0110).

Die in den Feststellungen angeführten Preise für Getränke und Speisen liegen eindeutig unter jenen, die in vergleichbaren Schutzhütten von den Gästen verlangt werden. In Anbetracht dessen ist die Angabe der Beschuldigten nachvollziehbar, dass die Preise lediglich die Kosten für den Einkauf der Lebensmittel, die Kosten für den Hinauftransport zur Hütte und den Sachaufwand, der mit dem Kochen verbunden ist, abdecken. Zur Bestreitung der Erhaltungskosten der Hütte dienen die Mitgliedsbeiträge und die Einnahmen aus Vereinsfesten. Aus der Vereinsbuchhaltung ergibt die Gegenüberstellung der Einnahmen mit den Ausgaben in den letzten vier Jahren, dass zweimal ein Gewinn und zweimal ein Verlust erwirtschaftet wurde. Daraus kann jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass der Verein in Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird.

Zusammengefasst ergibt sich dadurch, dass es der Beschwerdeführerin gelungen ist, durch ein mit Beweisen belegtes Vorbringen die mangelnde Gewinnerzielungsabsicht trotz Entgeltlichkeit darzutun, womit es an dem Kriterium der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs 2 GewO fehlt, was wiederum nach § 74 Abs 1 Voraussetzung für eine gewerbliche Betriebsanlage darstellt. Da die der Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Alexander Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

mangelnde Gewinnerzielungsabsicht trotz Entgeltlichkeit; Gewerbsmäßigkeit fehlt; Voraussetzung für eine gewerbliche Betriebsanlage;

Anmerkung

Aufgrund der außerordentlichen Revision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30.04.2019, Z Ra 2017/04/0128-6, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 03.10.2017, Z LVwG-2017/25/1721-5 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.25.1721.5

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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