TE Dok 2016/10/12 1 Ds 2/16

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.10.2016
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Norm

BDG 1979 §43
BDG 1979 §44

Schlagworte

Dienstpflichtverletzung

Text

DISZIPLINARERKENNTNIS

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz hat durch EOStA Dr. Harald SALZMANN als Vorsitzenden sowie die weiteren Mitglieder des Disziplinarsenates RidOLG Dr. Sabine VÖLKL-TORGGLER und KontrInsp. Roman SÖLLNER in Gegenwart von StA Mag. Daniela Wenger als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen BezInsp. *** *** am 7. September 2016 in Anwesenheit des LStA Mag. Andreas Sachs als Disziplinaranwalt und des Disziplinarbeschuldigten sowie seines Verteidigers Mag. Andreas Berchtold, Rechtsanwalt in *** ***, nach öffentlicher Verhandlung beschlossen:

BezInsp. *** *** wird vom Vorwurf, er sei am ***, *** Uhr, von BezInsp. *** *** über die Weisung des Wirtschaftsleiters der Justizanstalt ***, Oberstleutnant *** ****, informiert worden, wonach der Strafgefangene *** *** im Hofbetrieb zur Arbeit einzuteilen und die täglichen Arbeitszeiten des Insassen noch mit Oberstleutnant *** abzustimmen seien, wobei BezInsp. *** dieser Weisung erst am *** nachgekommen sei und hiedurch gegen seine Dienstpflicht gemäß § 44 Abs 1 BDG 1979, Weisungen seiner Vorgesetzten zeitnah zu befolgen, verstoßen und damit schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung nach § 91 BDG 1979 begangen zu haben,

f r e i g e s p r o c h e n .

Die Verfahrenskosten trägt gemäß § 117 Abs 1 Z 2 BDG 1979 der Bund.

BEGRÜNDUNG:

Feststellungen

Der am *** geborene Disziplinarbeschuldigte trat am 1*** in den Justizwachdienst ein. Seit *** ist er der Justizanstalt *** dienstzugeteilt. Mit Wirksamkeit vom *** wurde er mit der Funktion „***“ betraut. Dieser Bereich ist für die *** und für *** zuständig.

BezInsp. *** *** war zum Zeitpunkt *** der Justizanstalt *** zur Ausbildung zugeteilt, wobei sein Ausbildner der Wirtschaftsleiter Obstlt. *** war. Vor dem *** kam es zu einer Besprechung zwischen dem Anstaltsleiter Brigadier *** *** und Obstlt. ***, an der auch BezInsp. *** *** teilnahm. Thema dieser Besprechung war ua, wo der in seinem Verhalten schwierige Strafgefangene *** *** zur Arbeit eingeteilt werden könnte. BezInsp. *** *** erhielt von Obstlt. *** den Auftrag, mit dem Disziplinarbeschuldigten einen Konsens zu finden, dass der Strafgefangene *** *** im Hof zur Arbeit eingeteilt werde. Die Arbeitseinteilung sollte nicht gegen den Willen des Disziplinarbeschuldigten erfolgen. Nur für den Fall, dass kein Konsens gefunden werden sollte und der Disziplinarbeschuldigte nicht bereit wäre, den Strafgefangenen *** *** von sich aus zu übernehmen, sei ihm eine entsprechende Weisung zu erteilen. Das stundenmäßige Ausmaß der Beschäftigung sei mit dem Wirtschaftsleiter noch abzusprechen.

Am *** gegen *** kam BezInsp. *** *** zum Diszipinarbeschuldigten und teilte ihm mit, dass er gestern bei einer Besprechung mit dem Anstaltsleiter und Oberstleutnant *** gewesen sei, bei der über die Arbeitseinteilung des Insassen *** *** gesprochen worden sei. Es sei beabsichtigt, den Häftling im Hofbetrieb einzuteilen.

Der Disziplinarbeschuldigte stand dem Ansinnen, den Insassen *** *** in der Hauswerkstätte 2 zu verwenden, keineswegs ablehnend gegenüber und erklärte „probieren wir es“. Er verstand das Gespräch aber nicht so, dass der Strafgefangene *** *** sofort mit der Arbeit beginnen sollte. Für ihn war nicht klar und aus dem Inhalt des Gesprächs auch nicht erkennbar, dass der Strafgefangene *** *** sofort zur Arbeit im Hofbetrieb einzuteilen ist. Er fasste das Gespräch nicht als Weisung auf, es war auch nicht als solche erkennbar.

Im Rahmen eines Feedbackgesprächs mit dem Anstaltsleiter erstellte BezInsp. ***, in dessen Namen auf dessen Geheiß folgenden Amtsvermerk:

Aktenvermerk

Am heutigen Tag führte ich um *** Uhr ein Feedback-Gespräches mit dem an die Justizanstalt *** zugeteilten E1 Auszubildenden BezInsp. *** ***.

Unter anderem musste BezInsp. *** eine Arbeitsstelle in einem Betrieb für den Insassen *** finden.

Die Herausforderung bestand in diesem Fall in dem Umstand, dass der Insasse aus medizinischer Sicht zwar arbeitsfähig ist, jedoch nur leichter Arbeit nachgehen kann.

BezInsp. *** gelang es den Betriebsleiter BezInsp. *** davon zu überzeugen den Insassen im Hofbetrieb zu beschäftigen.

BezInsp. *** teilte mir mit, dass BezInsp. *** ihm in diesem Gespräch folgendes entgegnete: „Ja, ich werde den Insassen im Betrieb Hofreinigung beschäftigen, aber unsere Führung, gleich ob Anstaltsleiter, Wirtschaftsleiter oder der Kommandant, sind einfach nur schwach. Nur weil der Insasse *** das will und überall interveniert geben sie nach.“

***, am ***

Dieser Aktenvermerk wurde vom Anstaltsleiter nicht unterfertigt.

Vom *** bis *** war Obstlt. *** nicht in der Justizanstalt ***. Nach seiner Rückkehr stellte sich heraus, dass der Strafgefangene *** *** noch nicht im Hofbetrieb arbeitete. Obstlt. *** wandte sich daher an den Disziplinarbeschuldigten und gab ihm die Anweisung, die entsprechende Arbeitseinteilung zu machen. Der Disziplinarbeschuldigte war damit einverstanden und erhob keinerlei Einwände. Seit dem *** arbeitet *** *** einige Stunden am Tag in der Hauswerkstätte 2, dann wird er wieder in den Haftraum gebracht.

Am *** wurde der Disziplinarbeschuldigte vom Anstaltsleiter zu einem Gespräch mit dem Leitungsteam geholt. Dort kam ua zur Sprache, dass es einen Aktenvermerk von BezInsp. *** über ihn gebe. Der Disziplinarbeschuldigte habe die Weisung zur Arbeitseinteilung nicht befolgt. Der Disziplinarbeschuldigte wies darauf hin, dass er keine Weisung erhalten habe. Die bei dieser Gelegenheit auch besprochenen angeblichen Äußerungen des Disziplinarbeschuldigten über die Anstaltsleitung sind nicht Gegenstand des Disziplinarverfahrens (siehe Einleitungsbeschluss vom ***).

Nach diesem Gespräch verfasste der Disziplinarbeschuldigte noch am gleichen Tag eine Sachverhaltsdarstellung an die Generaldirektion für den Strafvollzug und den Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen des BMJ, in der er ua darauf hinwies, dass er bis *** keine Weisung zur Arbeitseinteilung des Strafgefangenen *** *** im Hofbetrieb erhalten habe, sondern lediglich Informationsgespräche geführt worden seien.

Am *** wurde von der Generaldirektion an den Disziplinarbeschuldigten eine Ermahnung gemäß § 109 Abs 2 BDG ausgesprochen, deren Inhalt ua war, dass BezInsp. *** *** den Disziplinarbeschuldigten am *** über die Weisung des Wirtschaftsleiters Oberstleutnant *** ***, wonach der Strafgefangene *** *** im Hofbetrieb zur Arbeit einzuteilen sei und die täglichen Arbeitszeiten noch mit Oberstleutnant *** abzustimmen seien, informiert habe. Der Disziplinarbeschuldigte sei dieser Weisung erst am *** nachgekommen (AS ***).

Daraufhin erstattete der Disziplinarbeschuldigte eine Selbstanzeige.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die weitgehend übereinstimmenden Angaben der Zeugen Obstlt. *** und BezInsp. *** sowie des Disziplinarbeschuldigten. Obstlt. *** führte aus, dass er BezInsp. *** angewiesen habe, die Arbeitseinteilung mit dem Disziplinarbeschuldigten zu besprechen und einen Konsens herbeizuführen. Nur dann, wenn kein Konsens zu erzielen gewesen wäre, hätte BezInsp. *** eine entsprechende Weisung von Obstlt. *** überbringen sollen. Obstlt. *** räumte ein, dass es durchaus möglich sei, dass dem Disziplinarbeschuldigten nicht klar gewesen sei, dass BezInsp. *** Weisungen von Obstlt. *** überbringen könne. BezInsp. *** sagte aus, dass sein Auftrag gewesen sei, einen Konsens mit dem Disziplinarbeschuldigten hinsichtlich der Arbeitseinteilung des Strafgefangenen *** *** herzustellen, und dass es ihm gelungen sei, diesen Konsens zu erreichen. Seine weitere Aussage, zum Disziplinarbeschuldigten am *** gesagt zu haben, „das sei im Prinzip eine Weisung des Wirtschaftsleiters“, steht mit seinen übrigen Angaben im Widerspruch, da er ja den Auftrag hatte, einen Konsens zu erzielen und gerade keine Weisung zu benötigen. Im Übrigen ist es auf Grund des persönlichen Eindrucks und der widersprüchlichen Angaben von BezInsp. *** durchaus leicht vorstellbar, dass der Inhalt des Auftrags nicht nachvollziehbar mit dem Disziplinarbeschuldigten kommuniziert wurde.

In einer Gesamtschau der Beweisergebnisse war daher festzustellen, dass der Disziplinarbeschuldigte das Gespräch mit BezInsp. *** am *** nicht als Weisung zur umgehenden Arbeitseinteilung des Strafgefangenen *** *** im Hofbetrieb auffasste und es auch nicht in diesem Sinne auffassen musste.

Auch die von BezInsp. *** im Aktenvermerk vom *** verwendete Formulierung, dass es ihm gelungen sei, den Disziplinarbeschuldigten davon zu überzeugen, den Insassen im Hofbetrieb zu beschäftigen, spricht nicht dafür, dass der Disziplinarbeschuldigte das Gespräch zwischen ihm und BezInsp. *** als Weisung auffasste.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 44 Abs 1 BDG 1979 hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen. Der Begriff der Weisung ist weder in Art 20 Abs 1 B-VG noch in § 44 BDG 1979 definiert, sondern begrifflich vorausgesetzt. Unter einer Weisung ist eine von einem Verwaltungsorgan erlassene normative Anordnung an ein nachgeordnetes Organ zu verstehen. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation und an keine besonderen Formerfordernisse gebunden. Sie kann mündlich oder schriftlich ergehen und ist nach ihrem Inhalt und nicht allein nach ihrer Bezeichnung rechtlich zu beurteilen. So reicht ein „Ersuchen“ oder ein „Gebetenwerden“ durch einen Vorgesetzten bzw. eine vorgesetzte Stelle jedenfalls dann, wenn aus dem Zusammenhang klar hervorgeht, an wen es sich richtet und dass sein Inhalt ungeachtet der gewählten Formulierung bei verständiger Würdigung nur als Festlegung einer Pflicht verstanden werden kann. Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände festzustellen (VwGH 18.5.1994, 93/09/0009; VwGH 21.11.2003, 2001/09/0088; VwGH 17.11.2004, 2001/09/0035).

Nach den Feststellungen hätte BezInsp. *** nur dann eine Weisung aussprechen sollen, wenn hinsichtlich der Arbeitseinteilung des Strafgefangenen *** *** im Hofbetrieb mit dem Disziplinarbeschuldigten kein Konsens gefunden worden wäre. Der Disziplinarbeschuldigte weigerte sich nicht, den Strafgefangenen *** *** im Hofbetrieb zur Arbeit einzuteilen. Er fasste das Gespräch zwischen ihm und BezInsp. *** über die Arbeitseinteilung des Strafgefangenen *** *** nicht als Weisung auf und musste dies auch nicht so verstehen. Da somit eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung, einer erteilten Weisung nicht nachgekommen zu sein, nicht feststeht, war der Disziplinarbeschuldigte freizusprechen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diesen Bescheid kann binnen vier Wochen nach seiner Zustellung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden. Die Postaufgabe der Beschwerde an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides gilt als rechtzeitig. Die Beschwerde kann auch in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden. Die Einbringung mit E-Mail ist jedoch nur insoweit zulässig, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Justiz und den Parteien nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen bzw. etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs im Internet bekannt gemacht sind (§ 13 Abs. 2 AVG).

Die Beschwerde hat gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde

rechtzeitig eingebracht ist.

Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde hat gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung. Diese kann jedoch ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr in Verzug dringend geboten ist (§ 13 Abs. 2 VwGVG).

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2016
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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