TE Dok 2017/2/7 02077/7-DK/16

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Veröffentlicht am 07.02.2017
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Norm

BDG 1979 §44
BDG 1979 §47
BDG 1979 §76

Schlagworte

Dienstpflichtverletzungen, Nichtbeachtung von Weisungen, Befangenheit, nicht dienstlich veranlasste Datenbankzugriffe

Text

-DOKNR-

DKTE_BMF_20170207_02077_7_DK_16

-ORGAN-

BM für Finanzen

-DOKTYP-

WORD

-DATUM-

20170207

-GZ-

02077/7-DK/16

-NORM-

BDG §44

BDG §47

BAO §76

-SW-

Dienstpflichtverletzungen, Nichtbeachtung von Weisungen, Befangenheit, nicht dienstlich veranlasste Datenbankzugriffe

-TEXT-

SPRUCH

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat II, hat nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am XX.2016 durch HR Mag. Wolfgang Puchleitner als Senatsvorsitzenden sowie HR Dr. Renate Windbichler und AD Manfred Kuster als weitere Mitglieder des Disziplinarsenats gegen Fachoberinspektor (FOI) Beschuldigter (B), Beamter des Finanzamtes XY, in Anwesenheit des Disziplinarbeschuldigten sowie im Beisein der stellvertretenden Disziplinaranwältin Mag. Yasmin Lienhart und der Schriftführerin Mag. Maria Stock erkannt: FOI Beschuldigter ist schuldig, seine Dienstpflichten gem. §§ 44 und 47 BDG 1979 schuldhaft verletzt zu haben, indem er, wie im Einleitungsbeschluss vom XX.2016 unter Bezugnahme auf die dort detailliert dargestellten Personen und Zugriffe in der AIS Datenbank,

die Weisungen des BMF nicht beachtet hat und ohne dienstliche Veranlassung im AIS der Finanzverwaltung Datenzugriffe durchgeführt hat und

1)       seine Befangenheit nicht wahrgenommen, indem er Amtsgeschäfte ausgeführt hat, obwohl er sich unter Bezugnahme auf § 76 BAO bzw. § 47 BDG 1979 der Ausübung dieser Amtsgeschäfte enthalten hätte müssen.

FOI B hat dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen.

Es wird daher über FOI B gem. § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße im Betrag von € 900,00 (in Worten: Euro neunhundert) verhängt.

Begründung

I Verwendete Abkürzungen

AS = Aktenseite

AS v = verso (Rückseite der Aktenseite)

BIA = Büro für Interne Angelegenheiten

FA = Finanzamt

II Beweismittel:

Die in der Folge dargestellten Beweismittel waren Gegenstand der Beweisaufnahme der mündlichen Verhandlung und sind für die Feststellung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhaltes zu würdigen:

?        Disziplinaranzeige des Finanzamtes XY vom XX.2016 (AS 2-55)

?        Schriftliche Stellungnahme des FOI B vom XX.2016 (AS 63-64)

?        Logfileauswertung des BIA vom XX.2016 (AS 67-351)

?        GZ. 66 1009/30-VI/6/00 vom 30.10.2000, "Abfragen und Eingaben im AIS bzw. DB7A und DB7B" (AS 35)

?        GZ. 66 1009/19-VI/6/01 vom 13.06.2001, "Abhaltung von Dienstbesprechungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Daten" (AS 36)

?        GZ. 66 1009/20-VI/6/01 vom 20.06.2001, "Abhaltung von Dienstbesprechungen über die Zulässigkeit der Verwendung von Daten – Ergänzung" (AS 37)

?        GZ. 16 1270/1-I/20/04 vom 19.03.2004, "Meldung von Nebenbeschäftigungen, Abfrage interner Datenbanken" (AS 38)

?        GZ. BMF-320700/0001-I/20/2004 vom 16.11.2004, "Anlassbezogene Logfileauswertungen" (AS 39-41)

?        Broschüre Berufsethik Vorsicht Einflussnahme (AS 7)

?        Erlass des BMF vom 16.12.2013, GZ 280000/0235-IV/2/2013 –Genehmigungserlass-
(AS 7-8)

?        Erlass des BMF vom 02.02.2010 GZ 280000/0015-IV/2/2010 –Erlass Organisationshandbuch Intern (AS 7-8)

?        Erlass des BMF vom 10.02.2009 GZ 280000/0008-IV/2/2009 -Durchführung der ANV
(AS 8)

?        Vorbringen des FOI B vom XX.2016 (AS 478-479)

?        Verhandlungsschrift vom XX.2016 (AS 480-485)

III Sachverhaltsfeststellung

Aufgrund der unter Punkt II dargestellten Beweismittel, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ist als erwiesener Sachverhalt festzustellen: Dem Vorstand des FA XY wurde am XX.2016 durch Herrn XY die Information übermittelt, dass FOI B für Personen aus seiner Bekanntschaft Veranlagungen durchführte, für die er aufgrund der innerorganisatorischen Dienstvorschriften nicht zuständig war. Es wurde FOI B bereits mehrmals erfolglos nahegelegt Amtshandlungen außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches zu unterlassen (AS 57). Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen gab FOI B am XX.2016 eine schriftliche Stellungnahme ab und führte im Einzelnen aus: Beim Steuerfall C., StNr. XX habe er Lohnzetteleingaben und gleichzeitig die Fehlerbearbeitung und eine Vorbescheidkontrolle für ein anderes Team vorgenommen; er erkenne diese seine Vorgansweise nunmehr als großen Fehler und werde diesen Fehler in Zukunft nicht wieder begehen. Zum Steuerfall K. gab er an, dass dieser Fall der in einem anderen Team geführt wird. Trotzdem hat FOI B diesen Fall bearbeitet und genehmigt. Seit dem Jahr 2003 kennt er Herrn K. und hat für ihn jährlich die Belege für den Steuerausgleich in das Postfach des AV Teams X gelegt. Als Grund für sein Handeln führte FOI B an, dass er in unmittelbarer Nachbarschaft eines türkischen Kultur- und Sportvereines lebt und durch Personen aus dem Umfeld des Vereines laufend kontaktiert und um Hilfestellung gebeten wird. Zu den StNr. XX, XX, XX, XX, XX, XX und XX (AS 58) hat im Rahmen dieser Unterstützungsleistungen auch die Eingaben von Lohnzetteln veranlasst, was aus seiner Sicht zwar verwaltungsökonomisch war, was er aber nunmehr als Fehler erkennt und daher in Zukunft unterlassen wird (AS 64). Den Personen B. StNr. XX, B. XX, B. StNr. XX, M. StNr. XX, M. StNr. XX, F. StNr. XX und B. StNr. XX (AS 59) hat er bei der Online-Eingabe der Steuererklärungen geholfen. Er ist aber mit Bezug auf diese Personen dienstlich nicht tätig geworden und hat keine Veranlagungen dieser Personen durchgeführt (AS 63). Zusammenfassend gab FOI B an: „Es tut mir ausserordentlich Leid, dass es durch meine Handlungen zu Verwicklungen und Streitigkeiten gekommen ist und ich verspreche, dass es in meiner zukünftigen Laufbahn zu keinerlei Verfehlungen dieser Art mehr kommen wird.“ (AS 64) Mit der Feststellung des Sachverhaltes wurde durch die Dienstbehörde das BIA beauftragt. Das BIA hat eine Logdatenanalyse durchgeführt und über das Ergebnis am XX.2016 einen Bericht erstellt (AS 67-351). Aus der Logdatenanalyse sind die im Spruch des Bescheides vom XX.2016 über die Einleitung des Disziplinarverfahrens dargelegten Datenzugriffe des FOI B ersichtlich. Im Weiteren sind die Bearbeitungsmaßnahmen jener Steuernummern durch Screenshots aus dem AIS belegt, die von FOI B durchgeführt wurden, obwohl er für die Bearbeitung dieser Verfahren nicht zuständig war und keine sonstige Berechtigung vorlag, wonach FOI B auf diese Daten bzw. Dateien hatte zugreifen dürfen. Diese Fälle waren aufgrund der Organisationsvorschriften einem anderen Team zugeteilt. In seiner vorbereitenden Stellungnahme anlässlich der mündlichen Verhandlung vom XX.2016 führte FOI B aus, dass er hinsichtlich sämtlicher im Einleitungsbeschluss angeführter Fakten vollinhaltlich geständig sei (AS 478v). Diese Verantwortung hat FOI B in der mündlichen Verhandlung am XX.2016 aufrecht erhalten (AS 482). Unter Bezugnahme auf die Zugriffe auf Daten im AIS hat die österreichische Finanzverwaltung mehrere Erlässe herausgegeben, in denen vorgeschrieben ist, dass ein Datenzugriff nur beim Vorliegen einer dienstlichen Veranlassung zulässig ist. Eine dienstliche Veranlassung kann unter Bezugnahme auf die Organisationsvorschriften (Genehmigungserlass, OHB) grundsätzlich nur dort gegeben sein, wo Beamtinnen und Beamte funktional beauftragt sind, Akten bzw. Dateien zu bearbeiten, die ihrem Teams im Rahmen der Aktenführung (Datenbearbeitung im AIS) zugeteilt sind. Die österreichische Finanzverwaltung hat in Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 die Bediensteten in mehreren Erlässen - mit gesondertem Hinweis auf das Abgabeninformationssystem - angewiesen darauf zu achten, dass Zugriffe auf Daten in Datenbanken ausschließlich bei dienstlichem Interesse durchgeführt werden dürfen. Dazu ist auszugsweise anzuführen:

BMF GZ. 66 1009/30-VI/6/00 vom 30. Oktober 2000 (Auszug)

„Die Eingabe oder Abfrage von Daten im AIS oder im DB7A bzw. DB7B ist nur dann zulässig, wenn eine dienstliche Veranlassung vorliegt. Werden Eingaben oder Abfragen ohne solche Begründung durchgeführt, ist zumindest ein dienstrechtlich relevanter Sachverhalt gegeben“

BMF GZ. 66 1009/19-VI/6/01 vom 13. Juni 2001 (Auszug)

„Um die Bediensteten entsprechend zu informieren und damit weitere Fehlverhalten von Bediensteten der Finanzverwaltung möglichst zu vermeiden, sind in allen Dienststellen Dienstbesprechungen abzuhalten. Dabei sind insbesondere folgende Inhalte zu vermitteln:

1. …

2. Erlass O 299 vom 30.10.2000, BMF GZ. 66 1009/30-VI/6/00“

BMF GZ. 16 1270/1-I/20/04 vom 19. März 2004 (Auszug)

„Aus gegebenem Anlass werden den Bediensteten des Finanzressorts die Erlässe…vom 30.10.2009, GZ 66 1009/30-VI/6/00, über die illegale Abfrage von internen Datenbanken in Erinnerung gerufen.“

BMF GZ. – 320700/0001-I/20/2004 vom 16.11.2004 (Auszug)

„Der Dienstgeber hat seit dem Jahr 2000 wiederholt und nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verwendung (das Abfragen) des Datenbestandes der österreichischen Finanzverwaltung ausschließlich im dienstlichen Interesse zulässig ist.“

„Dem beim Bundesministerium für Finanzen eingerichteten Büro für interne Angelegenheiten…obliegt unter anderem auch die Überwachung der Rechtmäßigkeit von Zugriffen auf das AIS für das gesamte Ressort.“

III Rechtslage

Durch diesen Sachverhalt sind die folgenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechts berührt:

§ 44 Abs. 1 BDG 1979: Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

§ 47 BDG 1979: Der Beamte hat sich der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen. Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Organ nicht sogleich bewirkt werden kann, auch der befangene Beamte die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen. § 7 des AVG und sonstige die Befangenheit regelnde Verfahrensvorschriften bleiben unberührt.

§ 76 BAO: Abs. 1 Organe der Abgabenbehörden haben sich der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen,

a) wenn es sich um ihre eigenen Abgabenangelegenheiten oder um jene eines ihrer

  Angehörigen (§ 25), oder um jene eines ihrer Pflegebefohlenen handelt;

b) wenn sie als Vertreter einer Partei (§ 78) noch bestellt sind oder bestellt waren;

c) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle

Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

§ 7 AVG: Abs. 1

Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer

Pflegebefohlenen beteiligt sind;

2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch

bestellt sind;

3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle

Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides

oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.

Abs. 2: Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Verwaltungsorgan nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen.

IV Rechtliche Würdigung

Der Disziplinarsenat stellt als erwiesen fest, dass FOI B die im Spruch des Einleitungsbescheides vom XX.2016 dargestellten Tatbestände verwirklicht hat. Dazu ist auszuführen, dass der Dienstgeber in jedem einzelnen Fall eine Überprüfung des Sachverhalts durchgeführt hat. Dabei war festzustellen, dass aufgrund der Organisationsvorschriften eine Zuständigkeit des FOI B deshalb nicht gegeben war, weil die bearbeiteten Dateien nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fielen bzw. weil er in jenen Fällen, in denen er dem Grunde nach zur Bearbeitung zuständig war, aufgrund seiner Befangenheit nicht hätte tätig werden dürfen. Aufgrund der Tatsache, dass FOI B ausdrücklich erklärt hat, dass er hinsichtlich der Fakten, wie diese im Beschluss über die Einleitung des Disziplinarverfahrens dargelegt und ausgeführt sind, vollinhaltlich geständig ist, erscheint eine abermalige detaillierte Ausführung dieser Fakten in der Begründung des Disziplinarerkenntnisses entbehrlich und es ist aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf die Ausführungen des Beschlusses über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zu verweisen. Der Disziplinarsenat leitet daher unter Bezugnahme auf die zitierten Erlässe des BMF ab, dass FOI B gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat, wonach er nur beim Vorliegen einer dienstlichen Veranlassung berechtigt ist, Zugriffe auf die Datenbank AIS durchführen. Jene Datenzugriffe, die im Spruch des Einleitungsbescheides vom XX.2016 gesondert dargestellt sind, sind als nicht dienstlich veranlasst festzustellen. Der Disziplinarsenat leitet unter Bezugnahme auf den festgestellten Sachverhalt ferner ab, dass FOI B in den im Einleitungsbescheid vom XX.2016 gesondert dargestellten Fällen seine Befangenheit nicht beachtet hat und dadurch gegen seine Dienstpflicht des § 47 BDG 1979 verstoßen hat. Im Übrigen war in jenen Fällen, in denen seine Befangenheit vorgelegen ist, automatisch eine dienstliche Veranlassung für Datenzugriffe im AIS nicht mehr gegeben, da die Befangenheit eine dienstliche Veranlassung ausschließt. Somit ist in jenen Fällen, in denen grundsätzlich aufgrund der internen Organisationsvorschriften eine Berechtigung für Zugriffe auf Dateien vorgelegen ist, eine dienstliche Veranlassung durch das Vorliegen der Befangenheit nicht mehr festzustellen, sodass FOI B auch diesbezüglich gegen die Dienstpflicht des
§ 44 BDG 1979 verstoßen hat.

V Verschulden

Dazu ist als Rechtslage zu beachten: § 5 StGB Abs. 1

Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Abs. 2: Der Täter handelt absichtlich, wenn es ihm darauf ankommt, den Umstand oder Erfolg zu verwirklichen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt.

Abs. 3: Der Täter handelt wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiß hält.

Aus der Darstellung des Sachverhaltes ist abzuleiten, dass FOI B von seinen Dienstpflichten Kenntnis hatte und dass ihm auch im Einzelfall bewusst war, dass er sich über bestehende dienstliche Weisungen hinweg gesetzt hatte. Diesbezüglich ist auf die Aussage des Herrn Sch. zu verweisen, wonach FOI B bereits vor den verfahrensgegenständlichen Feststellungen darauf hingewiesen wurde, die Zuständigkeitsregelungen im Finanzamt zu beachten. Auch aus der geständigen Verantwortung des Beschuldigten ist abzuleiten, dass FOI B bewusst sein musste, dass sein Handeln nicht im Einklang mit den dienstlichen Vorschriften gestanden ist. Soweit FOI B die Nichtbeachtung seiner Befangenheit vorsätzlich zuzurechnen ist, ergibt sich dies zweifelsfrei aufgrund des spezifischen Sachverhaltes. Wer aus privater Veranlassung außerhalb seiner amtlichen Tätigkeit bei der Erstellung von Steuererklärungen tätig wird, kann nicht im selben Fall ein Amtsgeschäft durchführen. Als Finanzbeamten mit Dienstprüfung wird FOI B dieses für jede Beamtin/jeden Beamten unerlässliche Grundwissen zugebilligt; im Übrigen wird durch den Disziplinarbeschuldigten dieses Wissen durch sein umfassendes Geständnis auch zugestanden. Der Disziplinarsenat stellt somit das Verschulden des FOI B fest, sodass die Verwirklichung von Dienstpflichtverletzungen gem. § 91 BDG 1979 erwiesen sind.

VI Strafbemessung

§ 93 Abs. 1 BDG 1979: Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten oder der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Beamten Bedacht zu nehmen.

§ 92. Abs. 1 BDG 1979 (Disziplinarstrafen)

1. der Verweis,

2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges

3. die Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen

4.  die Entlassung.

Abs. 2: In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

In Interpretation des § 93 BDG 1979 hat der VwGH zuletzt am 12.11.2013 unter VwGH Zl. 2013/09/0045 wörtlich ausgeführt: „Gem. § 93 Abs. 1 erster Satz BDG 1979 ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung als Maß für die Höhe der Strafe festgelegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der Strafbemessungsschuld des Strafrechts. Für die Strafbemessung ist daher sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens (vgl. die ErläutRV zur Vorgängerbestimmung des § 93 BDG 1979 im BDG 1977, 500 Blg. Nr. 14 GP 83). Das objektive Gewicht der Tat (der Unrechtsgehalt) wird dabei in jedem konkreten Einzelfall - in Ermangelung eines typisierten Straftatbestandskatalogs im Sinne etwa des StGB – wesentlich durch die objektive Schwere der in jedem Einzelfall konkret festzustellenden Rechtsgutbeeinträchtigung bestimmt.

Art 20 Abs. 1 BVG normiert das Prinzip der Weisungsgebundenheit der Verwaltungsorgane. Aufgrund dieser Verfassungsbestimmung normiert § 44 Abs. 1 BDG 1979 für den Beamten, dass dieser die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen hat. Für den VwGH ist die Gehorsamspflicht (die Befolgung von Weisungen) eine der vornehmsten Pflichten des Beamten (vgl. dazu die Ausführungen bei Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage 2010, S. 218ff). Der Disziplinarsenat erkennt, dass die Nichtbeachtung der erteilten Weisungen als die schwerste der vorliegenden Dienstpflichtverletzungen zu werten ist. Danach hat sich die Sanktion und deren Ausmessung zu richten. Gem. § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. FOI B hat ein Geständnis abgelegt. Er hat an der Feststellung des Sachverhaltes vorbehaltlos mitgewirkt und entscheidend dazu beigetragen, dass der verfahrensgegenständliche Sachverhalt umfassend und ohne weitwendigen Verfahrensaufwand festgestellt werden konnte. Er hat seit Beginn der Ermittlungen sein schuldhaftes Verhalten zugestanden und bedauert und wiederholt dargelegt, dass er sich in Zukunft dienstrechtskonform verhalten wird. Der Disziplinarsenat verfügt somit über alle Anhaltspunkte, das Geständnis des FOI B als reumütig zu beurteilen und dieses Geständnis als wesentlichen Milderungsgrund zu werten, sodass das vom Gesetz geforderte spezialpräventive Element einer Straffestsetzung weitgehend in den Hintergrund gedrängt wird. Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, 2011/09/0105 ausgeführt hat, ist durch die Dienstrechts-Novelle 2008 im zweiten Satz des § 93 Abs. 1 BDG 1979 die Zielsetzung, der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt worden. Nach der nunmehr geltenden Rechtslage sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen , die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten. In diesem Sinn erachtet es der Disziplinarsenat als geboten, zumindest eine Geldbuße als Sanktion festzusetzen und betragsmäßig so weit auszumessen, dass andere potentielle Täter abgeschreckt werden; denn die Verletzung von Weisungen durch dienstlich nicht veranlasste Datenbankabfragen ist jenes disziplinarrechtlich zu ahndende Delikt, das in mehr als der Hälfte aller Verfahren der letzten Jahre den Verfahrenstatbestand bildet. Die dienstlich nicht veranlasste Abfrage von Daten ist auch dann, wenn sie mit Zustimmung der betroffenen Personen erfolgt, eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung, weil die Finanzverwaltung gesetzlich verpflichtet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Gleichbehandlung aller Bürgerinnen und Bürger zu erhalten. Dies ist dann nicht mehr der Fall, wenn einzelne Personen ihre Kontakte zu Beamten dahingehend nützen können, gewünschte Informationen bevorzugt und schneller, weil unter Umgehung von Dienstvorschriften, zu erhalten. Bei der Beurteilung generalpräventiver Erwägungen ist darauf abzustellen, ob die Bestrafung wegen ihrer besonderen Wirkung auf die anderen Beamten zur Erhaltung der „allgemeinen Normtreue“ notwendig ist. Der VwGH hat dies in seiner Entscheidung vom 08.08.2008, GZ 2008/09/0140, mit Bezug auf das Vorliegen von Datenabfragen eines Finanzbediensteten bei Naheverhältnissen als notwendig erachtet, um klarzumachen, dass der dienstlich nicht veranlasste Datenzugriff ein ahndungswürdiges Verhalten darstellt, das verfolgt und bestraft werde. Bei der Strafausmessung wurde neben dem reumütigen Geständnis die bisherige Unbescholtenheit und das Wohlverhalten seit der Tataufdeckung mildernd bewertet. Erschwerend sind das Hinzutreten der Dienstpflichtverletzung gem. § 47 BDG 1979 zu bewerten sowie die Tatwiederholungen über einen mehrjährigen Zeitraum. Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen wurde Bedacht genommen. In der mündlichen Verhandlung wurde die finanzielle Situation erhoben, die als gesichert und ausgewogen festgestellt bzw. gewertet wird. Gesetzliche Sorgepflichten wurden nicht festgestellt. Somit liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, die auf die Strafausmessung durchschlagen.

-END-

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2017
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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